Eguisheim: Adventszauber im Winzerdorf
In der Vorweihnachtszeit verwandelt sich das südliche Elsass in ein Pays des Étoiles, in ein Reich der Sterne mit Colmar im Herzen. Was dort alles im Advent zu erleben ist, habe ich euch hier vorgestellt. Jetzt nehme ich euch von dort hinaus aufs Land.
Steigt am Bahnhofsvorplatz in die Navettes de Noël. Die Abfahrten der Weihnachtsbusse sind auf den Nahverkehrszug TER 200 der SNCF abgestimmt. Von Colmar aus fahren sie die vier schönsten Weihnachtsmärkte im Département Haut-Rhin an: Kaysersberg, Riquewihr, Ribeauvillé … und Eguisheim!

Dorfidyll an der Weinstraße
Eguisheim, das schon lange zum landesweiten Kreis der schönsten Dörfer Frankreichs gehört, wählten die Franzosen 2013 zu ihrem Lieblingsdorf. Le Village Préfére des Français – wie sieht es wohl aus?
Eguisheim liegt knapp acht Kilometer südwestlich von Colmar an der Elsässischen Weinstraße. Dort werden gleich zwei der besten Grands Crus des Elsass produziert – der Eichberg und der Pfersigberg. Mit der Genossenschaftskellerei Wolfberger ist zudem auch der Marktführer für den Crémant d’Alsace dort daheim.

Der erste Eindruck: Einfamilienhäuser mit perfekt gepflegten Gärten entlang der Départementstraße D 14, das Auto sauber geputzt auf der Auffahrt.
Doch dann macht die Landstraße einen Knick. Und dort solltet ihr parken oder den Bus verlassen. Denn dahinter beginnt ein Bilderbuch-Elsass mit Mittelalter- und Winzerflair.

2003 wurde Eguisheim als eines der Plus beaux villages de France (Schönste Dörfer Frankreichs) ausgezeichnet. Das sorgt für immer mehr Besucher, auch im Advent. Erste Einheimischen unken bereits, dass das Dorf Opfer seines eigenen Erfolges werden könnte – ähnlich, wie manche es bei den Weihnachtsmärkten von Colmar empfinden.
Fachwerk im Weihnachtsschmuck

Bunt und blumenreich zeigt sich Eguisheim im Sommer. Das brachte dem Dorf beim Nationalen Blumenschauwettbewerb die werbeträchtige Auszeichnung mit vier Blüten ein. Im Advent lädt es ein, eine authentische Weihnacht im üppigen Dekor mit Teddybären, Tannengrün und zahlreichen Krippen beim Flanieren zu erleben,
Lasst euch einfach treiben! Bummelt auf den mit Kopfstein gepflasterten Gassen, die kreisförmig den Verlauf der Stadtmauer nachziehen, vorbei an sechs herrschaftlichen Dinghöfen, kunterbuntem Fachwerk und zahlreichen Brunnen, die auch spät im Jahr mit Wasser gefüllt sind.

Gugelhupf und Glücksbringer
Unterwegs begegnen euch lokale Produzenten, die Lebkuchen, Käse, charcuterie-Spezialitäten und andere regionale Köstlichkeiten anbieten.
Oder Gleckshamphala. Bernadette Marschall fertigt die traditionellen Glücksbringer des Elsass noch per Hand – und verkauft sie auf dem Weihnachtsmarkt von Eguisheim.
Das Herz der Altstadt von Eguisheim bildet die Place du Château Saint-Léon. Die einstige Burg Eguisheim im Herzen der Altstadt hatte im Jahr 720 Graf Eberhard, der Neffe der heiligen Odilie und Schutzpatronin des Elsass, gegründet.
In konzentrischen Kreisen wuchs um die Burg das Dorf. Auf der Burg wurde im Jahr 1002 Brunon d’Eguisheim geboren. Er war kein Geringerer als der spätere Papst Saint-Léon IX. Als bedeutender Reformer der Kirche wird Saint-Léon in Eguisheim als Heiliger verehrt. Seine Statue thront in der Mitte des Platzes, der seinen Namen trägt. Eingefasst von Rotsandstein plätschert dort die Fontaine Saint-Léon nahe der Maison des Têtes, dem Rathaus.
Auch die Saint-Léon-Kapelle ist ihm zu Ehren geweiht. Sie wurde von 1888 bis 1894 aus rötlichem Vogesen-Sandstein im neuromanischen Stil auf den Fundamenten des Bergfrieds der historischen Burg Egiusheim erbaut. Unter dem Satteldach des dreischiffigen Saalbaus ruht im Inneren die Schädelreliquie von Leo IX. Sieben Gewölbemedaillons zeigen Szenen aus seinem Leben. Weitere Bildfenster stellen euch elsässische Heilige vor.

