Das neue Bordeaux: Architektur zum Staunen
Am Ufer der Garonne wächst das neue Bordeaux heran. Welche Bauten heute Ikonen der zeitgenössischen Architektur sind, wo noch gehämmert und gewerkelt wird, und wie die Metropole des Südwestens auch ganz nachhaltig Zukunft schafft: Hier erfährst du es!
Architektur ist in Bordeaux seit Jahrhunderten Status und Identität. Die Hauptstadt des Département Gironde steckt mitten in einem tiefgreifenden Umbruch. Bordeaux 2030 nennt sich das ehrgeizige Stadtentwicklungsprojekt, das der Metropole des Südwestens Ikonen wie die Cité du Vin beschert hat. Solche ambitionierten Großprojekte kennt die Stadt seit Jahrhunderten.
UNESCO-geschützte Altstadt
Davon zeugt auch seine Altstadt westlich der Garonne. Sie birgt das größte klassizistische Ensemble Europas. Der Hafen schmiegt sich wie eine Mondsichel an das Ufer der Garonne. Port de la Lune wird er daher genannt. Er sorgte einst für schnelles Wachstum, war essenzieller Baustein im Selbstverständnis und prägte die Identität der Stadt.
Der Traum von Dupré
1782 läutete Dupré de Saint-Maur mit seinen Planungen die Expansion der Stadt ein. Bordeaux verließ seinen mittelalterlichen Grundriss. Dupré träumte von einem Kanal, der die Hafenbecken von Bègles und Bacalan südlich und nördlich der Altstadt miteinander verbinden würde.
Die Wasserstraße wurde nie gebaut. Und prägte doch die Architektur. Die Altstadt erhielt ihre Ringboulevards. Jenseits dieser Verkehrsschneiden entstanden mehrere neue Vororte.
Der Sprung über die Garonne
Den Sprung über die Garonne schaffte der Architekt Cyprien Alfred-Duprat. Er schuf 1822 den Pont de Pierre – und begann, die Mondsichel zum Vollmond auszubauen. Doch die Entwicklung der Rive Droite verlief nur schleppend. Die Bastide am rechten Ufer der Garonne wurde damals vor allem von Großbetrieben und der Güterbahnstrecke nach Paris bestimmt.
Erst seit der Jahrtausendwende entwickelt sich das rechte Ufer zum Wohngebiet. In rasantem Tempo entstehen zwischen den Stadtteilen Stalingrad und Bas-Lormand Eigentumswohnungen am Ufer. Mit Blick auf die Obdachlosen, die in den Ufergärten ihre Zelte aufgeschlagen haben.
Das neue Bordeaux: Wandel am Fluss
In der Nachkriegszeit gab Bordeaux seinen innerstädtischen Seehafen auf. Das machte den Weg frei für die umfassende Neugestaltung des linken Flussufers. Bordeaux erhielt eine Straßenbahn, die im Zentrum dem Lauf der Garonne folgt, sanierte die Hafenfront, verwandelte Schuppen in Shoppingcentren, Bars und Cafés und öffnete die Altstadt zur Garonne.
Zehn Kilometer lang ist die Promenade mit ihrem Uferpark und einem Miroir d’Eau von Michel Corajoud, der seit 2006 ein Besuchermagnet ist. Nördlich der Altstadt wurden – und werden noch – die Bassins à Flot für eine Mischnutzung von Tourismus, Gewerbe, Gastronomie und Wohnen entwickelt.
Das Erbe umnutzen
Der Masterplan des Büros ANMA zieht dabei das Erbe des Hafens – Kräne, Silos und Lagerhallen– in sein Konzept mit ein. Die Gestaltung und Materialwahl der Neubauten bewahren den industriell-maritimen Charakter dieses Viertels. Am rechten Ufer wandelte sich die ehemalige Niel-Kaserne zum Ökokosmos Darwin. Auch das rechte Ufer erhielt einen Uferpark.
Ziel des Masterplans Bordeaux 2030 ist es, die Einwohnerzahl von rund 250.000 Einwohnern bis dahin zu vervierfachen und sich als Paris des Südens zu etablieren. Parisern scheint diese Idee zu gefallen.
