Cauterets: Ski & Spa mit Stil & Charme
Cauterets im Sommer ist traumhaft: Tor zum Welterbe Cirque de Gavarnie, zu den Kaskaden des Pont d’Espagne und zu unzähligen traumhaften Bergtouren. Doch so richtig zur Höchstform läuft das Thermalbad erst im Winter auf.
Dann bedecken fluffige weiße Hauben die Dächer der Belle-Époque-Pavillons, die zur Weltausstellung 1900 erbaut wurden. Schnee bedeckt auch die stattlichen Stadtvillen aus Stein und umhüllt den holzbraunen Bahnhof.
Er wirkt bis heute so, als gäbe er nur ein Gastspiel im Süden und wäre eigentlich im hohen Norden daheim. Das stimmt. Fast.
Als norwegischer Pavillon wurde die Gare de Cauterets 1889 genau 50 Meter lang komplett aus Holz erbaut. 1901 war Einweihung. Heute halten hier nur noch Busse. Die Bahn hat sich längst aus Cauterets verabschiedet.
Adel, Künstler und Promis
Doch was herrschte damals dort für ein großer Bahnhof. Bereits im 16. Jahrhundert kam Königin Marguerite, Schwester von Franz I., mit ihrem Hof nach Cauterets. Illustre Gäste folgten: der Duc de Richelieu, Königin Hortense, Baudelaire, Flaubert…
Besonders in den Jahren 1875 – 1899 war Cauterets der angesagte Ferienort. Napoleon III. besuchte 1804 in Cauterets seine Mutter Hortense de Beauharnais.
George Sand verbrachte 1825 einige Tage in Cauterets. Chateaubriand kam 1829, Victor Hugo 1843. 1858 urlaubte Kaiserin Eugénie in Cauterets.
Wiege des Wintersports in den Pyrenäen
Dereinst war Cauterets eine Sommerfrische mit Kurbad. Ans Skilaufen dachte damals noch niemand. Der Wintersport in den Pyrenäen entwickelte sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Als Initiatoren gelten die Briten, die sich wagemutig die Hänge auf Ski hinabstürzten, in gefrorene Wasserfälle ihre Pickel und Steigeisen schlugen und selbst vor dem Winterbaden nicht zurückschreckten.
Am Pont d’Espagne schnallten sie Felle unter die Ski und marschierten durch eine ursprüngliche Hochgebirgslandschaft. Heute könnt ihr sie auf Schneeschuhen erleben. Oder mit Langlaufskis dort durch ein weißes Winterwunderland gleiten.
Klein-Paris in den Bergen
Inmitten der Zwei- und Dreitausender an der Grenze zu Spanien imitiert Cauterets die städtische Baukultur der Hauptstadt. Besonders der Boulevard Latapie Flurin ist von der Haussmannschen Architektur in Paris inspiriert.
130 m lang und 13 m breit, mit drei Meter breiten Bürgersteigen zu beiden Seiten, wurde er auf privatem Grund erbaut. Imposante Stadtpaläste und Bauten wie das Hôtel Continental und Grand Hôtel d’Angleterre (um 1875) von Lucien Cottet aus Pau machten ihn zur ersten Adresse.
Flaniert wurde auf der Galerie de l’Esplanade mit ihren Gusseisen-Bauten von Baltard und den Toren der Weltausstellung. Dazu noch ein Casino und ein gewaltiger Thermalkomplex: Das Kurbad Cauterets wusste, was es seinen Gästen schuldig war.
Schwebend in den Schnee
Mitten aus dem Zentrum schwebt in zwölf Minuten eine Gondel hinauf ins Skigebiet von Cauterets. 22 Pisten mit 38 km Länge – fünf grüne, sieben blaue, acht rote und zwei schwarze – machen den Cirque du Lys zur kleinen wie feinen Spielwiese im Schnee.
Statt Kilometer rasen wird genussvoll gecarved, gewedelt, gehalten und geschaut: Ardiden (2.988 m), Vignemale (3.298 m) und Pic du Midi (2.877 m) – was für ein Pyrenäen-Panorama!
Skizirkus 2.0
Schneller, bequemer, sicherer, war eines der Ziele der Projekte, für die Cauterets umfangreich in den Winter investierte. So müsst ihr euch heute nicht in Warteschlangen vor Schaltern anstellen, um die Skipässe zu erwerben. Sondern könnt sie auch bequem mit EC- oder Kreditkarten an 25 Automaten kaufen oder verlängern.