Der Kult um den Heiligen Léon machte Eguisheim im Mittelalter zum Wallfahrtsort. Doch seine Geburt in Eguisheim ist nur eine schöne und willkommene Legende und basiert auf einer Chronik des Klosters Ebersmünster, die erst vier Jahrhunderte nach dem Ereignis verfasst wurde und daher als unzuverlässig gilt.
Historiker vermuten, dass er auf einer der Burgen seines Geschlechts geboren wurde, aber nicht unbedingt in Eguisheim selbst. Eine Quelle erwähnt die Wahlenburg als möglichen Geburtsort, betont aber, dass es sich wahrscheinlich um einen älteren Vorgängerbau handelte.

Die Pfarrkirche Peter und Paul wurde 1809 im Scheunenstil errichtet. Die Saalkirche birgt im Innern neobarocke Elemente, wie den Hauptaltar von 1877 und eine Orgel von 1839
Das romanische Portal im alten Turm stammt aus dem Vorgängerbau und zeigt bereits stilistische Merkmale der Gotik im Bogenfeld. Ebenfalls von einem Vorgängerbau stammt die Schreinmadonna aus dem 14. Jahrhundert.
Die Stadt blieb bis zur Revolution Sitz des bischöflichen Vogts – und schützte sich ab Mitte des 13. Jahrhunderts mit einer Stadtmauer und weiteren Befestigungsanlagen. Dennoch gelang es dem späteren König Ludwig XI. im 15. Jahrhundert, Eguisheim zu erobern.
Auch der Dreißigjährige Krieg sowie Epidemien, Missernten und Entvölkerung hinterließen Spuren in dem Weinort.Vom Ersten und Zweiten Weltkrieg jedoch bleibt Eguisheim verschont – und schlägt daraus heute Kapital im Tourismus.

Blickt beim Schlendern nicht nur auf die überreiche Weihnachtsdekoration, sondern betrachtet auch einmal die Vielfalt der Architektur. Rot, blau, gelb und beige sind die verputzten Fassaden, und mitunter hat die Lust an der Farbe auch die Ziegel erobert, die bunte Muster auf den steilen Dächern bilden. Hier und da könnt ihr auch Dachziegel in Form des sogenannten „Biberschwanzes“ sehen.

Von Burgen bewacht
Die drei Höhenburgen Dagsburg, Wahlenburg und Burg Weckmund, die 575 Meter hoch auf dem Schlossberg über Eguisheim wachen, sind heute nur noch als Ruinen erhalten. „Drei Exen“ nennen sie die Einheimischen. Wandert dort hinauf. Die Aussicht über die Rebhänge ist herrlich!
Auch einer ehemaligen Brachfläche des Dorfes entstand der Parc du Millénaire neben einem großen Parkplatz. Seine Besonderheit? Der „Rosengarten der Verheirateten“! Jedes Jahr wird hier ein Rosenbeet angelegt, um die im Vorjahr gefeierten Ehen zu würdigen. Die Beete umgibt ein Stahlring, der einen Ehering symbolisiert und auf dem die Namen der Eheleute eingraviert sind!

Wiege des elsässischen Weinbaus
Eguisheim liegt an der Elsässischen Weinstraße. Im Dorf ist der Weinbau allgegenwärtig – und hat eine jahrhundertelange Tradition. Schon in der Römerzeit wurde hier Wein angebaut und im Mittelalter entwickelte er sich zu einem blühenden Wirtschaftszweig. Davon zeugen die wunderschönen Kaufmannshäuser in der Hauptstraße. Heute besitzt Eguisheim die meisten aktiven Winzer unter den schönsten Dörfern Frankreichs!
Ab Mitte Juni begleiten Winzer die Besucher auf dem Weinlehrpfad der Grands Crus Eichberg und Pfersigberg. Im Juli starten feiert Eguisheim sein Festival des Vins d’Eguisheim, gefolgt von der Nuit des Grands Crus, dem großen Weinfest seit mehr als sechs Jahrzehnten. Weinproben, Umzüge in traditionellen Kostümen und Folklorekonzerte beleben zwei Tage lang die Straßen des Dorfes. Ende September wird der neue Wein des Jahres mit der Fête du nouveau vin begrüßt – und ausgiebig gekostet.

