Céret: Street Art mit Picasso. Foto: Hilke Maunder
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Pablo Picasso: das Werk

50.000 Arbeiten! So groß ist nach den Schätzungen des On-line Picasso Project, 1997 von Enrique Mallen an der Sam Houston State University eingerichtet, das Werk von Pablo Picasso.

Darunter befinden sich rund 1.885 Gemälde, 7.089 Zeichnungen, 30.000 Drucke (Radierungen, Lithographien etc.), 150 Skizzenbücher, 1228 Skulpturen, 3222 Keramiken sowie Bildteppiche.

Pablo Picasso (1881-1973) war ein spanischer Künstler, der weithin als eine der wichtigsten Figuren in der Entwicklung der modernen Kunst gilt. Seine schöpferische Laufbahn lässt sich in mehrere verschiedene Perioden unterteilen, die jeweils durch einen bedeutenden Wandel in Stil und Herangehensweise gekennzeichnet sind.

Beim Malen bedeutet ‚Suchen‘ meiner Ansicht nach gar nichts. Auf das Finden kommt es an.

– Pablo Picasso, 1923

Das-Jugendwerk (1889–1897)

El Picador: So nannte Pablo Picasso sein erstes, um  1889 entstandenes Bild. Es ist bereits in Öl gemalt. Stierkampfszenen, Tauben und die Darstellung einer Herkulesstatue bildeten die Themen seiner ersten Zeichnungen.

Picassos Vater war Kunstlehrer, und so begann Pablo schon in jungen Jahren zu zeichnen. Als er ein Teenager war, zeigte er bereits ein bemerkenswertes Talent für Kunst, und sein Vater ermutigte ihn, seiner Leidenschaft nachzugehen.

Zunächst fertigt der junge Picasso Ölbilder nach Art der altmeisterlichen Genremalerei und ahmt seinem väterlichen Vorbild nach.

Als Elfjähriger erhielt er Unterricht in der Tradition der Akademischen Malerei unter dessen Anleitung. Nach Gipsabdrücken fertigte er Zeichnungen wie Étude pour un torse.

In den um 1895 entstandenen Bildern waren die spanischen Maler des 17. Jahrhunderts sein Vorbild. Zu dieser Zeit war er Schüler der Zeichenklasse der La Llotja in Barcelona. Einige seiner Bilder zeigen Anklänge und Studien nach den Werken von Francisco de Zurbarán und des frühen Diego Velázquez, wie etwa das „Porträt Philippe IV.“ nach Velázquez.

Ab 1897 studierte Picasso für kurze Zeit an der königlichen Akademie von San Fernando in Madrid. Eine aus dieser Zeit stammende Zeichnung zeigt den Matador Luis Miguel Dominguin.

1896 war sein Gemälde „Die Erstkommunion“  in der Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe in Barcelona ausgestellt und wurde in einer bedeutenden Zeitung lobend besprochen. 1897 malte er die große Komposition „Wissenschaft und Nächstenliebe.

Sie entsprach der seinerzeit beliebten Spielart der Historienmalerei und erhielt in der Allgemeinen Kunstausstellung in Madrid eine offizielle ehrenvolle Erwähnung. Später erhielt es in seiner Geburtsstadt Málaga eine Goldmedaille.

Jahre der Orientierung (1898–1901)

Als Picasso 1897, im Alter von 16 Jahren, die Königliche Akademie verlassen hatte, begann seine selbständige Künstlerkarriere. Die Jahre zwischen 1898 und 1901 charakterisieren die Zeit der Orientierung: das konsequente Überprüfen der kreativen Prinzipien nahezu aller damals progressiven und avantgardistischen Richtungen.

Er überwand seine rein akademische Ausbildung in einer für ihn bezeichnenden Weise, so wie er gelernt hatte, Neues aufzunehmen: als Aneignung durch Nachahmung.

Picasso wurde von den Werken der katalanischen Maler des Modernisme, Isidre Nonell und Santiago Rusiñol, beeinflusst und erhielt weitere Anregungen – um nur einige zu nennen – aus dem Bereich des Symbolismus, der englischen Präraffaeliten, der Wiener Moderne, katalanischen Wandmalereien des 14. Jahrhunderts, aus den Werken von El Greco, Henri de Toulouse-Lautrec und Théophile Steinlen, dem Illustrator im Stil des Art Nouveau.

Picasso versuchte bereits seine Vorbilder umzuformen. Im Jahr 1900 fand Picassos Auseinandersetzung mit Toulouse-Lautrec in dem Gemälde Le Moulin de la Galette  ihren Höhepunkt.Seine erste Einzelausstellung im Els Quatre Gats im selben Jahr erntete jedoch negative Kritiken.

