Der südliche Eingang zur Höhle von Mas-d'Azil. Foto: Hilke Maunder
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Mas-d’Azil: Bienvenue bei unseren Vorfahren

Von der Montagne du Plantaurel senkt sich die D 119 hinab in das Tal der Arize und taucht 420 Meter lang ein in einen ungewöhnlichen Tunnel: Er führt mitten durch die Höhle Mas-d’Azil. Mit dem eigenen Fahrzeug durch eine prähistorische Höhle sausen – das ist einmalig in Europa!

Die Départementsstraße D 119 führt mitten durch die Höhle. Foto: Hilke Maunder
Die Départementsstraße D 119 führt mitten durch die Höhle. Foto: Hilke Maunder

Nicht minder Erstaunliches förderten ab 1857 die Bauarbeiten der Straße zutage. Um sie anzulegen, mussten Aufschüttungen erfolgen. Dabei entdeckten die Männer von Ponts et Chaussés mehrere archäologische Fundstücke. Ihre Funde lockten die Gelehrten jener Zeit an.

Der Blick von der Höhle auf die Départementsstraße D 119. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von der Höhle auf die Départementsstraße D 119. Foto: Hilke Maunder

Schädel im Schutt

Unter der Leitung des Abbé Pouech und den Prähistorikern Garrigou und Regnault begannen sie mit ersten Ausgrabungen. Als 1875 die Straße nach einer großen Überschwemmung weggeschwemmt wurde, brachten die Bauarbeiten neue Funde ans Licht: Steinkeile, Schädel, Knochen und eine kunstvoll verzierte Speerschleuder.

Vom Parktplatz am südlichen Ausgang führt ein Fußweg sicher zum Eingang der Grotte. Foto: Hilke Maunder
Vom Parkplatz am südlichen Ausgang führt ein Fußweg sicher zum Eingang der Grotte. Foto: Hilke Maunder
Ein Zeitstrahl begleitet euch auf eurem Weg und bringt euch immer tiefer zurück in die Vorzeit. Foto: Hilke Maunder
Ein Zeitstrahl begleitet euch auf eurem Weg und bringt euch mit jedem Schritt tiefer in die Vorzeit. Foto: Hilke Maunder

In den Jahren 1901 und 1902  entdeckte Abbé Breuil bei zwei Ausgrabungskampagnen die ersten Malereien und Gravuren in der Höhle. Ihm folgte Joseph Mandement, der von 1936 bis 1958 den Zugang zu mehreren Galerien freilegte und weitere prähistorische Darstellungen fand.

Im Museum der Höhle. Foto: Hilke Maunder
Im Museum der Höhle. Foto: Hilke Maunder

Die vielen Funde beflügelten die Forscher. Sie fanden nicht nur Spuren der Azil-Zeit, sondern auch ältere Zeugnisse – vom Aurignacien, vom Solutréen und vom Magdalénien.

Sie sind heute im Musée de Préhistoire du Mas-d’Azil ausgestellt. Es befindet sich im Herzen des Dorfes Mas-d’Azil. Im Höhlen-Tunnel eröffnete 2013 das Centre d’Interprétation de la Grotte du Mas-d’Azil.

Trocken-Höhle in Blau und Lila

Hinein in die Höhle! Als Journalistin erhielt ich eine Ausnahmegenehmigung und durfte fotografieren. Foto: Hilke Maunder
Hinein in die Höhle! Als Journalistin erhielt ich eine Ausnahmegenehmigung und durfte fotografieren. Foto: Hilke Maunder

Der zu Besichtigung freigegebene Teil der Höhle befindet sich auf der rechten Seite des Arize-Flusses. Dort ist im Karst ein Labyrinth von Gängen und Galerien entstanden. Effektvoll ist es in Lila, Rot und Blau illuminiert.

Diese moderne, immersive Beleuchtung entwarf René Stinville, der auch die Beleuchtung des Triumphbogens von Paris gestaltet hatte. Entlang des gesamten Weges sind Leuchtdioden installiert, die keine Wärme abstrahlen.

Immer wieder ist der Fels durchbrochen, Foto: Hilke Maunder
Immer wieder ist der Fels durchbrochen, Foto: Hilke Maunder

Die Höhle von Mas-d’Azil ist eine trockene Höhle. Daher gibt es keine Stalaktiten oder Stalagmiten. Vor der Ankunft der ersten Menschen war die Höhle ein riesiger natürlicher Schutzraum, den zunächst nur die Tiere nutzten. Das verraten die Tierknochen von Wollmammut, Nashorn und Höhlenbär, die in der Grotte du Mas-d’Azil gefunden wurden.

Vier Vorzeit-Kulturen

Das Skelett eines Höhlenbärens ist im Museum des Besucherzentrums ausgestellt. Foto: Hilke Maunder
Das Skelett eines Höhlenbärens ist im Museum des Besucherzentrums ausgestellt. Foto: Hilke Maunder

An der Nahtstelle zwischen den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit und den sesshaften Menschen der Jungsteinzeit folgten dann verschiedene Kulturen aufeinander.

Die älteste Kultur ist der Aurignacien (40.000 Jahre v. Chr.). Wie der Solutréen (22.000 – 18.000) nutzte auch er die Höhle nur als kurzzeitigen Lagerplatz. Deutlich länger blieben der Magdalénien (16.000 Jahre v. Chr.) und der Azilien (13.000 bis 9.000 Jahre v. Chr.).

Links ist eine Harpunenspitze zu sehen. Foto: Hilke Maunder
Links ist eine Harpunenspitze zu sehen. Foto: Hilke Maunder

Der Magdalénien hinterließ vor allem Waffen: Harpunen und Steinschleudern, die der Azilien noch verfeinerte und zur bevorzugten Distanzwaffe machte. Mit Liebe zum Detail und großer Kunstfertigkeit wurden zudem Knochen mit Gravuren und Ritzungen verziert.

Typisch für Mas-d’Azil sind auch bunt bemalte Kieselsteine. Ihre Dekoration besteht hier aus roten, meist kreisrunden Farbpunkten – ähnlich, wie sie die Wände der Grotte du Bédeilhac zieren. Ihre Bedeutung ist bis heute ein Geheimnis.

Die rätselhaften Kieselstein von Mas-d'Azil. Foto: Hilke Maunder
Die rätselhaften Kieselsteine von Mas-d’Azil. Foto: Hilke Maunder

Frankokatabrische Höhlenkunst

Die Menschen lebten und lagerten vor allem auf dem flachen linken Flussufer und nutzten von der Höhle nur die vorderen Bereiche mit Tageslicht. Nur zum Malen zogen sie mit Fettlampen oder Fackeln in hintere Höhlenteile. Bereiche mit prähistorischen Malereien sind für Besuche gesperrt.

Dazu gehören die Galerie Breuil mit Zeichnungen von Bisons, Pferden, Hirschen, Fischen und verschiedenen geometrischen Zeichen, die Galerie du Renne mit Gravuren von Tieren und die Galerie du Four mit der Darstellung eines Pferdehinterteils und eines Gesichts, das auf einer natürlichen Felskontur gezeichnet wurde.

Schutzraum für Verfolgte

Der große Saal der Höhle. Foto: Hilke Maunder
Der große Saal der Höhle. Foto: Hilke Maunder

Die Galerien verteilen sich auf drei Bereiche. 35 Meter über dem Fluss befindet sich der größte Raum in der Höhle: der Tempelsaal. Im 3. Jahrhundert, wählten die frühen Christen die Salle du temple als Ort des Gebets, an dem sie sich vor der Verfolgung, der sie ausgesetzt waren, sammeln konnten.

Während des Albigenserkreuzzugs fanden die Katharer, während der Religionskriege die Protestanten  in der Höhle Zuflucht. 1625 ließ Richelieu die Decke des Tempelsaals sprengen, nachdem die königlichen Truppen bei der Belagerung von Mas-d’Azil  zurückgeschlagen worden waren.

Die Galerie du Silex. Foto: Hilke Maunder
Die Galerie du Silex. Foto: Hilke Maunder

Kunstvoll geschmückte Werkzeuge

In der Galerie du Silex, der Feuersteingalerie, wurden eine Speerschleuder mit Vogel-Kitz-Schmuck und ein durchbohrter Stock, der die Vorderseite eines Pferdes darstellt, entdeckt.

Einige der Werkzeuge, die in der Höhle gefunden wurden. Foto: Hilke Maunder
Einige der Werkzeuge, die in der Höhle gefunden wurden. Foto: Hilke Maunder

Der Mandement-Saal erinnert mit seinem Namen an Joseph Mandement. Der Journalist und Fotograf, der sich für die Vorgeschichte begeisterte, initiierte ab 1937 umfangreiche Ausgrabungen. Er stieß auf ein Labyrinth von Gängen und fand dort den Schädel eines jungen Mädchens aus dem Magdalénien.

Die Galerie des Ours. Foto: Hilke Maunder
Die Galerie des Ours. Foto: Hilke Maunder

Die Galerie aux Ours birgt Dutzende Knochen dieser wilden Tiere, die in den Höhlen der Vorgeschichte lebten. Der Piette-Saal ist nach Edouard Piette benannt. Bei seinen Ausgrabungen entdeckte er zwischen 1887 und 1894 eine neue Kultur aus der Vorgeschichte: die der Azilianer.

