Crêpes oder Galettes?
Was wäre die bretonische Küche – ohne Crêpes und Galettes! Besonders mittags werden die dünnen Pfannkuchen in Crêpes-Bäckereien stapelweise für den Hausgebrauch gebacken oder in den zahlreichen Crêperien als preiswertes Mittagsmahl serviert.
Die dünnen Pfannkuchen unterscheiden sich vor allem durch ihren Teig. Galettes sind aus Buchweizen. Je nach Region wird er blé noir oder sarrasin genannt. Zudem ist der Teig gesalzen.
Wird die galette mit Ei, Schinken oder Käse belegt, heißt der herzhaften Teigfladen galette complète. In der Hauptstadt Rennes werden die galettes besonders herzhaft genossen – als robiquettes mit Bratwurst.
Crêpes hingegen werden aus Weizenmehl gebacken und sind süß. Der Klassiker heißt hier beurre-sucré und ist eine crêpe mit bretonischer, leicht gesalzener Butter und Zucker. Bei der berühmten Crêpe Suzette wird ein Orangenlikör hinzugefügt. In allen Regionen der Bretagne gibt es zudem Spezialrezepte und Variationen, die es zu probieren lohnt.
Handwerklich & hausgemacht
Doch gebacken werden beide Pfannkuchenarten stets auf einer randlosen Heizplatte, dem billig. Bereits während der Teigzubereitung wird erauf 200° Celsius erhitzt. Mit einem rosel, einem kleinen, flachen Holzrechen, wird der Teig hauchdünn verteilt. Zum Wenden nehmen die Franzosen den spanell. Dies erfolgt, sobald die crêpe goldbraun und knusprig ist.
Bis heute ist die Liebe der Bretonen zu ihrem Nationalgericht unerschütterlich. Crêperien finden sich in allen Orten zuhauf und sind bis heute ein beliebter Mittagstisch – und abends daher oft geschlossen.
Dafür, dass die Pfannkuchen keine Fabrikware, sondern hausgemacht sind, bürgt das Gütesiegel Crêperies gourmandes. Es wurde zur Jahrtausendwende von der Region Centre ins Leben gerufen und 2006 auf die gesamte Bretagne ausgeweitet.
Symbol der Sonne
Landesweit gibt es sogar einen Feiertag für den französischen Pfannkuchen. Am 2. Februar werden überall im Land zu Mariäa Lichtmess bei der Fête de la Chandeleur Crêpes gebacken und gefuttert.
Am 2. Februar endet im katholischen Kirchenjahr offiziell Weihnachten. Die Pilger begannen wieder ihren Weg nach Santiago de Compostela, die Bauern die Feldarbeit. Als Nahrung nahmen sie kleine Kuchen mit, die Crêpes sehr ähnlich sahen.
Zu Mariä Lichtmess ist schon deutlich zu spüren, dass die Tage wieder länger werden. Und so stehen die Crêpes mit ihrer runden Form und ihrer goldgelben Farbe auch für die Sonne, die den Winter und die Dunkelheit mit ihrem Licht vertreibt.
In den Familien kommt bis heute mindestens einmal pro Woche, meist am religionsbedingten fleischlosen Freitag, die bretonische Antwort auf die Pizza auf den Tisch. Sind einige Pfannkuchen übrig geblieben, werden sie am nächsten Morgen mit Butter und Marmelade zum Frühstück verzehrt.
Fest verankert in der Tradition ist auch der Brauch, dass die Braut am Hochzeitstag eine Crêpe bäckt. Gelingt ihr das schwungvolle Wenden, so die Legende, wird die Ehe glücklich sein.
Süßer Genuss zum Champagner
Als Hauptstadt der Crêpe Dentelle gilt Quimper. 1886 ließ dort Marie-Thérèse Cornic (1857 – 1917), besser bekannt als Madame Katell, auf ihre Teigplatten lange Teigstreifen fließen, die sie nach dem Backen über eine breite Messerklinge rollte.
Ihre hauchdünnen Waffelröllchen wurden begeistert aufgenommen und zum Champagner geknabbert. Schon nach einem Jahr konnte die Pfannkuchenbäckerin die Nachfrage nicht bewältigen.
Den Einstieg in die kommerzielle Produktion brachte die Zusammenarbeit mit der 1897 in Fouesnant gegründeten Bisquiterie Tanguy, die einen großen Gasofen für die Herstellung zur Verfügung stellte. Der enorme Erfolg der in Goldfolie einzeln verpackten Röllchen rief rasch Nachahmer auf den Plan.