Blaue Periode (1901–1904)

Die blaue Periode zeichnet sich durch eine Reihe von Gemälden aus, die einen blauen Farbton aufweisen und eine düstere Stimmung widerspiegeln. Zu den bemerkenswertesten Werken dieser Periode gehören „Der alte Gitarrist“ und „Blauer Akt“. Die Grundlagen der Blauen Periode wurden in Paris entwickelt.

Das Bild „Evokation – Das Begräbnis Casagemas“ist das erste Bild jener Schaffensphase. Es soll das Ende einer Freundschaft und den Beginn von etwas Neuem darstellen. Es entstanden in Folge Werke wie „Das Blaue Zimmer“ und das berühmte Selbstbildnis aus dem Jahr 1901.

Nach der Umsiedlung nach Barcelona im Jahr 1902 bildeten schwermütige Figurenbilder die Hauptthemen. Außenseiter der Gesellschaft wie Bettler, Obdachlose, aber auch einsame Menschen sowie Mutter und Kind kamen zur Darstellung.

Mit Hilfe dieser Themen verarbeitete er sowohl seine Einsamkeit in der Fremde als auch den Tod des Freundes. Die Themenwahl der Werke Picassos ist mit den Werken Nonells vergleichbar. Gibt Nonell jedoch einen Wirklichkeitsausschnitt zu erkennen und lässt den Rückschluss auf größere Zusammenhänge zu, so verwirklicht Picasso das Schicksal als etwas einzelnes, in der Isolation.

1902 entstand „Melancholie, das Bildnis einer melancholischen jungen Frau. Die überlange Darstellung der Personen wie beispielsweise bei der „Büglerin“ (1904) ist auf die Auseinandersetzung mit El Greco zurückzuführen: „Dass meine Figuren in der Blauen Periode sich alle in die Länge strecken, liegt wahrscheinlich an seinem Einfluss.“

Andererseits schließt sich das Thema der Büglerin nahtlos an die Darstellungen von Daumier und Studien von Degas an.

Als Hauptwerk der Blauen Periode gilt La Vie (Das Leben) vom Mai 1903, in dem der abgebildete Mann die Gesichtszüge des Freundes Carlos Casagemas trägt.

Rosa Periode (1904–1906)

Die Kunstgeschichte trennt die Jahre 1901–1906 im Schaffen Picassos in zwei Perioden, die Blaue und die Rosa Periode. Für die Zeitgenossen hingegen bildeten die erwähnten Jahre eine Einheit.

In der Rosa Periode verlagert sich Picassos Farbpalette zu wärmeren Tönen, wie Rosa und Orange. Er begann auch, fröhlichere und unbeschwertere Themen in seine Arbeit einzubeziehen.

Die Motive der Rosa Periode stammen oft aus der Welt der Schauspieler und Artisten, die damals als Symbole für das Künstlertum verstanden wurden.

Mit den Bildern der Blauen und der Rosa Periode setzte sich Picasso thematisch deutlich von der seinerzeit gefeierten offiziellen Kunst ab.

Picasso hatte sich selbst 1905 im Pariser Kabarett Le Lapin Agile in dem Gemälde Au Lapin Agileals Harlekin mit seiner damaligen Geliebten Germaine Gargallo porträtiert. Bedingt durch die Liebe Picassos zu Fernande Olivier, die er 1904 in Paris getroffen hatte, und erste finanzielle Erfolge erscheint das Werk optimistischer. Als Hauptwerk der Rosa Periode gilt das Gemälde „Die Gaukler“ (Les Saltimbanques) aus dem Jahr 1905.

Die afrikanische Periode (1907-1909)

Die „Neger-Periode“ oder „afrikanische Periode“ in Pablo Picassos kreativem Schaffen ist gekennzeichnet durch den Einfluss afrikanischer und ozeanischer Kunst auf sein Werk. In dieser Zeit war Picasso von den Masken, Skulpturen und anderen Kunstwerken afrikanischer und ozeanischer Kulturen fasziniert. Er sammelte und studierte sie und nahm Elemente ihrer Formen und Motive in seine eigene Kunst auf. Seine Gemälde aus dieser Zeit zeigen oft vereinfachte, stilisierte Figuren mit maskenhaften Gesichtern, verzerrten Proportionen und kühnen, geometrischen Formen.

