Hausboot-Törn Charente: der Schrei
Die Charente im Hausboot: der erste Tag.
Lauthals durchriss er die Stille der Nacht. Ii-aah! Ein Esel, ganz nah. Schlaftrunken suchte ich nach dem Handy: 3.15 Uhr.
Dann war es wieder still, und nur ganz sanft ließ die Charente unsere MS Malvy schaukeln. Malvy ist ein 14 Meter langes Hausboot der Kategorie Estivale Sixto mit drei Kabinen – und für eine Woche lang unser schwimmendes Zuhause.
Nach vielen Jahren Pause sind wir – Claudia, meine Tochter Lara und ich – nach aufregenden wie unerwartet rasch beendeten Törns auf dem Canal du Midi und der Vilaine wieder auf dem Hausboot unterwegs.
Gefunden haben wir es bei Nicols. Ursprünglich ein französischer Bootsbaubetrieb, vermietet das Unternehmen heute auch Hausboote. Neben eigenen Basen gehören auch Partnerunternehmen zum Netzwerk. Eines von ihnen ist Inter-Croisières in Sireuil.
Unser Hausboot heißt Malvy
„Bienvenue!“ Audrey Motta kam aus dem grünen Bootshäuschen heraus. „Voilà Malvy“. So groß?! Der erste Kloß wanderte in den Hals.
In Wirklichkeit sah das Hausboot doch viel größer und eindrucksvoller aus. Für jeden von uns gab es eine Kabine, für den Kapitän sogar ein eigenes Bad mit WC und ein Handwaschbecken, das in eine Dusche verwandelt werden konnte.
Als ich aus Neugier Kopf- und Fußende des breiten Doppelbettes wechselte, sah ich hinter den beiden großen hublot, Bullaugen, den hohen Himmel. Noch drei Fahrräder mit an Bord – und abgelegt.
Ludo, Vater von zwei Jungs und Mitarbeiter von Inter-Croisières, wies uns ins Boot ein. Er zeigte die Feuerlöscher, erklärte, wie Gas, Wassertank und Kühlschrank funktionieren – „Am Kai immer von Batteriebetrieb auf Landstrom umstellen und die Wasserpumpe ausschalten! – und sagte dann: „Leinen los“.
Ohne Führerschein auf den Fluss
Ablegen, auf der Charente eine kleine Proberunde drehen, und dann durch die erste Schleuse. 21 gibt es insgesamt auf dem 381 km langen Fluss, der von Angoulême bis Rochefort auf einer Länge von 147 Kilometern von Hausbooten befahren werden kann.
Sans permis, ohne Führerschein, verrät ein Aufkleber auf jedem Schiff. Hinter Sainte-Savinien ist bereits der Einfluss der Gezeiten zu spüren.
Schleusen ist sportlich auf der Charente. Allesamt werden sie manuell geöffnet und geschlossen. Also: Anlegen. Zwei Mann, pardon , Mädels, öffnen die Tore.
Das Schiff fährt ein; der Kapitän hält das Boot an zwei Leinen. Die Tore werden geschlossen, das Wasser fließt ein – oder wird abgelassen – bis Gleichstand zum Wasserpegel des Zieles herrscht.
Schleusen? Alles per Hand!
Dann werden die Tore an großen, grünen Schwungrädern aufgedreht. Das Schiff fährt hinaus, legt hinter der Schleuse an. Und es wird wieder gekurbelt, bis die Tore geschlossen sind.
Dabei habe ich vom Anleger einen Blick riskiert auf das, was neben der Schleuse lag. Mal war es ein Wehr, dann war der Fluss mit Felsen verblockt. Ganz an der Seite gab es stets Fischtreppen.
Sie nutzen vor allem die Aale, die die Charente hinauf wandern, um ihren Nachwuchs im Fluss zu gebären, ehe sie zur Saragossa-See wandern. Oder am Haken der Angler hängen, die von den Anlegern ihre Rute in die Flute werfen.
Ursprünglich und malerisch
Mitunter tauchen die Angler auch unvermittelt in der Mitte des Flusses hinter einer Biegung oder einigen Bäumen auf, die mit ihrem Grün die Sicht versperren.
Auch Forellen, Karpfen, Hechte und Barsche leben im Fluss, der so sauber ist, dass ihr darin auch baden könnt – direkt vom Boot oder von Badestellen und Sandstränden am Ufer.
Reggae am Anleger
Nach drei Schleusen war es so spät, dass wir dringend einen Anleger brauchten. Ohne Radar darf die Charente nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang befahren werden.
Wir fanden ihn direkt vor dem Pub Gabariers etwas außerhalb von Saint-Simeux. Da es zu spät zum Einkaufen war, beschlossen wir, dort doch gleich zu essen. Am Eingang informierte uns ein Poster: „Freitag Abend: Concert Reggae“.
Bis 23 Uhr musizierte drinnen die Band. In den Kabinen vom Hausboot war sie kaum zu hören. Spiegelglatt war der Fluss. Der Mond schien, die Sterne schienen zum Greifen nah vom Kopfkissen.
Tief und ruhig war die Nacht. Bis der Esel…. iih ahhh! IIIIhhhh …. aaahh…. Am nächsten Morgen besuchten wir das Grautier, das uns geweckt hatte, auf seiner Weide. Zutraulich kam er angezottelt und fras eine Gräser aus unseren Händen.
Offenlegung
Für den Hausboot-Törn auf der Charente stellte mir Nicols Hausboote das Hausboot kostenfrei zur Verfügung. Dem Unternehmen und dem Team seines Partners Inter-Croisières in Sireuil sagte ich dafür merci und herzlichen Dank.
Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
Gefällt Dir der Beitrag? Dann sag merci mit einem virtuellen Trinkgeld.
Denn nervige Banner oder sonstige Werbung sind für mich tabu.
Ich setze auf Follower Power. So, wie Wikipedia das freie Wissen finanziert.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.
Weiterlesen
Im Blog
Tag zwei des Hausboot-Törns auf der Charente findet ihr hier.
3 Mann … äh Frau … auf einem Boot – très cool!
Ich finde, das Boot sieht sensationell groß und komfortabel aus von innen, scheint von außen auf den Fotos aber gar nicht so groß … Das täuscht wahrscheinlich, wenn man damit manövrieren muss. 😉
Die Fotos sehen traumhaft aus – so stellt man sich das romantische Frankreich vor. Da bekommt man gleich Lust (trotz Esel), sich sofort auf’s Wasser zu begeben. Ich wünsche Euch wundervolle Tage!
Das Boot ist 42 Fuß groß, sprich 14 m, und ist damit schon recht groß – aber leichter zu manövrieren als manch ein kleineres Boot. Merci & bises de la France!
Der erste Tag an Bord unseres Hausbootes war sehr spannend und aufregend. Fast so, als wenn man nach einer längerer Pause wieder Ski fährt und prüft, ob die Schwünge und der Schneepflug noch rund laufen. Wir haben uns als Crew wieder zügig eingespielt und besprochen, wie wir die Anlege- und Schleusenmanöver fahren wollen. Jetzt konnte der Törn auf der Malvy beginnen.
Die Aufteilung der Kabinen, die Größe des Salons und die Sonnenterasse sind sehr komfortabel.
Leinen los… und klar zum Ablegen, ruft der Kapitän.
Oh ja, das Boot ist wirklich top – ein wahrhaft schwimmendes Zuhause.