Auch das pain au chocolat kommt täglich frisch aus dem four banal. Foto: Hilke Maunder
| |

Pain au chocolat oder Chocolatine?

Miam ! Goldgelb, buttrig und feinblättrig muss der Teig sein. Wie zwei Äuglein gucken an beiden Seiten die runden Enden der zwei lecker-herben Schokostreifen heraus, die sich im Innern verbergen. Am besten schmecken sie morgens vom Bäcker. Und am liebsten noch ofenwarm.

Doch wie heißen sie nun? In der Schule lernte ich: pain au chocolat. Mais non! schreit da der Südwesten auf. Das ist eine chocolatine! Pas du tout, kontert Guillaume Gomez, Chefkoch von Präsident Emmanuel Macron im Élysée-Palast.

Die unsichtbare Linie

Pain au chocolat oder chocolatine?  Wie heißt das Schokoladencroissant nun korrekt? Eine unsichtbare Linie teilt das Land. Sie verläuft grob zwischen La Rochelle im Westen und Béziers im Südisten.

Südlich der Linie heißt das Plundergebäck chocolatine. Wie auch in der einstigen französischen Kolonie Québec. Nördlich davon nennen es rund 40 Millionen Franzosen pain au chocolat. Doch darunter verstehen die Südfranzosen nur ein goûter, das Schülern früher mit auf den Weg gegeben wurde. Ein Baguette, das mit einem Schokoladenriegel gefüllt wurde.

Chocolatine vs. pain au chocolat: die köstliche Streitfrage

ARTE widmete 2018 dem kulinarischen Streitthema in Karambolage einen Beitrag. Der deutsch-französische Kultursender löste damit eine Debatte aus, die in den sozialen Medien mit Leidenschaft und Humor geführt wurde. Auf Youtube gibt es so manch ein lustiges Video zu chocolatine vs. pain au chocolat.

Doch damit nicht genug. In Toulouse rief der Lokalsender Toulouse FM prompt 2019 die erste Journée Mondiale de la Chocolatine ins Leben. Und feierte das Schokobrötchen des Südens.

Am 19. Januar 2020 schloss Élysée-Koch Guillaume Gomez offiziell die Debatte. Und präsentierte auf Instagram ein Kochbuch-Foto mit folgendem Kommentar:

Fin de la partie ! Gaston Lenôtre avait déjà mis la cerise sur le gâteau en 1976 ! Pain au chocolat pour toujours ! // Ende des Spiels! Gaston Lenôtre hatte 1976 bereits das i-Tüpfelchen gesetzt! Pain au chocolat für immer!

Chocolatine: Das Ende der Debatte - zumindest für Guillaume Gomez, Chefkoch des Élysée. Foto: Hilke Maunder
Das Ende der Chocolatine-Debatte – zumindest für Guillaume Gomez, Chefkoch des Élysée. Foto: Hilke Maunder

Doch das Machtwort half wenig. Die Pain-au-Chocolat-Debatte ist in den Medien weiterhin voll in Fahrt. 2022 widmete sich der Historiker Jean Lapoujade in Toulouse ganz wissenschaftlich dem Thema. Und wurde bei der Recherche in den Archiven fündig.

Vom Chocoladeen zur Chocolatine

Der Begriff chocolatine tauchte erst der Mitte des 19. Jahrhunderts auf, so der Autor des Buches Les mots du pain. Bei seinen Recherchen fürs Buch rund ums Buch stieß er auf einen gewissen Zang August.

Dieser brachte das Croissant mit, das an einen Sieg der Österreicher über die Türken im Jahr 1683 erinnert. Ebenfalls verkauft wurde eine schokobefüllte Variante. Jene hieß damals Schokoladeen croissant.

Dijon: le petit choc. Foto: HIlke Maunder
In der Markthalle von Dijon entdeckt: le petit choc. Foto: Hilke Maunder

Die Bezeichnung Chocolatine ist nichts anderes als eine Verballhornung dieses Namens. Dazu geführt hat der österreichische Akzent. Er spricht das ‚d‘ wie ein ‚t‘ aus. Diese Bezeichnung hatte zunächst mehrere Jahrzehnte lang Bestand – im ganzen Land.

Doch dann überarbeiteten Pariser Bäcker das Rezept, nahmen statt Brioche- fortan Plunderteig. Und nannten ihre neue Kreation pain au chocolat, um eine Verbindung zu ihrem Beruf des Brotbackens herzustellen.

Ob’s stimmt oder nicht: eine schöne Legende ist das Ergebnis der Recherchen von Lapoujade auf jeden Fall!

❤ Das Rezept: pain au chocolat (chocolatine) ❤

Zutaten (für sechs Schokobrötchen)

• 250 g Weizenmehl T55
• 250 g Weizenmehl T45
• 250 g Butter
• 300 ml Wasser
• 50 g Zucker
• 10 g Salz
• 15 g Hefe
• 50 g Schokolade

Zubereitung

• Bereitet einen Plunderteig zu.
• Rollt den Plunderteig aus. Schneidet kleine Rechtecke von der Breite einer Schokoladentafel aus.
• Legt auf jedes Teigstück zwei Streifen Schokolade.
• Rollt die Rechtecke zusammen. Drückt sie mit der Hand etwas nach unten, damit sie beim Aufquellen nicht auseinander rollen.
• Lasst die Rohlinge mindestens 90, höchstens 150 Minuten bei Raumtemperatur aufgehen. Sie sollten dann nahezu ihre Größe verdoppelt haben.

• Backt die Schokobrötchen bei 230° Celsius im vorgeheizten Backofen rund 15-20 Minuten, bis sie goldbraun sind.

Pain au chocolat - ganz wortwörtlich. Foto: Hilke Maunder
Pain au chocolat: Ein Bäcker in Chambéry nimmt es ganz wortwörtlich. Foto: Hilke Maunder

Keine Bezahlschranke. Sondern freies Wissen für alle.
Keine Werbung. Sondern Journalismus mit Passion.
Faktentreu und frankophil.
Das gefällt Dir? Dann wirf etwas in die virtuelle Kaffeekasse.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.

2 Kommentare

  1. In Lothringen, nahe der dt. Grenze: Pain au chocolat!
    Aber, Hauptsache, es schmeckt! Egal wie man es nennt.
    Als Deutsche ist uns oft nicht bewusst, dass es in F auch Dialekte gibt wie bei uns auch und das sich Bayern, Sachsen und Schwaben nicht immer unbedingt verstehen, wenn sie Deutsch reden. In F ist das nicht anders.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert