Der Eingang zur königlichen Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
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Arc-et-Senans: die Vision von Ledoux

Arc-et-Senans ist eine kleine Gemeinde mit etwa 1.600 Einwohnern rund 35 Kilometer südwestlich von Besançon, der Hauptstadt des Départements Doubs. Seine Hauptattraktion ist eine unvollendete Vision von Claude-Nicolas Ledoux – und der einzige Bau, der von seiner Idealstadt erhalten blieb: die Saline, heute ein Welterbe der UNESCO.

Er war ein Visionär und Utopist, Freimaurer und einer der bedeutendsten Architekten des Neoklassizismus: Claude Nicolas Ledoux (1736 – 1806). In Arc-et-Senans wollte der Architekt im Auftrag von Ludwig XV. eine Idealstadt verwirklichen. Ledoux orientierte sich dabei an antiken Vorbildern wie Platons „Atlantis“ und Thomas Morus‘ „Utopia“.

Architekt mit ener Vision: Claude Nicolas Ledoux (1736 - 1806). Foto: Hilke Maunder
Architekt mit einer Vision: Claude Nicolas Ledoux (1736 – 1806). Foto: Hilke Maunder

Die beiden bisherigen Salinen in Salins-les-Bains und Lons-le-Saunier waren Ende des 18. Jahrhunderts veraltet. Ludwig XV. forderte daher, auf halbem Wege zwischen den beiden eine neue Fabrik zu bauen. Den Brennstoff sollte Holz aus dem Wald von Chaux liefern – und das Salzwasser von Salins über eine Soleleitung nach Arc-et-Senans kommen.

Die Ideen der Aufklärung, wie Rationalität, Ordnung und Fortschritt, prägten seinen Entwurf, strenge geometrische Formen und Symmetrie das Stadtbild. Den Kern seiner Idealstadt bildete eine königliche Saline mit elf Gebäuden. Dazu gehören die Direktorenvilla, Ställe sowie Salzwerke im Osten und Westen mit dazugehörigen Lagern und Verwaltungsgebäuden.

Das Modell der Saline im Musée Ledoux von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Das Modell der Saline im Musée Ledoux von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder

Um die Wege kurz zu halten und die Arbeiter besser zu beaufsichtigen, wählte Claude Nicolas Ledoux einen Halbkreis als Grundriss. Um ihn herum ordnete er funktionell weitere Gebäude an: Wohnhäuser für die Arbeiter, eine Schule, ein Krankenhaus sowie ein Theater und einen Marktplatz.

Der Blick auf das Modell von Arc-et-Senans vom Eingang zur Saline. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf das Modell von Arc-et-Senans vom Eingang zur Saline. Foto: Hilke Maunder

Am 23. April 1775 erfolgte der erste Spatenstich für Arc-et-Senans. Zwölf Jahre lang dauerte allein der Bau der Saline. Bereits 1779, und damit noch während der Bauphase, nahm sie ihren Betrieb auf.

Die Bevölkerung hasste die neue Saline, nannte sie einen protzigen Königspalast für die Industrie und litt unter dem Verlust ihrer natürlichen Brennholzquelle. Im Wald von Chaux wurde das gesamte Holz für den Bau und den Betrieb der Saline verwendet. Die Einheimischen durften sich dort nicht mehr bedienen.

Der Blick auf eines der Gradierwerke. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf eines der Gradierwerke. Foto: Hilke Maunder

500 Meter lang war das Gradierwerk der Saline und hungrig nach Holz rund um die Uhr. 30.000 Zentner betrug die jährliche Salzproduktion; 14.000 Ster Holz wanderten dafür in die Öfen. Zweihundert Menschen schufteten und schwitzten bei der Arbeit in der Saline von Arc-et-Senans.

Mehr als 100 Jahre – bis 1895 – war das Salzwerk in Betrieb, ehe die Konkurrenz anderer Salinen und die Entwicklung neuer Produktionsmethoden dafür sorgten, dass sie stillgelegt und vergessen wurde.

Die Soleleitung von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Die Soleleitung von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder

Die Idealstadt von Claude Nicolas Ledoux jedoch wurde nie vollständig realisiert. Die Französische Revolution 1789 beendete das Projekt endgültig. Erhalten blieb einzig die Saline. Nach der Stilllegung verkam sie zum Steinbruch. 1918 wütete ein Feuer in der Ruine. 1927 erwarb das Département Doubs die Saline, die seit 1982 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. In drei großen Restaurierungsvorhaben erhielt sie bis 1996 ihren früheren Glanz zurück.