Sie kaufen im großen Stil Immobilien in Bordeaux – und freuen sich, dass sie dank der am 2. Juli 2017 eingeweihten TGV-Strecke Bordeaux-Paris in gut zwei Stunden in der Hauptstadt sind.
Architektur in Bordeaux: die Top Tipps
Die Cité du Vin
Jahr: 2016
Architekten: XTU, Museographie: Casson Mann Limited
Auftraggeber: Stadt Bordeaux
Gold wie die Sonnenstrahlen auf der Garonne, die Fassaden der Häuser im Reederviertel Chartrons oder die Farbe der Süßweine von Sauternes: So setzten die Franzosen von XTU die Cité du Vin ins Bacalan-Viertel von Bordeaux. Ihre Form will die Bewegungen aufgrefen, die beim Schwenken des Weins im Glas entstehen.
Drinnen inszeniert die 2023 neu gestaltete Erlebnisausstellung eine interaktive wie immersive Reise ins Herz der Weinkultur und des Weinbaus – in Bordeaux und aller Welt. Der Besuch endet an der rundum verglasten Verkostungsbar im achten Stock. Der Ausblick aus 35 Metern Höhe ist atemberaubend!
• 134, Quai de Bacalan, 33300 Bordeaux, www.laciteduvin.com
Die Arkéa Aréna (Grand Aréna Bordeaux)
Jahr: 2018
Architekten: Rudy Ricciotti
Auftraggeber: Bordeaux Métropole
2013 beschloss Bordeaux Métropole den Bau eines großen Veranstaltungssaals und übertrug der Lagardère-Gruppe die Planung, den Bau und den Betrieb der Halle. Architekt Rudy Ricciotti hat sie als Kieselstein entworfen, der von der Garonne am Ufer abgelegt wurde. Von Ricciotti stammt auch der Entwurf des MUCEM von Marseille.
Mit einem Konzert von Depeche Mode im Rahmen ihrer Global Spirit Tour wurde die neue Halle im Januar 2018 eingeweiht. Die 11.000 Karten waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Die Halle wird hauptsächlich für Sport- und Konzertveranstaltungen genutzt – mit 11.300 Stehplätzen oder 8.000 Sitzplätzen.
• 48-50, Avenue Jean Alfonséa, 33270 Floirac, www.arkeaarena.com
Die Cité Frugès
Jahr: 1926
Architekten: Le Corbusier und sein Cousin Pierre Jeanneret
Auftraggeber: Henry Frugès
Henry Frugès war ein Zuckerfabrikant mit sozialem Bewusstsein. Um die Lebensbedingungen seiner Arbeiter zu verbessern, beauftragt er die Architekten Le Corbusier und Pierre Jeanneret, Kunst, sozialen Fortschritt und konstruktive Innovation in einer Wohnsiedlung vor den Toren von Bordeaux miteinander zu verbinden. Le Corbusiers Anlage gehört seit Juli 2016 mit 16 weiteren Stätten zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Am Musterhaus der Siedlung beginnen Führungen. Die Maison Frugès-Le Corbusier ist zudem das einzige Gebäude, in dem ihr das Innere von Le Corbusiers Bauten erleben könnt.
Le Corbusier verstand seine Arbeiterhäuser als eigenständige Kunstwerke. Klar, kantig und geometrisch sind ihre Formen – typisch für die damalige Architektur-Avantgarde. Farben gestalten die Fassaden und steuern die Wahrnehmung der weltweit ersten Arbeiter-Gartensiedlungen, die nach dem Kanon der neuen, modernen Ästhetik gebaut wurden.
Jeder sollte sich ein solches Heim leisten können, hatte sich Monsieur Frugès gewünscht. Corbusier setzte es um – und integrierte die innovativsten Komfortelemente seiner Zeit bei Ausstattung und Gestaltung des Wohnraums.
Möglich machte es die Standardisierung beim Bau. Frugès erwies sich als äußerst innovative Experimentierbaustelle. Wie ließen sich Vorfertigung und Vielfalt miteinander verbinden? Le Corbusier zeigt es in Frugès mit einem faszinierenden Spiel der Positionierung.
Sie führt zu sieben Haus-Typen mit zahlreichen Nuancen. Er nannte sie: Wolkenkratzer, Quincunx, Arkaden, Zickzack und Zwillinge und ergänzte sie mit zwei Typen freistehender Häuser. Sie sorgen für Abwechslung in der kleinen Gartenstadt vor Bordeaux.
