Augsburg: Blick über die Fuggerei. Foto: Augsburg Regio Tourismus

So viel Frankreich steckt in … Augsburg

Wenn zwei Familien aus einer Stadt ganze Länder finanzierten: Mit diesen Worten brachte mich Wendy aus Augsburg auf die Idee, doch einmal zu schauen, wie viel Frankreich in Augsburg steckt.

Angeregt von früheren Beiträgen, hatte sie mir per Mail geschrieben: „Die Fugger und Welser aus Augsburg hatten früher schon ihre Finger weltweit in Finanzgeschäften mit im Spiel – was 1557 zu Problemen führte.

Bayrische Landesausstellung 2015. Foto: Haus der Bayerischen Geschichte
Bayrische Landesausstellung 2015. Foto: Haus der Bayerischen Geschichte

Frankreich und Spanien mussten fast gleichzeitig den Bankrott erklären. Ihre kreditgebenden Banken, darunter die Fugger und die Welser in Augsburg, gerieten in schwere Bedrängnis.“

Nach den Fuggern war es vor allem Napoleon, der für enge Bande sorgte. Das zeigte 2015 auch die Bayrische Landesausstellung, die sich dem Verhältnis von Bayern und Frankreich widmete.

Als Napoleon auf den Plan trat in Bayern, hatten Frankreich und Österreich sich seit 1792 mit ihren jeweiligen Verbündeten in den Koalitionskriegen bekriegt – in Oberitalien wie in Süddeutschland.

Bayrische Landesausstellung 2015. Foto: Haus der Bayerischen Geschichte
Tausende bayrische Soldaten starben in Napoleons Russlandfeldzug. Foto: Haus der Bayerischen Geschichte

Das Bayerngrab

Der Preis war ein gewaltiger Blutzoll und finanzielle Leistungen, die das Land an den Rand des Staatsbankrotts führten. Wendepunkt wurde der Russlandfeldzug.

Von den rund 30.000 bayeri­schen Soldaten kehrten nur wenige heim. Nachdem Hunger und Krankheiten sie bereits auf 9.000 Mann reduziert hatte, kam es vom 16. bis 18. August 1812 bei Polozk kam es zum großen Gefecht. Als „Bayerngrab“ ging der Ort die Geschichte ein.

Ein Großteil der Soldaten fand hier den Tod. Auch der kommandierende General Erasmus von Deroy fiel bei Polozk. Einen Monat später begann der Rückzug.

Im letzten Augenblick wechselte Bayern erneut die Seiten und stand 1815 im Wiener Kongress auf der Sieger­seite. Am Ende blieb der Mythos Napoleon.

Das Rathaus von Augsburg. Foto: Regio Augsburg Tourismus
Das Rathaus von Augsburg. Foto: Regio Augsburg Tourismus

Die zertanzten Schuhe

Und Augsburg? Das hatte der Kaiser der Franzosen kurzerhand dem Bayern-König Max I. Joseph geschenkt. Elf Jahre später verschlug es Napoleons Stieftochter Hortense de Beauharnais in die ehemals freie Reichsstadt.

Sechs Jahre lang wohnte sie als „Herzogin von St. Leu“ in Heilig-Kreuz-Straße 26.
Ihren damals neunjährigen Sohn Charles Louis Napoleon ließ sie dort erst von Privatlehrern unterrichten.

Ostern 1821 wechselte er auf das Gymnasium bei St. Anna. Dort sind bis heute Briefe von ihm erhalten. Einer seiner Freunde wurde der spätere Militärarzt Ludwig Willhelm.

Als Zeichen der Freundschaft wechselten sie Locken. „Der Trennung Stunde schlägt“ schrieb der spätere Kaiser Napoleon III. 1823 beim Abschied auf das Briefchen.

Rund 50 Jahre vorher hatte bereits Marie-Antoinette auf dem Weg zur Hochzeit in Frankreich Station in Augsburg gemacht. Und zur Einweihung des Festsaales im Schaezlerpalais am 28. April 1770 ihre roten Schuhe zertanzt.

Dreifach verbunden

Heute wird immer noch viel mit Frankreich gefeiert in Augsbur, das seit 1967 eine sehr aktive Städtepartnerschaft mit Bourges im Berry unterhält.

