Lesetipps zur Rentrée Littéraire: Die schönsten Sommerbücher aus Frankreich
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Frankreich lesen: Was ist Glück?

Was für ein Glück für Leseratten! Alljährlich am 1. September beginnt in Frankreich wieder der Alltag. Die Urlaubszeit ist beendet. Mit la rentrée gehen die Schüler an die Schulen, die Erwachsenen ins Arbeitsleben zurück. Und präsentiert la rentrée littéraire neuen Lesestoff.

Das zentrale Thema lautet: Was ist Glück? Franzosen wie Deutsche beschäftigen sich intensiver mit dem Sinn ihres Lebens.

Und den Quellen der Kraft, aus denen sie Freude und Lebensmut schöpfen. Voilà ein Quartett an neuen Titeln, deren Autoren sehr unterschiedliche Antworten geben.

Schöne Schmöker für den Herbst

Sylvain Prudhomme, Allerorten.Sylvain Prudhomme: Allerorten*

Kaum ein Titel der letzten Jahre hat mich so berührt wie dieser Roman. Sylvain Prudhomme greift darin ein Lieblings-Topos auf: Lebenslinien. Schon in Legenden* hat er ihnen nachgespürt. Damals innerhalb von Geschwistern und der Familie. Diesmal zwischen Freunden.

Sacha, der großstadtmüde Schriftsteller, tauscht Paris gegen die Provence, die Weltmetropole gegen eine kleine Stadt. Platanen und einsame Plätze statt Hektik und Stress. Hier will Sacha schreiben, malen, sich wieder spüren.

Doch dann tritt der „Anhalter“ wieder in sein Leben, der auch dort wohnt. Längst verheiratet mit Marie und Vater von Agustin, kann er doch dem Ruf des Reisens nicht widerstehen, stellt sich wie zu Jugendzeiten mit einem Schild an die Autobahn, fotografiert seine Fahrer, bricht immer öfter ohne Vorwarnung aus und auf.

Während der Anhalter immer länger fortbleibt, sich aus dem Leben entfernt, nähern sich Sacha und Marie an. Knüpfen zarte Bande, werden ein Paar, entfernen sich wieder, sind sich wieder nah. Anlehnung und Abneigung,  näher kommen und sich entfernen, bleiben oder reisen: Was macht glücklich? Wie sieht ein erfülltes Leben aus?

Prudhomme lässt die Fragen offen, lässt Lebenslinien sich berühren, verschlingen, verflechten, entfernen. Ein zarter, tiefgründiger Roman, der gefangen nimmt, berührt. Und das Leben, so wie es ist, gut sein lässt. Mit allem.

Wer mag, kann das 256 Seite dicke Werk, das Claudia Kalscheuer aus dem Französischen übersetzte, hier* bestellen. Achtung: Es erscheint erst am 14. September im Buchhandel!

Christine Cazon: Von hier bis ans Meer: Wie ich in Südfrankreich das Glück sucht und mich selber fand*

Christine Cazon: Von hier bis ans MeerWas ist Glück? Warum fühle ich nicht, dass ich glücklich bin? Und wann bin ich glücklich? Diese Frage treibt Christine Cazon um, die mit ihren Krimis von der Côte d’Azur zur Krimiqueen der azurblauen Küste aufstieg. In diesem Buch gewährt sie zum zweiten Mal sehr persönliche Einblicke in ihre Leben.

In Zwischen Boule und Bettenmachen* verriet die Kölnerin, wie sie ihre Sachen packte, um in Frankreich auf einem Bauernhof ein Praktikum zu machen. Nur ein Jahr lang wollte sie im Süden bleiben. Doch dann verliebte sie sich in Patrick, der in den Seealpen eine kleine Auberge betrieb.

Der jetzt erschienene Band Von hier bis ans Meer* ist Fortsetzung und Erweiterung zugleich, schildert die weitere Entwicklung ihres Lebens, aber auch Ängste und Sorgen, Schwiegermutterstress und Essattacken, soziales Engagement und Selbstfindungswege. Wer mag, kann da Buch hier* online bestellen.

Elsa Koester, Couscous mit Zimt*

Was ist Heimat? Was bestimmt Identität? Fremdsein daheim, Nähe und Gewalt: Der Erstlingsroman von Elsa Koester ist ein Buch, das die Debatte von Vertreibung und Einwanderung literarisch spiegelt.

Elsa Koester erzählt die Geschichte der Familie Bellanger abwechselnd aus der Perspektive von drei Generationen.

Großmutter, Mutter und Tochter – drei Frauen, deren Leben politische Umbrüche prägten. Drei Pieds-noirs. Die Berliner Autorin ist selbst zu 50 Prozent solch ein „Schwarzfuß“.

Ihre Mutter ist eine Tunesienfranzösin, ihr Vater ein echter Nordfriese mit US-amerikanischem Migrationshintergrund.

