Guadeloupe: die Farben des Schmetterlings
Guadeloupe? Liegt das nicht vor Afrika? Nicht selten hörte ich diesen Kommentar, wenn ich von dieser Winterflucht in den Tropen erzählte. Statt dunkler Tage mit Matsch und Nieselregen und einer Kälte, die in der dunklen Jahreszeit immer tiefer in den Körper kriecht, lockt das Inselreich in den französischen Antillen der Karibik das ganze Jahr hindurch mit tropischen Temperaturen, Licht, Blütendüften und intensiven Farben.

Der Archipel in den karibischen Antillen versetzt die Sinne sofort in einen Rausch. Und birgt auf engstem Raum so viel Vielfalt und Abwechslung, Ruhe oder Trubel, Regenwald oder Sandstrand, dass jede Biegung neue Eindrücke und Erlebnisse bietet.
Die beiden Hauptinseln des insgesamt 1630 Quadratkilometer großen Archipels bilden einen Schmetterling. Im Westen des papillon liegt die wilde, vulkanische Basse-Terre. Im Osten findet ihr das flache Kalkplateau der landwirtschaftlich geprägten Grande-Terre.
Als Leeward Island bzw. Insel über dem Wind steht Guadeloupe wie auch seine Nachbarinsel Martinique im Einfluss des Nordostpassats. Der kräftige Wind sorgt für imposante Wolkenberge am Himmel.
Und wolkenbruchartige Schauer, die vor allem zur Regenzeit von August bis November auf die Inseln niederprasseln. Doch so schnell, wie die Schauer gekommen sind, verschwinden sie auch wieder – und strahlt die Sonne heiß vom blank geputzten Himmel.
Echte Einsamkeit findet ihr hier nur wenig. Mit rund 400.000 Einwohnern ist Guadeloupe recht dicht besiedelt. Das Gros der Bevölkerung lebt im Ballungsraum Pointe-à-Pitre/Les Abymes/Baie Mahaut, zugleich der wirtschaftliche Hotspot der Inseln. Die Hauptstadt ist Basse-Terre auf dem gleichnamigen Inselteil. Sie schläft noch den Dornröschenschlaf.
Die vielen Farben des Schmetterlings
Von Pointe-à-Pitre führen autobahnähnliche Schnellstraßen hinüber nach Basse-Terre. Gewerbegebiete mit Marken, wie sie allerorten in Europa und Frankreich zu finden sind, säumen das Asphaltband.Riesige Werbetafeln trommeln für hochmotorisierte Autos, schnelles Internet und kraftvolle Klimaanlagen.
Kreolisch und Französisch paaren sich auf den Postern im bunten Mix. Die Preise sind stets in Euro angegeben. Guadeloupe gehört als Überseeterritorium Frankreichs zur EU. Auf einer Brücke saust ihr über die Rivière Salée nach Basse-Terre. An ihrer engsten Stelle ist die Meerenge gerade mal nur 50 Meter breit!
Basse-Terre
Quer durch den Regenwald oder immer der Küste entlang? Das ist die wichtigste Frage, wenn man die Insel im Westen des Schmetterlings erkunden möchte. Mit einer Größe von 848 Quadratkilometern ist sie nur ein wenig kleiner als Berlin. Aber ungleich höher und hügeliger!
Doch das erst seit 1530. Denn damals schuf ein enormer Vulkanausbruch das heutige Bergmassiv von Basse-Terre. Als Christoph Kolumbus 1493 auf seiner zweiten Reise die Insel entdeckte, sah sie noch ganz anders aus!
Wilde Wasser & grüne Wunder: der Nationalpark Guadeloupe
Die D 23 durchquert als schnelle Ost-West-Verbindung die Insel. Die Traversée führt dabei mitten durch den Nationalpark Guadeloupe. Der Parc national de la Guadeloupe schützt seit 1989 rund um den höchsten Gipfel der gesamten französischen Antillen einen tropischen Regenwald. Mit 300 Baumarten, 270 Farn- und 100 Orchideenarten besitzt besonders die Flora eine unglaubliche Vielfalt.