Seit 2022 dient die Anlage als Kulturzentrum und verbindet Zeitreisen in drei Museen mit Konzerten und Festivals, Gartenschauen und Kinderanimation. Wer bleiben möchte, kann sich auf dem Gelände als Gast im Hotel einquartieren – oder für einige Wochen oder Monate in den Künstler-Residenzen wohnen und arbeiten.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Der Besuch der Saline: Das erwartet euch in Arc-et-Senans

Das Musée Ledoux

Ledoux ist als Architekt heute nahezu vergessen. In Arc-en-Senans erinnert das einzige ihm gewidmete Museum weltweit an diesen Mann, der zu Lebzeiten einer der berühmtesten Architekten des 18. Jahrhunderts war und auch das Theater von Besançon errichtet hat. Ledoux’s Werk hatte einen großen Einfluss auf die spätere Architektur, insbesondere auf den Jugendstil und den Art déco. 60 Modelle stellen seine Bauten, Ideale und Visionen vor.

Das Musée Ledoux der königlichen Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Das Musée Ledoux der königlichen Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Das Musée Ledoux stellt auch die theoretischen Schriften von Claude Nicolas Ledoux vor. Foto: Hilke Maunder
Das Musée Ledoux stellt auch die theoretischen Schriften von Claude Nicolas Ledoux vor. Foto: Hilke Maunder

Der Mémoire du lieu

Die königliche Saline von 1895 bis heute: Was erlebte das königliche Salzwerk nach seiner Schließung. Zehn interaktive Exponate, die allein schon mit ihrer fantasievollen Gestaltung der beiden Uhrmachermeister Philippe Lebru und UTINAM faszinieren, erzählen davon. Und auch von jenen düsteren Zeiten, als die Saline während der deutschen Besatzung in den Jahren 1941 bis 1943 als Lager für Sinti und Roma sowie deutsche Kriegsgefangene (1944/45) diente.

Die Histoire de Sel

Seit Dezember 2022 präsentiert eine Dauerausstellung in sechs Sälen auf 500 Quadratmetern die verschiedenen Techniken der Salzgewinnung seit der Antike auf allen Kontinenten.

Eine Übersichtskarte zur gabelle, der Salzsteuer, hängt im Slazmuseum der Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Eine Übersichtskarte zur gabelle, der französischen Salzsteuer, hängt im Salzmuseum der Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder

Das Centre des Lumières

Im April 2023 eröffnete die Königliche Saline von Arc-et-Senans im 80 Meter langen und 18 Meter hohen Gewölbe der Berne Ouest eine immersive Schau, die in 3 D weltweit Stätten der UNESCO vorstellt, die als Welterbe verschwunden, dem Verfall preisgegeben oder von der Zerstörung bedroht sind. Das Videomapping in 3D, das alle Wände und Decken bedeckt, erstellte das französische Start-up Iconem, das auch für den Louvre und das Sultanat von Oman solche Shows programmiert hat.

Die erleuchtete Saline

Bei Einbruch der Dunkelheit erhellen 500 Strahler die Saline von Arc-et-Senans und setzen ihre Architektur stimmungsvoll in Szene.

Der Jardin de la Biodiversité

Der Blick vom Gradierwerk auf die Gärten der Saline. Foto: Hilke Maunder
Der Blick vom Gradierwerk auf die Gärten der Saline. Foto: Hilke Maunder

30 Gärten auf 13 Hektar erstrecken sich seit Juni 2022 als Cercle Immense im Halbkreis hinter den Gebäuden der einstigen königlichen Saline von Arc-et Senans. Gemeinsam wollen sie eine Insel der Biodiversität schaffen, die einmalig sein soll im Osten von Frankreich und nicht nur Landschaftsgestaltern als grünes Labor dienen soll, sondern auch als Lehrgarten für Schulen, Öko-Nische und grüne Oase für alle.

Eine promenade poétique et comestible lädt dazu ein, die Früchte des Gartens im Jahreslauf kennenzulernen und zu kosten, Themengärten präsentieren Medizin- und Aromapflanzen, alte Getreidesorten, Permakultur im Küchengarten und einen Garten der Farben.

Der Blick von den Gärten zur Saline. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von den Gärten zur Saline. Foto: Hilke Maunder

Saline Royale Academy

Seit Oktober 2020 erklingt Musik in Arc-et-Senans und veranstaltet Music@ampus alljährlich internationale Masterclasses für Musizierende auf dem Areal der Saline. Von Dienstag bis Freitag könnt ihr die jungen Musiker bei Konzerten entdecken; samstags musizieren an ausgewählten Terminen auch die Lehrkräfte mit ihren Studierenden.

Seit 1982 ist das Orchestre français de jeunes in der Saline daheim – und damit das einzige Jugend-Symphonieorchester des Landes.

Lux Salina

Jeden Sommer macht das Festival Lux Salina im Juli und August die ehemalige königliche Saline von Arc-et-Senans zur Bühne von Konzert und Theater sowie Feuerkunst von der Compagnie La Salamandre.

Les Nuits de la Saline

Videomapping von Laurent Langlois (Artslide) lässt bei den Nuits de la Saline die Bauten der Saline in völlig neuem Licht erscheinen.

