Denis Sarlin. Foto: privat
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Mein Frankreich: Denis Sarlin

„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch?

Diesmal antwortet Denis Sarlin. Der Dresdener ist nach langen Jahren im Einsatz in verschiedenen Ländern pensioniert und pflege lange Radtouren um Seen mit möglichst wenigen Steigungen.


Mein Frankreich – erste Impressionen

Meine erste Reise nach Frankreich fand 1960 statt. Mit dem Europa-Bus von Köln nach Barcelona mit Übernachtung in Lyon. Damals gab es noch keine Autobahn, und ich wundere mich bis heute, wie es dem Busfahrer gelungen war, die engen Straßen in den südfranzösischen Orten zu durchfahren, ohne die Balkone abzureißen. Auffällig war damals die zahlreiche publicité an den Hauswänden: „Du beau – du bon – Dubonnet“ und überall das Reifenmännchen von Michelin und natürlich das Anpreisen lokaler Spezialitäten wie „Nougat, Nougat, Nougat“ in Montélimar.

Einen Sommer verbrachte ich als junger Student in einem Ferienlager in den Calanques neben Marseille. Es gab dort nur drei Gemeinschaftszelte mit je 12 Schlafpritschen. Aber direkt am Strand gelegen. Und jeden Abend wurde getanzt. „Les filles sont jolies dès que le printemps est là“.

In einem Café am Mittelmeer. Foto: Denis Sarlin
In einem Café am Mittelmeer. Foto: Denis Sarlin

Dieses Chanson von Hugues Aufray werde ich immer mit dem Ort in Verbindung bringen. Marseille war damals noch äußerst ursprünglich. Und sehr stolz:  Si Paris avait une petite Cannebière, Paris serait une petite Marseille.

Es folgten in der 60er Jahren mehre Aufenthalte an verschiedenen Orten, wobei ich das schöne Land, die wunderbare Sprache und das französische Savoir-vivre allmählich immer mehr schätzen und lieben lernte. Bei einem Austausch-Schüler durfte ich im Haus seiner Eltern in der Pariser Banlieue-Sud für mehrere Tage zu Gast sein.

Das Haus war das ehemalige hôtel de ville in Sceaux, das mit den Steinen der Bastille erbaut worden war. Im Foyer gab es sogar ein großes Modell der Bastille, was mich natürlich sehr beeindruckt hatte. Die Schwester meines Freundes hieß ausgerechnet Céline. Wieder Hugues Aufray!

Flohmarktzeit. Foto. Denis Sarlin
Marché aux puces: Flohmarktzeit. Foto. Denis Sarlin

Ach ja, diese alten Zeiten in Frankreich: Die Männer mit Schnäuzer, Baskenmütze und Gauloises im Mund sitzen im Bistrot vor einem Pernod oder Glas Rouge. Dahinter die Frauen mit dem Gemüsekorb in der Hand und der baguette unter dem Arm.

Im jardin werden die Boule-Kugeln geworfen und im kiosque übt die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr die Marseillaise für den kommenden 14 Juillet. Ein Mädchen in sauberem Schulkleid und mit Schleife im Haar ruft zu seiner Mutter: Maman, pouvez- VOUS me donner un croissant, s’il VOUS plait. Im Radio singt diesmal Barbara. ….

Was ist von diesem Cliché-Frankreich geblieben? Worin unterscheidet sich das Alltagsleben der Franzosen noch vom USA-Werte- und EU-gebügelten Einheits-Bürger? Was hat sich verändert? Gehen die Franzosen noch so oft ins Kino wie früher?

Allein auf dem Boulevard des Gobelins in Paris gab es etwa sechs Lichtspiel-Theater und heute – falls ich mich nicht irre – nur noch ein einziges. Das centre-ville in kleineren Städten ist heute in Frankreich genauso verwaist wie in Deutschland. Dafür gibt es Mega-Einkaufzentren am Stadtrand.