Während die Stadt sich auf die bilaterale Wirtschaft und Politik konzentriert, ist die Deutsch-französische Gesellschaft Augsburg und Schwaben die treibende Kraft beim Kulturaustausch und der Begegnung der Menschen aus den Partnerstädten. Fast ununterbrochen besuchen sich jährlich im Wechsel die Feuerwehren der beiden Städte seit 1982.

Zehn Kilometer westlich von Augsburg sind seit mehr als 25 Jahren Diedorf und das 1.100 km entfernte Bonchamp verbunden. Und auch Friedberg, das nahtlos an Augsburg grenzt, pflegt eine innige Städtepatenschaft. Es ist seit 1992 mit Bressuire 80 km nordwestlich von Poitiers im Département Deux-Sèvres von Nouvelle-Aquitaine verschwistert.

Die Freundschaft reicht weit über politische Kontakte und dem Schüleraustausch zwischen der Realschule und dem Collège Supervielle hinaus. Die enge Freundschaft der Jugendkapellen und Judokas beider Städte und die regelmäßigen Auftritte der Tanzgruppe Sauteriaux auf dem Altstadtfest zeigen, wie tief die persönlichen Kontakte alle Altersstufen umfassen.

Auch Augsburg ist Airbus!

Wirtschaftlich ist Augsburg vor allem mit Airbus eng verbandelt. Mit Premium Aerotec, 2009 entstanden durch die Zusammenlegung des EADS-Werkes in Augsburg mit den Airbus-Deutschland-Betrieben in Nordenham und Varel, ist der Standort mit seinen vier Teilwerken einer der weltweit größten Zulieferer für Großbauteile für Airbus.

Der Produktionsstopp für die A380 und Auslastungsrückgänge bei anderen Projekten sorgt doch jedoch für Unruhe. Auch, wenn der Stellenabbau sozialverträglich erfolgen soll.

Augsburg_Rathaus mit Perlauchturm und St. Ulrich_credits_Regio Augsburg Tourismus
Rathaus mit Perlauchturm und St. Ulrich. Foto: Regio Augsburg Tourismus

Zwei. Von 687

687 Franzosen leben in Augsburg. Eine von ihnen ist die Kulturwissenschaftlerin Nicole Harbort, die es 2004 an den Lech zog. Dort organisiert sie heute als Inhaberin des Nischenreiseveranstalters Savoir Vivre Reisen nach Südfrankreich.

Im Winter 2008/2009  entdeckte sie Nia. Begeistert von der Kombi aus Tanz, Kampfkunst, Körpertherapie und Yoga, wurde sie Trainerin – und unterrichtet Nia nun an der Augsburger Volkshochschule.

Ein waschechter Franzose ist auch der preisgekrönte Bäcker und Konditor Martial Boulogne. Anfang Dezember 2014 eröffnete der Provenzale im Spickel Augsburg allererste französische Bäckerei & Café: La Boulangerie. Das kam so gut bei den Augsburgern an, dass es heute in Pfersee eine Dependance gibt.

Gelernt hatte der Franzose sein Handwerk in Friedberg. In seiner Heimat perfektionierte er es, besuchte die Meisterschule in Amiens und baute in den Cevennen in einem kleinen Dorf eine historische Bäckerei mit Holzbackofen wieder auf.

Für seine Partnerin Doris kehrte er nach Deutschland zurück. Gemeinsam begannen sie, unterstützt von Wirtschaftsprofis, in Augsburg den Aufbau ihrer Boulangerie.

Heute ist sie ein Musterbeispiel für gelebte deutsch-französische Freundschaft. Zwei französische Bäcker und ein deutscher Bäckergeselle fertigen gemeinsam Croissants, Éclairs, Quiches und Macarons. Ihre Arbeitsweisen unterscheiden sich dabei deutlich. In Frankreich wird alles mit der Hand gefertigt. Die einzige Maschine, die dort der Boulanger einsetzt, ist der Ofen.

Augsburg & Frankreich: Was für Verbindungen!