Les Demoiselles d’Avignon

Das Gemälde Les Demoiselles d’Avignon aus dem Jahr 1907 markiert den Höhepunkt von Picassos Sturm-und-Drang-Periode und ist ein geradezu revolutionäres Schlüsselbild in der Entwicklung der modernen Kunst. Warum? Voilà!

• Es brach mit den traditionellen Kunstformen: Das Gemälde stellt eine radikale Abkehr von den traditionellen Kunstformen der Zeit dar, wie etwa dem Renaissance- und Barockstil. Picassos Verwendung des Kubismus und der abstrakten Form markierte eine neue Richtung in der Kunst, die einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung der modernen Malerei haben sollte.

• Es stellte die konventionellen Vorstellungen von Schönheit in Frage: Das Gemälde zeigt fünf nackte Frauen, aber es sind keine idealisierten Figuren, wie man sie in der traditionellen westlichen Kunst sieht. Stattdessen verzerrt und fragmentiert Picasso die weibliche Form.

Damit suggeriert er eine tiefere psychologische Realität jenseits der Oberflächenerscheinungen. Diese Herangehensweise an die Form sollte zu einem Markenzeichen der modernen Kunst werden, insbesondere im Werk der Surrealisten.

• Es markierte einen Wendepunkt in Picassos Karriere: Les Demoiselles d’Avignon gilt als das erste echte Meisterwerk in Picassos Karriere und als Wendepunkt in seiner künstlerischen Entwicklung. Es inspirierte ihn zur Erforschung neuer Formen und Stile, wie dem synthetischen Kubismus, und festigte seinen Ruf als einer der innovativsten und einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts. 

Inspiriert wurde Picasso bei den Demoiselles von den Gemälden Paul Cézannes und den Arbeiten der Fauves, etwa Le bonheur de vivre (Lebensfreude, 1905/06) von Henri Matisse.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Im Picasso-Museum von Antibes. Foto: Hilke Maunder

Kubismus (1908–1916)

Der Kubismus ist weder ein Samenkorn noch ein Fötus, sondern eine Kunst, der es vor allem um die Form geht, und wenn eine Form einmal geschaffen ist, dann ist sie da und lebt ihr eigenes Leben weiter.

– Pablo Picasso

Zentraler Ausgangspunkt für Picasso war die malerische Kunstform Cézannes aus dessen letzten Lebensjahren. Picasso hatte dessen Werk studiert und äußerte später gegenüber dem Fotografen Brassaï: „Cézanne! Er war unser aller Vater!“

Bevorzugte Motive waren Stillleben, insbesondere sind Musikinstrumente, Landschaften und Personen dargestellt.

Die kubistische Periode Picassos lässt sich in zwei Phasen einteilen: in den analytischen und synthetischen Kubismus.

Analytischer Kubismus (1908–1912).

Der analytische Kubismus, den Pablo Picasso und Georges Braque  bis 1912 entwickelten, bedeutete eine deutliche Abkehr von der traditionellen Darstellung.

In der Anfangsphase des Analytischen Kubismus begannen beide, Objekte in geometrische Grundformen und sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysierten. Typisch ist auch die dadurch entstandene Flächigkeit statt Bildtiefe. So entstanden Gemälde, die abstrakter waren als alles, was man bis dahin gesehen hatte – zum Beispiel das im Jahr 1910 geschaffene „Porträt Ambroise Vollard“.

Typisch für Picassos Werke des Analytischen Kubismus ist eine begrenzte Farbpalette. Meist war sie auf Braun-, Grau- und Schwarztöne beschränkt. Dadurch sollte die Aufmerksamkeit auf die Struktur der dargestellten Objekte und nicht auf ihre Farbe gelenkt werden.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Im Picasso-Museum von Antibes. Foto: Hilke Maunder

Synthetischer Kubismus (1912–1916)

In eine völlig neue Richtung entwickelte sich der Kubismus 1912 mit Picassos Werk Nature morte à la chaise cannée (Stilleben mit Stuhlauflage). Mit seinem Stuhlrohrmuster und einem Stück Öltuch waren nicht mehr nur Farben, sondern auch andere Materialen im Bild enthalten. Dieses Werk gilt als das erste echte Beispiel für die Collage in der modernen Kunst.

Neben Picasso war es auch Georges Braque, der zur gleichen Zeit Collage fertigte und das papier collé zum Markenzeichen des synthetischen Kubismus machte. Zeitungsausschnitte und Tapeten tauchen nun in den Werken auf. Später folgten Sägespäne, Sand und ähnliche Materialien. Die Grenzen zwischen gemaltem und realem Gegenstand bis hin zum Objekt gingen ineinanander über.