Bis zu zwei Meter lang sind die herzförmigen Blätter des Philodendron giganteum, der an Baumriesen hochklettert und an Straßenrändern rankt. „Der perfekte Regenschutz“, sagt mein Guide Taïna Tharsis. Mit einem verschmitzten Lachen steckt sie den Kopf zwischen die Blattspalte am Stiel.

Sekunden später schreit sie laut auf. Bienen haben sie gestochen. Sie hatten ihre Waben auf der Blattunterseite gebaut. Dann leuchten Porzellanblumen wie fein getöpfert aus dem dichten Grün, versperren Lianen mit Widerhaken den Weg, gurgelt und plätschert es am Weg.
Fünf Minuten vom Parkplatz entfernt hat die Cascade aux Ecrevisses einen herrlich erfrischenden Badepool im Dschungel geschaffen. Berühmter als die „Flusskrebsfälle“ sind die Chutes du Carbet, die in drei Stufen als schmales Band hinab in Naturpools fallen. Einsamer und versteckter sind die Badebecken des Saut d’Acomat.
Wer gut zu Fuß ist und Kondition besitzt, kann von den Wasserfällen in rund vier Stunden den Gipfel von La Soufrière (1.467 m) erklimmen. Meist hüllt sich der Kraterrand des Vulkans in Wolken. Doch wenn sie aufreißen, ist das Panorama atemberaubend – und entschädigt für den Aufstieg in der feuchtkalten Schwüle.
Denn kalt ist es wirklich. Nur 15 Grad herrschen oben am Gipfel, für karibische Verhältnisse arktische Temperaturen, die Regen, Starkwind und Schwefelgase begleiten.
Auf dem Chemin des Dames steigen die Wanderer hinab. Ihr Ziel sind die Bains Jaunes. Die „Gelben Bäder“ bergen 30 Grad warmes, leicht schwefeliges und sehr eisenhaltiges Badewasser.
Am Fuße des Vulkans La Soufrière erntet Dr. Henry Joseph das „grüne Gold“ von Guadeloupe. Er gehört zu den Pionieren der Phytokosmetik. Bereits 2005 hatte der Apotheker und Pharmazeut mit dem Chemieprofessor Paul Bourgeouis das Labor von Phytobôkaz in Goubeyre gegründet.
Seitdem stellen sie dort Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika mit Wirkstoffen der karibischen Flora her. Bestseller ist ihr Virapik-Sirup, der die heilenden Eigenschaften eines bitteren Inselstrauches nutzt. Der Zèb à Pik vertreibt Stress und Anspannung. Das wussten bereits die amerindianischen Ureinwohner von Guadeloupe!
Die Querspange durch den Regenwald endet vor der Küste am Zoo de Guadeloupe. Dort begegnen euch gleich am Eingang die bekanntesten Insel-Tiere: Raccoons, wirbelige wie wuschelige schwarz-weiße Waschbären. Immer tiefer führen die Wege vorbei an den Gehegen in den Regenwald – und schließlich auch als Klettergarten in 25 Metern Höhe direkt durch die Wipfel der Veteranen.
Die Küstenrunde von Basse-Terre
Wer von Pointe-à-Pitre auf Basse-Terre derKüstenstraße N 1 gen Süden folgt, erreicht nach Petit-Bourg und Goyage inmitten riesiger Bananenfelder das Örtchen Capesterre-Belle-Eau.
Capesterre-Belle-Eau
Um 1850 ließ dort die Familie Dumanoir als prächtige Zufahrt zu ihrem Anwesen eine Allee aus 450 Königspalmen anlegen. Als ein verherrender Hurrikan die herrschaftliche Allée Dumanoir 1928 zerstörte, wurde sie 1933 neu gepflanzt. Heute sind die Palmen bereits wieder weit über 30 Meter hoch. Ein Hingucker gleich neben der Nationalstraße!
Mitten im alten Ortskern findet ihr Laura Castry. In der Rue Notre-Dame 23 fertigt die 46-Jährige in ihrem Bungalow aus Kokosnuss handgemachte Seifen, Crèmes und Körperöl. 30 kg Kokosnuss braucht sie für einen Liter Öl.
Zimt, Kaffee, Kakao und exotische Aromen verleihen ihren Pflegeprodukten den inseltypischen Duft. Jeden Bestandteil der Frucht verwertet die gelernte Kosmetikern, die stolz auf ihre Zero-Waste-Fertigung im eigenen Heim ist. Und die Fasern der Schalen als Naturdünger für den Garten in großen Säcken verkauft.