• 4, Rue le Corbusier, 33600 Pessac, Tel. 05 57 93 65 40, www.pessac.fr
Die Méca
Jahr: 2019
Architekten: Bjarke Ingels Group + Freaks freearchitects
Auftraggeber: Conseil Général d’Aquitaine
Der 8 Tallet, ein Wohnhaus wie eine Acht im Herzen der Ørestad, und Copenhill, Kopenhagens urbane Skipiste auf dem Dach der Müllverbrennung, machten Bjarke Ingels vor zwei Dekaden zum dänischen Shooting-Star der zeitgenössischen Architektur. Heute ist er etabliert, hat Partner ins Haus geholt – und arbeitet mit großem Erfolg international.
Für Bordeaux schuf er ein Gebäude, das sich am Ufer der Garonne wie eine Skulptur erhebt: la Méca. Diese Maison de l’Économie Créative et Culture en Nouvelle-Aquitaine birgt die Büros aller staatlichen Stellen, die sich mit Literatur, Kunst und Kino beschäftigen.
Ebenfalls dort daheim ist der Regionalfonds für aktuelle Kunst aus Nouvelle-Aquitaine (FRAC). 1200 Werke umfasst seine Sammlung, die wechselnde Ausstellungen spannungsreich inszenieren.
Von ihrer Terrasse eröffnet die Méca aus 37 Metern Höhe tolle Ausblicke auf den Fluss und die Stadt.
Der Miroir d’Eau
Jahr: 2007
Architekten: Jean-Max Llorca une Michel Corajoud
Auftraggeber: CUB/Ville de Bordeaux
Von 10 Uhr früh bis 22 Uhr in die Nacht spritzt es feucht im historischen Herzen von Bordeaux. Drei Minuten Füllen, 15 Minuten Spiegeln, fünf Minuten Entleeren und drei Minuten Nebel ist seit 2007 auf dem Halbrund der Place de la Bourse von April bis Oktober der Tagesrhythmus.
Mit 3.450 Quadratmetern gilt seine weltberühmte Wasserfläche als weltweit größtes Reflexionsbecken. Der miroir d’eau ruht auf einer 130 Meter langen und 42 Meter breiten Granitplatte, deren Düsen ein unterirdischer, 800 Kubikmeter fassender Wassertank speist.
Zwei Zentimeter tief ist die Wasserfläche, in der sich die klassizistischen Prachtbauten spiegeln. Jacques Gabriel (1667–1742) und sein Sohn Jacques-Ange Gabriel (1698–1782) haben sie im 18. Jahrhundert geschaffen. Bis zu zwei Meter hoch steigen die Wasserstrahlen – im Sommer eine überaus beliebte Erfrischung!
• Place de la Bourse, 33000 Bordeaux
Der Pont Jacques Chaban-Delmas
Jahr: 2013
Architekten: Charles und Thomas Lavigne
Auftraggeber: Communauté urbaine de Bordeaux
Blau bei Flut, grün bei Ebbe: So leuchtet die fünfte Garonne-Brücke von Bordeaux im Port de la Lune bei Nacht. 575 Meter lang und 77 Meter hoch überspannt seit 2013 der Pont Jacques Chaban-Delmas als höchste Hubbrücke Europas den Fluss. Seine Pylone verlängern mit großen, fließenden Linien die Kais und fügen sich perfekt in die Landschaft ein.
Für mich ist die moderne Brücke zwischen den beiden alten Querungen des Pont d’Aquitaine und des Pont de Pierre das schönste Beispiel der zeitgenössischen Architektur, die Technik und Ästhetik harmonisch verbindet.
2.600 Tonnen schwer ist die 120 Meter lange Fahrbahn aus einem Profilstahlkasten, der für die Passage von Seeschiffen und Windjammern emporgezogen wird. Diese Arbeite erledigen vier überraschend filigran wirkende Türme, die auf 18 Meter hohen länglichen Sockeln ruhen und im Flussgrund einbetoniert sind.
Sie bergen im Innern ein 600 Tonnen schweres Gegengewicht und Flaschenzüge für das Anheben des Mittelfelds. Im Falle einer Panne senkt sich das Hebefeld allein durch sein Gewicht wieder ab.