Mit der App Cauterets Ski habt ihr Pistenplan, Schneeschuhwege und viele andere Infos für Aktive auf eurem Handy. Wer vergessen hat, sie daheim herunterzuladen, kann es an der Bergstation nachholen. Mitten in der Natur ist das WLAN (frz. wifi) schneller als in jeder deutschen Stadt. Wie das Wetter am Berg gerade ist, verraten Webcams.
Bergstation mit Hipster-Flair
Trendy, gäste- und familienfreundlich zeigt sich auch die Bergstation, die 2016 mit Hilfe der EU renoviert und ausgebaut wurde. Seitdem gibt es keinen Verzehrzwang mehr, sondern Picknicktische drinnen und draußen.
Im Selbstbedienungsrestaurant Le Lys (450 Plätze) und der Cafeteria Le Lys Café (600 Plätze) sorgen Holz und Stein für urgemütliches Ambiente mit Anklängen an US-inspirierte Hipster-Interiors.
Knackige Salate und Kurzgegrilltes prägen die Karte. Wer größeren Hunger hat, stellt sich aus Bausteinen sein gesundes Menü samt Dessert zum Festpreis zusammen. Schließfächer gehören ebenso zum Standard der Bergstation wie die Kinderbetreuung.
Lifestyle & Lebenslust
Auf der großen Holzterrasse mit ihren kunterbunten Femob-Sesseln und Liegestühlen fällt die Skipause bei vielen oft länger aus als geplant. Zu schön ist es dort, in der Sonne zu liegen, im Internet zu surfen oder die anderen beim Skilaufen am Hang zu beobachten.
Elf Schneekanonen sorgen dort dafür, dass das winterliche Weiße auch bei ungünstiger Witterung von Dezember bis April perfekt ist. Nach dem Skitag verwandelt sich die Terrasse in einen dancefloor: Après-Ski zum Abhotten direkt an der Piste.
Wellness ganz stylisch
Wo einst die Kinder therapiert wurden, residiert heute das Wellnesszentrum von Cauterets. Auch hier staune ich: Wände aus strahlend weißen Flusskieseln, grüne Jadefußböden, trendige Umkleidekabinen in Weiß und Lindgrün, Thermalwasser drinnen wie draußen.
Ganz schön stylisch und schick sind die Bains du Rocher – und viel moderner, als die klassische Fassade vermuten lässt. Der alte Badekomplex ist heute für Kuranwendungen reserviert. Besonders erfolgreich werden dort mit stark schwefelhaltigem Thermalwasser Atemwegserkrankungen von Kindern geheilt.
Ritual nach dem Bad: ein Bonbon
Um den schlechten Geschmack, der nach einem solchen Bad den Gaumen belegt, zu vertreiben, werden damals wie heute berlingots gelutscht. Sechs Bonbonkochereien fertigen die kunterbunten Bonbons noch heute vor Ort. Das Schönste: Ihr könnt dabei zusehen!
In der Confiserie À La Reine Margot fertigt Francis Aguillon die Drops nach altem Rezept. Im Kupferkessel werden Wasser, Zucker, Sirup und Glukose bei 150 Grad so lang erhitzt, bis zähflüssiges Karamell entsteht.
Aus 35 Aromen sucht Aguillon den gewünschten Geschmack, rollt die heiße Masse auf einer Marmorplatte aus, zieht sie schnell zu einer langen Wurst und schiebt sie durch eine berlingotière.
Sie hackt die süße Schlange in kleine Würfel. 80 Kilo Bonbons entstehen so täglich. Ob sie schmecken? Aguillon streicht sich über seinen Leib: „Goutez – probieren Sie!“
In der Confiserie Marinette könnt ihr Éric Millet zusehen. Monsieur hatte zuvor in der Hotellerie gearbeitet, ehe er sein Herz an die bunten berlingots verlor.
So bummle ich nach dem Skitag noch ein wenig durch den Urlaubsort, der auf wunderbare Weise Stadtleben und Naturerlebnis, Ski und Spa, Ruhe und Abwechslung miteinander verbindet – und das ganz charmant, urfranzösisch.
Und dabei oft Überraschendes offenbart. So wie die Villa der Prinzessin Galitzine, die sie als slawisch inspiriertes Chalet im Jahr 1840 an der Avenue Mamelon Vert erbauen ließ – in Blau!
