Die Burg von Penne. Foto: Hilke Maunder

Château de Penne: Wiederaufbau zum Zuschauen

Es muss einem Märchen entsprungen sein: 120 Meter hoch thront das Château de Penne auf einem Kalkkegel, den Wind und Wasser überall angeknabbert haben. Eine Festung der Fantasie, die heute der Lebenstraum eines Architekten aus Toulouse ist: Axel Letellier.

Er lässt die mittelalterliche Festung originalgetreu mit Werkzeug von einst wieder aufbauen. Im Sommer tragen seinen Handwerker Kostüme und machen die Zeitreise perfekt. Bereits in wenigen Jahren soll sein Lebenstraum vollendet sein.

Kleinod in den Schluchten des Aveyron

Der Burgkegel von Penne ist in Sichtweite der Panoramastrecke durch die Schluchten des Aveyron – doch nur wenige, die dort unterwegs sind, finden den Weg hinauf zur Burg, von der sich weite Panoramablicke von den Schluchten bis zur Forêt de Grésigne eröffnen.

Und so, wie sie heute meist beiseitegelassen wird, erging es der Burg auch in der Geschichte. Trotz ihrer strategischen Lage wurde das Château de Penne vom Kreuzzug gegen die Katharer oder Albigenser, wie sie auch genannt wurden, zu Beginn des 13. Jahrhunderts nicht berührt.

Der Weg zur Burg von Penne. Foto: Hilke Maunder
Der Weg zur Burg von Penne. Foto: Hilke Maunder

Uneinnehmbar auf der Spitze

Die Burg besaß damals eine vorherrschende strategische Rolle im Herrschaftsbereich der Trencavel-Fürsten und galt als uneinnehmbarer Ort, den man nicht anzugreifen wagte. Nach dem Kreuzzug von 1229 musste Raymond VII., Graf von Toulouse, seine Festungen entmilitarisieren und Penne an die französische Krone abgeben.

Ihr neuer Herrscher, Graf Alphonse de Poitiers, stattete die Festung mit den für die kapetingische Zeit des 13. Jahrhunderts typischen militärischen Verbesserungen aus.

Durch die Entwicklung neuer Waffensysteme nutzlos geworden und bei den Religionskriegen verwüstet, diente die Burg ab 1586 den Einheimischen als Steinbruch und Materiallager für eigene Bauten. 1902 unter Denkmalschutz gestellt, wird das Schloss heute nach 450 Jahren wiederbelebt.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Verliebt in Ruinen

Die Burg ist eine Ruine. Doch Axel Letellier, Denkmalschutzarchitekt in Toulouse, hat einen Traum. „Ich war schon immer in Schlösser in schlechtem Zustand verliebt, ich weiß nicht warum. Jenes in Penne kenne ich schon lange, ich dachte, es wäre etwas Zugängliches, das wir pflegen, restaurieren und aufwerten könnten“, erzählte er 2007 beim Kauf der Festung der Regionalzeitung La Dépêche du Midi.

Der Kirchturm von Penne. Foto: Hilke Maunder
Der Kirchturm von Penne. Foto: Hilke Maunder

Seitdem lässt er sie Stein für Stein wieder aufbauen. Auch seine Frau, seine Tochter und sein Sohn sind von seinem Traum begeistert und packen tatkräftig mit an beim Wiederaufbau.

Zu Beginn jeden Jahres stellen sie all die Materialien zusammen, die sie und ihr Team im Laufe des Jahres brauchen werden und bringen es mit dem Hubschrauber hinauf zur Burg. Steine, Kalk, Sand, Gerüst und Betonmischer.

Gut 100 Flüge kommen für jedes Jahr zusammen. Die Flüge sind einigen Einheimischen ein Dorn im Auge. „Zu teuer“ und „umweltschädlich“ kritisierten sie. Letellier antwortet ihn: „Durch die engen Gassen des Dorfes können manche Dinge einfach nicht transportiert werden“.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Historische Aufnahmen begleiten euren Weg durch Penne. Foto: Hilke Maunder
Historische Aufnahmen begleiten euren Weg durch Penne. Foto: Hilke Maunder

Burgbau erleben

Gewerkelt wird meist von Ostern bis Oktober. Von Mitte Juli bis Mitte August arbeiten die Handwerker in historischen Kostümen. Ein Team von Maurern und Steinmetzen ist mit dem Wiederaufbau der Festung beschäftigt. Jeder von ihnen arbeitet mit den Werkzeugen und dem Know-how der jeweiligen Zeit.

Schon jetzt lassen sich beim Besuch des Château de Penne viele Schätze der mittelalterlichen Architektur entdecken. Das beginnt bereits mit dem Eingangstor. Die riesige Pforte ist baugleich mit der Porte Narbonnaise der Cité von Carcassonne!

Im Innenhof erhob sich einst die herrschaftliche Wohnung, in der auch Feste und Bankette stattfanden. Bis heute eine imposante Ruine ist der Donjon. Unten barg der Burgturm die Verliese, oben diente er als Wachtturm. Während des Rundgangs erklären Infotafeln den Bau und das damalige Leben, das im Sommer bei Ritterspielen und anderen mittelalterlichen Animationen auflebt.

