
Kambrik ist der Stoff, der die nordfranzösische Stadt Cambrai reich und berühmt machte. Seit dem Mittelalter wurde dort aus Flachs oder Baumwolle dieses Gewebe hergestellt, das besonders fein, weich und haltbar war – perfekt für hochwertige Bettwäsche, Tischdecken und andere Haushaltstextilien.
Auch der Klerus liebte diesen Stoff und ließ daraus kirchliche Gewänder schneidern. Für ihn erhielt der Stoff nach dem Weben himmlischen Glanz. Dazu wurde er kalandriert. Dazu wurde er durch heiße Walzen geführt, die die Fasern strafften und einheitlich ausrichteten.
Während der Industriellen Revolution nahm die Textilindustrie in Cambrai einen rasanten Aufschwung. Zahlreiche neue Fabriken und Mühlen entstanden in der Stadt und ihrer Umgebung.
Jene läuteten den Niedergang des Kambriks ein, dessen Herstellung teurer und zeitaufwändiger war als die der neuen, maschinell gefertigten Stoffe.
Kambrik: erfunden als Chambray
Ein Weber namens Jean-Baptiste Chambray soll den Stoff in Cambrai erfunden haben. Daher heißt der Stoff mitunter auch Batist.
Im 19. Jahrhundert kamen die Amerikaner nach Cambrai. Sie waren damals auf der Suche nach einem feinen und widerstandsfähigen Stoff für Sommerhemden, der leichter war als Denim. Der Chambray überquerte den Atlantik und wandelte sich zum Cambric. Sein Rohstoff war nun nicht mehr Flachs, sondern aus Afrika importierte Baumwolle.
Chambray, einst Ausdruck eines gehobenen sozialen Status, wurde demokratisiert – und als Cambric zur Alltagskleidung. Und zum Kultstoff der Künstler.
Der Stoff der Stars
David Bowie sang 1971 im Song Kooks des Albums Hunky Dory als Hommage an seinen neugeborenen Sohn Duncan Jones: „You will wear a shirt of cambric, my son, when you are a man (Du wirst ein Hemd aus Kambrik tragen, mein Sohn, wenn du ein Mann bist).
Steve McQueen in The Gunboat of the Yang-Tse (1966), Paul Newman in Cold Hand Luke (1967) wie auch Johnny Cash, der Gefangene im San Quentin Penitentiary unterstützte, trugen Cambric-Hemden – und machten mit ihren Fotos den Stoff zum Must-have.
Die Renaissance des Kambrik
In der alten Heimat des Stoffes jedoch war die Chambray-Produktion zum Erliegen gekommen. Doch dann kam Pascal Denizart, Direktor des Centre européen des textiles innovants (CETI) aus Tourcoing, in die traditionsreiche Textilhochburg. Im Gepäck: eine Vision. Der Stoff, dessen Wurzeln bis auf Heinrich IV. zurückreichen, sollte neu belebt werden.
Das CETI war 2012 als gemeinnützige Organisation gegründet worden, um der Textilindustrie neuen Schwung zu verleihen. Zum zehnjährigen Jubiläum des CETI ließ Pascal Denizart seine Teams ein neues Chambray-Garn aus afrikanischer Bio-Baumwolle, recycelter Baumwolle und Leinenfasern herstellen.
Damit reiste er nach Cambrai. Bei Gérard Laurent fielen seine Ideen auf fruchtbaren Boden. Der Vizepräsident für wirtschaftliche Entwicklung und Innovation in Cambrai will Stadt und Umland mit Projekten der Kreislaufwirtschaft reindustrialisieren. Kambrik könnte der Stoff dafür sein.
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