Aus dieser Synthese verschiedener Elementen erhielt dieser Stil seinen Namen. Zu den berühmtesten Arbeiten dieser Phase gehört auch „Glas und Flasche Sue (1912)“.

Neoklassizistische Periode (1916–1924)

Während des Ersten Weltkriegs entstand in Europa eine Sehnsucht nach „Reinheit und Ordnung“. Es erfolgte eine Rückbesinnung auf die klassische Tradition, oft gekoppelt an eine Ablehnung aller Modernismen.

Frankreich verstand sich in direkter Nachfolge der vorbildlichen Antike als Hort der Humanität und Gegner der „barbarischen Deutschen“. Dort versuchte Fernand Léger, die formalen Errungenschaften des Kubismus mit den Formen der Klassik zu verbinden, um die Kunst politischen Zielen dienstbar zu machen.

In Barcelona entstand der Noucentisme, den Picasso 1917 bei seiner Spanienreise kennenlernte. Picasso setzte sich intensiv mit klassischen Werten auseinander. Anfang der 1920er-Jahren schuf Picasso Werke, die stark von antiken griechischen und römischen Kunst beeinflusst war. Typisch dafür sind seine Werke „Drei Musiker“ (1921) und „Zwei Frauen, die am Strand laufen“ (1922).

Neben den klassizistischen Akten, Porträts und szenischen Darstellungen entstanden jedoch gleichzeitig Werke des synthetischen Kubismus, wie etwa „Stillleben vor einem Fenster in Saint-Raphaël“ aus dem Sommer 1919 oder „Drei Musikanten aus dem Sommer 1921.

„Morgens macht er Kuben, nachmittags voluminöse Frauen.“

spottet daher der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe über diese Periode der Koexistenz der Gegensätze .

Auseinandersetzung mit dem Surrealismus (1925–1936)

Gegen Ende der 1920er-Jahre begann Picasso, mit dem Surrealismus zu experimentieren und schuf Werke, die traumhaft und irrational waren. Einige seiner bemerkenswerten surrealistischen Werke aus dieser Zeit sind „Die drei Tänzerinnen“ (1925) und „Der Traum“ (1932).

Für sein Jonglieren mit der Form erhielt Picasso in jenen Jahren durch eine neue künstlerische Bewegung Rückhalt, die sich aus den Strömungen des Dadaismus herauskristallisiert hatte: den Surrealismus. Für die Surrealisten war Picasso eine Symbolfigur der Moderne – und wurde mitunter als einer der ihren gesehen, zumal er sich 1925 an der ersten Ausstellung surrealistischer Maler in der Pariser Galerie Pierre beteiligt hatte.

Seine Arbeiten waren dort neben Werken von Hans Arp, Giorgio de Chirico, Max Ernst, Man Ray und Joan Miró zu sehen.  Picasso indes betonte stets:

Manche nennen die Arbeiten, die ich in einer bestimmten Periode geschaffen habe, surrealistisch. Ich bin kein Surrealist. Ich bin nie von der Wahrheit abgewichen: Ich bin immer in der Wirklichkeit geblieben.

Guernica (1937)

Es ist das berühmtesten Antikriegsbild des 20. Jahrhunderts: Guernica. Fast acht Meter breit und dreieinhalb Meter hoch schuf es Pablo Picasso nach der Bombardierung der spanischen Stadt Guernica durch Italien und Deutschland während des Spanischen Bürgerkrieges.

Im kubistischen Stil gibt es eine kraftvolle, emotionale Antwort auf die Schrecken des Krieges . Das Gemälde zeigt eine Reihe von verzerrten, fragmentierten Figuren, Tieren und Objekten, die alle in Schwarz und Weiß gemalt sind, was das Gefühl von Gewalt und Chaos noch verstärkt.

Die Komposition des Gemäldes ist absichtlich verwirrend und herausfordernd und zwingt den Betrachter, sich mit den Verwüstungen des Krieges auf intuitive Weise auseinanderzusetzen.

Zusammen mit Paul Éluards Gedicht „Der Sieg von Guernica“ wurde es im Juni in der Pariser Weltausstellung im spanischen Pavillon ausgestellt.

Das Spätwerk nach 1945

Warum, glauben Sie, datiere ich alles, was ich mache? Weil es nicht genügt, die Arbeiten eines Künstlers zu kennen, man muss auch wissen, wann, warum, wie und unter welchen Bedingungen er sie schuf (…) es ist mir wichtig, der Nachwelt eine möglichst vollständige Dokumentation zu hinterlassen (…) Nun wissen Sie, warum ich alles, was ich mache, datiere.

