Le Poët-Laval: Hugenotten und Künstler
Im Sommer blühen die Lavendelfelder rings um Le Poët-Laval. Jetzt, im jungen Frühjahr, pfeifen noch eiskalte Winde um die trutzigen Feldsteinhäuser des vieux village. Im Schatten von Burgschloss und romanischer Kirchenruine drängen sie sich auf einem bewaldeten Felsausläufer 304 Meter hoch über dem Jabron.
Im zwölften Jahrhundert war das Dörfchen Sitz der Commanderie de l’Ordre des Hospitaliers de Saint-Jean-de-Jérusalem. Unter den Maltesern stieg es zur größten Komturei der Provence auf.
Nach dem Widerruf des Ediktes von Nantes 1685, das die Religionsfreiheit zugesichert hatte, flohen die Protestanten aus ihrer Hochburg. Das vieux village von Le Poët-Laval verfiel. In Gougne, dem Ortsteil im Tal, befinden sich heute Service- und Dienstleister und die nicht mehr genutzte reformierte Kirche.
1924 wurde das alte Dorf unter Denkmalschutz gestellt. Heute gehört es zu den plus beaux villages de France. Beim Bummeln durch die Kopfsteingassen und den calades, steilen gepflasterte Verbindungen, lohnt sich ein Blick auf die Renaissance-Häuser mit ihren fein gearbeiteten, steinernen Fensterkreuzen.
Die Spuren der Hugenotten
In Le Poët-Laval beginnt ein Teilstück des internationalen Fernwanderweges Auf den Spuren der Hugenotten. Auf einer Länge von 1.800 Kilometer erinnert er an die Flucht der Hugenotten aus der Dauphiné durch die Schweiz ins deutsche Exil nach Bad Karlshafen. In der Drôme verläuft der Wanderweg von Le Poët-Laval bis zum 1457 Meter hohen Bergpass Col de Menée im Süden des Vercors.
Der Protestantismus fand im 16. Jahrhundert zahlreiche Anhänger in der Drôme. Ihre Kirchen waren bescheiden; katholischer Prunk war verpönt.
Die evangelische Kirche von Le Poët-Laval aus dem 17. Jahrhunderte diente auch gleichzeitig als Gemeindehaus. Diese Doppelfunktion bewahrte sie bei der Aufhebung des Edikts von Nantes vor der Zerstörung. Le Poët-Laval besitzt damit eine der ältesten reformierten Kirche der Dauphiné.
Die Dorfkirche lehnt sich an die einstige Komturei der Hospitaliter. Sie birgt seit 1961 das Musée du Protestantisme Dauphinois. Von April bis Oktober könnt ihr dort die Geschichte der französischen Hugenotten entdecken. Alljährlich gibt es zudem eine Sonderausstellung zu einem Themenschwerpunkt. Mehr zu den Hugenotten hin Frankreich erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.
Die Künstler
In den 1970er-Jahren entdeckten Künstler den Charme des Ortes. 1995 entwarf Yvon Morin ein Kunstzentrum für Le Poët-Laval, das seit 2023 der von Bruno Enderlin gegründete Verein Roche Colombe Centre d’Art Contemporain betreibt. Er lädt mit Themen- und Einzelausstellungen ein, französische und internationale Künstler der Gegenwart zu entdecken.
Pierre Bonnard wurde dort ebenso ausgestellt wie der tschechische Bildhauer Ivan Theimer, der seit 1970 in Le Poët-Laval lebt. Mit Monumentalwerken wie der „Deklaration der Menschen- und der Bürgerrechte“ von 1989 auf dem Pariser Champ-de-Mars wurde Theimer international bekannt. Kurz zuvor hatte ihn der einstige Staatspräsident François Mitterrand bereits beauftragt, drei monumentale Bronzeskulpturen für den Élysée-Palast zu schaffen.
In der Drôme schuf er im nahen Dieulefit ein Mahnmal. Es ehrt den zivilen Widerstand, der Tausenden von Kindern die Flucht aus den Fängen des Nationalsozialismus ermöglichte. Ivan Theimer gestaltete ihn als schützenden Ort, wie es die Drôme in seiner Jugend zweifellos für ihn gewesen war.
Töpferland
DasTal des Jabron ist ein traditionsreiches Töpferland. Seit der Vorzeit werden aus dem kaolinhaltigen Ton der Gruben von Poët-Laval und Dieulefit in Aufbau- oder Wulsttechnik feuerfestes Geschirr getöpfert. Im Laufe der Jahrhunderte kamen Drehscheiben und Brennöfen hinzu. Besonders im 18. Jahrhundert boomte die Steingutfertigung im Tal. Allein in Le Poët-Laval gab es damals 80 Töpferwerkstätten; nicht weniger in Dieulefit.
Die Töpferei sorgte für einen massiven Kahlschlag. Das Nachwachsen neuer Bäume in den Gemeindewäldern misslang. Die örtlichen Ziegenherden freuten sich über die jungen Triebe und fraßen sie ab. Das Verschwinden des Waldes sorgte für Erosion und wusch mit jeden Regen größere Rinnen aus. Nach jedem Winter spülten sie das Geröll der Berge und das Erdreich der einstigen Wälder ins Tal.
Le Poët-Laval: meine Reise-Infos
La Vieille Mule
Craft-Beer boomt in Frankreich. Eine der besten Minibrasserien des Landes findet ihr ganz in der Nähe: La Vieille Mule. Aus Quellwasser und lokalem Malz stellen Cynthia Guerrero und Rémi Jacquier handwerklich mehrere Biere her: blond, weiß und bernsteinfarben, mit Zitrusfrüchten, im Fass gelagert, angelsächsisches Indian Pale Ale und Saisonbiere.
Die Gerste baut sein Freund David in Bonlieu-sur-Roubion an. Das Malzen übernehmen die Malteurs Echo in Ardèche. Solarenergie wärmt das Brauwasser, ein Holzofen die Brauerei. Den restlichen Strombedarf deckt die Genossenschaft Enercoop ganz öko.
Und auch beim Vertrieb stehen die Zeichen auf Grün. La Vieille Mule gibt es nur vor Ort– und in den Produzentenläden Champs Libres und Au plus pré.
• 25A, chemin des ramières, quartier Labry, 26160 Le Poët-Laval, Tel. 04 69 26 11 62, www.lavieillemule.com
Genusstipp
Der lokale Ziegenkäse Picodon!
Schlafen und schlemmen
Hôtel Les Hospitaliers*
Gemütlich nostalgischer Landgasthof in vier Feldsteinhäusern an der Commanderie de Malte und nur wenige Schritte von der Chapelle Saint Jean de Jérusalem entfernt. Halboffene Terrasse im Innenhof, Schwimmbad. Hier* könnt ihr die traditionsreiche Unterkunft buchen.
• in der Altstadt, 26160 Le Poët-Laval, Tel. 04 75 46 22 32, www.hotel-les-hospitaliers.com
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In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.
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