
Römische Ruinen, mittelalterliche Kirchtürme, das breite Band der Rhône mit dem Radweg der ViaRhôna und ein strahlend blauer Himmel: Bienvenue in Arles!
Die Fülle von Motiven in Arles löste bei Vincent van Gogh die kreativste Phase seines Schaffens aus. Auch bei uns klicken permanent Kamera und Handy.
Straßen mit hohen, eng gestellten Häusern, in denen kaum die Sonne eindringt, Platanenplätze, auf denen sich Cafés und Restaurants drängen.
Hier ein plätschernder Brunnen, dort Street Art: Was für eine Fülle an Eindrücken, an Motiven, an Orten, die man mitnehmen möchte, zum Wohlfühlen an dunklen und kalten Tagen!
Das Savoir-Vivre des Südens
Arles zelebriert die Leichtigkeit des Seins. Das haben wohl auch die Kelten gewusst, die einst hier siedelten, ehe Griechen aus Massilia die Region kolonialisierten und drei römische Kaiser die Stadt prägten – Julius Cäsar, Augustus und Konstantin. Mit 50.000 Einwohnern war Arles damals eine antike Großstadt.
Wie prachtvoll sie ausgestattet war, verraten 112 Stätten, die heute als nationales Kulturerbe geschützt sind. Gleich drei Mal ins Welterbe ist Arles bei der UNESCO eingetragen.
Erstens als Startpunkt der Via Tolosa, einem der vier französischen Jakobswege nach Santiago de Compostela. Zweitens als urbanes Freilichtmuseum mit Überresten der 46 v. Chr. von Julius Cäsar gegründeten Oppidum bis zu Meisterwerken der romanischen Kunst (1981).
Und drittens mit dem einzigartigen Feuchtbiotop der Camargue. Letzter macht – noch ein Rekord! – Arles mit ca. 760 km² zur flächenmäßig größte Gemeinde Frankreichs. Paris kann dagegen nur mit 105 km² aufwarten.
Uralt, riesengroß. Und doch ganz kompakt, übersichtlich. Und auch von musealem Mief ist wenig zu spüren. Im Gegenteil!
Das Rom Galliens vibriert, pulsiert, inspiriert. Taucht ein in urbanes Freilichtmuseum mit Überresten der 46 v. Chr. von Julius Cäsar gegründeten Oppidum über Meisterwerke der romanischen Kunst mit zu den Ikonen der Moderne!
Das Erbe der Römer
Arles ist so kompakt und übersichtlich, dass die Must-Sees toll zu Fuß oder mit dem Rad entdeckt werden können. Rein ins Gewühl!
Die Arena, in dessen riesigem Oval im 1. Jh. bis zu 20.000 Menschen auf 34 Rängen Gladiatorenkämpfe erlebten, bebt heute unter den Hufen der schwarzen Stiere bei den Feria an Ostern und im September.
140 m × 103 m groß sind die im Innern. Ihre Mauern ragen 21 m hoch auf. Im Mittelalter erfolgte der Umbau zur Festung, von der noch drei Vierecktürme (12. Jahrhundert) und die Arkadenvermauerung zeugen.
Später verwandelten sich die Arenen in einen Stadtteil, in dem Tausende Menschen lebten. Erst ab 1825 wurden ihr Häuser entfernt, 1846 das antike Oval restauriert.
Westlich der Arena wurde Ende des 1.Jh. das antike Theater unter Kaiser Augustus erbaut – während der Sommermonate eine Freilichtbühne für Konzert und Theater.
Erhalten sind noch zwei korinthische Säulen, die Orchestra und vom Zuschauerhalbrund die untersten der 33 Sitzreihen mit 12.000 Sitzplätzen sowie ein Turm, der noch die ursprüngliche Höhe von drei Arkaden bewahrt hat.
Hier wurde 1651 die berühmte Venus von Arles aufgefunden, die jetzt im Louvre in Paris und als Kopie im Treppenhaus des Hôtel de Ville an der Place de la République steht.
Um 20 v. Chr. entstanden die Kryptoportiken des Forums, unterirdischen Galerien im Herzen der Stadt. Hinein kommt ihr vom Rathaus. Erst Ende des 19. Jh.s. wurden die Konstantin-Thermen ausgegraben – sie gehören zu den besterhaltenden der Welt.
Ebenfalls zum gallorömischen Erbe gehören die Alychamps. Die elysii campi, deutsch „Elysische Felder“, sind eine lange Allee vor der süd-östlichen Ecke der Stadtmauern zur unvollendeten Kirche Saint-Honorat (12. Jahrhundert).
Die einstige römische Begräbnisstätte wurde später ein christlicher Friedhof. Von den zahlreichen frühmittelalterlichen Steinsarkophagen sind nur noch einige schmucklose an der Allée des Tombeaux zu sehen. Die schönsten erhalten Steingräber seht ihr heute im Musée d’Arles Antique.
An der mittelalterlichen Nekropole begann einst die Wallfahrt nach Santiago de Compostela – auf immer verewigt in den Bildern von Van Gogh.
Provenzalische Romanik
Als Meisterwerk der provenzalischen Romanik gilt die Cathédrale Saint-Trophime aus dem 12. Jahrhundert. Bei ihrem Bau wurden Steine vom antiken Theater verwendet.
Der heilige Trophimus christianisierte die Provence und war vor 250 n. Chr. der erste Bischof in Arles. Seine Gebeine ruhen in der Kirche, die ihm geweiht ist. In ihr wurde Friedrich Barbarossa am 30. Juli 1178 zum König von Burgund gekrönt.
Das der Westfassade um 1190 vorgeblendete Doppelportal mit seinem Tympanon gilt neben dem von Saint-Gilles als Hauptwerk der provenzalischen Plastik der Hochromanik.
Zwischen den Freisäulen an den Seiten stehen überlebensgroße Standbilder der Apostel. Das Tympanon zeigt Christus als Weltenrichter, das Paradies und die Hölle.
Die Kathedrale ist eine Basilika mit einem 20 m hohen Mittelschiff und besitzt sowohl romanische als auch gotische Stilelemente.
Während Langhaus, Turm und Fassade 1152–80 im romanischen Stil errichtet wurden, entstand der gotische Umgangschor erst 1454–65.
Ungeheuer beeindruckt hat mich der Kreuzgang mit seinen wunderschönen Schnitzereien im Stein der Skulpturen und Kapitelle. Er wurde in mehreren Bauphasen zwischen 1130 und dem 14. Jahrhundert errichtet.
In seinen vier Galerien – zwei romanisch, zwei gotisch – sind alle Arten des Rund- und Spitzbogenstils zu finden. Pfeiler und Säulen mit fein gearbeiteten Kapitellen wechseln sich hier ab. Die Geviertecken sind figurengeschmückt, z. B. mit einer Trophimusfigur von 1188.
Was viele nicht wissen: Ihr könnt über eine Treppe auch hinauf zur Galerie im ersten Stock gehen – mit tollem Blick aus der Höhe auf das Innere der Kreuzganges, in dem eine riesige Pinie wächst.
Muse der Künstler
1888 kam Vincent van Gogh nach Arles und malte während seiner schöpferischsten Zeit in 15 Monaten mehr als 300 Bilder.
Während dieser Zeit porträtierte er Arles und die Umgebung hundertfach. Die heute an seine Gemälde erinnernden Stellen in Arles wurden allerdings in den 1990er-Jahren nach seinen Gemälden für den Tourismus dekoriert.
Typisches Beispiel hierfür ist das Nachtcafé. Nachdem der Maler von der Bourgeoisie aus der Stadt faktisch vertrieben wurde, besitzt die Stadt kein einziges von seinen Gemälden.
Das von ihm bewohnte Haus an der Place-La-Martine (Maison Jaune, „Gelbes Haus“) wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Bombenangriff zerstört.
Zwar hat eine der zahlreichen Zugbrücken in der Umgebung den Maler zu den Bildern wie “Die Brücke von Langlois” angeregt. Doch: Die heute als Van-Gogh-Brücke ausgeschilderte an der Montcalde-Schleuse zwar eine gleichartige, aber nicht die von ihm gemalte Brücke. Jene lag rund 800 m entfernt.
Mekka der Fotografie
Angelockt wurde auch der Stierkampf-Fan Picasso. 1971 schenkte er 57 Zeichnungen dem dortigen Musée Réattu. Lucien Clergue begegnete dem spanischen Maler in Arles 1953 – der Beginn einer 20-jährigen Freundschaft.
1969 gründete Clergue die Rencontres photographiques. Der Branchentreff stieg zum Fotofestival mit weltweiter Strahlkraft auf.
Jeden Sommer von Juli bis September rollt Arles für die besten Fotografen und Nachwuchstalente den roten Teppich aus, zeigt ihre Werke in 60 Ausstellungen an 20 Veranstaltungsorten und experimentiert mit Trends und Themen der Kreation.