Oder, nur wenige Schritte weiter, der Pavillon des Abeilles, in dem sich alles um die Biene und ihre gesundheitsfördernden Produkte dreht. Im Sommer nehmen euch die Imker zu ihren Bienenkörben in Cambasque mit, das ganze Jahr hindurch könnt ihr dort Gewürzbrote backen, echte Wachskerzen ziehen und verzieren oder eine Honigmassage genießen.
Firmengründerin Catherine Ballot-Flurin war 1977 eine Pionierin. Bereits damals stellte die Imkerin ihre Arbeit mit den Bienen auf bio um, entwickelte Anwendungen und Produkte und warb für die Vorzüge der Apitherapie.
Noch mehr Biobauern und lokale Produzenten findet ihr im Schatten des Rathauses. In der kleinen, feinen Markthalle haben sie ihre Stände aufgestellt und verkaufen, was die nahen Berge liefern: köstlichen Käse, herrliche Hartwürste, Hochgebirgshonig, Konfitüre aus wilden Beeren oder Holzarbeiten, allesamt sehr schöne Souvenirs!
Cauterets: meine Reisetipps
Hinkommen
Auto
Auf der A64 bis Tarbes, Abfahrt Lourdes, dann auf der D 821 via Argelès-Gazost bis nach Cauterets. Achtung: sehr viele Blitzer!
Bahn
Die SNCF bringt euch bis nach Lourdes. Von dort verkehrt der Skibus bis nach Cauterets.
Flug
Nächste Flughäfen sind Tarbes-Lourdes-Pyrénées (40 Minuten) und Pau-Pyrénées (75 Minuten).
Ansehen
Musée 1900
Was ab 1850 in Mode war, hat Max Courtade zusammengetragen. Mehr als 20 Jahre lang durchstöberte der Architekt Dachböden und Archive, Flohmärkte und Nachlässe nach authentischen Kostümen für sein Musée 1900. Seine private Sammlung könnt ihr heute im hochherrschaftlichen Ambiente des einstigen Grand Hôtel d’Angleterre besichtigen: Ballroben und Badekleider, Reisemäntel und Reifröcke.
Historische Werkstätten lassen altes Handwerk wieder aufleben. Aufwendig gestaltete Dioramen mit Lichteffekten und animierter Tierwelt laden ein, einen Tag im Gebirge erleben. Wie sich die damalige Gesellschaft amüsierte, zeigt das letzte Objekt des Rundgangs: ein riesiger Zerrspiegel. Figur und Form sind dort perdues.
• Résidence d’Angleterre, Boulevard Latapie-Flurin, Cauterets, Tel. 05 62 92 02 02, www.tourisme-hautes-pyrenees.com
Schlemmen & genießen
L’Abri du Benques
Seinen Vater Jean-Marc lobten die Schlemmerbibeln. Und auch Julien Canton hat nach Lehrjahren bei Cousseau, Georges Blanc und Michel Sarran bereits erste Auszeichnungen erhalten. Als er mit 23 Jahren 2009 sein Lokal eröffnete, gab es gleich den Bib Gourmand. Inzwischen ist auch Gault & Millau voll des Lobes für den Jungkoch.
• Route de la Raillère, außerhalb an der D 920, Abzweig beim ehemaligen Thermenkomplex von Griffon, Tel. 05 62 92 50 15, www.benques.com
Skibar Le bois joli
Einfach gut, da grundehrlich – in der Küche wie bei Ambiente und Service. Hier trifft man sich zum Après-Ski!
• 1, Place Maréchal Foch, Tel. 06 48 40 26 17, www.hotel-leboisjoli.com
Ô Régent
Einheimische wie Gäste speisen gerne in diesem Hotelrestaurant. Die Atmosphäre ist gesellig, die Küche gut, und bei gutem Wetter ist die Terrasse bis auf den letzten Platz besetzt.
• 5, place Maréchal Foch, Tel. 05 62 92 50 10
La Ferme Basque
Die herzhafte Bergküche des Baskenlandes. Hier könnt ihr Garbure, Pitchoune oder das menu découverte genießen! Wer selber kochen möchte, besucht den Hofladen der Auberge von 1928 oder ordert online.