AFF (Association des familles francophones)

Beim AFF-Monatstreff  im Kulturhaus  Abraxas  (Sommestr. 30) könnt ihr an jeden letzten Freitag im Monat französischsprachige Menschen aus aller Welt treffen und euch mit ihnen unterhalten.
http://aff-augsburg.de/WordPress_01/

Association France Allemagne du Cher

Der Partnerschaftsverein von Bourges.
https://franceallemagnecher.wordpress.com

Cartouche

Mitglieder der AFF gründeten 1998 die Augsburger Chanson-Gruppe Cartouche. Inzwischen hatte die Band, die mit ihrem Namen an einen berühmten Banditen aus dem 17. Jahrhundert erinnert, rund 300 Auftritte. Bravo!
www.facebook.com/cartouche.chansons

Deutsch-Französische Gesellschaft Augsburg und Schwaben e.V.

Bereits seit 1964 pflegt die DFG Augsburg und Schwaben die deutsch-französischen Beziehungen und den Austausch mit der Partnerstadt Bourges mit Vorträgen, Film- und Musikabenden, Studienreisen, Führungen – und natürlich auch Festen. Während der Bürozeit können französische Bücher, Filme und CDs ausgeliehen werden.
• https://dfgaugsburg.wordpress.com

Gilles Zimmermann

Gilles ist Belgier. Im Herzen und mit der Stimme aber ganz französisch: Er komponiert, mitunter auch gewagte, Arrangements mit französischem Flair. Sein Motto: Musik verändern, um die Welt zu verändern.
• www.gilles-zimmermann.com

Hochschule Augsburg

Die Hochschule Augsburg ist Partner des IUT Bourges und veranstaltet gemeinsame deutsch-französische Hochschulseminare in Geistes- und Naturwissenschaften. Insgesamt unterhält die Hochschule 160 Patenschaften, 39 davon in Frankreich.
• www.tha.de

Holbein-Gymnasium

Seit bereits mehr als 50 Jahren reisen die achten Klassen mit Französisch als zweiter Fremdsprache für zwei Schulwochen nach Bourges. Bei den Gegenbesuchen sind teilweise auch die 7. Klasse der französischen Partnerschulen Collège Lycée Sainte-Marie und Collège Saint-Exupéry mit dabei.
• www.holbein-gymnasium.de

Jakob-Fugger-Gymnasium

Das  JFG organisiert mit den beiden französischen Partnerschulen Lycée Pierre-Émile Martin und Lycée Jacques Cœur aus Bourges im zweijährigen Wechsel Austauschprogramme für Neunklässler.
www.jakob-fugger-gymnasium.de

Maria-Theresia-Gymnasium

Paris-Neuilly und Bourges sind Ziele beim Schüleraustausch des MTG. Mit Can-Can-Workshops lebt auch die französische Kultur am Gymnasium, das 2018 sein 125-jähriges Bestehen feierte.
• https://mtg-augsburg.de

Weiterlesen

Im Blog

Alle Beiträge der Reihe „So viel Frankreich steckt in Deutschland“ findet ihr in dieser Kategorie.

Im Buch

Frankreich in Deutschland

Hamburg war einst Hauptstadt eines Départements von Napoleons Kaiserreich. Duisburg bot dem königlichen Musketier d’Artagnan ein Dach über dem Kopf. Dortmund war für ein paar Wochen der Wohnort, an dem der französische Austauschschüler Emmanuel Macron die Deutschen in natura erlebte. Göttingen ist die Stadt, aus der der Soundtrack der deutsch-französischen Versöhnung stammt.

Überall steckt so viel Frankreich in Deutschland. In 26 Berichten von Erkundungen vor Ort beschreibe ich in meinem ersten E-Buch die unzähligen Spuren, die unser französischer Nachbar im Laufe der ereignisreichen, gemeinsamen Geschichte in Deutschland hinterlassen hat. 2021 ist die 2. Auflage erschienen!E-Book: ISBN 9783752 665604 (14,99 Euro)
Print: ISBN 9783944299235 (25,50 Euro), zu bestellen u.a. hier*.

* Mit einem Kauf über den Partner- Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du unabhängigen Journalismus unterstützen. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Herzlichen Dank – merci !

2 Kommentare

  1. Merci bien 😉 Was für ein schöner Artikel ist es geworden!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert