Granny Aupair. Foto: Hilke Maunder

Als Granny Au-pair nach Frankreich

Als Au-pair nach Frankreich: Das machen nicht nur junge Erwachsene, sondern auch immer mehr Menschen jenseits der 50. So wie Maria-Theresia Riedl.

Die Bayerin, die in Egmating seit dem Jahr 2000 in ihrem Rosenlädchen neben Rosenpflanzen und Produkten auch andere Naturwaren verkauft, war Anfang 2018 für drei Monate als Granny Au-Pair in der Auvergne. Bis heute hat sie noch zu der Familie Kontakt. Was sie erlebte? Voilà ihr Bericht, gefolgt von Infos und Antworten auf viele Fragen.


Als Granny in ein „unbekanntes“ Land

Granny Au-Pair Maria Theresia Riedl
Maria-Theresia Riedl. Foto: privat

Am 3. Oktober 2018 bin ich frohen Mutes und voller Vorfreude auf meine Granny-Zeit nach Frankreich aufgebrochen. Mein kleiner Renault war für die 12-stündige Fahrt in die Auvergne vollgepackt, damit ich für die nächsten drei  Monate auf alles vorbereitet war.

Im August desselben Jahres hatte es sich entschieden, dass sich mein ursprünglicher Plan, zunächst einige Monate in Brighton/ UK zu verbringen, auf Januar 2019 verschieben würde.

Bei der Agentur „Granny Aupair“ von Michaela Hansen wurde für mich sodann der Kontakt zu einer sympathischen Familie aus Frankreich mit einem fünfjährigen Sohn hergestellt.

Die Gastmutter hatte ein Jahr in Deutschland studiert, sprach sehr gut Deutsch und glich meine noch mangelnden Französischkenntnisse aus. Als niedergelassene Heilpraktikerin und Inhaberin eines kleinen Rosenladens waren bereits alle Vorkehrungen für eine Abreise im Herbst getroffen, und so war ich froh, dass ich meine Reise doch wie vorgesehen antreten konnte.

Mit einer kleinen Reiseunterbrechung bei einer Freundin in Österreich kam ich an einem windigen Abend gegen 21 Uhr in dem kleinen Dorf in Zentralfrankreich an. Ein herzlicher Empfang meiner Gastmutter und des kleinen Sohnes beruhigten mein Herz – denn ich war schon sehr aufgeregt!

Mit meinen fast 60 Jahren war ich zum ersten Mal allein unterwegs. Seit mindestens zehn Jahren plante ich gedanklich einen längeren Auslandaufenthalt, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern.

Foto: Maria-Theresia Riedl
Foto: Maria-Theresia Riedl

Vor Jahren machte mich eine Freundin auf das Programm von „Granny Aupair“ aufmerksam. Ein Glücksgriff! Meine drei Kinder waren nun erwachsen und unterstützten mich in meinem Vorhaben.

Nun war ich in Frankreich, allein, jedoch in einem eigenen Appartement. Die Gastmutter war sehr freundlich und der Junge ein recht lustiger Lausbub. Den Gastvater lernte ich später kennen, da er lediglich jedes zweite Wochenende Zuhause war.

Ich bekam einen „Arbeitsplan“, ca. 12-15 Stunden pro Woche und mit Anweisungen, wann ich den Jungen in die Schule bringen und wieder abholen sollte, wann wir Spielzeit hatten, damit die Mutter arbeiten konnte, wann wir gemeinsam essen sollten…

Das war sehr hilfreich für mich. Der Junge sprach fast ausschließlich Französisch mit mir und ich mit ihm Deutsch! Gleichwohl verstanden wir uns gut und hatten viel Freude miteinander.

Foto: Maria-Theresia Riedl
Foto: Maria-Theresia Riedl

Er zeigte mir am ersten Tag das Dorf, die Schule, die Geschäfte; der 6jährige Pierre, ein richtiger kleiner Reiseführer! In der Familie gab es schon mehrere Au-pairs vor mir, und so war er es gewöhnt, mit fremden Menschen zu sein.

Die Gastfamilie wollte aber auch oft für sich sein und so verbrachte ich diese Zeit allein in meinem Appartement.

Für mich eine sehr gute Basis: Ich konnte anfangen Französisch zu lernen, hatte meinen eigenen Raum und viel Zeit, unternahm lange Wanderungen in diesem dünn besiedelten, bergigen Naturpark, der nun für drei Monate mein Zuhause war.

Die Gastfamilie in der Nähe, zu der ich jederzeit und mit allen Fragen kommen konnte.

Foto: Maria-Theresia Riedl
Foto: Maria-Theresia Riedl

Zum Einkaufen fuhr ich gelegentlich mit der Gastmutter gemeinsam in den Bioladen in der nächstgrößeren Stadt Le Puy-en-Velay, aber meistens hat sie es für mich übernommen und nach meinen Wünschen eingekauft. In dem französischen Dorf gibt es einen kleinen Geschenkeladen, den ich sehr gerne aufsuchte, denn die Inhaberin war von einer besonders herzlichen Art und sprach Englisch.