Annie Leibovitz, Raymond Depardon, Nan Goldin, Martin Parr und viele andere Weltstars haben in Arles ihre internationale Karriere begonnen.
Und auch der Modeschöpfer Christian Lacroix entdeckte beim Besuch des Musée Réattu in Arles seine künstlerische Berufung.
Sein schönstes Geschenk an seine Heimatstadt ist das Hôtel Jules César im einstigen Karmeliterkonvent, der 2014 von Lacroix farbenfroh in eine Luxusherberge verwandelt wurde.
Grenzenlos: Musik und Literatur
Im Juli feiert und tanzt Arles eine Woche lang zu den Klängen von Les Suds, das sich seit 1995 als Gipfeltreffen der Weltmusik etabliert hat.
Von zehn Uhr früh bis nachts um vier locken Musiker wie Danyèl Waro, Bachar Mar-Khalifé und Anour Brahem zu einer musikalischen Weltreise, die alle Grenzen und Genre überschreitet.
Sound-Siestas, Workshops und Thementage ergänzen die mehr als 60 Konzerte, die blitzschnell ausverkauft sind, sobald das neue Programm online ist.
Arles ist Kultur. Nicht nur bei Festivals, sondern das ganze Jahr hindurch. Der Verlag Actes Sud hat Erfolgsautoren wie Laurent Gaudé unter Vertrag. Das Musiklabel Harmonia Mundi ist eines der besten Marken für klassisches Musik.
Die Arleser ENSP ist die einzige Fotografiehochschule Frankreichs. Die Fachhochschule MOPA (ex SUPINFOCUM) gilt als weltweit beste Hochschule für 3-D-Animation.
LUMA Arles: die kreative Zukunft
Damit Arles auch in den neuen Medien die Nase vorn hat, hat die LUMA-Stiftung der Schweizerin Maja Hoffmann auf dem Gelände der ehemaligen Bahnwerkstätten der SNCF nach den Worten der Roche-Erbin ein „weltweit einzigartiges Kreativzentrum für digitale Bilder” errichtet.
Warum gerade hier? Der Vater der Investorin stammt aus Arles.
Der Turm von Frank Gehry
Wahrzeichen des zehn Hektar großen Parc des Ateliers ist die 56 m hohe Turmskulptur mit Ausstellungsräumen und Wohnungen für Gastkünstler, die der US-Architekt Frank Gehry entworfen hat. Sie ruht auf einem Sockel, der neben Archiven auch eine große Ausstellungshalle enthält.
Die mechanische Werkstatt und die Schmiede sind renoviert und Standort des internationalen Fotografentreffens von Arles.
Die 5000 qm große Grande Halle im Herzen des Werkstattgeländes ist dem zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffen gewidmet.
Die Nordfassade schmückt eine 2800 qm große digitale Projektionsfläche – Europas größter Bildschirm. Hunger und Durst stillt im Industrie-Look ein Café, das auch ein paar Tische nach draußen auf die Terrasse gestellt hat.
Im Innern öffnet sich das Café zum Foyer mit einem Modell des Parc des Ateliers, einer Buchhandlung und dem Kassentresen für den Besuch der Ausstellungen.
In den ehemaligen Radwerkstätten erforscht und restauriert das CERCO Centre d’Etude, de Restauration et de Conservation des Œuvres Kunstobjekte des Arlaten-Museums.
Ebenfalls auf dem Campus findet ihr die staatliche Fachhochschule der Fotografiekunst (ENSP).
Arles: meine Reisetipps
Schlemmen
In drei der 156 Restaurants stehen Sterneköche am Herd. Zweisternechef Jean-Luc Rabanel macht im L’Atelier Grünzeug zum König (7, rue des Carmes, Tel. 04 90 91 07 69, www.rabanel.com). Günstiger ist sein Bistro A Côté mit Terrassenplätzen in der gleichen Straße (21, Rue des Carmes, Tel. 04 90 47 61 13, www.rabanel.com).
12 km außerhalb findet ihr Armand Arnal im Bio-Restaurant La Chassagnette mitten in der Carmargue. Sein Küchengarten liefert fast alles, was in der Küche benötigt wird (D36, Le Sambuc, Tel. 04 90 97 26 96, www.chassagnette.fr).
Le Réfectoire des Ateliers
Lässiger Genuss im Parc des Ateliers.
