Château Dubuc: das Erbe des Zuckerbauern
Wie ein kleiner Drache im Sprung ragt die Halbinsel in den Atlantik. Gen Norden säumen viele kleine Buchten, an deren Sandstränden sich Palmen sanft im Wind wiegen, die Presqu’île de la Caravelle.
Im Süden öffnen sich zwei große Buchten auf das Meer. Als die Franzosen die Insel eroberten, wich der trockene Regenwald riesigen Zuckerrohrfeldern. Männer wie Pierre Dubuc nahmen das Land in Besitz.
Zuckerrohr statt Regenwald
1657 – andere Quellen sagen: 1662 – war er als Soldat nach Martinique gekommen. Frisch ausgestattet mit einer Konzession zum Anbau von Kakao, erwarb er 1671 die Zuckerrohrfelder der späteren Habitation Duferret.
Mit Zucker reich geworden, kaufte er Zug um Zug all die anderen Plantagen an der Bucht von Galion auf. Doch erst sein Sohn Balthasar de Bellefonds, dem er kurz vor seinem Tod 1708 die Habitation Spoutourne vermacht, lässt sich als erster Dubuc auf Halbinsel von Caravelle nieder.
Balthasars Sohn Louis beginnt um 1735 mit dem Bau des Château Dubuc. Gemeinsam mit seinem Bruder baut Louis das Anwesen aus, errichtet eine Zuckermühle und installiert eine Kaffeerösterei.
350 Hektar ist sein Gut inzwischen groß. Es besitzt damit ein Vielfaches an Fläche als jene Höfe, die es damals in Frankreich oder Preußen gab. Gut 100 Hektar sind mit Zuckerrohr, 20 Hektar mit Kaffee und anderen Nutzpflanzen bepflanzt. Der Rest umfasst Wald und Buschland.
Bis 1817 brummt die Produktion von Kaffee, Zucker, Melasse und Tafia, einfachstem Billig-Rum. Im 19. Jahrhundert hingegen hatte sich der Handel so sehr intensiviert und ausgeweitet, dass viele der ehemals reichen Zuckerkolonien unter dem großen Konkurrenzdruck von neuen, aufstrebenden Zuckeranbauregionen litten.
Ihr Imperium brach zusammen. Die Zuckerrohrkrise, verstärkt durch den Boom der Zuckerrübe, brach auch den Dubuc wirtschaftlich das Genick. 1852 bot der letzte Nachfahre das Gut zum Verkauf.
Von der Ruine zum Besuchermagneten
Doch keiner kauft es. Aufgegeben und verlassen, verfallen die Bauten, erobert sich die Natur das Land zurück. Erst nach der Jahrtausendwende erkennt Martinique den Wert der Ruinen. 2004 beginnt die Restaurierung, die die Europäische Union mit Finanzmitteln und Experten unterstützt. Heute erinnert im einstigen Wärterhaus ein kleines Museum an die wechselhafte Geschichte des Guts.
Château Dubuc gehört heute zu den meistbesuchten Stätten im regionalen Naturpark Caravelle. Seit 1976 schützt er auf 387 Hektar Kulturerbe, Küste und Natur. Das versteppte Buschland wurde gezielt aufgeforstet.
Redwoods, Ranken mit Widerhaken und der endemische, aber hochgiftige Manchinelbaum, sind wieder im inseltypischen trockenen Regenwald daheim. Zurückgekehrt ist auch wieder der Stern-Vogel mit seiner schwarzen Augenbinde.
Die exotische Wildnis der Caravelle-Halbinsel
Beeindruckender sind die Antillenhaubenkolibris (Orthorhyncus cristatus) mit ihrem bunten, metallisch grün schimmerndes Gefieder und markanten Kopffedern, die wie ein Irokesenschnitt vom Haupt abstehen.
Noch beeindruckender ist ihre Flugtechnik. Beim Schwirren können sie dank ihrer flexiblen Flügel rückwärts, seitwärts und sogar auf der Stelle fliegen.
Zwei Wanderwege erschließen die exotische Wildnis ringsum. Auf dem Grand Circuit de la Caravelle, einer acht Kilometer großen Runde, erreicht ihr auch den mit 400 Meter höchsten Punkt der Halbinsel.
Aussichtsreicher ist die 157 Meter hohe Plattform neben dem Phare de la Caravelle, der seit 1820 als südlichster Leuchtturm Frankreichs die Schifffahrt vor den Tücken der See warnt.
Weitblicke vom Leuchtturm
Dort verrät euch ein Halbrund aus Stein, was ihr von dort oben alles seht. Als erstes die Îles Caravelle mit ihren weißen Spitzen, die die Fregattvögel mit ihrem Guano geschaffen, dann die Baie de Trésor, die Montagne du Vauclin und die Îles Chancel. Jenseits der Baie de Tartane mit La Trinité könnt ihr an klaren Tagen sogar den 38 km entfernten Inselstaat Dominica sehen.
Vielleicht begegnet euch dort Thomas Alexandrine. Der 31-Jährige arbeitet nicht nur als Ranger und Guide, sondern auch staatlicher Umweltpolizist im regionalen Naturpark von Caravelle.
