Glasklar ist das Wasser der Plage de Peyrefite. Die Fische kommen bis an den Strand! Foto: Hilke Maunder
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Wandern mit Schnorchel

Wandern mit Schnorchel: Das gibt es wirklich in Frankreicg? Und wie soll das gehen? Als ich die kleine Annonce las, war meine Neugier geweckt. Ich packe die Badesachen ein,  schwang mit über die Kurzen der Côte Vermeille und parkte mein Gefährt auf einem sandigen Naturparkplatz an der Klippenküste kurz vor der spanischen Grenzen

Mein Ziel war das Réserve Naturelle Maritime de Cerbère-Banyuls. Dort erlebt ihr das Mittelmeer wie vor 3.000 Jahren. Im tiefsten Süden des Pays Catalan, dem katalanischen Winkel des Départements Pyrénées-Orientales an der Grenze zu Spanien, reflektiert das Unterwasserrelief die Bergspitzen der Grenzberge zu Spanien.

Seit 1974 schützt es zwischen der Île Grosse in der Hafenausfahrt von Banyuls und dem Cap Peyfite auf 650 Hektar als Teil von Frankreichs ältestem Meeresnaturpark am Mittelmeer ausschließlich die seeseitige Unterwasserwelt mit ihren Korallenriffen, Seegraswiesen und Felsküsten. Ende 2023 verkündete die Präfeltur, dass die Schutzzone „schon bald“ um 1000 Hektar wachsen  und sich damit mehr als verdoppeln werde.

Retirada: Über diese Pyrenäenberge kamen die spanischen Flüchtlinge auch nach Banyuls.
Banyuls an der Côte Vermeille. Foto: Hilke Maunder

Erster Meeres-Naturpark des Mittelmeeres

Jean Marti, von 1965 bis 1995 und damit 30 Jahre lang Bürgermeister von Cerbère, initiierte es. Entsetzt über die Umweltschäden, die Überfischung, Verschmutzung und Tourismus an der Côte Vermeille verursachten, wandte sich Jean Marti an den Direktor des Observatoire Océanologique des Laboratoire Arago.

Es war der Meeresbiologe René Catala. Jener gründete 1968 die Association pour la Protection de la Mer et de l’Environnement (APME), eine Umweltschutzorganisation, die sich für den Schutz der Küsten und des Meeres einsetzt.

Unterstützt von Jean Marti sowie  anderen Umweltaktivisten und Wissenschaftlern setzte er sich dafür ein, dass das Gebiet um Cerbère und Banyuls zu einem Schutzgebiet erklärt wurde. Sein Engagement und seine Arbeit trugen dazu bei, dass das Schutzgebiet schließlich 1974 gegründet wurde – und das Lebenswerk von Louis Fage vollendet wurde.

Der Blick über das Mittelmeer auf Cerbère. Foto: Hilke Maunder
Der Blick über das Mittelmeer auf Cerbère. Foto: Hilke Maunder

Ein einzigartiger Naturpark im Meer

Frankreich besitzt zwei weitere Meeresschutzgebiete: den parc naturel marin d’Iroise bei Le Conquet und den parc naturel marin de Mayotte in Übersee.

Das Schutzgebiet Cerbère-Banyuls der Côte Vermeille gehört zum Parc naturel régional de la Narbonnaise en Méditerranée und erstreckt sich seit 2003 von Narbonne bis zur spanischen Grenze auf rund 100 Kilometern Länge. 2011 wurde dieses Meeresschutzgebiet integriert in den Parc naturel marin du golfe du Lion.

4.000 Quadratkilometer groß ist der Meeresschutzpark groß. Er erstreckt sich über drei Regionen: Okzitanien, Provence-Alpes-Côte d’Azur und Korsika. Thunfische und Delfine sind dort daheim, und im Sommer besuchen es sogar Bartenwale.