Trois-Rivières
Mitten im tropischen Grün grinst euch ein Smiley an. Mal sind die Gesichter allein zu sehen, mal übereinander gelegt, dann wieder mit Körpern versehen. Rund 230 Gravuren haben Archäologen auf den Felsen von Basse-Terre, und vor allem rund um Trois-Rivières, entdeckt.
Im einen Hektar großen Parc Archéologique des Roches Gravées sind sie seit 1975 ausgestellt, eingebettet in üppige tropische Vegetation. Noch immer bergen sie ein Geheimnis. Vermutlich wurden sie ab dem 3. Jahrhundert von den indianischen Arawaken aus Venezuela, die damals Guadeloupe bewohnten, in den Fels geritzt.
Im 13. Jahrhundert kamen die Kariben, 1494 Kolumbus. Er gab den Inseln die Namen, nahm sie aber nicht Besitz. Das taten die Franzosen, Engländer, Spanier und Holländer, die sich um die Antillen stritten – und ihnen neben Zuckerrohr und der Sklaverei auch riesige Festungsbauten brachten.
Vieux-Fort
Ihnen begegnet ihr entlang der D 6, die euch entlang der Küste zur kleinsten Gemeinde von Guadeloupe bringt. Doch in einem ist das Fischerdorf Vieux-Fort ganz groß: Es besitzt einen weißen Leuchtturm, der die Einfahrt zum Hafen von Basse-Terre markiert. Ein paar Stufen führen die Felsen hinab zum Meer – perfekt zum Baden und Schnorcheln!
Basse-Terre
Wenig weiter wacht wuchtig das Fort Delgrès über die Hauptstadt Basse-Terre. Das einstige Fort Saint-Charles erinnert mit seinem heutigen Namen an den Freiheitskämpfer Louis Delgrès. Delgrès kämpfte zwar für das revolutionäre Frankreich, lehnte aber die Wiedereinführung der Sklaverei durch Napoleon Bonaparte ab.
Als er sah, dass sein Kampf aussichtslos war, sprengte sich Delgrès mit seinen Getreuen selbst in die Luft, um einer Gefangennahme zuvorzukommen. Mit einer Büste, die Hinkelsteine umgeben, ehrt Guadeloupe hier heute Delgrès.
Ebenfalls im Fort findet ihr die Gräber von General Richpance und Admiral Gourbeyre. Nur selten verirren sich Besucher in die weitläufige Anlage und ihr Museum. Dabei ist der Besuch kostenlos, die Aussicht grandios – und das Buschwerk ringsum das Versteck der Leguane!
Bouillante
Guadeloupe ist ein Schmelztiegel der Kulturen. Das zeigt das Departement mit der Ordnungsnummer 971 auch in der Küste. Colombo oder Côte de Bœuf, Accras oder Foie Gras, Kochbanane oder Baguette: Französische Klassiker und kreolische Küche sind auf der Speisekarte friedlich vereint.
Wie sich die kulinarischen Einflüsse gegenseitig befruchten, zeigt Jimmy Bibrac nördlich von Bouillante im Gourmetrestaurant Ô Z’Épices. Gault et Millau zeichneten den jungen Einheimischen als Koch des Jahres 2020 aus!
Malendure
Am Strand von Malendure drängen sich die Buden der Tauchshops. Ziele der Taucher sind die Korallenbänke der Îlets de Pigeon. Wer schnorchelt, hofft, den Meeresschildkröten zu begegnen, die in der Bucht die Seegrasbetten abernten.
Auch wenn der Meeresforscher Jacques Cousteau einen 300 ha großen Unterwasserpark absteckte, der sich heute Réserve Cousteau nennt, ist das Unterwasserleben weniger vielfältig als erwartet. Denn der Naturschutz lässt einige Ausnahmen zu. So dürfen bis heute Berufsfischer dort fangen, wenn auch nur mit traditionellen Methoden.
Mehr Schutz gibt es weiter draußen im Sanctuaire Agoa, das 2012 als 143.256 Quadratkilometer großes Schutzgebiet für Pott- und Buckelwale, Fleckendelfine und andere Meeressäuger zwischen Guadeloupe und Martinique entstand.
