Die Abtei von Brantôme an der Domme. Foto: Hilke Maunder

Brantôme: Venedig des Périgord

Brantôm verzaubert mit seiner malerischen Lage an der Dronne, die die Altstadt vollständig umschließt. Die Abtei Saint-Pierre, deren Ursprünge bis zu Karl dem Großen zurückreichen, prägt das Stadtbild ebenso wie der romanische Glockenturm und die geheimnisvollen Höhlen der ersten Benediktinermönche. Mit historischen Brücken, charmanten Gassen und lebendiger Geschichte ist Brantôme eines der schönsten Dörfer im Périgord – und das Tor zum Regionalen Naturpark Périgord-Limousin.

„Venedig des Périgord“ wird Brantôme aufgrund seiner Lage auch gerne genannt. Ein Nebenfluss der Isle – die Dronne –  umarmt die Altstadt komplett. Fünf Brücken verbinden Stadt-Insel mit dem Festland. Besonders eindrucksvoll ist der Pont coudé, der vom Jardin des Moines aus sowohl den Canal des Moines als auch die Dronne überspannt.

Einer der Eingänge der Abtei von Brantôme. Foto: Hilke Maunder
Einer der Eingänge der Abtei von Brantôme. Foto: Hilke Maunder

Pierre de Mareuil, von 1538 bis 1556 unter Franz I. Abt der Abbaye Saint-Pierre, ließ den Bau im 16. Jahrhundert in Auftrag geben. Er war es auch gewesen, der den Garten der Mönche auf einer einstigen Ziegenwiese hatte anlegen lassen.

Die frühere Mühle der Abtei birgt heute ein Restaurant mit Terrasse direkt am Wasser. Umgenutzt wurde auch die Abtei. Sie birgt heute im linken Flügel das Rathaus. Auch dort lohnt es sich, einmal hineinzugehen. Die Deckengemälde lohnen das Treppensteigen!

Die Deckengemälde im Rathaus von Brantôme. Foto: Hilke Maunder
Die Deckengemälde im Rathaus von Brantôme. Foto: Hilke Maunder

Ins Erdgeschoss des rechten Klosterflügels ist das Musée Fernand Desmoulin gezogen. Fernand Desmoulin (1853-1914) war ein französischer Kupferstecher aus Javerlhac, der – gekonnt wie konventionell – Porträts fertigte. Als Graveur der literarischen und künstlerischen Berühmtheiten seiner Zeit wurde er landesweit berühmt.

Bilder von Geisterhand

Die Abteikirche und die Abtei von Brantôme an der Dromme. Foto: Hilke Maunder
Die Abteikirche und die Abtei von Brantôme an der Dronne. Foto: Hilke Maunder

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch erlebte er eine Reihe von Schicksalsschlägen, die ihn mit dem Tod seiner ersten Frau 1894 und der Trennung von seiner Geliebten 1899 tief erschütterten. Ab 1900 litt Desmoulin immer wieder unter starken Depressionen. In jenen Jahren kam er in Kontakt mit dem Spiritismus.

Desmoulin hoffte, von den Geistern Antworten auf seine verzweifelte Lage und Trost zu erhalten. Und tatsächlich: Erst bemerkte Desmoulin, wie die Geister ihm Anweisungen gaben. Dann begannen die unergründlichen Wesen, seine Hand zu führen. Er begann automatisch zu schreiben und zu zeichnen. Diese Werke sind in Brantôme ausgestellt.

Geheimnisvolle Grotten

Die Höhlen der Abtei von Brantôme. Foto: Hilke Maunder
Die Höhlen der Abtei von Brantôme. Foto: Hilke Maunder

Kein Geringerer als Karl der Große soll die Abtei Saint-Pierre in Brantôme gründet haben. Der Legende nach hat der Frankenkönig der Abtei auch die Reliquien des Heiligen Sicaire übergeben, die bis heute in der Abteikirche aufbewahrt werden. Soldaten des Königs Herodes hatten den kindlichen Märtyrer getötet.

Der romanische Glockenturm der Abteikirche aus dem 11. Jahrhundert gehört zu den ältesten Frankreichs. Versteckt hinter der langen Fassade der Abtei am Flussufer birgt eine Steilwand mehrere Höhlen, die von April bis Oktober besichtigt werden können.

Die Höhlen sind die Überreste des ersten Benediktinerklosters von Brantôme, das im 8. Jahrhundert die Mönche in den Kalkstein gegraben haben. Du kannst sie auf eigene Faust bei einem Rundgang mit 34 Infotafeln oder in Begleitung eines Führers entdecken.

