Wolfgang Koch. Foto: privat
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Mein Frankreich: Wolfgang & Théa Koch

„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? Heute antworten Théa Koch und ihr Mann Wolfgang, die seit mehr als 30 Jahren im Südschwarzwald leben. Im tiefsten Süden von Okzitanien haben die beiden eine neue Herzensheimat gefunden.

Ein Teil von Théas Familie lebt dort. Théa Koch und Wolfgang Koch haben sich von Anfang an dort in Land und Leute verliebt. „Mittlerweile machen wir dort keinen Urlaub mehr, sondern leben unser zweites Leben!“, freut sich das Paar. Nun hat Wolfgang Koch das Wort.


Villelongue-dels-Monts: L‘Esprit d‘ici

Ich könnte schreiben, dass Villelongue-dels-Monts eine südfranzösische Gemeinde im Département Pyrénées-Orientales mit ca. 1800 Einwohnern ist und in der Region Okzitanien liegt. Aber das kann jeder im Internet selbst nachschauen.

Ich beschreibe lieber einen kleinen südfranzösischen Ort, der mir zur zweiten Heimat geworden ist und ein Teil dessen Einwohner mir ans Herz gewachsen ist.

Villelongue-dels-Monts bietet nichts Besonderes oder gar spektakuläres, aber genau dies macht für mich den Reiz dieses Ortes aus. Es sind vielmehr die Menschen, welche Villelongue das Leben einhauchen.

Yann, der Besitzer der Dorf-Bar. Foto: Hilke Maunder
Yann, der Besitzer der Dorf-Bar. Foto: Hilke Maunder

Da wäre zum Beispiel Yann, der junge Besitzer der Bar Cordoba. Seine Mutter starb vor einiger Zeit, und seitdem führt er die Bar in Eigenregie. Er macht dies mit einer Leidenschaft, dass man nicht nur wegen seiner tollen Cocktails, sondern speziell seinetwegen ins Cordoba geht.

Bei Yann treffen sich schon morgens die Handwerker auf einen Kaffee, manch einer hat auch einen kleinen Rosé vor sich stehen, und abends begegnen sich Jung und Alt im Cordoba. Wenn man etwas französischsprachig, hat man hier die gute Möglichkeit, mit Menschen aus dem Ort ins Gespräch zu kommen.

Der Rugbyplatz befindet sich gleich gegenüber der Bar. Foto: Hilke Maunder
Der Rugbyplatz befindet sich gleich gegenüber der Bar. Foto: Hilke Maunder

Direkt daneben ist eine wichtige Anlaufstelle, das kleine Ladengeschäft Vival. Hier bekommt man nicht nur alle nötigen Lebensmittel, Zeitungen und Wein, die Betreiber sind zudem ausgesprochen freundlich und nehmen sich noch viel Zeit für jeden.

Diese Freundlichkeit habe ich auch bei den Menschen, welche im Rathaus vorn Villelongue-dels-Monts arbeiten, erlebt. Sie sind sehr hilfsbereit und trotz Bürokratie durchaus flexibel.

Frankreichs katalanischer Winkel

In diesem Örtchen sieht man das Katalanische übrigens an jeder Straße. Ausschließlich alle Straßennamen sind in katalanischer Sprache geschrieben. Ich habe bereits einige Katalanen kennengelernt. Sie sind stolze Menschen, denen Tradition am Herzen liegt.

Meine Frau und ich kommen schon seit vielen Jahren nach Villelongue-dels-Monts. Und mit der Zeit habe ich eine kleine persönliche Tradition entwickelt: Am ersten Urlaubstag mache ich ein Rendezvous beim örtlichen coiffeur aus.

Im Institut Vanille werden einem nicht nur die Haare geschnitten, man kommt auch mit der Friseurin sehr schnell in ein Gespräch und fühlt sich sofort wohl. Es kann einem auch passieren, dass andere Gäste ins Gespräch einsteigen. Klatsch und Tratsch also inbegriffen.