Die Bellangers haben als französische Kolonialfamilie in Tunesien gelebt. Nach der Unabhängigkeit ging Großmutter Lucile mit ihrer Tochter zurück nach Frankreich. Doch Marie ist im Paris der 1960er-Jahre eine Fremde, gequält von der Sehnsucht nach Nordafrika.

Doch zurück kann sie nicht. So zieht sie nach Berlin, wo keiner die Geschichte der Pieds-noirs kennt. Dort wird ihre Tochter Lisa geboren. Sie muss das Französische erst lernen, kann die Familie nicht verstehen, die in Frankreich geblieben ist. Nach dem Tod von Marie und Lucile kehrt sie in die Pariser Familienwohnung zurück, arbeitet die Familiengeschichte auf. Und fragt sich: Wie lange bleibt man ein Pied-noir?

Ausgeprägte Charaktere sind die Figuren, die Koester zeichnet. Mit eigenwilligem Temperament, Wut und Angst im Bauch. Bereit zu Schlägen, zum Ersticken der Leere im Suff. Aber auch Neugier, Offenheit, Freundschaft und Nähe.

Ein Buch, das ich nur in Etappen lesen konnte. Und doch mich vom ersten Satz an gefesselt hat. „Ich habe Gott nie um Kinder gebeten.“ Was für ein Auftakt zu 448 Seiten, nach denen man hofft, dass möglichst noch viele weitere Bücher folgen.  Wer mag, kann den Roman hier* online bestellen.

Elena Eden, Der Garten unter dem Eiffelturm*

Murielle Rousseau stellte mit Die Gärten von Paris* im April 2020 die schönsten Pariser Grünanlagen aus dem Blick einer Flaneurin vor. Elena Eden geht mit Der Garten unter dem Eiffelturm* über einen persönlich gefärbten Führer hinaus. Sie verknüpft die Infos zu den Pariser Parks  mit einer romantischen Liebesgeschichte.

Elena Eden ist der Autorenname der Journalistin Daniela David. Mit vonREISENundGÄRTEN hat sie einen der erfolgreichsten deutschsprachigen Garten-Blogs ins Netz gestellt. Diese Kompetenz merkt man dem Buch an.

Ihr 258 Seiten dicker Roman ist eine Liebesgeschichte auf Gartenwegen. Sie erzählt von der jungen Frau. Angezogen von Monet und einem rätselhaften Foto der Großmutter, ist Alina nach Paris und in die Normandie gereist. In der  Liebe trifft sie auf zwei charmante, sehr unterschiedliche Männer. Für wen soll sie sich entscheiden? Was soll sie aus ihrem Leben machen? Hat sie überhaupt einen Lebensentwurf?

Und was bedeutet Glück für sie? Frühere Erlebnisse – wie der Verlust ihres Liebsten – begleiten Alina bei ihrer einwöchigen Reise und der Achterbahn der Gefühle. Ah, l’amour. In Paris kehrt das Glück zurück. Ein Garten-Reise-Roman, so  leicht und romantisch wie das ZDF-Herzkino. Wer mag, kann ihn hier* online bestellen.

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6 Kommentare

  1. Liebe Hilke Maunder,
    habe gerade „Die Rosengärtnerin“ und „Von hier bis ans Meer“ fertig gelesen, beide Bücher konnte ich nur weglegen, wenn wirklich Dringendes zu erledigen war.Von Christiane Dreher hatte ich auch vor längerer Zeit „Zwischen Boule und Bettenmachen“ gelesen, was mich sehr berührt hat. So schön, wieder mal einzutauchen in die französische Welt, gerade jetzt, wo es nicht so einfach ist mit dem Reisen. Ich hoffe, bald wieder in mein Lieblingsland fahren zu können und würde so gern dort auch mal eine Weile leben, was derzeit aus familiären Gründen leider nicht möglich ist. On verra. Interessant fand ich auch, mal von den Dingen zu lesen, die Christine Cazon an Frankreich und den Franzosen „genervt“ haben, was allerdings meiner ewigen Sehnsucht nach „meinem Frankreich“ keinerlei Abbruch getan hat. Danke nochmal für den wunderschönen Blog und die tollen Buchtipps.
    Herzlichst, Christine Bendner

    1. Liebe Christine, oh, wie schön, dass freut mich, dass Dir die Bücher so gut gefallen haben! Ich habe mir vorgenommen, jetzt regelmäßiger Bücher vorzustellen – vielleicht wirst Du ja dann auch in Zukunft noch den einen oder anderen schönen Titel entdecken! Alles Gute und bleib gesund! Hilke

  2. Vielen Dank für die tollen Buchtipps, habe das erste Buch gleich vorbestellt. Am Samstag 6.9. geht’s nach Frankreich – ins Lot. – und ich hoffe, es ist die richtige Entscheidung trotzdem zu reisen. Uns erwarten jedenfalls Ruhe, Wanderwege vor der Tür, ein schönes Haus und viiiieeeel Zeit für uns. Und am 14. September nun auch ein neues Buch 🙂 Kann ja nicht das Schlechteste sein 🙂 Herzliche Grüße Petra

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