• 33000 Bordeaux
Der Pont Simone Veil
Jahr: 2024
Architekten: Rem Kohlhaas
Auftraggeber: Communauté Urbaine de Bordeaux (CUB)
Die sechste Straßenbrücke über die Garonne erhält Bordeaux 2024. Der Entwurfe für den 549 Meter langen und 33 Meter breiten Pont Simone Veil stammt aus dem Büro des preisgekrönten niederländischen Architekten Rem Koolhaas. Die Bauarbeiten sollten ursprünglich 2016 beginnen, aber es gab Verzögerungen. 2024 war der Bau vollendet.
Die Brücke wurde ohne Pylone realisiert. Sie ruht auf 8 Pfeilern, die jeweils von vier mit Stahlbeton gefüllten Stahlrohren, den sogenannten Pfeilerschächten, getragen werden. Jede dieser 32 Röhren ist 23 Meter tief und hat einen Durchmesser von 2,5 Meter. Auf der Brücke gibt es zwei Fahrspuren pro Richtung für Fahrzeuge sowie separate Spuren für den öffentlichen Nahverkehr sowie Rad- und Fußgängerwege.
Das Stade Matmut-Atlantique
Jahr: 2015
Architekten: Herzog & de Meuron, Landschaftsgestaltung: Michel Desvigne
Auftraggeber: Société Bordeaux Atlantique (Gesellschafter: die Bauunternehmen Fayat und Vinci)
Von außen ein Wald: Leuchtend weiß zitieren Säulen aus Stahl die schlanken Kiefern der Forêt des Landes und verweisen auf all die Bäume, die das Gelände auf allen Seiten säumen. Ungewöhnlich leicht und filigran kommt das Stadion von Bordeaux daher, das seit 2016 das alte Stadion Chaban-Delmas im Stadtteil Bordeaux-Lac ersetzt.
Sein Dach besteht aus 44 Meter langen, freitragenden Pfeilern mit Zugankern und einer komprimierten Stütze am Kopf der Tribüne. Rund 42.000 Sitzplätze bietet das Heimstadion des FC Girondins de Bordeaux bei Fußball- oder Rugby-Matches.
Auch Konzerte und andere Kulturveranstaltungen finden dort statt. 233 Meter lang, 210 Meter breit und 43 Meter hoch ist das Stadion. Und einzigartig im Land, denn es besteht zu 70 Prozent aus Stahl.
Ohne Stahl wäre es nicht möglich gewesen, den von der Stadtverwaltung von Bordeaux vorgegebenen Kostenrahmen einzuhalten. Stolz sagte daher der damalige Bürgermeister der Stadt, Alain Juppé bei Einweihung der Sportstätte am 18. Mai: Das Stade Matmut Atlantique ist das günstigste Stadion der Euro 2016. Ein Hingucker ist es auf jeden Fall!
• Cour Jules Ladoumegue/Avenue de la Jallère, 33300 Bordeaux
Das Tribunal des Grandes Instances (TGI)/Cité juridicaire
Jahr: 1998
Architekten: Richard Rogers Partnerships
Auftraggeber: französisches Justizministerium (Ministère de la Justice)
Große Eier, Weinflaschen, Knoblauchzehen oder Bienenstöcke? Das diskutierte Bordeaux, als es 1998 die Silos des Tribunal de grandes instances erhielt, die Richard Rogers als Sitz des Landgerichtes entworfen hatte. Im Dezember 2021 ist der englische Architekt verstorben. Doch sein Bau ist bis heute ein Hingucker in der Innenstadt und besonders schön im Licht der abendlichen Beleuchtung.
Sein Bau inspiriert die Fantasie. Und spiegelt das Wesen der Justiz. Zur Ecke des Cours d’Albret steht ein Gebäude ganz aus Glas, um zu zeigen, dass die Justiz transparent ist. Auf der Seite der Rue des Frères Bonie präsentiert sich die Cité juridicaire als ein viel avantgardistischeres und originelleres Bauwerk, das sich in die alten Festungsmauern des Fort du Hâ einfügt.
