Hausboot-Törn Charente: Cognac
Von Jarnac nach Cognac: Unser vierter Tag beim Hausboot-Törn auf der Charente.
Erst sehen wir die Trikolore am hohen Himmel im Wind flattern, dann taucht am rechten Ufer die loungige Guinguette Le Ponton auf. Dann, hinter der Brücke, kommen sie in den Blick: die herrschaftlichen Häuser, die die Cognac-Händler am Ufer der Charente errichtet haben.
Erst einmal langsam vorbeigleiten, gucken und fotografieren …. was für ein Sightseeing-Törn an Bord unseres Hausbootes! In der Nachmittagssonne leuchten die Fassaden wie flüssiges Gold. Irritiert jedoch bin ich von den vielen schwarzen Streifen.
Wie sie entstanden, erfahren ich an Bord unseres Hausbootes. „Das Brandweingewerbe hat die Stadt derart geprägt, dass die Häuser von dem durch den Alkoholdunst entstehenden Pilz, der liebevoll part des anges (Anteil der Engel) genannt wird, eine schwärzliche Schicht erhalten haben.“ Danke, Bordbuch!
La Parts des Anges nennt sich auch das Event des Jahres in Cognac, dass das Bureau National Interprofessionel du Cognac (BNIC) organisiert. Bei dem karitativen Galadinner werden alljährlich außergewöhnliche Cognacs für einen guten Zweck versteigert.
Für die Auktion stellen die Cognac-Häusernund Winzer der Appellation 22 erlesene Karaffen und Assemblagen, 15 neue Kreationen sowie ein Kunstwerk zur Verfügung. Mehr als 100.000 Euro für wohltätige Organisationen kommen dabei zusammen.
Gesalzene Steuer
Vor der Cognac-Herstellung, die in Cognac erst vor wenigen Jahrhunderten begann, war das Städtchen bereits ab dem 11. Jahrhundert ein wichtiger Salzhafen gewesen.
Als Philipp IV. 1286 die gabelle als Salzsteuer einführte, entwickelte sich ein reger Salz-Schmuggel. Die Salzsteuer zwang jeden Franzosen, der älter als acht Jahre war, wöchentlich eine Minimalmenge an Salz zu einem festgesetzten Preis zu kaufen.
Die Produzenten hingegen durften ihr Salz nicht mehr direkt verkaufen, sondern mussten es an die greniers à sel, die Salzkammern, liefern, die es zu einem höheren Kurs in den Handel brachten. Erst 1790 wurde das Staatsmonopol auf Salz durch ein Dekret der Assemblée Constituante während der Französischen Revolution abgeschafft.
Leichen im Fluss!
Um den Schmuggel zu unterbinden, wurde auch in Cognac im Jahr 1544 ein Salzspeicher gebaut, in dem das Salz zwischengelagert und hoch besteuert wurde.
1548 kam es zur Revolte. 4000 Aufständische erschlugen den königlichen Salzsteuer-Eintreiber und alle seine Mitarbeiter. Ihre Leichen wurden in den Fluss gerufen. „Ihr verdammten Salzsteuereinnehmer, geht die Fische der Charente salzen“, soll das Volk gerufen haben.
Die Spuren des Salzes sind heute kaum noch sichtbar. Umso präsenter ist der Branntwein. Erfunden wurde er, um ein Transportproblem zu lösen.
Denn der Wein, der rund um Cognac angebaut und seit dem 16. Jahrhundert nach Nordeuropa verschifft wurde, litt arg unter der langen Seereise. Nur schlecht konserviert, war der Wein aus Cognac nur genießbar, wenn er destilliert wurde.
Brandy für die Briten
Besonders die Holländer und Engländer importierten den Wein daher immer häufiger als Branntwein – zumal er wegen des geringeren Volumens billiger zu transportieren war.
Dieser brandy wine wurde im Zielland dann mit Wasser gemischt und genossen. Besonders die Briten liebten diesen Mix. Die Winzer in Cognac produzierten immer mehr, lagerten die Überproduktion in Fässern. Und stellten fest, dass das Getränk mit der Zeit immer besser wurde.