Eguisheim: meine Reisetipps
Schlafen & schlemmen
Boulangerie Pâtisserie Marx
Brezeln, Brot und zur Adventszeit Mannala und Bredele: Diese Bäckerei hält Elsässer Backtraditionen hoch und verteilt mitunter Kostproben.
• 39 Grand-Rue, 68420 Eguisheim, Tel. 0389413256, auf Facebook zu finden

L’Auberge Alsacienne*
Schallisolierte, gemütliche Zimmer mit viel Holz, Elsass-Textilien und mit eigenem Bad, gutes WLAN, sauber und gut geführt: ein grundsolides Haus mit vielen Stammgästen! Achtung: Im Winter ist die Rezeption nur morgens sowie von 16 bis 20 Uhr geöffnet. Wer mag, kann hier* sein Bett buchen.
• 12 Grand’rue, 68420 Eguisheim, Tel. 03 89 41 50 20, www.auberge-alsacienne.net
La Ferme du Pape Hostellerie*
Traditionelle Zimmer, sauber und recht groß, ein reichhaltiges Frühstücksbüfett und trotz der Lage an der D 14 recht ruhig: Der Nachbar der Auberge Alsacienne ist ebenfalls zu empfehlen.
• 10, Grand-Rue, 68420 Eguisheim, Tel. 03 89 41 41 21, www.hostellerie-pape.com

Auberge des 3 Châteaux*
Typisch Elsässer Gastfreundlichkeit im Herzen der Altstadt. Einfach köstlich: das Baeckeoffe. In den Bäckereintopf kommen Schweinekamm oder Schweineschulter, Lammschulter, Rinderbug, Riesling, Kartoffeln, Porree, Zwiebeln – und (auf Wunsch) ein Schweinefuß. Wer mag, bucht hier*.
• 26, Grand-Rue, 68420 Eguisheim, Tel. 03 89 23 11 22, www.auberge-3-chateaux.fr
Noch mehr Betten*

Weiterlesen
Im Blog
Die Elsässische Weinstraße habe ich hier vorgestellt.
Im Advent verwandelt sich das Elsass in ein Weihnachtswunderland. Seine selbst ernannte Weihnachtshauptstadt ist Strasbourg.
Wunderschön ist auch Colmar zur Adventszeit.
Im Buch
Antje und Gunter Schwab, Elsass*
Gunter Schwab, ist Erdkundelehrer an einem Karlsruher Gymnasium, seine Frau Antje ist mindestens genauso reiselustig und frankreichliebend wie ich (ob’s am Jahrgang liegt?). Gemeinsam haben sie den wohl besten Reiseführer für Individualreisende verfasst.
Auf 444 Seiten stellt er alles vor, was das Elsass zwischen Wissembourg und Mulhouse zu bieten hat: mittelalterliche Fachwerkdörfer, das beschauliche Colmar und die multikulturelle Europastadt Straßburg. Kunst und Kirchen, Berge und Burgen. Und natürlich viele Schlemmeradressen, denn auch das gehört zum Elsass. Wer mag, kann den Band hier* direkt beim Verlag bestellen.
* Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du unabhängigen Journalismus unterstützen und meine Webseite werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !
Hallo,
na ja Eguisheim ist schon sehr nett – war da schon mehrmals zu allen Jahreszeiten; aber der Weihnachtsmarkt ist nicht wirklich spektakulär. Da gibt es wesentlich nettere und interessantere im Elsass. Deswegen fahre ich da nicht mehr hin. Aber der Ort ist im Advent schön dekoriert.
Hallo Markus, mir hat der Markt sehr gut gefallen – gerade, weil er recht untouristisch ist – und von Einheimischen und lokalen Produzenten bestückt wird.
Hallo Hilke,
hm, also letztes Jahr waren in Eguisheim kaum Stände – aber jede Menge Touristen (hauptsächlich auch Geschäft in den Läden vor Ort – aber das ist in Eguisheim das ganze Jahr); aber ja der Ort ist auch im Advent wegen der Dekoration sehr schön.
Lokale Produzenten und Einheimische – da kann ich zum Beispiel Thann empfehlen und auch Rixheim ist immer sehr nett und viele lokale Produkte
ach ja und auch in Kaysersberg ist der Weihnachtsmarkt sehr vielfältig. Man sollte auch mal in Ribeauvillé gewesen sein. Da ist an zwei Wochenenden gewaltig viel los und jede Menge Besucher. Aber dieser mittelalterliche Markt ist nett und die einzelnen Gruppen tun sich echt was an und die Stände sind beeindruckend.
und auch sehr nett der Weihnachtsmarkt in Neuf Brisach – auch hier mit mittelalterlichen Ständen, altem Handwerk und vielen lokalen Anbietern.
Merci für die vielen ergänzenden Tipps! Viele Grüße! Hilke
auch ohne Weihnachten ist Eguisheim einlohnendes Ziel.
Das stimmt, liebe Katrin, auch in der Umgebung – ein herrliches Wanderland. Bonnes fêtes! Hilke
hervorragender Tipp, schönes Städtle sehr schöner Markt und nicht so viel Rummel wie in anderen Weihnachtsstädten im Elsass
Ja! Frohe Weihnachen!
Sieht wunderschön aus – vielleicht auch weniger kommerziell als Strasbourg?