• Route du Cambasque, 65110 Cauterets, Tel. 05 62 92 54 32, www.fermebasque.com
Shopping & Souvenirs
Poncho La Carde
Aus Wolle des Pays de Toy wird in Esquièze-Sère bei Luz-Saint-Sauveur noch der traditionelle Pyrenäen-Poncho handgefertigt von der Familie Lacarde.
www.lacarde-pyrénées.com
Berlingots
Die Kultbonbons von Cauterets fertigen sechs Bonbonkochereien. Diese haben ihre Läden im Zentrum.
• A la Reine Margot, Avenue du Mamelon-Vert, Tel. 05 62 92 58 67, www.berlingots-cauterets.com
• Confiserie Marinette, 6, avenue du Marmelon vert, Tel. 05 62 40 43 81, http://cauterets-berlingot-marinette.com
• Aux Délices, Place Clémenceau, Tel. 05 62 92 07 08
• L’Ourson, Place Clémenceau, Tel. 05 62 92 51 12
Veranstaltungen
Januar
Trail Blanc (Volkslauf im Schnee)
Februar
Festival Garosnow (Musikfestival im Schnee)
In der Nähe
Die rauschenden Kaskaden des Pont d’Espagne
Schneeschuhwandern im Cirque de Gavarnie
Schlafen
Hôtel Le Lion d’Or*
Ideal zwischen Thermen und Innenstadt gelegen, verwöhnt das Dreisternehaus in einer ruhigen Gasse seit 1850 die Gäste – mit 18 geräumigen Zimmern, die Nostalgie, Charme und Komfort perfekt vereinen, einer köstlichen Traditionsküche und einem herzlichen, persönlichen und doch zurückhaltenden Empfang, wie man ihn selten in Hotels erlebt. Madame Bernadette, Sie waren wunderbar! Praktisch: der zweite Ausgang gegenüber von den Thermen. Hier* könnt ihr diese Unterkunft buchen.
• 12, rue Richelieu, 65110 Cauterets, Tel. 05 62 92 52 87, www.liondor.eu
L’Astérides Sacca
Zum Winter 2016/17 gab es neue, breitere Betten für die 51 Zimmer des komfortablen Familienhotels im Herzen von Cauterets: adé 1.40 m, bienvenue 1.60 m im Doppelbett und 1 m beim Einzelbett. Wer mag, bucht hier*.
• 9/11, boulevard Latapie Flurin, 65110 Cauterets, Tel. 05 62 92 50 02, www.asterides-sacca.com
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Der Reiseführer: Midi-Pyrénées*
Annette Meiser, die u.a. die erste müllfreie Schule Deutschlands mitbegründete, hat in Midi-Pyrénées ihre Wahlheimat. Dort lebt und arbeitet sie seit vielen Jahren und bietet erdgeschichtliche und kulturhistorische Wanderreisen an. Ihre Expertise hat sie auf 432 Seiten zwischen die Buchdeckel eines Reiseführers gepackt. Ihr erstes Buch stellt eine Ecke Frankreichs ausführlich vor, die in klassischen Südfrankreich-Führern stets zu kurz kommt.
Für mich ist es der beste Reiseführer auf Deutsch für alle, die individuell unterwegs sind – sehr gut gefallen mir die eingestreuten, oftmals überraschenden oder kaum bekannten Infos. Wie zum einzigen Dorf Frankreichs, das sich in zwei Départements befindet: Saint-Santin liegt genau auf der Grenze von Aveyron und Cantal. Wer mag, kann den Band hier* direkt online bestellen.
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Hallo Hilke
Cauterets im Winter sieht ja auch toll aus, ein Schneeparadies!
Haben dich gern in unserem aktuellen Artikel verlinkt, waren vor ein paar Wochen in Cauterets und haben uns in den malerischen Lac de Gaube verliebt.
Liebe Grüße
Kristin
Hallo Kristin, wir waren zur gleichen Zeit dort unterwegs… Du warst einen Tag nach mir am Tourmalet: https://meinfrankreich.com/col-du-tourmalet. Da war ich dann schon hier: https://meinfrankreich.com/le-petit-train-d-artouste. Und warum das Ganze? Wegen: https://meinfrankreich.com/tour-de-france-2020.
Es war schon öfters so, dass wir fast zur gleichen Zeit in den gleichen Ecken der Welt unterwegs waren… das nächste Mal sollten wir uns dann einfach mal vor Ort treffen! Bises! Hilke
Tolles Spa, ich war dort und soooo ausgeruht!
Ja, so ging es mir auch – und keinerlei schwere oder müde Beine, obgleich ich den ganzen Tag lang auf Ski unterwegs gewesen war!