Unterwegs in den französischen Alpen Richtung Grenoble. Foto: Denis Sarlin
Unterwegs in den französischen Alpen Richtung Grenoble. Foto: Denis Sarlin

Le Canard Sauvage – also der legendäre 2 CV mit Lenkradschaltung – steht aber nur noch selten dort. Die touristisch lohnenden Orte sind natürlich wie stets voller Leben – und davon gibt es zum Glück sehr viele in Frankreich! Aber das Angebot in den historischen Bereichen hat sich dann auch dem Touristen-Bedarf angepasst.

Viele der malerischen villages fleuris überleben durch Zweitwohn- oder Altersruhe-Sitze, sowie als Künstler-Orte. Ich würde sagen, für den flüchtigen Touristen ist la douce France noch weitgehend so wie früher: die Märkte und Markthallen, das Bistrot und die Kathedrale, die Tour de France und der Cidre, le fromage et les crèpes.

Et les grèves ! Das Land und seine Städte sind immer noch traumhaft schön, und gegenüber früher gut saniert und mit frischen Farben bemalt. Les filles sont toujours jolies, aber die raue, herzliche Stimme von Hugues Aufray mit seiner Gitarre hört man dort nicht mehr so oft.


Der Beitrag von Denis Sarlin ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Bitte keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!)  – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci ! Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

6 Kommentare

  1. Mein erster Aufenthalt in „meiner“französischen Familie war 1961 in Le Lavandou, in dem sie ein Sommerhaus hatten. Von da an , in jedem Jahr, auch später mit meiner eigenen Familie am Privatstrand herrliche Ferien verbracht. 15 Jahre besaßen wir dann eine eigene Résidence secondaire. Dieser Schüleraustausch hat mein Leben geprägt und das unserer Kinder.

  2. Danke für den kurzen Beitrag. Bei mir fing es auch so ähnlich an, aber erst ab Mitte 60.
    Der Satz ist mir hängegeblieben: „….Was bleibt von diesem klischeehaften Frankreich? Wie unterscheidet sich der Alltag der Franzosen vom typischen Bürger, der durch die USA und die EU platt gemacht wird? Was hat sich geändert?“ Leider so ist es !
    Auch der Koçmmentar eines Franzosen lasst mich erschaudern… „L’incroyable attaque allemande contre la France !

    @danielleboyer9905
    vor 8 Minuten
    Können Sie uns erklären, was im franz. Ministerium für bei den ECOLOS vor sich geht? Dort sollen Personen „deutscher Herkunft“ ihre Büros haben! Worum handelt es sich dabei? Handelt es sich hierbei nicht um eine Einmischung in die Politik Frankreichs? Das klingt wie Mackinsey, der unsere kompetenten Beamten in verschiedenen Ministerien unter dem Vorwand verjagt hat, … wegen was? Danke, dass Sie uns darüber informieren! Deutschland stellt sich immer mehr als „Feind“ Frankreichs auf. Es ist kein Partner mehr. Wir müssen aus all dem herauskommen!“

  3. Der Artikel trifft es leider auf den Punkt. 🙁 Auch ich vermisse das Frankreich meiner Jugend. Schade eigentlich.

    1. Und mich schliesse ich an – andererseits ist mir nicht mehr wie daaamals an der Reception von Campingplätzen passiert: „Wir nehmen keine Deutschen!“ oder dass im Verlauf einer freundlichen Unterhaltung plötzlich eine Klappe fiel beim Verdacht, Deutsche vor sich zu haben, wie es holländische Freunde erlebten…

      1. Ein Leben lang, ich bin 76, fahre ich an die Côte d’Azur und auch in andere Teile Frankreichs. Nie habe ich negative Erfahrungen gemacht. Wir brauchten Handwerker, auch mal zum Arzt etc. alles kein Problem. Sorry, aber bei solchen Kommentaren muss ich leider oft denken: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus .

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