Der Zugang zur Abteikirche. Foto: Hilke Maunder
Der Zugang zur Abteikirche von Brantôme. Foto: Hilke Maunder

Der Wunderbrunnen

Vorbei an den Resten von Wohn- und Kultstätten und Taubenschläge wird die fontaine miraculeuse Saint-Sicaire erreicht. Das Wasser dieses Brunnens soll große Heilkräfte besitzen. So soll es kranke Kinder heilen und Frauen fruchtbar machen.

Besonders berühmt unter den Höhlen ist die grotte du jugement dernier, die Höhle des Jüngsten Gerichts. Sie enthält zwei monumentale Bas-Reliefs, von denen eines den gekreuzigten Christus darstellt.

Kreisrund: die Altstadt

Der Zugang zur Altstadt von Brantôme von der Abtei aus. Foto: Hilke Maunder
Der Zugang zur Altstadt von Brantôme von der Abtei aus. Foto: Hilke Maunder

Gegenüber, auf der anderen Flussseite, verzaubert das Dort Brantôme mit seinem nostalgischen Charme. Nur 300 Meter Durchmesser hat die nahezu kreisrunde Altstadt. Inhabergeführte Boutiquen, Cafés und Bars säumen die Kopfsteingassen. Bei aller Lebendigkeit liegt Gelassenheit über Brantôme.

Regionale Produkte sind auch in Brantôme hoch im Kurs. Foto: Hilke Maunder
Regionale Produkte sind auch in Brantôme hoch im Kurs. Foto: Hilke Maunder

Wie Strahlen eines Sterns sind die Straßen angelegt. Es bringt Spaß, sich hier einfach treiben zu lassen, zu schauen und zu stöbern.  Im Sommer wird es zwar ein wenig trubelig. Dennoch liegt auch dann eine heitere Beschaulichkeit über der Stadt.

Kleine, inhabergeführte Läden prägen das Einkaufsangebot von Brantôme. Foto: Hilke Maunder
Kleine, inhabergeführte Läden prägen das Einkaufsangebot von Brantôme. Foto: Hilke Maunder

Die Spuren der Vorzeit

Im Sommer sind unzählige Paddler in Kanus und Kajaks auf dem Fluss unterwegs, und Kletterer schlagen ihre Haken ins Turonium. Andere suchen im Fossilkalk nach Zeugnissen der Urzeit. Die vielen Felsüberhänge ( abris ) in den Steilwänden haben bereits Steinzeitmenschen als Siedlungsplätze genutzt und ihre Spuren hinterlassen.

Berühmt wurde besonders der abri von Raymonden im 20 Kilometer südlichen Chancelade. Die Knochenreste, Klingen und Kunstgegenstände wie die rätselhafte Wisentplakette sind heute im Museum von Périgueux zu bewundern. Nur einen Kilometer außerhalb von Brantôme könnt ihr den Dolmen von Peyrelevade bewundern.

Tor zum Naturpark

Brantôme ist nicht nur ein historisches Kleinod, sondern auch das Eingangstor zu einer der reizvollsten Naturlandschaften Frankreichs: dem Regionalen Naturpark Périgord-Limousin. Seit seiner Gründung 1998 schützt er auf 1.900 Quadratkilometern eine ursprüngliche Landschaft mit dichten Wäldern, klaren Flüssen, geheimnisvollen Mooren und blühenden Kalkrasen. 74 Gemeinden gehören zu diesem grünen Refugium, das sich über die Départements Dordogne und Haute-Vienne erstreckt.

Nicht nur Wanderer und Kanuten finden hier ihr Paradies. Die Dronne, die sich durch Brantôme schlängelt, lädt zu gemütlichen Bootstouren ein. Und wer in die Tiefen der Erde blicken will, wird staunen: Der Meteoritenkrater von Rochechouart, Überrest eines gewaltigen Einschlags vor 200 Millionen Jahren, gehört zu den geologischen Wundern des Naturparks.

Auch die Tierwelt ist beeindruckend: In den Wasserläufen huschen Otter und Wasseramseln, während Europäische Sumpfschildkröten in den Feuchtgebieten gemächlich ihre Bahnen ziehen. Die dichten Kastanien- und Eichenwälder, einst geschätzt für ihre wertvollen Hölzer, sind Lebensraum für zahlreiche Wildtiere.

Doch der Naturpark Périgord-Limousin ist nicht ein Refugium für Flora und Fauna, sondern auch voller Geschichte(n) und lebendiger Traditionen. Die Route Richard Löwenherz führt zu imposanten Burgen, darunter Châlus, wo der legendäre englische König 1199 tödlich verwundet wurde. In den Dörfern ist altes Handwerk lebendig – etwa in Nontron, wo seit dem Mittelalter kunstvolle Messer gefertigt werden. Anderenorts nutzen Korbflechter die biegsamen jungen Zweige oder gespaltene Äste des Kastanienbaums, um robuste und langlebige Körbe herzustellen. Auch Frankreichs berühmten Haus-Puschen, die Charentaises-Pantoffeln, kommt von hier!