Pointe-Noire
Nicht auf dem Meer fangen, sondern nachhaltig züchten: Mit dieser Idee haben Patrick Boucher und François Herman eine Fischkooperative gerettet und mit ihrem Parc Aquacole eine Fischzucht geschaffen, die anders ist.
Sie züchten einheimische Fische und Flusskrebse wie den Ouassou, der in der freien Natur nahezu verschwunden ist, und klären Besucher bei den Führungen über nachhaltige Fischzucht auf.
Ebenfalls in Pointe-Noire lebt und arbeitet Michel Coste. Monsieur ist durch und durch ein Aréonophile, ein geradezu süchtiger Sammler von Sand. Aus dem schwarzen, weißen, roten und goldgelben Sand der Insel fertigt er Sandbilder, die genauso facettenreich und farbig sind wie die Inseln.

Fehlt ihm ein Sand, nimmt der 68-Jährige einen Fels und zermahlt ihn eigenhändig zum Malmaterial. Oder trennt gemischten Sand mit einem Magneten oder einer anderen raffinierten Technik zu sortenreinen Farben.
Die Passion der Sandmalerei hat längst auch seine Frau Marie (57) entdeckt, die aus Nantes vor 30 Jahren auf die Insel kam. Resolut staubt sie mit dem Besen die Bilder im Showroom von Rêve de Sable ab, ehe sie ihr nächstes Werk beginnt. 80 Grundfarben aus feinstem Stein stehen fein gemahlen vor ihr. Ein Holzbrett, Leim, und schon beginnt sie zu malen.
Deshaies
Die franco-britische Fernsehserie Death in Paradise machte dieses kleine Fischerdorf an der Nordwestküste von Basse-Terre berühmt. Seitdem gibt es entlang der Hauptstraße einige Lokale mehr, und Serienfans aus aller Welt genießen auf kleinenTerrassen den Sonnenuntergang über der malerischen Bucht.
In nächster Nähe findet ihr zwei der schönsten Badestrände von Basse-Terre: die Plage de la Grande Anse und die weniger bekannte Anse de la Perle, die kleiner und intimer ist.

Berühmt ist Deshaies auch für seinen 2001 eröffneten Jardin Botanique. Auf dem 1,5 Kilometer langen Rundweg durch den sieben Hektar großen botanischen Garten könnt ihr die Pflanzen- und Tierwelt der Karibik und anderer tropischer Regionen entdeckt.
In großen Volieren könnt ihr Aras, Loriquet- und Honigpapageien hautnah entdecken; durch einen Teich mit Koi-Karpfen stolzieren Flamingos und picken mit ihren großen Schnäbeln nach Nahrung. Ein Aboretum stellt euch riesige Würgefeigen und stachelige Fromager-Bäume vor. Unter dem Baum der Reisenden blühen Anthurien und Heliconien, im ariden Themengarten die Wüstenrose.

Sainte-Rose
Vorbei an der steinigen Anse de Nogent, wo die Einheimischen mit großenWurfnetzen vom Ufer aus den Fisch aus den Fluten ziehen, kommt ihr nach Sainte-Rose im Norden von Basse-Terre. Im Fischerhafen starten Törns in den Mangrovenwald des Naturschutzgebietes Carénage.
Im seichten Wasser haben die Mangroven kleinere und größere Inseln gebildet. Tausende Krabben, Schnecken und Schlammspringer tummeln sich dort. Schöner als vom Holzkahn aus könnt ihr die Tiere beim Paddeln beobachten. Leiht euch ein Kanu oder schließt euch einer geführten Tour an!
Grande-Terre
Über die Rivière Salée geht es zurück nach Grande-Terre.
Pointe-à-Pitre
Riesige Plattenbau-Siedlungen umgeben die Hafenstadt Pointe-à-Pitre. Viele dieser Wohnungen und Verwaltungsbauten sind asbestverseucht, stehen leer und werden sukzessive mit millionenschweren Investitionsprogrammen und Hilfe der EU ersetzt von Neubauten, die immer öfter auch nachhaltig errichtet werden.