• 30, Rue des Frères Bonie, 33000 Bordeaux
Der Grand Parc: Umbau von 530 Wohnungen
Jahr: 2016
Architekten: Anne Lacaton, Jean-Philippe Vassal, Frédéric Druot, Christophe Hutin
Auftraggeber: Aquitanis
Bestehendes ändern und verbessern, ist die Maxime des Architekten-Duos Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal, und dies bewiesen die beiden Architekten bereits 1993. Ihre Maison Latapie, ein 1993 für eine Familie mit zwei Kindern in einer gewöhnlichen Straße in Floirac bei Bordeaux errichtetes Einfamilienhaus, wurde zum Sinnbild für geräumiges, eigenständiges und zugleich preiswertes Wohnen.
1998 zeigten sie, dass Verwandlung statt Abriss auch im großen Stil gelingt. Während andere sie am liebsten abreißen würden, zeigten Lacaton-Vassall im Quartier du Grand Parc, wie Großwohnsiedlungen für überschaubares Geld lebenswerter und nachhaltiger werden. 530 Wohnungen erhielten dort beheizte Anbauten, Wintergärten, bioklimatische Balkone und große Fensterfronten. Für die Großsiedlung musste 1970 der alte Stadtteil Les Cressonnières weichen.
• Quartier du Grand Parc
Das Mériadeck
Jahr: 2006-2011
Architekten:
Auftraggeber: Stadt Bordeaux
Mériadeck war früher ein echtes Schmuddelviertel – und dies nur 400 Meter von seinem Amtssitz im Hôtel de Ville entfernt. Als Jacques Chaban-Delmas 1946 dort als Bürgermeister einzog, beschloss er – auch angesichts der grassierenden Wohnungsnot – das große Aufräumen.
1946 ernannte er Jean Royer zum Generalinspektor für Stadtplanung in Aquitanien (Inspecteur Général de l’Urbanisme pour l’Aquitaine) und obersten Stadtplaner von Bordeaux. Royan kam vom 1944 gegründeten Ministerium für Wiederaufbau und Urbanisierung (MRU).
1951 lag ein Gutachten des Départements zu Mériadeck vor. Es kam zu einem folgenschweren Schluss: Mériadeck sei zu unhygienisch, zu sehr ein Abschaum in jeder Hinsicht, um den Stadtteil zu erhalten. Der Abriss wurde angeordnet – und der Bau von 2500 neuen Wohnungen. Heraus kam – zumindest visuell – ein Monstrum in Beton.
In vielen Aspekten ist Mériadeck jedoch wegweisend und geradezu nachhaltig – besonders mit seiner totalen Trennung der Verkehrsströme: die Autos auf der Straße, die Fußgänger auf einer Bodenplatte mit viel Grün.
• Rue du Château d’Eau, 33000 Bordeaux; Hintergrund und Infos: www.docomomo.fr
Neues Wohnen in Bordeaux
Bacalan / Dock B
160 Hektar groß ist das Stadtentwicklungsprojekt Bacalan, das Wohnraum für 12.000 Menschen schaffen will, eingebettet in ein Umfeld zum Arbeiten und Ausgehen.
Es erstreckt sich rund um die Bassins à Flot mit ihrer ehemaligen deutschen U-Boot-Basis. Obwohl überall noch gebaut wird, ist das Bacalan-Viertel schon heute auch touristisch sehr spannend.
Dort findet ihr die digitale Kunstschauen der Bassins des Lumières, die Whisky-Brennerei Moon Harbour, den Food-Court Halle Bacalan, die Cité du Vin, Hotels mit großen Dachterrassen wie das Renaissance oder das Radisson. Und diverse Neubauprojekte mit Mut zur Farbe und Lust an maritimen architektonischen Zitaten.
• www.blp.archi/projets/residence-dock-b-bordeaux
Ginko
Bordeaux‘ erstes Ökoquartier trägt einen ungewöhnlichen Namen. 32,20 Hektar groß ist es – und durchzogen von autofreien Wegen. Ihr findet es zwischen dem Lac de Bordeaux, der Avenue Dassault, der Avenue des Quarante journaux und den Wohnhäusern von Lazun. Die Tram hält direkt vor der Tür.
2700 Wohnungen hat der private Entwickler Bouygues Immobilier dort geschaffen. Ganz unterschiedlich sind die 30 Baufelder gestaltet.