Bis heute sind Großbritannien, die USA und andere britisch geprägte Länder der Hauptabsatzmarkt der Cognac-Händler aus Cognac. Auch in China und anderen asiatischen Ländern brummt der Absatz von diesem edlen „Feuerwasser“ In Frankreich indes wird nur ein Mini-Anteil von zwei Prozent der Gesamtmenge verkauft. Die Franzosen genießen lieber den Wein, wie er ist – statt zweifach destilliert.
Die Brandy-begeisterten Briten waren es auch, die vor 300 Jahren in Cognac die großen Cognac-Handelshäuser gründeten. Ältestes Haus ist Martell (1719). James Hennessy gründete 1785 das Cognac-Haus, das heute zur LVMH-Gruppe gehört.
Hennessy, Rémy Martin, Martell, Courvoisier und Camus minieren den Markt. Die fünf Weltmarken erwirtschaften 80 Prozent des globalen Cognac-Umsatzes. Doch es gibt auch kleine Betriebe wie Pierre Ferrand mit rund 30 Mitarbeitern. Und exklusive Winzlinge wie Grosperrin.
Die große Show von Hennessy
Groß und stattlich säumt das Stammhaus über viele hundert Meter die Uferpromenade an der Charente. Wie bei den anderen Großunternehmen Rémy Martin, Camus, Martell und Otard, könnt ihr auch dort in lebendigen, sehr gut konzipierten Ausstellungen mit anschließender Verkostung hinter die Kulissen der Cognac-Herstellung schauen.
Bei Hennessy seid ihr bei einer 90-Minuten-Tour dabei, die mit einer Schifffahrt beginnt. Die chais, die alten Weinlager, liegen am rechten Ufer der Charente. Trotz der Wärme draußen sind die Keller kühl. Und dunkel.
Im ersten Keller erzählt eine Multimediaschau mit kurzen, knackigen Texten und Bildern schlagwortartig die Geschichte des Unternehmens und der Cognac-Herstellung.
Erst seit 1936 hat Cognac eine kontrollierte Herkunftsbezeichnung. Wichtigste Traube ist der weiße Ugni Blanc mit mehr als 90 Prozent der Produktion. Hinzu kommen in sehr geringem Umfang zur aromatischen Abrundung die weißen Trauben der Folle Blanche und des Colombard.
Die Crus von Cognac
Ebenso kreativ werden die sechs Lagen und die Crus von Cognac vorgestellt. Dazu gehören die Champagne-Böden Grande Champagne und Petite Champagne, die Borderies und die drei Wald-Lagen Bons Bois, Fins Bois und Bois à Terroirs.
Genau definiert die AOC in ihren Vorschriften nicht nur die Lagen, sondern auch Auflagen bei der Herstellung von Cognac. Dazu gehören neben der zweifachen Destillation eine Mindestreifezeit von 24 Monaten. Vorschrift ist auch ein Mindestalkoholgehalt von 40 % Vol. zum Zeitpunkt der Auslieferung an den Handel.
Lichtstrahlen verraten, wo während der Destillation die aromatischen Dämpfe entlang wandern und sich abkühlen. „Schnuppert mal, das ist das erste Destillat: ein Lebenswasser, klar und aromatisch“, sagt Alexandre, unser Guide, und führt uns in den zweiten Keller.
Blumensträuße für die Fässer
In engen Reihen sind dort die Cognac-Fässer gestapelt. Einige sind in Schönschrift beschriftet; ein kleiner Strauß liegt obendrauf. „Das ist Brauch bei uns. Solch ein Fass birgt den Cognac, den unser Nachwuchs am Ende der Ausbildung destilliert hat.“ Hier erklärt André die Kunst der Assemblage.
Die Kunst der Assemblage
Sie liegt in der Hand des maître de chai. Ähnlich wie ein Parfümeur komponiert der Kellermeister aus den Destillaten verschiedenen Alters und unterschiedlicher Lagen Cognacs mit einzigartigen Aromen.