Kulinarisch hat die Region ebenfalls viel zu bieten: Trüffel, Steinpilze, Kastanien und frischer Fisch aus den klaren Flüssen prägen die traditionelle Küche. Besonders charmant wird es, wenn die kleinen Städte und Dörfer zu ihren zahlreichen Festen laden – sei es zum Kastanienfest, zum Holzfestival oder zum urigen Blasebalgkarneval, bei dem die alten Schmiedebälge zum Symbol für Tradition und Lebensfreude werden.

Nicht zuletzt schlägt der Naturpark auch eine Brücke zur Kunst: Im Départementmuseum von Rochechouart trifft zeitgenössische Kunst auf Jahrhunderte alte Schlossmauern – eine faszinierende Verbindung von Geschichte und Moderne.

Der Pont coudé (rechts) am Zusammenfluss von Dromme und Canal des Moines. Foto: Hilke Maunder
Der Pont coudé (rechts) am Zusammenfluss von Dronne und Canal des Moines. Foto: Hilke Maunder

Brantôme: meine Reisetipps

Erleben

Bootstörn auf der Dronne

Sehr beliebt sich die Bootausflüge, die am Anleger vor der Abtei starten – im Sommer ist der Andrang groß!
www.brantomecroisieres.com

Sinfonia en Perigord

An den letzten beiden Sonntagen im August erklingt Barockmusik bei Konzerten in der Abtei.
• auf Facebook zu finden

Ein Bootstörn auf der Dromme - Sightseeing ganz entspannend! Foto: Hilke Maunder
Ein Bootstörn auf der Dronne – Sightseeing ganz entspannend! Foto: Hilke Maunder

Schlemmen und genießen

Tolle Märkte

Jeden Freitagvormittag erobert ein großer bunter Wochenmarkt mit lokalen und regionalen Händlern die Altstadtinsel. Im Juli und August findet zudem dienstags zusätzlich noch ein Produzentenmarkt mit örtlichen Erzeugern statt.

La Terrasse de Lotta

Lotta Rémusat ist Schwedin – und hat im Garten ihrer Töpferei ein charmantes Gartencafé eingerichtet.
• 22 bis, impasse Puyjoli, 24310 Brantôme, Tel. 05 53 08 06 01, mobil 07 81 63 93 11, lottakaeck@hotmail.com, www.la-terrasse.de-lotta.fr

Lotta Rémusat hat ihre Töpferei mit einem Gartencafé ausgestattet. Foto: Hilke Maunder
Lotta Rémusat hat ihre Töpferei mit einem Gartencafé ausgestattet. Foto: Hilke Maunder

Schlafen

Le Moulin de l’Abbaye*

Das Hotel ist Mitglied der Luxushotelkette Relais & Châteaux. Die Zimmer und Suiten verteilen sich auf drei Häuser. Das hauseigene Gourmet-Restaurant erhielt 2022 seinen ersten Michelinstern. Die beiden Bistros Au Fil du Temps und Au Fil de l’Eau servieren typische Lokalküche des Périgord.
• 1, rue Pierre de Bourdeille, 24310 Brantôme en Périgord, Tel. 05 53 05 80 22, www.moulinabbaye.com

Noch mehr Betten*

 
Oase direkt am Wasser: Le Moulin de l'Abbaye. Foto: Hilke Maunder
Oase direkt am Wasser: Le Moulin de l’Abbaye. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Dordogne sind hier vereint.

Im Buch

Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Mit dabei sind auch Senlis, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren … oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.

Klaus Simon, Hilke Maunder, Roadtrips Frankreich*

Roadtrips FrankreichDas zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstraßen zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes. 

Von der Normandie zur Auvergne, vom Baskenland hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal laden unsere Tourenpläne ein, Frankreich mobil zu entdecken – per Motorrad, im Auto, Caravan oder Wohnmobil. Hier* gibt es das Fahrtenbuch für Frankreich!

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2 Kommentare

  1. Liebe Hilke, vielen, vielen Dank für diesen tollen Artikel. Wir waren vor Jahren im Périgord Noir, Dordogne. Dein Artikel (ich darf doch Du sagen?) hat uns animiert, eine bislang freie Urlaubswoche Ende August zu füllen mit einem Besuch in und um Brantôme. Wir fanden eine tolle Gîtes zu einem annehmbaren Preis – perfekt! Liebe Grüße aus dem Dep. Moselle.

    1. Lieber Rüdiger, merci! Das freut mich – und Grüße zurück ins Département Moselle!

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