Er kennt kein Pardon, wenn jemand in der geschützten Natur raucht, das Kaugummi im Busch entsorgt oder das Taschentuch nach der Buschtoilette einfach wegwirft. Dann kann er Strafen von bis zu 1.500 Euro verhängen und ein Gerichtsverfahren anstrengen. Und das, sagt er, kommt jedes Jahr vor.
Château Dubuc & PNR Caravelle: die Infos
Kontakt & Hilfe
• Château Dubuc, Tel. 05 96 58 09 00
• Maison du Parc, Tel. 05 96 64 42 59, tgl. 9 – 16.30 Uhr
Übernachten
Camping ist nicht gestattet. Zahlreiche Unterkünfte von einfach bis edel gibt es in La Trinité und Tartane, wo sich mit dem French Coco auch das erste Small Luxury Hotel-Mitglied der Antillen versteckt. Hier habe ich es vorgestellt.
Essen und Trinken
Deckt euch vor dem Parkbesuch mit Proviant und ausreichend (!) Trinkwasser ein. Einzig am Château Dubuc gibt es bei der Kasse eine kleine Boutique mit Getränke- und Snackverkauf, Insekten- und Sonnenschutz sowie Snacks.
Erleben
Wandern
Beim Parkplatz am Château Dubuc beginnen zwei Wanderwege: eine kurze Rundschleife (90 Minuten) durch die Mangroven und den Trockenwald und der Grand Circuit de la Caravelle, der euch rund vier Stunden lang zu den schönsten Stellen im Naturpark führt. Unterwegs erklären Infotafeln die Fauna, Flora und Geologie der Halbinsel.
Hier könnt ihr schlafen*
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Im Blog
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Im Buch
Die Lektüre ist gerade richtig pikant, würzig und deftig, wie ein frittiertes karibisches Stockfischbällchen mit dem Mord als Zugabe. (LE POINT, Paris, 2.3.2011)
Raphaël Confiant, Unbescholtene Bürger*
Haitianische Gangster, Voodoo, illegale Borlette-Lotterien, hispanophone Huren, syrische Händler, französische Gaullisten und dubiose Polizisten: Was für ein tropisches Wespennest, in dem Privatdetektiv Jacky Teddyson bei seinem ersten Fall sticht!
Eigentlich heißt der drahtige Ermittler Raymond Vauban, aber für den Job muss ein englischer Name her. Doch auf der Karibikinsel, auf der jeder jeden kennt, gibt es wenig zu tun. Dies ändert sich, als er Besuch von Madame Irmine Ferdinand erhält. Ihr Mann, ein bedeutender Unternehmer, wurde im Zimmer einer Prostituierten ermordet aufgefunden. Die Polizei ist ratlos.
Handelt es sich um einen Mord aus Eifersucht oder stecken politische Intrigen, illegales Glücksspiel oder sonstige dunkle Geschäfte dahinter? Drogenhandel? Oder reinste Gier?
So bunt wie die Gesellschaft, in der Jacky Teddyson ermittelt, ist auch die Sprache, mit der Raphaël Confiant die Handlung voranpreschen lässt. Sprache und Stereotypen knallen aufeinander, Gosse und Fabulierlust, Philosphie und platte Parodie: Raymond Chandler à la Karibik.
Verfasst hat ihn Raphaël Confiant. Der Martiniquais (Jahrgang 1951) lehrt als Dekan der philosophischen Fakultät an der Université des Antilles et de la Guyanege – und schreibt. Zusammen mit Patrick Chamoiseau und Jean Bernabé ist er Mitbegründer der literarischen Bewegung der créolité, die sich von Aimé Césaires Konzept der négritude absetzt.
Raphaël Confiant erhielt zahlreiche Preise, darunter den Prix Antigone, den Preis der Casa de las Americas, den Prix RFO und den Prix des Amériques insulaireset de la Guyane.
Unbescholtene Bürger, der erste Krimi um Privatdetektiv Jack Teddyson, erschien im Original 2010 unter dem Titel Citoyens au-dessus de tout soupçon bei Caraibéditions auf Martinique und wurde 2014 von Gallimard in Paris als Taschenbuch veröffentlicht.
Jetzt hat ihn Peter Tier ins Deutsche übersetzt. Tier steht hinter dem kleinen, feinen Verlag Literadukt*, der sich auf Literatur der frankofonen Karibik spezialisiert hat und als einziger Verlag im deutschsprachigen Raum auch Literatur aus Haiti verlegt. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
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Offenlegung
Die Karibikinsel Martinique entdeckte ich auf einer Pressereise, die das staatliche französische Fremdenverkehrsamt ATOUT France, das CMT FRANCE-EUROPE und das COMITÉ MARTINIQUAIS DU TOURISME veranstaltet haben. Den Hotels und anderen Unterkünften, in denen ich wohnen durfte, den Restaurants und besuchten Orten und Stätten sagte ich herzlichen Dank für ihre Unterstützung. Unglaublich kenntnisreich, hilfsbereit und herzlich war auch die Fremdenführerin Veronika Kuster Kudrna, die uns die gesamte Reise über begleitet hat. Auch ihr sage ich merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat die Unterstützung meiner Reise nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.