Auch die Schlüsselart für das Mittelmeer ist dort daheim: das Posidonia-Ozeanica-Gras. Ihre ausgedehnten Matten bedecken auch den Meeresboden im Schutzgebiet von Banyuls-Cerbère. Barrakudas, Meeraale, Muränen, Zackenbarsche und Meerbrassen nutzen sie als Kinderstube und Nahrungsquelle.

❤ Die großen Jäger im Meeresnaturpark

    • Thunfisch
    • Barrakuda
    • Große Bernstein-Stachelmakrele
    • (Weiße) Rochen
    • Haie

Um Besucher für die einzigartige Unterwasserwelt des fragilen marinen Ökosystems zu sensibilisieren, schlug Louis Fage einen Unterwasserpfad vor. Doch erst zwei Jahrzehnte nach seinem Tod wurde der Sentier Sous-Marin de Cerbère-Banyuls Wirklichkeit – dank Jean Marti.

Wer war Louis Fage?

Der Tierforscher, 1883 in Nîme geboren, war ein Pionier in der Meeresforschung und entwickelte mehrere bahnbrechende Techniken für die Untersuchung der marinen Ökosysteme. Als Direktor des  Meeresbiologischen Labor in Banyuls-sur-Mer entwickelt er u.a. das erste Unterwasser-Fernsehsystem, um die Bewegungen von Meereslebewesen zu beobachten.

Fage war ein engagierter Umweltschützer und setzte sich für den Schutz der marinen Ökosysteme ein. Er war Mitbegründer der Internationalen Meeresbiologischen Gesellschaft, Präsident der französischen Gesellschaft für Meeresforschung und veröffentlichte zig Artikel zur marinen Biologie.

Sein Traité de Zoologie. Anatomie, Systématique, Biologie (1949) ist bis heute ein Standardwerk. 1964 wurde Fage bei einem Autounfall in Banyuls-sur-Mer getötet.

Der Schnorchelpfad der <em>Plage de Peyrefite</em>. Foto: Hilke Maunder
Der Schnorchelpfad der Plage de Peyrefite. Foto: Hilke Maunder

Sommerlicher Schnorchel-Lehrpfad

Die Unterwassertour mit Schnorchel, Tauchermaske und Flossen startet am Strand von Peyrefite. Achtung: Er ist nur während der Hochsaison im Juli und August von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Wer keine eigene Schnorchelausrüstung mitbringt, kann sie für wenige Euro vor Ort leihen.

Unterhaltsam wird die Schnorcheltour durch den Spezialschnorchel, den ihr dort ausleihen könnt. In sein Mundstück sind wahlweise ein FM-Radio oder ein MP3-Player integriert. Beide nutzen die Leitfähigkeit von Zähnen und Knochen, um die Kommentare der einzelnen Bojen-Stationen auch unter Wasser hörbar zu machen, und das in beeindruckender Tonqualität.

❤ Schnorchel-Spotting: die Top 5

    • Zackenbarsch
    • Zahnbrasse
    • Großer Bärenkrebs
    • Hummer
    • Langusten

1200 Tier- und 500 Pflanzenarten sind im Naturpark heimisch. Im seichten Wasser lassen sich rote Korallen, Neptungräser, Muscheln, Krustentiere und reviertreue Küstenfische wie den Zackenbarsch entdecken. Je ruhiger ihr durchs Wasser gleitet, umso größer ist das Naturerlebnis.

Bojen als Wegweiser

Zum Kilometer langen Schnorchel-Parcours im Schatten der Klippen gehören fünf gelbe Bojen. Jede Boje markiert ein Biotop. Sie besitzt einen Griffring. Halte dich fest, um in aller Ruhe die Unterwasserwelt zu betrachten oder und ruhe dich ein wenig aus, bevor es weiter geht. Unter der Boje befestigt ist die Infotafel.

