Hausboot auf der Charente. Foto: Hilke Maunder
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Charente im Hausboot: nach Châteauneuf!

Von Saint-Simeux nach Châteauneuf: Unser zweite Tag beim Hausboot-Törn auf der Charente.

Ein letztes Iiii-aaaah – dann hatten wir Saint-Simeux hinter uns gelassen. Niemand war an diesem Sonnabendmorgen auf dem Wasser.

Wir hatten die Charente ganz für uns allein. „Es ist das schönste Flüsschen in meinem Königreich“, soll Heinrich IV. geschwärmt haben.

Ein herrlicher Frühsommertag auf der Charente. Foto: Hilke Maunder
Ein herrlicher Frühsommertag auf der Charente. Foto: Hilke Maunder

300 Jahre später hat sich der Charme des 381 Kilometer langen Flusses, der bei Chéronnac im Département Haute-Vienne entspringt, kaum verändert.

Kurs Châteauneuf: im grünen Dschungel

Wir tauchen mit unserem Hausboot ein in einen grünen Urwald, gesäumt von Pappeln, Eschen, Ulmen und Weißdorn und blühendem Iris.

Mal leuchten Sandbänke im klaren Wasser auf, dann große Seegrasbetten. Als blaues Band, mitunter trübe von den Sedimenten, schlängelt sich die Charente durch den Baumvorhang, der die Landschaft verdeckt.

Hausbootörn Charente. Die Rapsblüte hat begonnen. Foto: Hilke Maunder
Hausbootörn Charente. Die Rapsblüte hat begonnen. Foto: Hilke Maunder

Was sich dahinter versteckt, lässt sich selbst vom Oberdeck nur ahnen, so dicht ist das Grün. Bis plötzlich kleine Brücken und Schleusen nach einer Biegung auftauchen – gerne auch beides, wie später in Vibrac.

Bereits seit 4500 Jahren wird die Charente von Booten befahren, verriet 1979 den erstaunten Archäologen der Fund eines Einbaumes, das Taucher bei einer Furt namens Gué de Beaulieu fanden.

Charente im Hausboot. Bereits Mitte Mai badeten die Ersten im Fluss. Foto: Hilke Maunder
Charente im Hausboot. Bereits Mitte Mai badeten die Ersten im Fluss. Foto: Hilke Maunder

Es ist heute im Museum von Cognac als ältestes Zeugnis der Schifffahrt auf der Charente ausgestellt. Aus der Römerzeit wurden Amphoren im Flussbett gefunden. Im 9. Jahrhundert kamen die Normannen auf dem Fluss ins Land und plünderten die Dörfer.

Treideln? Das war Frauensache!

Bis heute ist die Schifffahrt auf kleine Boote beschränkt. Früher verkehrten hier die garbares, Holzboote in unterschiedlichster Form und Größe mit Treidelbaum in der Mitte.

Hausboottörn Charente. Links geht es zur Schleuse.
Backbord geht’s zur Schleuse. Foto: Hilke Maunder

Getreidelt wurde nur im Umfeld der Dörfer und Städte. War es zunächst die Aufgabe der eigenen Mannschaft, übernahmen ab dem 18. Jahrhundert professionelle Treidler die Knochenarbeit.

Die meisten professionellen Treidler waren Gruppen von Frauen, die ihre Arbeit so sehr aufdrängten, dass 1782 per Gesetz verfügt wurde: Schiffseigner dürfen zwischen Frauen und Ochsen wählen. Im 19. Jahrhundert wurden die Ochsen durch Pferde ersetzt, ab 1860 von Dampfschlepper.

Die ehemaligen Weinlager von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder
Die ehemaligen Weinlager von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder

Der Bau der Eisenbahn im frühen 19. Jahrhundert beendete die Blüte der Flussschifffahrt. 1926 wird der Fluss oberhalb von Angoulême, 1957 der gesamte Fluss für die Schifffahrt stillgelegt, 1970 für die Freizeitschifffahrt freigegeben.

Seitdem sind die Hausboote hier unterwegs – mit maximal acht Kilometer pro Stunde, um die Natur ringsum zu schützen.

Châteauneuf: der Liegeplatz auf der Flussinsel Île de la Fuie
Châteauneuf: der Liegeplatz auf der Flussinsel Île de la Fuie. Foto: Hilke Maunder

Haltes Nautiques für Hausboot-Skipper

Die Flusshäfen haben sich auf die neuen Kunden perfekt eingestellt. Städte und Dörfer haben haltes nautiques angelegt; Hausboot-Liegeplätze mit Strom und Wasser. Beides darf häufig unentgeltlich genutzt werden. Infotafeln und Tipps für Entdeckungen ergänzen das Angebot.

Die Schleuse von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder
Die Schleuse von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder

So auch in Châteauneuf-sur-Charente, wo der Liegeplatz besonders romantisch und gut ausgestattet ist: auf der Île de la Fuie, wo es neben Strom und Wasser (200 l/15 Minuten) auch Picknicktische und eine Rasenfläche zum Spielen und Sonnen gibt.

Die Maison des Quais von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder
Die Maison des Quais von Châteauneuf-sur-Charente. Foto: Hilke Maunder

Bis zum Bau der neuen Burg – dem château neuf – hieß der Ort noch Berdeville. Von der Burg sind heute nur noch Ruinen erhalten. Die Église Saint-Pierre von Guillaume Taillefer aus dem 12. Jahrhundert lohnt indes einen Besuch – sie gilt als schönstes Beispiel der romanischen Kunst der Region.

Nahrung zum Teilen: Hier dürft ihr euch bedienen! Foto: Hilke Maunder
Nahrung zum Teilen: Hier dürft ihr euch bedienen! Foto: Hilke Maunder

Jenseits der Brücke rechts am Ufer entlang kommt ihr zu einem außergewöhnlichen Garten. Nourriture à partager haben Isabelle und Christophe als großes Schild an den Zaun gehängt.

Daneben: ein Straßenbeet voller Gemüse und Kräuter, dazu ein Verschlag mit Dingen, die hineingestellt oder entnommen werden können.

Châteauneuf-sur-Charente: Wir folgten dem Schild auf den Schuppen am Kai. Foto: Hilke Maunder
Châteauneuf-sur-Charente: Wir folgten dem Schild auf den Schuppen am Kai. Foto: Hilke Maunder

Gratiferia nennt sich das Konzept, das aus Argentinien kommend Frankreich erobert hat. Auch große Städte machen mit – in Poitou-Charentes u.a. La Rochelle und Angoulême.

Der Hausboot-Treff von Châteauneuf

La Tonnellerie von Châteauneuf-sur-Charente liegt direkt am Fluss. Foto: Hilke Maunder
La Tonnellerie von Châteauneuf-sur-Charente liegt direkt am Fluss. Foto: Hilke Maunder

Weiter den Uferweg Richtung Schleuse kommt ihr zu La Tonnellerie. Die einstige Küferei, die früher im hinteren Bereich auch als E-Werk fungierte, ist heute ein charmantes Restaurant mit Terrasse am Fluss und einer Handvoll Gästezimmer.

Die Außenterrasse von La Tonnellerie. Foto: Hilke Maunder
Die Außenterrasse von La Tonnellerie. Foto: Hilke Maunder
Apéro mit Weißwein und La Godinette in La Tonnellerie. Foto: Hilke Maunder
Apéro in La Tonnellerie. Foto: Hilke Maunder

Offenlegung

Für den Hausboot-Törn auf der Charente stellte mir Nicols Hausboote das Hausboot kostenlos zur Verfügung. Dem Unternehmen und dem Team des Partner-Unternehmens Inter-Croisières in Sireuil sagte ich dafür merci und herzlichen Dank.

Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.

Besuch von einer Schwanenmutter mit Nachwuchs. Foto: Hilke Maunder
Besuch von einer Schwanenmutter mit Nachwuchs. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Meinen ersten Tag an Bord der MS Malvy habe ich hier vorgestellt. Am dritten Tag erreichten wir Jarnac, die Heimat von Mitterrand – klickt mal hier. Danach ging es flussabwärts bis nach Cognac – und von dort wieder flussaufwärts.

2 Kommentare

  1. Endlich sehe ich mal wieder grün! Meiner Großstadtseele tut das üppige Grün und die Ruhe sehr gut. Das langsame Gleiten über den Fluss und das Gluckern des Motors wirken wie eine komplette Entschleunigung – herrlich! Auf der Fahrt durch das dichte Grün haben wir auch stets nette Begleitung gehabt. Mal sind es Greifvögel, die über uns kreisen, dann Schwäne, die uns ein Stück begleiten, und aus den Bäumen heraus kommt herrliches Vogelgezwitscher. Das sind die ganz besonderen Momente an Bord eines Hausbootes. Bis die nächste Schleuse ruft und Aktion erfordert. Dieser Wechsel zwischen der
    Ent- und Anspannung passen gut zusammen. Wenn der Tag dann noch mit dem leckeren Apéro verabschiedet wird und wir an Bord den Sonnenuntergang genießen, ist das kleine Glück perfekt.

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