Pablo Picasso, 1943

In den ersten Jahren der Nachkriegszeit spiegelt sich in Picassos Werk das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Beginn des Kalten Krieges wider. Er kehrte zu einem eher figurativen Stil zurück, und seine Werke zeichneten sich durch leuchtende Farben, kühne Linien und vereinfachte Formen aus.

Ab 1950 beginnt er, die Kunst der alten Meister neu zu interpretieren und den Wettstreit mit ihnen zu suchen. Beispiele sind das „Bildnis eines Malers nach El Greco, 1950, die ab 1954 entstandenen 15 Versionen nach Delacroix’ „Frauen von Algier“ sowie 1957 „Las Meninas“ nach Velazquez. Darin ersetzt Picasso Dogge des spanischen Königs durch seinen Dachshund Lump. Typisch für diese Nachschüfung sind Picassos Witz und Ironie.

Immer freier experimentierte Picasso mit Stilen und Einflüssen. Neue Techniken wie die Keramik und die Skulpturen begeisterten ihn. Die von Jean Crotti erfundene  Glasmalerei Gemmail nutzte Picasso für sein Werk Ma jolie guitar aus dem Jahr 1955. Insgesamt schuf er ab  rund  60 Werke in dieser Technik mit früheren Themen seiner Arbeit.

Die letzten Jahre (1962-1973)

In der letzten Phase seiner Karriere wurde Picassos Werk introspektiver und nachdenklicher. Er griff viele der Themen und Motive aus seinem früheren Werk wieder auf, näherte sich ihnen jedoch auf abstraktere und konzeptionellere Weise.

Er arbeitete weiterhin mit einer Vielzahl von Medien, darunter Malerei, Skulptur und Druckgrafik. Auch entstanden nun eine Reihe von Selbstbildnissen. Zuvor hatte sich Picasso meist nur verschlüsselt Harlekinen, Jünglingen und Greisen sowie in den Porträts von Rembrandt und Balzac hinterlassen.

 Im April 1972 schuf Picasso Der junge Maler. Mit wenigen schlichten Strichen porträtiert er sich mit breitkrempigem Hut, den Pinsel locker in der Hand haltend:  Ein Maler kurz vor dem Tod, der träumt, wieder der kleine Pablo Ruiz zu sein. Sein nächstes Selbstportrait im Juni zeigt ihn als alten Mann  mit schreckgeweiteten Augen.

Und doch fertigt er noch –  wie in einem letzten Aufbäumen –  bis zu seinem Tod am 8. April 1973 noch rund 200 Bilder. Am 1. Juni 1972 entsteht sein letztes Werk: „Die Umarmung“.

Das Schloss von Picasso in Vauvenargues. Foto: Hilke Maunder
Hier ist Picasso verstorben: im Schloss von Picasso in Vauvenargues. Foto: Hilke Maunder

Pablo Picasso als Bildhauer

Skulpturen waren für Pablo Picasso das Experimentierfeld für seine Malerei – und begleiteten daher zeitlebens sein Werk. Seine plastischen Arbeiten sind daher eng an die vorab vorgestellten Phasen seiner Malerei gekoppelt. Seine erste Skulptur ist die kleine Bronze „Sitzende Frau“ von 1902.

1914 fügte er einer  Serie von sechs Absinthgläsern, bestehend aus kubistisch geformtem Glas aus Bronze, je ein echter Absinthlöffel und ein unechtes Stück Zucker hinzu: Assemblage statt Collage.

Ab 1923 arbeitete Picasso mit seinem Freund, dem Bildhauer Julio González, zusammen, der ihm neue Wege des bildhauerischen Gestaltens zeigte.

1928 und 1929 entstanden die Eisen- und Drahtskulpturen. Als bekannteste gilt das „Denkmal für Guillaume Apollinaire“ (1928). Frauenköpfe und Stierschädel wurde beliebte Themen für Skulpturen. Zu seinen berühmtesten späten Skulpturen gehören „Kopf eines Stiers“ (1942) und „Sylvette“ (1954).

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Die Druckgrafik von Picasso

Zu den bedeutendsten druckgrafischen Projekten Picassos gehörte die Suite Vollard. Picasso schuf diese  Serie von 100 Radierungen in den Jahreh 1930 – 1937.