Zuhause wurde ich von einigen Freundinnen gewarnt, dass die Franzosen immer noch Ressentiments gegenüber Deutschen pflegen würden – ich war jedoch sehr unvoreingenommen. Weder beim Besuch meiner Tochter in Paris erlebte ich derartiges, noch in diesem kleinen Dorf.

Wanderweg in der Auvergne. Foto: Maria-Theresia Riedl.
Mein Lieblingswanderweg in der Auvergne. Foto: Maria-Theresia Riedl

Ganz im Gegenteil: Als ich an meinem 60. Geburtstag auf dem Heimweg von einer langen Wanderung an einem Bauernhof vorbeikam und nach dem Weg fragte, merkte der ältere Bauer sofort, dass ich schon sehr müde war, er deutete auf seinen Beifahrersitz und nahm mich mit ins Dorf.

Auf Französisch/ Deutsch/ Englisch führten wir eine „bunte“ Kommunikation und ich erfuhr, dass er nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert war. Für mich eine besondere Begegnung, die ich nie vergessen werde. Ja, meine Zeit dort werde ich sowieso nicht vergessen: Der Sohn der Gastfamilie war bezaubernd – lustig, lebhaft und liebenswert.

Die Gastfamilie war freundlich und mir herzlich zugetan und hat sich an alle vorher getroffenen Vereinbarungen gehalten. Ich hatte überraschend viel Zeit für mich, sogar so viel Zeit, dass ich noch die Rosen im Garten meiner Gastmutter winterfest einpackten konnte.

Foto: Maria-Theresia Riedl
Foto: Maria-Theresia Riedl

Am letzten Tag im Dezember lernte ich im Dorf noch eine Frau kennen, die gerne ihre Deutschkenntnisse aufgefrischt hätte. Tant pis – aber ein weiterer Grund wieder hinzufahren in dieses kleine zauberhafte Dorf in den Bergen – au revoir!


Maria-Theresia Riedl nutzte für die Vermittlung die Dienste der Online-Agentur Granny Aupair. Die Hamburger Michaela Hansen hat sie im Januar 2010 gegründet –  ohne Businessplan, aber Mut, Engagement. Und dem Wunsch, einen Traum wirklich werden zu lassen: Wäre es nicht wunderbar, wenn lebenserfahrene Frauen der Generation 50 plus in die Welt aufbrechen und dabei Ländergrenzen, Sprachbarrieren und kulturelle Hürden überwinden?

Mit dem Aufruf „Oma als Aupair für Kanada gesucht“ startete Michael Hansen ihr Pilotprojekt – und war damit die erste Granny-Au-pair-Agentur weltweit. Heute haben auch andere Agenturen dieses Business entdeckt und schicken Grannies in alle Winkel der Erde.

Granny-Aupair-Gründerin Michaela Hansen. Foto: Arne Weychardt
Granny-Aupair-Gründerin Michaela Hansen. Foto: Arne Weychardt

„Es ist eine Win-win-Situation: Unsere Grannies erleben ein Land intensiver als einfache Touristinnen; und auch die Gastfamilien profitieren von dem Familienmitglied auf Zeit“, so Michael Hansen von der Online-Agentur.

„Dass unser Konzept ankommt, zeigt die hohe Anzahl unserer „Wiederholer“ – über 40 Prozent unserer Familien und Grannies haben sich schon mehr als einmal für Granny Aupair entschieden. Nicht selten entwickeln sich richtige, langjährige Freundschaften zwischen den Ersatzomas und „ihren“ Familien. Beide Seiten überbrücken Länder-, Kultur- und Altersgrenzen“, sagt Hansen.

2012 zeichnete die Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ die Online-Agentur aus. Ihr Name Granny Aupair ist eine Wortschöpfung, die sich bewusst an den bekannten Au-Pair-Gedanken anlehnt. Auch die Hamburger Initiative basiert auf „Gegenseitigkeit“ (französisch für Au-pair).

Granny Au-Pair  – was wollt ihr machen?

Granny Au-pair in der Familie

Ihr entlastet die oft berufstätigen Eltern bei der Kinderbetreuung. Ihr bastelt, spielt und singt mit ihnen, backt und kocht. Als Oma auf Zeit bringt ihr den Nachwuchs zur Schule oder in den Kindergarten, helft bei den Hausaufgaben und habt ein offenes Ohr für die Sorgen, Nöte oder Wünsche der Kinder. Im Gegenzug erhalten ihr freie Kost und Logis.

Granny Au-pair als Gesellschafterin bei einem älteren Menschen

Viele ältere Menschen, die im Ausland leben, sehnen sich im Alter zunehmend nach ihren deutschen Wurzeln. Oder zumindest einem Menschen aus ihrer Heimat, der ihre Sprache und Kultur kennt.