Typisch für die Häuser des Dorfes ist der Mix von Feld- und Backstein. Foto: Hilke Maunder
Typisch für die Häuser des Dorfes ist der Mix von Feld- und Backstein. Foto: Hilke Maunder

Und dann schreibe ich noch über eine Seite vom Villelongue-dels-Monts, welche nicht so richtig greifbar ist: Gerüche und Geräusche. Es riecht hier ständig nach Süden. Wenn man die kleinen Gassen entlangläuft, duftet es regelmäßig nach Thymian, Rosmarin und vielen anderen Kräutern.

Ich glaube, hier gibt es kaum eine Familie, in der nicht gegrillt wird. Im Frühjahr und im Herbst, wenn keine Brandgefahr besteht, sieht man auch ab und an Rauchwolken, welche aus der Landwirtschaft kommen.

Die Dorfkirche von Villalongue-dels-Monts im romanischen Stil. Foto: Hilke Maunder
Die Dorfkirche von Villelongue-dels-Monts im romanischen Stil. Foto: Hilke Maunder

Und wenn man die Augen schließt, duftet es nicht nur nach Süden, man hört ihn auch förmlich. Nichts Besonderes oder Spektakuläres, aber sehr typisch. Durch das milde Klima sitzen die Menschen viel draußen. Sie essen, sprechen, lachen und singen. Und nicht selten hört man Gitarrenklänge. Ich habe über die Jahre den Eindruck gewonnen, fast jeder Franzose hier spielt Gitarre.

Und ich habe hier den Ausdruck l’esprit d‘ici  kennengelernt. Eine passende deutsche Übersetzung habe ich bisher nicht gefunden. Das entsprechende Lebensgefühl aber habe ich in Villelongue-dels-Monts bereits bekommen.

Ein Beispiel: Ich komme an unserem zweiten Urlaubstag spontan zu Freunden. Als ich in ihren Garten gehe, höre ich bereits das Lachen der Leute. Olivia und Eric hatten zu einem Barbecue geladen. Ich traf Freunde, aber auch mir unbekannte Leute.

Der Zitronenbaum vor unserem Haus trägt Früchte in erstaunlich vielen Formen! Foto: Hilke Maunder
Der Zitronenbaum vor unserem Haus trägt Früchte in erstaunlich vielen Formen! Foto: Hilke Maunder

Es war eine gute Mischung aus Jung und Alt. Wobei die Alten nicht weniger cool sind wie die Jungen. Ich wurde mit großem Hallo begrüßt und wurde sofort in ein Team für eine Partie Pétanque eingeteilt.

Ein paar Meter weiter, in der noch nicht fertiggestellte Sommerküche, war bereits Alain, mein Schwager mit der Gitarre, in seinem Element.

Théa Koch. Foto: Hilke Maunder
Théa Koch. Foto: Hilke Maunder

Er spielte bekannte Stücke und die Freunde um ihn herum sangen mit. Es ist egal, ob man singen kann oder nicht. Man hat einfach Spaß. Und wenn an mancher Stelle lautstark über Politik diskutiert wird, bleibt doch alles friedlich.

Beim gemeinsamen Essen ging es nicht weniger stimmungsvoll zu. Dass es wunderbar geschmeckt hat, muss ich wohl nicht erwähnen. Und beim Tanzen spürte ich förmlich, dass die Menschen hier in Villelongue-dels-Monts einfach nur zufrieden sein wollen. Das ist für mich l’esprit d‘ici!


Der Beitrag von Wolfgang und Théa Koch ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!)  – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !

Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

Ein Kommentar

  1. So schön beschrieben! Herzlichen Dank!
    Das was französisches Dorfleben ausmacht…
    Also werde ich auf meiner nächsten Reise dort einen Stopp einlegen, lauschend und sehend den Weg zum Café suchen und einkehren.

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