Ob sie gelungen ist, testen die Leiter der einzelnen Produktionsschritte bei Hennessy – vom Weinbauern bis zum Kellermeister – tagtäglich, immer um Punkt elf im ersten Stock des schlossartigen Haupthauses. Erst, wenn sie dort einstimmig die Assemblage für gut befunden haben, läuft die Produktion für das Produkt an.
Die Alterskonten von Cognac
Statt Jahrgänge wie beim Wein kennt Cognac sogenannte Alterskonten. Ihre Buchstabenkürzel verraten, wie lange der doppelt destillierte Branntwein gereift ist.
V.S. = Very Special: bei solch einem Cognac ist das jüngste Destillat mindestens zwei Jahre alt .
V.S.O.P.= Very Superior Old Pale: das jüngste Destillat ist mindestens vier Jahre alt
X.O. = Napoléon: Seit 2016 ist ein Mindestalter von zehn Jahren vorgeschrieben. Oftmals werden aber sehr viel ältere Destillate für einen X.O. verwendet.
Gucken, schnuppern, staunen
Letzte Station der Führung ist die Verkostung von vier Cognacs. Die Farbe betrachten, schnuppern, nippen und kosten: zwei Mal warm, zwei Mal on the rocks. Mal jung, mal alt, Mal honig-, mal bernsteinfarben. Interessant und spannend, aber absolut nicht mein Fall.
Auch, wenn ich die Aromen in der Nase sehr verführerisch finde, kann ich sie im Mund nicht spüren. Der ganze Gaumen scheint zu brennen, obgleich es nur ein winziger Probierschluck war. Erst, als ich das „Feuerwasser“ verdünne, schmecke ich Vanille, Holztöne und andere Aromen. Ich bleibe dennoch bei Wein.
So genießen wir abends an Deck unserer Malvy den Aperitif doch lieber einen roten Tropfen auf der kleinen Sitzbank, die sich vorne samt Tischchen am Bug versteckt. Von Land kaum zu sehen, ist es ein echtes Kuschelplätzchen – mit Paradeblick auf die tolle Lampenskulptur, die die Promenade zum Sportschifferhafen begrenzt.
Offenlegung
Für den Hausboot-Törn auf der Charente stellte mir Nicols Hausboote das Hausboot kostenfrei zur Verfügung. Dem Unternehmen und dem Team des Partner-Unternehmens Inter-Croisières in Sireuil sagte ich dafür merci und herzlichen Dank.
Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
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Im Blog
Unseren ersten Tag an Bord der MS Malvy habe ich hier vorgestellt. Wie der Hausboot-Törn am zweiten Tag weiter ging, verrate ich euch hier. Neugierig auf Tag drei bei Mitterrand? Dann klickt hier. Von Charente ging es flussaufwärts nach Bourg-Charente. Lest hier weiter!
Hallo Hilke, ich habe noch einen Tipp, wenn Du mal nicht auf dem Hausboot schläfst! Im letzen Jahr (2018) eröffnete in Cognac das erste Fünfsternehotel. Entstanden ist es in den ehemaligen „chais“ von Monnet, Didier Poignat hatHerrenhaus, Reifekeller und Weinlager saniert, einen ultramodernen Vorbau dazu gesetzt und ein Luxushotel geschaffen, das echt einzigartig ist. Sieh es Dir einmal an! Viele Grüße von einer Reiseleiterin, die schon sehr lange in Frankreich unterwegs ist.
Hallo Anette, das ist ja ein toller Tipp. Ich bin gleich mal auf die Webseite gegangen. Und mich gefreut, dass der Koch, den ich in Cannes im Grand Hôtel kennengelernt hatte, jetzt dort am Herd steht. 2008 gab es da für Sébastien Broda einen Michelinstern. Bin gespannt, wie er jetzt die KÜche des Südwestens in Cognac interpretiert! Merci nochmals! Hilke