Der Schreckliche von Penne

Alexandre Viguier ist in Penne ein kleiner Platz gewidmet. Foto: Hilke Maunder
Alexandre Viguier ist in Penne ein kleiner Platz gewidmet. Foto: Hilke Maunder

Ein zweiter Rundweg bringt euch das charmante Minidorf näher. Unterwegs begegnet euch in einer Nische der Kirchenwand und auf einem ihm gewidmeten Platz auch der Terrrrrrrrrrrrrrrrrrrible de Penne, der tatsächlich mit  19 R geschrieben wird: Alexandre Viguier  (1835 – 1911).

Der Einheimische war ursprünglich Landwirt und Landvermesser. Da er das Strafgesetzbuch, das Zivilgesetzbuch und die Bibel auswendig kannte, spielte er den Rechtsberater und half den Menschen in Paris vor Gericht und bei Notaren.

Viguier konnte viele Fälle lösen. Mit Härte, geschickten Schachzügen und viel Durchsetzungsvermögen. Das brachte ihm schon bald seinen Spitznamen ein. Doch richtig berühmt wurde der Terrible de Pena, wie er auf Okzitanisch genannt wird, in der zweiten Lebenshälfte.

Viguier ließ sich einen Bart wachsen und wurde Politiker. Bei den Parlamentswahlen von 1893 erhielt er 242 Stimmen gegen Jean Jaurès und stellte sich als „regenerativer Kandidat der leidenden Menschheit“ vor.

Seine Pamphlete begannen stets mit: Attendu que, und damit mit dem juristischen Jargon von Urteilen. Seine Sprache verdeckt, dass seine Ideen sehr modern und seiner Zeit weit voraus waren. Viguier war für Abrüstung, Frieden und ein politisches System, in dem die Wähler jedes Jahr die Regierenden entlassen können, wenn sie mit ihnen nicht mehr zufrieden waren.

Der Köhler-Poet

Ein Gedicht von Noël Richard. Foto: Hilke Maunder
Ein Gedicht von Noël Richard. Foto: Hilke Maunder

Der Köhlerpoet

Auf Schiefertafeln begegnen euch unterwegs Gedichten von Einheimischen. Besonders berühmt in der Region wurde Noël Richard, der poète charbonnier (Köhlerpoet)

Richard wurde am Dezember 1881 in Vaour geboren und arbeitete in jungen Jahren als Köhler in der Forêt de la Grésigne. Mit seinen 3.530 Hektar ist dieser Staatswald der größte des Départements Tarn und einer der größten Eichenwälder Europas.

Bereits als Jugendlicher begann Richard, Gedichte zu schreiben, die von der Natur und dem einfachen Leben auf dem Lande inspiriert waren.

Im Lauf seines Lebens blieb Richard relativ unbekannt. Erst in den letzten Jahren wurde er wiederentdeckt. Heute gilt er als einer der wichtigsten Dichter des ländlichen Frankreichs. Musiker wie Claude Marti und machten seine Gedichte als Lieder bekannt

Auch von Pierre Treval findet ihr Lyrik am Wegesrand. Foto: Hilke Maunder
Auch von Pierre Treval findet ihr Lyrik am Wegesrand. Foto: Hilke Maunder

Château de Penne: meine Reise-Infos

Hinkommen

Die Burg von Penne erhebt sich auf einem schmalen Felsdorn hoch über dem Tal des Aveyron im Département Tarn.
• Rue du Château, 81140 Penne, Tel. 05 63 55 71 09, www.chateau-penne.com

Auto

Auf der Autobahn (A62, A20) bis Montauban, von dort die D115 und dann die D133 (35 Kilometer).

Bahn

Die nächstgelegenen Bahnhöfe befinden sich in Montauban (35 Kilometer) und Albi (49 Kilometer).

Frühling in Penne. Foto: Hilke Maunder
Frühling in Penne. Foto: Hilke Maunder

Schlemmen

Café des Mesures

Zur Marktküche mit Bio-Produkten gibt es gratis eine grandiose Aussicht.
• Le bourg, 81140 Penne du Tarn, 05 63 56 29 18, www.facebook.com/cafedesmesures

La Terrasse

Bei Domy kommen Klassiker wie Schwein vom Spieß, tartiflette oder moules frites aus der Küche. Auch er lockt mit bester Aussicht auf die Schluchten des Aveyron und die Burg von Penne.
• Le Bourg, 81140 Penne, Tel. 05 63 56 35 03, www.facebook.com/laterrassepenne81

Schlafen

In Penne gibt es neben Unterkünften für Selbstversorger Zimmer bei einer Handvoll Privatvermietern. Das nächstgelegene Hotel befindet sich in Bruniquel.

Les Gorges de l’Aveyron

In einem wunderschönen alten Landschaftspark, der auf fünf Hektar den Aveyron säumt, liegt das Hotel-Restaurant Les Gorges de l’Aveyron mit seiner Wassermühle Le Moulin de Mirande und seinem Freiluftpool. Die fünf Gästezimmer des Moulin de Mirande überblicken allesamt den Garten. Hinzu kommen drei Doppelzimmer im Restaurantgebäude, die 2019 komplett renoviert wurden und jeweils über eine eigene Terrasse am Aveyron verfügen.
• 169, Route des Gorges de l’Aveyron, 82800 Montricoux, Tel. 05 63 24 50 50, www.lesgorgesaveyron.com

Noch mehr Betten*
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Der Blick vom Felsdorn hin zur Schlucht des Aveyron. Foto: Hilke Maunder
Der Blick vom Felsdorn hin zur Schlucht des Aveyron. Foto: Hilke Maunder

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