Die Suite Vollard

Die Suite ist nach Ambroise Vollard benannt, einem Pariser Kunsthändler, der Picasso mit der Erstellung der Radierungen beauftragte. Das Graphikmuseum Pablo Picasso Münster erwarb 2001 die komplette Grafikfolge.

Die Radierungen der Suite Vollard sind in verschiedene Themengruppen unterteilt, darunter Porträts, Stillleben und von der klassischen Mythologie inspirierte Szenen. Viele der Radierungen sind stark abstrakt und zeigen Picassos charakteristischen Stil mit fragmentierten Formen und verzerrten Figuren.

Zu den berühmtesten Radierungen der Suite Vollard gehören „Der Minotaurus“, eine Serie von 16 Drucken, die das mythische Wesen darstellen, und „Das Atelier des Bildhauers“, eine Serie von 13 Drucken, die den Künstler bei der Arbeit in seinem Atelier zeigen.

Die Serie La Tauromaquia

La Tauromaquia, oder „Die Kunst des Stierkampfes“, ist eine Serie von 26 Grafiken, die Pablo Picasso 1957 als Illustration zum ersten Lehrbuch der Stierkampfkunst schuf. Die Grafiken in La Tauromaquia sind mit I-XXVI nummeriert und zeigen jeweils eine andere Phase eines Stierkampfes, vom Eintritt des Matadors in die Manege bis zur endgültigen Tötung des Stiers.

Zu den bekanntesten Grafiken der Serie gehören „El Toreo de la Verónica“, „La Mort du Torero“ und „La Rencontre“. Die Drucke zeichnen sich durch ihren kühnen, grafischen Stil und die Verwendung von kontrastreichen Schwarz- und Weißtönen aus.

Maler und Modell (1968)

Die 1968 von Pablo Picasso geschaffene Serie von Druckgrafiken „Maler und Modell“ zeigt das wiederkehrende Motiv eines Malers und seines Modells. Diese Werke spiegeln Picassos Interesse an demThema des kreativen Prozesses und der Beziehung zwischen dem Künstler und seinem Subjekt wider.

In diesen Drucken stellt Picasso den Maler als älteren, kahlköpfigen Mann mit einer großen Nase und das Modell als junge, nackte Frau dar. Die Bilder zeigen den Maler bei der Arbeit, wie er die Kurven und Konturen des Körpers des Modells auf der Leinwand festhält.

Die Drucke vermitteln ein Gefühl von Intimität und Spannung zwischen dem Künstler und dem Modell sowie die komplexe Machtdynamik, die im Akt des Schaffens im Spiel ist.

Die Liegende (1968)

Die Liegende“ ist eine von Pablo Picasso 1968 geschaffene Serie von Grafiken, die einen liegenden weiblichen Akt in verschiedenen Posen zeigen. Die Drucke wurden in verschiedenen Techniken hergestellt, darunter Radierung, Aquatinta und Kaltnadelradierung.

Die Serie gilt weithin als eines von Picassos erotischsten und sexuell aufgeladensten Werken. Die weibliche Figur wird in einer sehr sinnlichen Weise dargestellt, mit übertriebenen Kurven und einem Gefühl der Trägheit und Leichtigkeit in ihrer Pose. Die Drucke zeichnen sich durch kühne, grafische Linien und eine begrenzte Farbpalette von Schwarz und Weiß mit gelegentlichen Rottönen aus.

Viele Kunsthistoriker und Kritiker haben die Serie „Die Liegende“ als Spiegelung von Picassos eigenen sexuellen Wünschen und Fantasien interpretiert. Die weibliche Figur in den Grafiken wird oft als Repräsentation der vielen Geliebten und Musen des Künstlers gesehen, und die Serie wurde als eine Feier der Sexualität und Erotik betrachtet.

Es ist jedoch erwähnenswert, dass Picasso selbst nie öffentlich über die Bedeutung oder Absicht hinter der Serie „Die Liegende“ gesprochen hat.

Gebrauchskunst

Pablo Picasso hat neben seinen Gemälden und Skulpturen auch kommerzielle Kunst geschaffen. Einige seiner bekanntesten kommerziellen Kunstprodukte sind:

• Der Seidenschal „Pavian und Junges“ (1963)Picasso entwarf diesen Seidenschal für das französische Modehaus Hermès, der noch heute produziert wird.

• Stier-Keramik: Picasso arbeitete mit der Töpferwerkstatt Madoura in Südfrankreich zusammen, um eine Reihe von Keramikstücken zu schaffen, darunter auch die Serie „Stier“, die sich großer Beliebtheit erfreut.