Doch nur ein Unternehmen konnte sich als ernsthafter Konkurrent am Markt etablieren: der 1920 gegründete Kekshersteller LOC MARIA mit ihren gavottes.
Beide produzieren heute die Crêpes Dentelles nicht nur pur, sondern experimentieren auch mit neuen Geschmacksrichtungen. Besonders beliebt sind Crêpes Dentelles mit Zitronenaroma oder Schokoladenüberzug.
Heiß geliebter Tausendsassa
Ein Mittelding zwischen dickem Pfannkuchen und süßem Auflauf ist der Far Breton. Die Bretonen nennen ihn auch Farz Four ( = frz. far au four) . Die typischen Zutaten sind Weizenmehl, Eier, Milch, Zucker – und reichlich Butter. Regionale Rezept-Abweichungen und persönliche Vorlieben lassen die Anzahl der Far-Varianten ins Unermessliche steigen.
Traditionell werden zunächst Rosinen oder Backpflaumen in die Backform gegeben, ehe der dünnflüssige Teig bei niedriger Temperatur durch seine recht lange Backzeit seinen typischen Geschmack erhält.
Andere wiederum wählen Äpfel – eine besonders leckere Kombination aus cremigem Teig und säuerlichen Früchten. Auch Gewürze wie Zimt oder Vanille haben inzwischen das einheimische Kuchenrezept um eine exotische Variante bereichert.
Das süße Brot der Norweger
Als Heimat des Butterkuchens kouign amann (bret. kouign = Kuchen, amann = Butter) gilt Douarnenez, das im späten 19. Jahrhundert einen schwunghaften Roggenhandel mit Norwegen betrieb.
In der bretonischen Hafenstadt gab es damals daher auch ein norwegisches Konsulat. Die Schwester des Konsuls, so wird berichtet, war eine ausgezeichnete Köchin. Eines Tages kostete sie das gesüßte Brot, das die norwegischen Seeleute zum Frühstück aßen – und war begeistert.
Sie beauftragte den örtlichen Bäcker Yves René Scordia (1828 – 1878), auch solch ein Brot zu backen. 1860 präsentierte er seinen ersten Kouign Amann. Da es in jenen Jahren wenig Getreide, aber reichlich Sahne und Butter gab, spiegelt seine ungewöhnliche Zusammensetzung jene Zeiten wider: Auf 400 g Mehl kommen 300 g Butter – und 300 g Zucker…
Wichtig für ein gutes Gelingen ist, dass der Hefeteig wie ein Blätterteig verarbeitet wird. Und die Ruhezeit des Teigs von mindestens 100 Minuten strikt eingehalten wird. Sonst entsteht nicht die typische luftige Struktur des Butterkuchens mit drei Faltungen, geprägt von buttrigem Schmelz und karamellisiertem Zucker.
Auch die Meisterbäcker des Butterkuchens haben sich im November 1999 ihre eigene Zunft gebildet, die Association des Artisans Fabricant le Véritable Kouign Amann de Douarnenez.
Bei der Fête des Mouettes Mitte Juli präsentieren sie Einheimischen und Touristen alljährlich ihr Meisterwerk: eine roue de charrette – einen riesigen Kouign Amann mit anderthalb Metern Durchmesser!
Köstlichkeiten aus dem Kloster
Auch die Trappistinnen der bretonischen Abtei La Joie Notre Dame von Campeneac sind überzeugt: Reichlich bretonische Butter gehört ins Gebäck. Hinter den Klostermauern haben sie seit Mitte der 1950er-Jahre eine Keks- und Kuchenmanufaktur aufgebaut, die längst ihre Produkte europaweit exportiert und auch im Internet weltweit anbietet.
Besonders gefragt sind ihr Pain aux 6 epices, ein Honigbrot mit grünem Anis, Sternanis, Zimt, Koriander, Gewürznelken und Muskatnuss, das in der Bretagne das ganze Jahr hindurch zum Beispiel zum Foie Gras genossen wird.
Goldgelb und locker ist der Gâteau Breton, den Rum verfeinert. Vor dem Backen verzieren die Nonnen mit einer Gabel seine Oberfläche mit einem Geflecht aus Wellenlinien. So erhält der ›Bretonische Kuchen‹ sein charakteristisches Aussehen.