• 33, Avenue Victor Hugo / Chemin des Minimes, Tel. 04 90 47 11 67, www.facebook.com/leRefectoireArles
Erleben
Seit mehr als 500 Jahren feiert Arles alljährlich am 1. Mai das Fest der Gardians. Höhepunkt des Trachtenfestes Pegoulado am 1. Julisonntag ist ein festlicher Umzug. Am Montag folgt mit der Concarde d’Or das Stierrennen der Course Camarguaise. Blutiger geht es bei den Stierkämpfen zu (Oster-Feria, Reis-Feria (Sept.).
Ab ins Meer!
Auf der D 36 rollt, nein, staut sich im Sommer eine Blechlawine zur Plage de Piémanson (auch: Plage d’Arles). Unzählige Urlauber campen dort illegal an Strand und Düne.
Schlafen
Hôtel Nord-Pinus*
Das Hotel, in dem Picasso und andere berühmte Persönlichkeiten logierten, ist eine Oase der Ruhe im Herzen der Stadt. Und ein Gesamtkunstwerk mit Kunst in den Zimmern, den Sälen und der Lobby.
• 14, Place du Forum, 13200 Arles, 04 90 93 44 44, http://nord-pinus.com
Hôtel du Cloître*
Designliebhaber schwärmen vom mutigen Mix der Stile und Farben der Zimmer – im obersten Stock könnt ihr auf einer kleinen Dachterrasse mit Blick auf Saint-Trophime chillen.
• 18, Rue du Cloître, Tel 04 88 09 10 00, https://hotelducloitre.com
Noch mehr Betten*
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Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas „Provence“*
In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.
Specials und Themenseiten verraten euch, welche großen Probleme der Lavendel hat, wo ihr Slow Food genießen oder ganz aktiv das Sonnenreich im Süden erleben könnt. Beim Mountainbiken, Malen, Paddeln, Wandern oder Wildbaden.
Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.
Bilderreise durch Südfrankreich*
Le Grand Sud nennen die Franzosen die weite Region ihrer Mittelmeerküste. Gemeinsam mit Klaus Simon und Rita Henß als Co-Autoren präsentiere ich im DuMont Südfrankreich* die vielen Facetten des Südens zwischen der Provence und den Pyrenäen in unterhaltsamen Stories und auf Infoseiten.
Großformatige Bildseiten machen diesen Band zu einem tollen Geschenk für Frankreich-Freunde. Oder euch selbst! Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.Es folgen: Tipps für Bars und Boutiquen, Erlebnissen für Familien, Paare oder Alleinreisende. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Das ganze Land: MARCO POLO Frankreich*
Einfach aus dem Besten auswählen und Neues ausprobieren, ist das Motto der Marco Polo-Reiseführer. Den MARCO POLO Frankreich* habe ich gemeinsam mit Barbara Markert verfasst. Gleich zu Beginn geben wir unsere Insider-Tipps für Frankreich preis: vom größten Flohmarkt Europas in Lille bis zur Schwimmen in der Piscine Olympique in Montpellier.
Das Kapitel „Im Trend“ verrät, was es Neues zu erleben gibt im Hexagon. Alle Hintergrundinformationen zu Frankreich und seinen Menschen findet ihr unter Fakten, Menschen & News. Es folgen: Tipps für Bars und Boutiquen, Erlebnisse für Familien, Paare oder Alleinreisende.Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
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Seit 25 Jahren kennen und lieben wir Arles und vor einigen Jahren sind wir endgültig von Hamburg hierher gezogen. Immer wieder sind wir begeistert von dem vielfältigen Angebot an Galerien und Veranstaltungen zu Fotografie, Kunst, Literatur, Film und Musik. In unserem alten Haus mitten im Herzen der Altstadt, an einem ruhigen, sonnigen Platz, empfangen wir auch Gäste aus aller Welt in einem Chambre d’Hôtes. (1 Zimmer für 2 Personen mit eigenem Bad und Frühstück, 32, Place Balechou, 13200 Arles, Tel. 06 20 08 94 11, arles.bienvenue@yahoo.fr oder über booking.com).
Liebe Regine, ganz lieben Dank – und viel Erfolg mit eurem Chambre d’Hôte! Herzliche Grüße von der Hamburgerin Hilke!
Das hört sich so an, als müssten wir bei der nächsten Reise unbedingt dort Station machen. Eine wunderbare Beschreibung! Danke!
Machen Sie es – es lohnt sich enorm!! Viele Grüße! Hilke Maunder