Zum gigantischen Stadtumbau gehören auch neue Prestigebauten wie das Mémorial ACTe. Stadtplaner und Touristen schwärmen vom architektonischen Wahrzeichen des neuen Guadeloupe, die Einheimischen weniger. Das Geld hätte besser in die Sanierung unserer historischer Viertel gesteckt werden müssen, sagen sie.
Umso intensiver engagieren sich Vereine wie Pli bel la ri (plus belle la rue – unsere Straße soll schöner werden) um die Aufwertung der alten, hafennahen Viertel. Und auch Stadtführer Enoch Baptiste liegt es am Herzen, nicht nur die touristischen Attraktionen zu zeigen, sondern die vielen verschiedenen Facetten seiner Heimatstadt.
Vor vier Jahren holte er aus Amsterdam ein Elektro-Tuk-Tuk nach Pointe-à-Pitre. Mit diesem saust er bei seinen Ti Balad‘ Peyi Pousse Pousse die Gassen hinauf zur Polyklinik. Von dort oben habt ihr den besten Blick auf die Hafenstadt.
Le Gosier
Hier konzentrieren sich die großen Resort-Anlagen, findet ihr das Kasino und viele Touristen-Lokale. Für die Einheimischen ist Le Gosier der „Ballermann“ von Guadeloupe.
Die hohe Dichte von touristischen Einrichtungen schreckt manche ab. Doch auch hier ist die Küste einfach traumhaft. Das zeigt schon der Blick vom Aussichtspunkt im Zentrum von Le Gosier.
Gut zu wissen: Alle Hotelstrände sind in Frankreich stets öffentlich. Einfach durch die Anlagen gehen und das Baden im Meer genießen. Colbert, Finanzminister des Sonnenkönigs Ludwig XIV., hatte einst die Küstenlinie Frankreichs für jeden zugänglich gemacht.
1976 bestätigte dies ein noch heute gültiges Gesetz. Drei Meter Strand, gemessen vom Meeressaum der höchsten Flut des Jahres, sind für die Öffentlichkeit frei zu halten. Die Ausnahme: Nur, wo ein vor 1976 gebautes Gebäude weniger als 15 Meter vom Meer entfernt steht, wiegt das Recht auf Privatsphäre stärker. Spaziert also ganz gelassen durch die Resorts. Denn viele der schönsten Insel-Strände von Guadeloupe verstecken sich nicht nur in Le Gosier hinter großen Hotelanlagen.
Sainte-Anne
Zum Trio der Badeorte an der Südküste von Grande-Terre gehört Sainte-Anne mit seinen Karibikstrand, der sanft abfällt und daher besonders familienfreundlich ist. Palmen bieten Schatten. Mit etwas Glück seht ihr wilde Leguane an der Plage de la Caravelle, wo ihr auch den Club Med findet.
Oder einen Künstler trefft, der gerne dort am Flutsaum entlang bummelt. Alex Boucaud ist Autodidakt. Sein erstes Holzstück bearbeitete er 2004 noch mit Hammer und Meißel. Doch inzwischen beherrscht er die Kettensäge meisterhaft – und gestaltet in der Nähe von Sainte-Anne aus Mahagoni- und Mango-Holz maskenförmige Wandleuchten, Lampenfüße und Statuen mit Totempfahlsilhouetten.
Saint-François
Allerfeinstes Karibik-Flair bietet auch die Plage des Raisins Clairs von Saint-François, dem östlichsten Badeort der Südküste. Folgt dann der D 118 gen Osten. Auf halbem Weg zur Ostspitze parken plötzlich einige Fahrzeuge am rechten Fahrbahnrand.
La Douche hat jemand mit Farbe auf die Steine geschrieben. Ein Saumpfad bringt euch in wenigen Minuten zur Dusche. Hoch lässt eine Felsbarriere das Meer bei jeder Welle in einen Naturpool spritzen.
Pointe des Châteaux
Die D 118 endet im äußersten Osten am Parkplatz der Pointe des Châteaux. Hinauf zum Gipfelkreuz der Ostspitze von Guadeloupe kommt ihr in rund 15 Minuten bei einer sehr leichten Wanderung. Die Aussicht ist überwältigend!
Um euch herum tiefblau der Atlantik, der gegen die Felsküste donnert. Im Westen könnte ihr den schmalen Küstenstreifen mit seinen Lagunen erkennen, gen Osten in zehn Kilometern Entfernung die Insel Désirade. Euch ist jetzt heiß? Am Parkplatz verkaufen Marktfrauen köstlich kühles Kokos-Sorbet, das sie vor Ort herstellen!
