Am frühen Abend in Mimizan, die Füße im Atlantik, schauen... und dann eintauchen in die sanften Wogen des Sommers. Foto: Hilke Maunder

Mimizan: Surfspot mit Welterbe

Mimizan est un lieu béni des dieux (Mimizan ist ein von den Göttern gesegneter Ort) schwärmte Chansonsänger Francis Cabrel in seinen Evergreen Je t’aimais, je t’aime, je t’aimerai. Begeistert war auch der Toulouser Jazzbarde Claude Nougaro, von dem diese Worte überliefert sind: Mimizan est un endroit de rêve où le temps n’a pas de prise – Mimizan ist ein Traumort, wo die Zeit keine Macht hat.

Doch der erste Blick überrascht: In Mimizan, wie Biscarosse dreigeteilt mit Lac, Plage und Bourg, stellt Gascogne Papier aus dem Holz der Forêt des Landes Öko-Packpapier und stieg damit zum Weltmarktführer auf. Der Anblick der mitunter arg stinkenden Papierfabrik überrascht viele, die das erste Mal nach Mimizan kommen.

Bereits 1925 hatten örtliche Waldbesitzer dieses Werk gegründet, um ihr Holz durch die Herstellung von Kraftpapier und Verpackungssäcken zu verwerten. Heute stellen hier rund 1.000 Beschäftigte jedes Jahr jeweils 150.000 Tonnen Zellstoff und Kraftpapier für Verpackungen und industrielle Anwendungen her. Wenn der Wind von Land kommt, stinkt es selbst am Strand nach faulen Eiern. Das ist jedoch selten der Fall – denn an der Atlantikküste dominiert Wind aus West und Nordwest.

Mimizan-village: das Welterbe

Im 10. Jahrhundert kamen die Benediktiner nach Mimizan und erbauten im Herzen des alten Dorfes ihre Abtei. Doch der Sandflug sorgte dafür, dass sich Mimizan immer weiter gen Osten verlagerte. Unablässig buddelten die Mönche ihre Abtei aus dem Sand aus, den die Winde vom Atlantik unablässig von den Dünen holten und rund um ihr Kloster anhäuften. Es war eine elende Sisyphusarbeit – und wurde schließlich aufgegeben. Die Abtei verfiel, das Dorf zog ostwärts. 1887 wurde die Abtei abgerissen.

Einzig der schon arg in Mitleidenschaft gezogene Glockenturm am Ortsrand überlebte. Er gehört heute zum Weltkulturerbe – als Juwel der Romanik am Jakobsweg. Achtlos jedoch braust der Verkehr am clocher-porche vorbei ans Meer. Denn von außen gibt er sein Geheimnis nicht preis. Erst, wenn die Führerin des Abteimuseums den Schlüssel im Schloss umgedreht hat und im Vierecksturm das Licht einschaltet, ist sein Schatz zu sehen. Überreich ist die Westfassade mit Fresken und Figuren geschmückt.

Geradezu trunken wird das Auge vom Schauen auf jene in Stein gehauene und gemalte christliche Szenen, die ab 1220 das meist leseunkundige Volk im Glauben unterrichteten. Bunt mischen sich heidnische und biblische Elemente. Berührend lebendig und lebensecht stellt das Portal törichte und weise Jungfrauen dar. Neben den elf Propheten des Alten Testaments spielt König David auf der Harfe. Darüber begleiten Tierkreiszeichen all jene Skulpturen, die den Arbeitsalltag im Jahreslauf darstellen.

Man schaut, staunt und vergisst die Zeit. Die liebevoll wie mitunter naiven Darstellungen berühren – besonders in der Apostelgalerie über dem Portal. Bei der Restaurierung der polychromen Statuen aus dem frühen 13. Jahrhundert jedoch passierte dem Handwerker ein Malheur. Er setzte sie in falscher Reihenfolge wieder zusammen. Seit sieben Jahrhunderten blicken sie so nicht mehr auf Christus. Man schmunzelt – und freut sich über dieses versteckte Juwel.

Mimizan-lac: die Promenade Fleurie

Ein Holzbalkensteg, der abends verschlossen wird, führt in Mimizan hinüber ins Paradies. Mehr als 400 verschiedene Arten von Blumen, Büschen und Sträuchern schmücken dort eine kleine Insel, die der Courant de Mimizan am Étang d’Aureilhan geschaffen hat. Nur sieben Kilometer lang ist der Küstenfluss, der von Mimizan weiter nach Norden strömt, den See von Biscarosse durchfließt und sich in den Atlantik ergießt.

Ab Ende Mai blühen auf dem Mini-Strom die Seerosen, die seinen Lauf rund um die Blumeninsel erobert haben. Im Juli duftet der Lavendel zwischen großen Stauden von Phlox, und Rosen leuchten in Weiß, Rosa und Rot. Die Ufer haben Farne, schlanke gelbe Iris und Wasserpflanzen von klein bis riesig erobert. Silberreiher, Graureiher und Enten lassen sich vom 300 Meter langen Rundweg der Promenade Fleurie beobachten.

Auf halbem Wege – und genau an der Spitze der Insel – stehen Bänke. Weit schweift der Blick über die stille Wasserfläche des Sees. Wenig weiter die Promenade entlang taucht am anderen Ufer ein verspieltes Tudor-Schlösschen auf.