• L’Oiseau-Keramikplatten: Picasso schuf auch eine Serie von Keramiktellern für die Töpferwerkstatt Madoura, die seine Vogelzeichnungen zeigen und den Titel L’Oiseau (Der Vogel) tragen.

• Die Parfümflasche „Visage“: Picasso entwarf den Flakon für das französische Parfümunternehmen Marcel Rochas. Der Flakon hatte die Form eines Frauenkopfes und wurde in den 1940er- und 1950er-Jahren verkauft.

• Plakat „Die Friedenstaube (1949): Picasso schuf 1949 für den Weltfriedenskongress in Paris ein lithografiertes Plakat mit seinem ikonischen Symbol der „Taube“.

Buchillustrationen

Nicht viele, aber wunderschön sind Picassos Illustrationen von Werken der griechischen Antike bis zur zeitgenössischer Literatur. Zu den Meisterwerken gehören:

• Der Traum und die Lüge von Franco: 1937 illustrierte Pablo Picasso diesen Gedichtsband von Pablo Neruda. Er wurde zur Unterstützung der spanischen Republikaner während des Spanischen Bürgerkriegs veröffentlicht.

• Die Abenteuer von König Midas: 1960 illustrierte Picassodieses von Leonie Bennett geschriebene Kinderbuch. Das Buch erzählt die Geschichte von König Midas und seiner Begegnung mit einer magischen Kreatur, die ihm einen Wunsch erfüllt.

• Ovids Metamorphosen: 1931 schuf Picasso eine Reihe von Radierungen für dieses klassische Werk der Mythologie. Das Buch enthält 30 Illustrationen, von denen jede eine Szene aus einer anderen Geschichte der Sammlung zeigt.

• Das Begräbnis des Grafen von Orgaz: Für dieses Buch schuf Picasso eine Reproduktion eines Gemäldes von El Greco. Das Buch wurde 1950 veröffentlicht und enthielt einen Essay von André Malraux.

• Lysistrata: Aristophanes  klassische Komödie über die Frauen von Athen, die einen Sexstreik durchführen, um den Peloponnesischen Krieg zu beenden, illustrierte Picasso mit Lithografien, die 1934 erscheinen.

Keramik

1946 lernte Pablo Picasso bei der jährlichen Töpferausstellung von Vallauris  Suzanne und Georges Ramie kennen, die Eigentümer der Keramikfabrik Madoura. Bereits im Folgejahr eröffnete er dort sein Atelier und begann, das für ihn neue Material zu entdecken. Dabei arbeitete er eng mit erfahrenen Handwerkern in der Töpferwerkstatt Madoura  zusammen.

Picasso experimentierte mit traditionellen Techniken wie dem Drehen auf der Scheibe, dem Wickeln und der Herstellung von Platten. Picasso nutzte sein Wissen über bildhauerische Techniken, um einzigartige Formen und Texturen in seinen Keramiken zu schaffen.

Die Grenze zwischen Skulptur und Töpferei verwischen, und neue Formen und Strukturen entstehen, die in der Malerei oder Bildhauerei nicht möglich waren. Asymmetrische Teller, Schalen mit gewellten Rändern und Vasen mit abstrakten Henkeln entstehen. Leuchtende, kräftige Farben und Glasuren verleihen seinen Entwürfen Tiefe und Lebendigkeit

Luminografie

Jegliche kreative Technik faszinierte Picasso, und so experimentierte Picasso auch mit der Fotografie.  Um ein Luminogramm zu erstellen, legte er Objekte direkt auf Fotopapier und belichtete sie. Das daraus resultierende Bild fängt die Schatten und Konturen der Objekte auf eine zarte und ätherische Weise ein und erzeugt einen einzigartigen und abstrakten Effekt.

Picasso verwendete für seine Luminogramme häufig organische Materialien wie Blätter, Blumen und Zweige, aber auch andere Gegenstände wie Muscheln und Federn. Die daraus resultierenden Bilder waren oft sehr strukturiert und fast skulptural, mit einem Gefühl von Tiefe und Dimensionalität, das ihre zweidimensionale Natur Lügen strafte.

Literarisches Werk

Picasso war ein Allrou-Genie – und schrieb auch Gedichte und Theaterstücke, in die er oft seine eigenen Zeichnungen und Illustrationen einfügte.

Eines von Picassos berühmtesten literarischen Werken ist das Theaterstück Le Désir attrapé par la queue, das er 1941 während der Nazi-Besetzung von Paris schrieb. Das Stück ist ein absurd-surrealistisches Werk, das im März 1944 unter der Regie von Albert Camus in der Wohnung von Michel Leiris von Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Raymond Queneau, Dora Maar und Valentine Hugo szenisch gelesen wurde.