Le Moulu
Zwischen Saint-François und Le Moule hat der französische Künstler François Piquet hier und da die Häuserwände mit vergänglicher Kunst geschmückt. Seine hybride Figuren sind weder schwarz noch weiß – Zeugen der Kolonialgeschichte, inspiriert von der Geschichte der Insel, die der Pariser 2007 als neue Heimat wählte. Seinen vergänglichen Fresken begegnet ihr auch auf den Fassaden von Port-Louis.
Auf dem Weg nach Le Moulu kommt ihr an der Maison Coloniale de Zévallos vorbei. Mit schmiedeeisernem Schmuck und Ziegeldach ist das Kolonialhaus für die Karibik eher untypisch.
Woran liegt’s? Es stammt aus Frankreich, wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Atelier von Gustave Eiffel in Paris entworfen, vorgefertigt, nach Guadeloupe verschifft und in Le Moule aufgebaut.
Porte d’Enfer
Immer höher schwingt sich im Nordosten die Insel auf und stemmt sich gegen den Atlantik. Wer nicht wandern will, kann entlang der Küstenstraße an Aussichtspunkten halten und auch einen Blick auf die Porte d’Enfer – das Höllentor! – werfen.
Wenig weiter könnt ihr vom Trou du Souffleur bei klarem Wetter sogar die Inseln Désirade, Montserrat und Antigua sehen.
Pointe de la Grande Vigie
Die nordöstliche Felsspitze markiert die Grenze zwischen dem Atlantik und dem Karibischen Meer. Folgt dem kleinen Rundweg, der am Parkplatz startet, hin zu mehreren Aussichtspunkten!.
Anse-Bertrand
Zwischen den Klippen verstecken sich immer wieder traumhafte Strände. So wie an der Anse-Bertrand, wo mit dem Zion Train eines der beliebtesten Strandlokale zu finden ist.
Port-Louis
Auch in Port-Louis lockt mit der Anse du Souffleur ein toller Strand zum Erfrischen und Entspannen. Seine kleinen Riffe sind perfekt zum Schnorcheln!

Petit-Canal
Auf den Escaliers des Esclavages sollen einst Sklaven verkauft worden sein. Auch wenn Historiker längst die Überlieferung als Legende enthüllt haben, lohnt sich doch ein Blick auf die Treppen.
Zumal ganz in der Nähe ein unglaublich eindrucksvolles Schauspiel der Natur lockt: eine riesige Würgefeige, die das alte Gefängnis des Ortes komplett überwuchert hat. Ihre eindrucksvollen Wurzeln haben die ancienne prison de Petit-Canal komplett erobert.
Morne-à-l’eau
Mitten im Ortszentrum, direkt an einem zentralen Verkehrskreisel, haben die Toten eine ungewöhnliche Ruhestätte erhalten. Mit seinen Mausoleen wirkt der Friedhof wie ein Dorf, das den Hang hinauf klettert. Ungewöhnlich ist nicht nur die Anlage des Friedhofs, sondern auch seine Optik.
Fast alle Mausoleen sind schwarz-weiß gestaltet und gekachelt. Keine Grabstätte gleicht der anderen. Was für ein magischer Ort – besonders an den Totengedenktagen im November, wenn kleine Kerzen in Tausenden roten Windlichtern leuchten!
Von Morne-à-l’eau ist es nur ein Katzensprung zurück nach Pointe-à-Pitre, dem Ausgangspunkt der großen Inselrunde von Guadeloupe.
Die Schattenseite
Guadeloupe und Martinique weisen die weltweit höchste Rate an Prostatakrebserkrankungen auf. Dies ist in erster Linie auf den langjährigen Einsatz von Pestiziden. Insbesondere Chlordecon, ein hochgiftiges Pestizid, wurde jahrzehntelang in den Bananenplantagen dieser Inseln eingesetzt. Obwohl Chlordecon in Frankreich seit 1990 verboten war, wurde es auf Martinique und Guadeloupe bis 2002 weiterhin heimlich verwendet.