Knochenfunde der Höhle. Foto: Hilke Maunder
Knochenfunde der Höhle. Foto: Hilke Maunder

Salpeter für Schwarzpulver

Die Höhle hat viele Kulturen und Nutzungen erfahren. Katharer und Hugenotten suchten hier Schutz vor Verfolgungen. Bis zur Französischen Revolution wurde Salpeter abgebaut.

Er wurde zur Herstellung von Schwarzpulver (Schießpulver) verwendet. Lange Zeit zeugten in der Höhle Aschehaufen und gewaschene Erde von der Bedeutung der Salpetersuche. Sie war jahrhundertelang die wichtigste Industrie von Mas-d’Azil, wie es eine königliche Urkunde vom 8. Februar 1585 belegt.

Die Grotte du Mas-d'Azil setzt auf digitale Vermittlung. Hier sind zwei Archäologen im Gespräch mit einer Magdalénien. Foto: Hilke Maunder
Die Grotte du Mas-d’Azil setzt auf digitale Vermittlung. Hier sind zwei Archäologen im „Gespräch“ mit einer Magdalénienne. Foto: Hilke Maunder

Wertvoller Guano

Im 20. Jahrhunderts wurde in der Höhle ein neuer Reichtum abgebaut: Fledermausguano. Die Höhle war schon immer ein beliebter Zufluchtsort für Fledermäuse, vor allem in den tiefen Gängen am rechten Ufer. Dort bedecken bis heute dicke Schichten von Guano den Boden der Höhlen.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Da Guano ein hervorragender Dünger für Gärten ist, kamen rasch die Einheimischen und sammelten ihn im großen Stil ein. Die Gemeinde musste regulieren. Per Erlass ließ sie nur noch wenige Kilogramm pro Einwohner zu. Noch heute leben Fledermäuse in den tiefen Gängen und Sälen der Höhle.

Der Tunnel gen Norden. Foto: Hilke Maunder
Der Tunnel gen Norden. Foto: Hilke Maunder

Während des Krieges 1940 wurde der Schlamm der Arize zur Herstellung von Ersatzseife verwendet. 1942 schließlich wurde die Höhle von Mas-d’Azil unter Denkmalschutz gestellt. Doch noch immer wird sie erforscht. Welche Geheimnisse wird sie noch preisgeben?

Der Wasserfall der Arize. Foto: Hilke Maunder
Der Wasserfall der Arize. Foto: Hilke Maunder

Mas-d’Azil: meine Reise-Infos

Grotte de Mas-d’Azil

D119, Avenue de la Grotte, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 61 05 10 10, www.sites-touristiques-ariege.fr/grotte-du-mas-dazil

Der Eintritt für die Höhle schließt den Besuch des prähistorischen Museums von Le Mas-d’Azil mit ein.

Musée de la Préhistoire

• 5, Place de l’Église, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 61 05 10 10, www.sites-touristiques-ariege.fr/grotte-du-mas-dazil

Kunsthandwerkerdorf

Die Keramikwerkstatt von Mas-d'Azil. Foto: Hilke Maunder
Die Keramikwerkstatt von Mas-d’Azil. Foto: Hilke Maunder

Atelier de Poterie Céramique Laurence Thomas

8, Avenue de la Grotte, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 61 68 24 72, www.ceramiquelaurencethomas.fr

Les souffleurs de l’Arize

Glasbläser Kylian Pradier. Foto: Hilke Maunder
Glasbläser Kylian Pradier. Foto: Hilke Maunder

Kylian Pradier ist 21 Jahre alt, arbeitet seit sechs Jahren als Glasbläser bei Mas-d‘Azil. Gekonnt taucht er der Materie Leben voller Sinnlichkeit und Farbe ein. Faszinierend!
• 578-579, D119, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 61 69 71 27

Ihr könnt in der Glasbläserei Kylian bei der Arbeit zuschauen. Foto: Hilke Maunder
Ihr könnt in der Glasbläserei Kylian bei der Arbeit zuschauen. Foto: Hilke Maunder

Schlemmen & genießen

La Terrasse du Mas

Köstlich-frische Hausmannskost in rustikal-gemütlichem Ambiente; gelegentlich Konzerte!
• 4, place du Champ de Mars, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 34 01 79 17, www.facebook.com/laterrassedumas

Pizzeria du Mas-d’Azil

Beliebter Dorftreff mit ordentlichen Pizze und bunt gemischten Salaten, alles auch zum Mitnehmen.
• 10, Grande Route, 09290 Le Mas-d’Azil, Tel. 05 61 69 72 72, www.facebook.com

Hier könnt ihr schlafen*
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Die Steilklippe der Arize. Foto: Hilke Maunder
Die Steilklippe der Arize. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Reise-Inspirationen für das Département Ariége findet ihr in dieser Kategorie.

Im Buch

Okzitanien abseits GeheimtippsOkzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt an den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.

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Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

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