Andere Senioren wollen im eigenen Heim wohnen bleiben und suchen dort Hilfe, Ansprache und Austausch. Besonders häufig freuen sich alleinstehende und/oder gebrechliche Menschen über eine klassische Gesellschaftsdame, die als Granny Au-Pair bei ihnen in Frankreich lebt.

Granny Au-pair als Housesitterin

Als Housesitterin übernehmt ihr die Verantwortung für das Eigentum eines Menschen, der aus privaten, beruflichen, gesundheitlichen oder familiären Gründen sich nicht um sein Haus kümmern kann oder möchte.

Ihr kümmert euch um die Post, gießt die Blumen, versorgt gegebenenfalls Haustiere und haltet Haus und Hof so in Ordnung, als sei es euer Zuhause. Wie genau die Aufgaben aussehen, sprecht ihr mit dem Auftraggeber ab. Im Gegenzug fürs Haushüten könnt ihr dort kostenlos wohnen.

Granny Au-pair in einem Freiwilligenprojekt

Ihr engagiert euch für die Welt mit eurer Expertise und eurem Einsatz – bei Nichtregierungsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Kulturprojekten oder Ausgrabungen.

Granny Au-Pair: Am schulfreien Mittwoch geht es in den Park.
Grannys entlasten die Eltern, die arbeiten, und kümmern sich um den Nachwuchs. Foto: Hilke Maunder

Au-pair als Ältere: Fragen & Antworten

Was kostet die Vermittlung?

Kostenlos ist bei allen Agenturen die Registrierung, nach der ihr im Angebot stöbern und die Suchprofile anschauen können. Um Kontakt zu den Grannies oder Familien aufzunehmen, müsst ihr dann aber kostenpflichtig Mitglied werden. Mitgliedschaften gibt  es für drei, sechs und zwölf Monate.

Wie lange dauern die Einsätze?

Die Einsätze können ganz unterschiedlich lang dauern. Von ein paar Wochen (als Notfalleinsatz) bis hin zu mehreren Jahren. Die meisten Grannies bleiben zwischen drei und sechs Monaten. Da die Grannies auf einer privaten Reise sind (da es noch kein Au-pair-Visum für über 30-Jährige gibt), richtet sich der Aufenthalt auch nach den Einreise- und Visabestimmungen des jeweiligen Landes.

Was sollte man mitbringen an Qualifikationen?

Besondere Qualifikationen müsst ihr nicht mitbringen. Erfahrung mit Kindern ist empfehlenswert, aber kein Muss. Von Vorteil sind auch Neugier, Offenheit, Flexibilität und die Fähigkeit, sich auf andere Gegebenheiten einzulassen.

Muss man Eltern gewesen sein?

Nein. Natürlich ist es gut, Erfahrung mit Kindern gehabt zu haben, entweder mit eigenen oder anderen Kindern (z. B. Verwandte oder beruflich).

Wie ist man abgesichert beim Einsatz?

Um (Auslands-) Krankenversicherung, ggf. Haftpflicht und Unfallversicherung müssen die Grannies sich selber kümmern.

Gibt es neben freier Kost und Logis auch ein Taschengeld?

Das handhabt jede Familie unterschiedlich. Viele Grannies möchten auch kein Geld erhalten. Wir raten, das Taschengeld direkt mit der Familie
auszuhandeln. Viele Familien beteiligen sich auch an den Reisekosten oder übernehmen sie ganz.

Wie lange arbeitet ein Granny Au-pair?

Es ist ganz unterschiedlich  und sollte individuell mit der Familie verhandelt werden, sollte aber auf keinen Fall mehr als ein junges Aupair sein. In Deutschland sind 30 Stunden pro Woche und nicht mehr als 6 Stunden täglich üblich. Frau Riedl hat 12 bis 15 Stunden pro Woche gearbeitet. Das ist bei Familien mit Schulkindern meistens der Fall.

Granny Au-pair: Anbieter

Granny Aupair Michaela Hansen e.K.

Osterstraße 58 (Haus der Zukunft),  20259 Hamburg, Tel. 040 87 97 61 40, www.granny-aupair.com

Aupair50plus Onlineportal

Aupair-50plus Vermittlungsagentur, Dana Günther, Am Waldrand 10, 27628 Hagen im Bremischen, Tel.  01 51 25 28 90 83, www.aupair.com

AuPair.com

MultiKultur e.K., Helmholtzstr. 50, 50825 Köln, Tel. 0221 310 61 840, www.aupair.com/de/p-granny-au-pair.php

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2 Kommentare

  1. Das Erzählte hat mir gut gefallen, auch habe in den vergangenen Jahren überlegt, mal als Granny ins Ausland zu gehen, habe mich aber anders entschieden.

  2. Liebe Maria Theresia ,was für ein interessanter und informativer Bericht. Da macht es richtig Lust sich als alleinstehende Frau auf den Weg in unbekannte Gefilde zu begeben. Danke ,Elke

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