Seine Erstaufführung erlebte es 1950 im Londoner Watergate Theatre. Als „Wie man Wünsche beim Schwanz packt“ wurde es in der Übersetzung von Paul Celan 1956 im Kleintheater Bern unter der Regie von Daniel Spoerri erstmals auf Deutsch aufgeführt. Das Stück ist bekannt für seine unsinnige Handlung, die unzusammenhängenden Dialoge und den absurden Humor.

Genauso frei ging Picasso bei Verfassen seiner Gedichte vor, in die er oft seine Zeichnungen und seine bildende Kunst einbezog. Auch sie zeichnen sich durch den Stil freier Verse, surreale Bilder und einen spielerischen Umgang mit der Sprache aus.

1948  verfasste Picasso noch das Theaterstück Les quatre petites (Vier kleine Mädchen), das 1981 in London uraufgeführt wurde.

Picassos literarische Werke weniger bekannt als seine bildende Kunst, aber sie bieten einen faszinierenden Einblick in die Bandbreite seines kreativen Schaffens und sein Experimentieren mit verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen.

Picasso und das Theater

Schon früh wurde das Theater für Picasso Inspirationsquelle seiner Kunst. Picassos Engagement für das Theater begann Anfang des 20. Jahrhunderts, als er sich mit den Ballets Russes, einer von dem russischen Impresario Sergej Diaghilew gegründeten Tanztruppe, zusammenschloss.

Picasso entwarf Bühnenbilder und Kostüme für mehrere Produktionen der Ballets Russes, darunter „Parade“ (1917), „Tricorne“ (1919) und „Pulcinella“ (1920).

Picassos Entwürfe für das Theater zeichneten sich häufig durch ihre kräftigen Farben, abstrakten Formen und unkonventionellen Materialien aus. Für „Parade“ schuf er beispielsweise Kostüme aus Pappe und Papier, während er für „Tricorne“ Bühnenbilder und Kostüme entwarf, die an die Stierkampftraditionen Spaniens erinnerten.

Neben seiner Arbeit mit den Ballets Russes arbeitete Picasso im Laufe seiner Karriere auch mit anderen Theatertruppen und Künstlern zusammen. Er schuf Entwürfe für Bühnenproduktionen in Paris, Rom und New York und arbeitete mit Dramatikern wie Jean Cocteau und Arthur Miller zusammen.

Eines von Picassos berühmtesten Werken für das Theater ist das Wandgemälde, das er für den Sitz der UNESCO in Paris schuf. Das 1958 fertiggestellte Wandgemälde zeigt Szenen aus „Das Hochzeitsmahl“ des griechischen Dramatikers Aristophanes.

Insgesamt waren Picassos Beiträge zur Welt des Theaters bahnbrechend und trugen dazu bei, die Grenzen dessen zu verschieben, was in Bezug auf das Bühnenbild und die bildende Kunst als akzeptabel angesehen wurde. Sein Einfluss ist auch heute noch in modernen Produktionen zu sehen.

Viele originale Bühnenbilder und Kostüme sind jedoch zerstört oder verschollen. Von den ursprünglichen Choreografien existieren oft nur noch wenige Schwarz-Weiß-Fotografien.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Die einstige Grimaldi-Burg birgt heute das Picasso-Museum von Antibes. Foto: Hilke Maunder

Picasso sehen

In Frankreich gibt es zwei große Picasso-Museen.

Musée National Picasso-Paris

Das Pariser Museum birgt die weltweit größte Sammlung von Picassos Werken. Sie umfasst mehr als 5.000 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Drucke und Keramiken von Picasso.
• 5 Rue de Thorigny, 75003 Paris, Tel. 01 85 56 00 36, www.museepicassoparis.fr

Musée Picasso Antibes

Dieses Museum in der südfranzösischen Stadt Antibes beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen von Picassos Werken aus seinen Anfangsjahren, darunter Gemälde, Zeichnungen und Keramiken.
• Place Mariejol, 06600 Antibes, Tel. 04 92 90 54 20

Neben diesen beiden Hauptmuseen gibt es noch mehrere andere Orte in Frankreich, an ihr Picassos Werke besichtigen könnt.

Dazu gehören:

• das Musée d’Art Moderne et Contemporain in Nizza

• das Musée de Grenoble und

• das Musée Fabre in Montpellier

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