Die Auswirkungen sind verheerend: Im Jahr 2002 lag die Rate neuer Prostatakrebsfälle bei 152 pro 100.000 Einwohner pro Jahr, was die höchste weltweit gemessene Rate darstellt. Eine Studie zeigte, dass das Pestizid bei 90 Prozen t der erwachsenen Bevölkerung nachgewiesen wurde.
Die langanhaltende schädliche Wirkung des Pestizids ergibt sich daraus, dass es sehr langsam abgebaut wird und somit Böden und Gewässer langfristig verschmutzt.Neben der erhöhten Prostatakrebsrate wurden auch vermehrt Missbildungen bei Neugeborenen festgestellt.
Die Situation ist so gravierend, dass Prostatakrebs für Arbeiter auf den französischen Antillen kürzlich als Berufskrankheit anerkannt wurde. Diese Anerkennung unterstreicht den direkten Zusammenhang zwischen dem Pestizideinsatz und der hohen Krebsrate.
Guadeloupe: meine Reisetipps
Hinkommen
Von Paris-Orly fliegen Air France, Air Caraïbes, Corsair und LEVEL in rund acht Stunden zum internationalen Flughafen von Pointe-à-Pitre (Pôle Caraïbes/PTP).
Dokumente
Guadeloupe gehört zur EU: Der Personalausweis genügt!
Geld
Euro
Zeit
im Sommer MEZ minus sechs Stunden, im Winter MEZ minus fünf Stunden.
Guide
Ihre Mutter stammt aus der Picardie, ihr Vater aus Trois-Rivières: Taïna Tharsis kennt Guadeloupe seit ihrer Kindheit, und seit einigen Jahren lebt sie auch auf der Insel, die sie heute bei kleinen, individuellen Führungen und Touren mit ihrer Firma Guadeloupe Explor vorstellt.
• Lieu-dit Surgy, 97180 Sainte-Anne, Tel. 00 590 690 26 81 11, www.guadeloupe-explor.com
Hier könnt ihr schlafen*
Gefällt Dir der Beitrag? Dann sag merci mit einem virtuellen Trinkgeld.
Denn nervige Banner oder sonstige Werbung sind für mich tabu.
Ich setze auf Follower Power. So, wie Wikipedia das freie Wissen finanziert.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.
Weiterlesen
Im Blog
Sämtliche Beiträge zu Guadeloupe und den Inseln seines Archipels findet ihr hier.
Im Buch
Guadeloupe und seine Inseln*

Den einzigen deutschsprachigen Reiseführer zum Archipel von Guadeloupe haben Heidrun Bockmann und Stefan Sedlmaier verfasst. Sie stellen darin neben den beiden Hauptinseln Basse-Terre und Grande-Terre auch die kleineren Inseln Marie-Galante und La Désirade sowie die Îles des Saintes und die Îles de la Petite-Terre vor.
Der Führer richtet sich besonders an Selbstfahrer und Reisende, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind. 24 kostenlos downloadbare Detailkarten mit eingezeichneten Sehenswürdigkeiten gehören daher ebenso dazu wie Routenvorschläge und Wandertipps.
Aber auch, wer im Rahmen von Kreuzfahrten in die Karibik nur einen Blitzbesuch auf dem Archipel macht, findet viele Infos und Inspirationen für tolle Erlebnisse und Entdeckungen. Wer mag, kann den Reiseführer hier* ohne Mehrkosten online bestellen.
Offenlegung
Guadeloupe entdeckte ich bei einer individuellen Pressereise, zu der mit das offizielle Fremdenverkehrsamt von Guadeloupe eingeladen hatte. Vor Ort begleitete mich Taina Tharsis von Guadeloupe Explor. Beiden sage ich merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
* Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du unabhängigen Journalismus unterstützen und diesen Blog werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !
Love it from Gwada 971. Very nice travel article and hope to see you soon here once again. ?
Bei dem grauen, nasskalten Wetter möchte man da sofort hin! Danke fürs virtuelle Mitreisenlassen! Ich wünsche Dir noch richtig schöne Tage dort!
merci, Marion! Und ja, Guadeloupe hat mich sehr beeindruckt – ich muss da noch mal wieder hin und auch La Désiderade noch ansehen. Dazu fehlte leider die Zeit diesmal. Bises! Hilke