Neben Mehrfamilienhäusern von drei bis neun Stockwerken gibt es Stadthäuser und Wohnungen mit zwei bis fünf Zimmern. 45 Prozent des Wohnraums ist sozial gefördert. 40 Prozent des Terrains nehmen Grünflächen ein, darunter auch ein 4,5 Hektar großer Park.
• https://ecoquartier-ginko.fr
Brazza
Im Nordosten von Bordeaux entsteht auf 53 Hektar das neue Wohngebiet Brazza bei der Chaban-Delmas-Brücke. Mit den Grands Moulins de Bordeaux (GMP) und Solferti war das Viertel bislang gewerblich und industriell geprägt. Ende 2022 waren die ersten 450 Wohnungen bereits bezogen.
Das Viertel ist angebunden an das geothermischen Wärmenetz, das den Bedarf an Warmwasser und Heizung deckt. Drei große Waldstreifen sollen vom Parc aux Angéliques am Garonne-Ufer die Natur in das neue Stadtviertel holen. Zwischen diesen Streifen sind Gemeinschaftsgärten geplant. Die Bahnlinie soll eine Brazzaligne begrünen.
EurAtlantique
Am frisch sanierten Bahnhof Bordeaux Saint-Jean wächst Bordeaux‘ Antwort auf Marseilles Euroméditerranée in den Himmel: eine riesige Bürostadt mit der Rue Bordelaise als Fußgänger- und Geschäftsstraße hin zum Erlebnisufer an der Garonne. 730 Hektar groß ist das Baufeld, das sich von Bordeaux bis nach Bègles und Floirac erstreckt.
Bordeaux Euratlantique plant 2.500.000 Quadratmeter an Wohnungen, Büros und öffentlichen Einrichtungen für 50.000 neue Einwohner und 30.000 lokale Arbeitsplätze.
Sein Wahrzeichen soll Frankreichs höchster Holzturm werden, die 57 Meter hohe Tour Hypérion. Das natürliche Material senkt die Kohlendioxidemissionen beim Bau um 45 Prozent, so der Bauherr Eiffage Construction.
• www.bordeaux-euratlantique.fr
Moderne Architektur in Bordeaux: die Infos
Arc en Rêve
1822 erhielt Claude Deschamps von der Stadt Bordeaux den Auftrag, im Chartrons-Viertel ein großes Lagerhaus zu errichten. Für den Grundriss wählte er das Modell einer Markthalle. Ihr großer zentraler Raum ist als Doppelschiff gestaltet. An der Außenseite des Gebäudes verraten Blenden die Einteilung der Stockwerke.
Im 20. Jahrhundert nutzlos geworden, wurde das entrepôt in drei Abschnitten 1979, 1984, und 1990 von Denis Valode und Jean Pistre umgebaut. Bordeaux wünschte sich dort einen Ort für die Reflexion rund um das zeitgenössische Kunstschaffen. Nach einen Wanderausstellungen zog zunächst das CAPC musée d’art contemporain de Bordeaux dort ein. 1980 folgte ihm das Architekturzentrum arc en rêve.
• 7, rue Ferrere, 33000 Bordeaux, Tel. 05 56 52 78 36, www.arcenreve.eu
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ich bin gerade für 4 kw in bordeaux und habe ihre artikel gelesen. kompliment! ich denke, sie haben in gewichtung, info-tiefe, und qualitativem gefühl die stadt brilliant dargestellt.danke und viele grüße – harald adam (ab nov wieder in frankfurt)
Merci, lieber Herr Adam! Das sind sehr nette Worte, merci! Viele Grüße, Hilke
Hallo Hilke, zur gleichen Zeit wie in Bordeaux durch Corbusier wurden in Dessau nach dem
gleichen Prinzip 314 Reihenhäuser im Bauhausstil durch W.Gropius errichtet. Diese sind heute noch alle bewohnt und das Erbe wird gepflegt.(auch Weltkulturerbe)
Dein Artikel über Bordeaux ist extrem gut gelungen und man möchte gleich hinfahren.
Danke für diesen Bericht.
Lieber Eike, danke – das Dessauer Bauhaus kenne ich, die Gropiussiedlung habe ich wohl leider verpasst, sie wurde auf der Pressereise damals leider nicht gezeigt und auch nicht erwähnt. Schade! Jetzt muss ich unbedingt noch einmal dorthin. Merci für die Info! Herzlichen Dank für Dein Lob und viele Grüße! Hilke