Crêpes erleben
Im Mai und Juni organisiert das Office de Tourisme von Rennes alljährlich einen Galette-Wettbewerb, an dem alle Crêperien der Stadt und der Umgebung teilnehmen können. Von der Jury bewertet wird ein komplettes Pfannkuchen-Menü. Auf die Galette mit Butter als Vorspeise folgt eine herzhaft gefüllte Galette als Hauptgang, ehe eine süße Crêpe als Nachtisch serviert wird. Nutzt die Gelegenheit, die ganze bretonische Pfannkuchen-Vielfalt zu kosten!
Oder kommt zur Fête de la Crêpe nach Gourin westlich von Rennes. Alljährlich Ende Juli treffen sich hier auf Schloss Tronjoly 150 Pfannkuchenbäcker zum Wettbewerb der größten Crêpe der Welt. Der Rekord: 98 cm Durchmesser!
Für Unterhaltung sorgen bretonischen Bagadou-Bands, Tanz und Sport. Und könnt ihr dort auch lernen, wie die hauchdünnen Pfannkuchen perfekt gelingen. Auch in Beuzec am Cap Sizun lässt sich dies bei kurzweiligen Crêpes-Kursen lernen. In Saint-Malo gibt es mit dem Atelier de la Crêpe sogar eine richtige Crêpes-Schule.
Am letzten Sonntag im September sorgt die Fête de la Galette für ausgelassene Stimmung in Pipriac, der Heimat der Confrérie de la Galette-Zunft. Auf dem Programm stehen Verkostungen und Wettbewerbe, Ausstellungen, Konzerte und unterhaltsame Shows rund um den Eierkuchen aus Buchweizen.
Für Freunde backen
Verwöhnt doch eure Freunde doch einmal bei ihrem nächsten Besuch mit leckeren Backspezialitäten aus der Bretagne. Die Zubereitung ist kinderleicht – unverzichtbar bei allen Rezepten ist nur die leicht gesalzene Butter!
Crêpes
250 g Weizenmehl in einer Schüssel aufhäufen und eine Vertiefung bilden, in welche zwei Eier, ein Esslöffel Öl, eine Prise Salz und ein bisschen Milch gegeben werden. Diese Zutaten mit einem Holzlöffel vermischen und nach und nach die 250 ml Milch hinzufügen, bis der Teig gleichmäßig verrührt ist.
Ein Päcken Vanillezucker einstreuen und den Teig eine Stunde ruhen lassen. Zum Backen die Pfanne mit Butter oder Schmalz einfetten, den Teig dünn ausbacken und nach Belieben belegen. Dazu schmeckt kühler Cidre.
Far Breton
250 g Mehl, 125 g Zucker, 2 Päckchen Vanillezucker, ein halbes Päckchen Backpulver, 1 Prise Salz und 1 l Milch in einer Schüssel vermengen, vier Eier untergeben und gut verrühren.
Eine dichte (!), feuerfeste Form gut buttern und bemehlen, 250 g Backpflaumen oder Rosinen darin verteilen, mit dem flüssigen Teig begießen und 45 – 60 Minuten bei 200° C im vorgeheizten Backofen backen. Noch warm genießen!
Kouign Amann
20 g Hefe in 100 ml lauwarmen Wasser auflösen, 200 g Zucker dazugeben und gut vermischen. 500 g Weizenmehl in eine Schüssel sieben, die Hefe-Zucker-Mischung in die Mitte geben, alles per Hand gut vermengen und eine Teigkugel formen, die zugedeckt 20 Minuten ruhen muss.
Danach den Teig 1 cm dick ausrollen, 300 g weiche, gesalzene Butter darauf verteilen und mit 150 g Zucker bestreuen. Die Teigränder so in die Mitte klappen, bis sie sich berühren und ein Rechteck bilden.
Den Teig nun dreimal in sich selbst falten und weitere 20 Minuten ruhen lassen, danach erneut mit 50 g Zucker bestreuen. Den Teig nochmals als Rechteck ausrollen, wieder mit 50 g Zucker bestreuen, erneut dreimal in sich selbst falten und wieder 20 Minuten ruhen lassen. Das Falten, mit Zucker bestreuen und ruhen lassen noch zwei Mal wiederholen.
Den Ofen vorheizen. Eine runde, flache Kuchenform mit Butter einfetten, den Teig mit Eigelb bestreichen und 30 Minuten bei 200 °C backen. Aus der Form nehmen und vor dem Servieren auskühlen lassen. Bon Appétit !
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Zu Crêpes wird traditionell Cidre getrunken. Hier stelle ich den Zaubertrank der Bretonen vor.