Trail des 2 Salines

Alljährlich im Oktober könnt ihr beim Trail de 2 Salines die Täler des Doubs und der Furieuse zwischen Arc-et-Senans und Salins-les Bains beim Geländelauf oder bei Nordic Walking entdecken.
https://traildes2salines.com

Foto: Hilke Maunder
Die Saline wurde symmetrisch angelegt – die Bauten im Osten und Westen sind identisch. Foto: Hilke Maunder

Arc-et-Senans: meine Reiseinfos

Hinkommen

EPCC Saline Royale

• Grande rue, 25610 Arc-et-Senans, Tel. 03 81 54 45 45, www.salineroyale.com

ÖPNV

TER-Bahnhof 100 Meter entfernt von der Saline in Arc-et-Senans, Fahrradmitnahme im Zug möglich. Ermäßigter Eintritt für Bahnreisende, www.ter.sncf.com

Rad

Die Saline Royale von Arc-et-Senans liegt an der EuroVélo 6 von Besançon nach Dole.
www.francevelotourisme.com/itineraire/eurovelo-6-bale-nevers/ranchot-arc-et-senans

Schlemmen und genießen

Das Gartenrestaurant der Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder
Das Gartenrestaurant der Saline von Arc-et-Senans. Foto: Hilke Maunder

La Table des Jardins

Mittags serviert das Restaurant der Saline von Arc-et-Senans Tagesgerichte, Salate und Sandwiches drinnen oder auf der Terrasse. Abends können Hotelgäste während der Ton- und Lichtshows von Lux Salina Take-Away-Gerichte mitnehmen oder ein festes Menü während der sommerlichen Videomapping-Shows genießen.

Brasserie 1719

Kein Touri-Nepp, sondern ein richtig nettes Bistro gleich gegenüber der Saline: mit Bar und Restaurant samt Terrasse sowie einem Esszimmer zwischen beiden Bereichen, das privatisiert werden kann und ein wenig das Flair von einst verströmt.
• 35, Grande Rue, 25610 Arc-et-Senans, Tel. 09 78 80 77 11, https://restaurant1719.com

Schlafen

Hôtel de la Saline Royale

Direkt auf dem Gelände könnt ihr in einem Dreisternehotel übernachten, dessen 31 Zimmer der französische Designer Jean-Michel Wilmotte und Comiczeichner Damien Cabiron neu gestalteten. Die Unterkünfte verteilen sich auf mehrere Bauten und bieten Einzel-, Doppel-, Zweibett-, Dreibett- und Familienzimmer, allesamt mit einem eigenen Badezimmer. Einige Zimmer sind nicht barrierefrei und mit eingeschränkter Mobilität und/oder Sehbehinderungen nur schwer zugänglich. Reisende mit Haustieren dürfen hier leider nicht übernachten.
• Grande Rue, 25610 Arc-et-Senans, Tel. 03 81 54 45 17, www.salineroyale.com/hotel-restauration/hotel

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4 Kommentare

  1. Ich habe gestern schon einen Kommentar abgeschickt, der anscheinend nicht angekommen ist. Ich habe dir diesen Ort, den du nicht kanntest, vor einem Jahr empfohlen. Wir besuchen das Jura français und diesen Ort immer, wenn wir Richtung Drôme unterwegs sind. Die Gärten stehen jedes Jahr unter einem anderen Schwerpunkt und sind eine Oase der Ruhe. Die wechselnden Ausstellungen , die wir gesehen haben (eine zeigte die Werke von Hergé -Tintin -deutsch Tim und Struppi) sind beachtenswert. Möchte man im Sommer ein Konzert genießen und dort im Hotel übernachten, ist das leider für Hundebesitzer nicht möglich. Ich mag auch den umfangreichen Museumsshop 😉 , wo man mich alltägliche Souvenirs und Bücher passend zu den Ausstellungen kaufen kann. In der weiteren Umgebung kann man Arbois, La Cascade des Tufs etc besuchen. Eine Region mit vielen Sehenswürdigkeiten.

  2. Ich hatte Dir vor einem Jahr ??? diesen Ort empfohlen , den du wohl nicht kanntest. Wir fahren auf unserer Frankreichtour jedes Jahr auch hierher, um die besondere Atmosphäre zu genießen. Am allerbesten gefallen uns die jährlich wechselnden Themen der Gärten und Ausstellungen. Wir haben z.B. eine Ausstellung zu Tintin gesehen, hervorragend aufgearbeitet. Wir hätten gern im Hotel vor Ort übernachtet, aber als Hundebesitzer haben wir hier keine Chance. Trotzdem ein Ort, den man besuchen sollte.

    1. Liebe Ilse, merci für Deinen Hinweis, dass Hundebesitzer im Hotel nicht willkommen sind! Das nehme ich gerne auf. Und ja, ich bin Deiner Inspiration gefolgt – und war und bin begeistert von der Anlage. Merci und bises, Hilke

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