Auch, wer nicht Maske, Schnorchel und Flossen besitzt, kann hier die Unterwasserwelt erleben. Zu empfehlen ist dabei eine Schwimmbrille. Das gesamte, vom Schiffsverkehr durch Seile und Bogen abgetrennte Revier ist eine einzige „Fischsuppe“. Bei Boje fünf lassen sich auch Muränen beobachten. An den Stationen davor huschen vielfarbige kleinere Fische, mal gelb, schwarz, blau und grün gestreift, hautnah vorbei.

Eine echte Wasserwanderung

Der Strand von Peyrefite ist während der Saison mit Lebensrettern besetzt. Solange die grüne Flagge am Häuschen weht, ist das Schnorcheln gefahrlos. Doch verwechselt die Schnorchel-Runde nicht mit einem einfachen Bad im Meer. Sie ist eine echte Wasserwanderung, die insgesamt 2,5 Kilometer lang ist und bis zu 500 Meter weit ins Meer hinausführt.

Nur an der ersten Station könnt ihr stehen. Die restliche Strecke wird geschwommen. Die Beinarbeit mit Flossen fordert Kondition. Auch kann selbst im Sommer das Meer weiter draußen noch erfrischend sein.

Zur eigenen Sicherheit

    • Quallen können sehr schön sein – beobachtet sie dennoch lieber aus der Ferne
    • Bitte nichts berühren . Seeigel sind sehr stachelig, anderes ist mitunter giftig
    • Ruht euch an den Bojen aus
    • Bleibt innerhalb der markierten Zone!
    • Schnorchelt nur bei grüner Flagge

Weiter draußen gibt es am Pfad mehr zu entdecken als im belebten küstennahen Bereich. Wer lange schnorchelt, sollte einen Taucheranzug anziehen. Ein Shorty ist okay, ein Long John schützt besser – auch vor Ritzern, falls ihr aus Versehen einen Felsen berührt.

Ebenfalls am grauen Stein-Kiesel-Strand befindet sich die Strandbar Au bout du Monde, die auch tartines und Salate zum Mitnehmen verkauft. Zwei Wassersportstationen vermieten Seekajaks und Stand-up-Paddling-Zubehör.

Hintergrund

Das Meer der Côte Vermeille. Foto: Hilke Maunder
Das Meer der Côte Vermeille. Foto: Hilke Maunder

Die Topografie unter dem Meeresspiegel entspricht der Morphologie der Landschaft über Wasser. Nur zwei Kilometer von der Felsküste der Côte Vermeille entfernt, ist das Meer bereits mehr als 60 Meter tief. Dort endet die Kontinentalplatte. Wenige Kilometer weiter in Argelès-sur-Meer ist die Abbruchkante bereits zehn Kilometer weit von der Küste entfernt.

In der See sind zahlreiche Mineralpartikel enthalten. Sie bringt ein Trio ins Meer: das Wasser, das von den nahen Bergen abfließt, der Liguro-provenzalische Strom, der die Sedimente der Rhône mit sich trägt, und die in dieser Gegend häufigen, starken Windböen. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass der Reichtum der Arten bei Flora und Fauna so besonders reich ist.

Schnorchel – Info

Wie eine Meeresbiologin das Projekt erlebt, hat Valérie Schmitt gebloggt: www.scilogs.de

Offizielle Seite des Conseil Général: www.ledepartement66.fr/dossier/la-reserve-marine-de-cerbere-banyuls

Am Haken der Angel: ein junger Serran. Auch für ihn ging es nach dem Foto zurück ins Meer. Foto: Hilke Maunder
Ein junger Sägebarsch. Er ist beim Schnorchel häufig zu sehen. Nach dem Blitzfoto ging es für ihn zurück ins Meer. Foto: Hilke Maunder
Schnell ein Foto, dann ging es für die Baby-Daurade wieder ins Meer. Foto: Hilke Maunder
Auch für die Baby-Daurade ging es nach dem Foto zurück ins Mittelmeer. Foto: Hilke Maunder

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