1911 ließ es Sir Hugh Richard Arthur Grosvenor (1879-1953) als Jagdschloss nach Vorbild des Domizils von Rudyard Kipling, dem Autor des Dschungelbuchs, erbauen. Der Herzog von Westminster war 1910 nach Mimizan gekommen und hatte sich in das Waldstück am See verliebt. Doch statt der Flinte nahm der Adlige lieber den Pinsel zur Hand, ganz verzückt von der Szenerie am See.

Charlie Chaplin, Salvador Dalí, der spanischen König Alphonse XIII. und Winston Churchill sind schon über die Rasenfläche des Anwesens spaziert. Da es keinen Landweg gab, erreichte der Herzog sein Anwesen mit einem Motorboot von Aureilhan aus. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln erfolgte per Boot.

Etwas abseits des Schlosses ließ er ein komplettes englisches Viertel errichten, in dem das Personal für die Organisation der Jagdgesellschaften, die Intendantin, die Haushälterin, die Hundeführer, der Maultiertreiber, der Chauffeur, die Stallburschen und die Freunde untergebracht wurden. Etwa dreißig Pferde belegen die angrenzenden Stallungen, und im Zwinger leben nicht weniger als sechzig Hunde.

Coco Chanel hielt sich oft im Schloss auf und ließ ihre Mannequins sich im Schloss erholen, ehe es wieder in Paris auf den Laufsteg ging. Doch als der Herzog am 20. Februar 1930 zum dritten Mal heiratete, war es aus mit der Freundschaft.

 1947 heiratete der Herzog erneut – seine vierte Ehefrau wurde Anne Nancy Winifred Sullivan. Doch als das Paar seine Flitterwochen auf Woolsack verbrachte, ging der Pavillon in Flammen auf. Heute ist das Schloss restauriert und das Refugium von Barbara und Vivien Ramsey. Es lässt sich daher nicht besichtigen.

Mit diesen Ausblicken verabschiedet sich die Promenade Fleurie vom See, wendet sich wieder landeinwärts und taucht ein ins Reich der quakenden Frösche und Libellen, die leuchtend blau auf den Fluten des Courant de Mimizan tanzen. Natur pur, geschaffen von einem Bürgermeister, der Blumenfreund war und wusste, wie die Begegnung mit der Natur Kraft und Freude schenkt. Auf der Promenade Fleurie ist dies das ganze Jahr zu erleben, kostenlos und barrierefrei.

Mimizan-plage

Der sieben Kilometer lange Courant de Mimizan verbindet den Étang d’Aureilhan mit den sechs, insgesamt 10 km langen Sandstränden von Mimizan-Plage an beiden Seiten des Küstenflusses.

Der Badeort entwickelte sich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, als der Tourismus an der französischen Atlantikküste zunahm und das Strandvergnügen am breiten, zehn Kilometer lang Sandstrand im Schatten der Dünen und kleinen Klippen entdeckt wurde.

Heute ist Mimizan eine Hochburg der Surfer und berühmt für Surfspots wie La Garluche, Goëlands, Mouettes und Plage Sud, die das ganze Jahr hindurch stabile Surfbedingungen bieten. Wer es selbst einmal lernen will: Im Sommer sind die Wellen in Mimizan sanfter als im Frühjahr oder Herbst. Dann bieten zahlreiche Surfschulen Kurse an.

Mimizan: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Das Angebot dominiert eine einfache Urlaubsküche mit Pasta und Pizza, Burger und anderen schnellen Speisen. Die Auswahl an guten wie preiswerten Restaurants ist übersichtlich, birgt aber wiederum schöne Überraschungen – die Gastro-Szene ist in Bewegung.

Bock Trotter

Mit besten Bieren von großen und kleinen Brauereien löscht die Bierbar gegenüber der Markthalle den Durst.
• 18, rue du Pont, Plage, Tel. 05 24 27 63 06, Jul./Aug. tgl., sonst Mo. – Mi. geschl.

Ô Courant

Köstliche Bistronomie drinnen wie draußen serviert Ô Courant.
• 2, rue de la Marine, 40200 Mimizan Tel. 05 58 09 16 56, www.restaurant-ocourant.com, Jul./Aug. tgl., sonst Mo. – Mi. geschl.

Le Wiz

Carpaccio vom Schaf oder Mozzarella mit Himbeeren: Schon die Entrées sind himmlisch! Die Karte ist klein und fein, lockt bei den Hauptgerichten mit Jakobsmuscheln, Entrecôte oder Pluma vom Schwein – und verführt beim Dessert mit Banoffee, Charlotte aux fraises, Mousse au chocolat oder einer Käseauswahl der Region. Junges, leger-schickes Ambiente.
• 12, rue Brémontier, 40200 Mimizan, Tel. 05 58 09 05 16, www.facebook.com/LeWiz.Mimizan

Erleben und unternehmen

Sentier de découverte L’Etang de la Mailloueyre

Der 3,6 Kilometer lange Naturlehrpfad führt euch zwei Stunden lang durch ein Naturschutzgebiet, das als Natura-2000-Gebiet klassifiziert ist. Er schlängelt sich im direkten Hinterland der Dünen hin zum Étang de la Mailloueyre und seinem Observatorium. Ein Aussichtspunkt eröffnet schöne Ausblicke auf den Ozean und den Küstenwald. Holt euch vor der Wanderrunde den kostenlosen Topo-Guide im Office Intercommunal de Tourisme de Mimizan!

Hier könnt ihr schlafen*

In Mimizan dominieren Campingplätze sowie gîtes, Ferienwohnungen oder -häuser für Selbstversorger.

 

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