La Chandeleur: Der Tag der Crêpes
40 Tage nach Weihnachten ist es so weit: Ganz Frankreich isst Crêpes. Denn der 2. Februar ist ein christlicher Feiertag. La Chandeleur nennen ihn die Franzosen. Mariä Lichtmess heißt dieser Tag bei den Christen im deutschsprachigen Raum.
Au revoir, Noël
Mariä Lichtmess markiert den Tag, an dem die Tannenbäume aus den Kirchen geräumt und die Krippenfiguren verpackt werden. Es ist das letzte Fest in der Weihnachtszeit.
Das Datum berechnet sich vom 25. Dezember her. Zählt man vom 1. Weihnachtstag 40 Tage weiter, kommt man zum 2. Februar. 40 Tage sind ein traditionelles Zeitmaß im christlich-jüdischen Kalender und finden sich beispielsweise auch in den 40 Tagen der Fastenzeit wieder.
In Deutschland ist er den Katholiken als Mariä Lichtmess bekannt. Und doch auch bei uns seit der Liturgie-Reform 1970 aus dem Alltag schon fast verschwunden. Denn seitdem endet die Weihnachtszeit für die meisten schon am Sonntag nach dem Dreikönigstag am 6. Januar – und dem beliebten Ritual der Galette des Rois.
Vom katholischen Fest zum landesweiten Brauch
In Frankreich indes wird la Chandeleur als eines der ältesten Feste der Christen von den Katholiken noch mit Inbrunst zelebriert. Spaß daran haben längst auch andere, nicht-katholische Franzosen. Zumal Supermarktketten daraus eine kommerzielle Werbeaktion gemacht haben.
Bis zur Decke stapeln sich im Carrefour unseres Ministädtchens die Crêpes-Pfannen. An der Kasse liegen Berge an Zetteln mit Werbung für die Zutaten, die Pfannen und billig-Platten, rozell (Teigverteiler) und spanel (Crêpes-Spatel) und das perfekte Crêpes-Rezept für la Chandeleur aus.
Das Kerzen-Fest
Seit dem 5. Jahrhundert wurde la Chandeleur in Jerusalem gefeiert. 650 n. Chr. machte es Rom sogar zum offiziellen Feiertag. Spätestens dann ist es Zeit, die Krippe fortzuräumen – und den Tannenbaum zu entsorgen.
Mit der Einführung von la Chandeleur wird oft Papst Gelasius I. (492-496) in Verbindung gebracht. Allerdings ist diese Zuschreibung umstritten. Einige Quellen geben an, dass er versuchte, die heidnischen Lupercalien durch eine christliche Feier zu ersetzen. Andere Quellen weisen darauf hin, dass die Feier der Darstellung Jesu im Tempel bereits im 4. Jahrhundert in Jerusalem belegt ist.
Woher der Name kommt, ist heute nicht mehr genau festzustellen. Einige sagen, der Name habe seinen Ursprung in dem Wort chandelle, was „Kerze“ bedeutet. Andere führen die Etymologie von La chandeleur auf das lateinische festa candelarum, das Fest der Kerzen, zurück. Wie auch immer, Kerzen – und damit das Symobl des Lichts – sind bei la Chandeleur stets mit im Spiel und sorgen für das gemütliche Ambiente beim Genießen der Crêpes!
Chandeleur und Chandelours
Vom 12. bis zum 18. Jahrhundert wurde das Fest von la Chandeleur in vielen Regionen, einschließlich der Alpen, Pyrenäen und Ardennen, gerne als Chandelours“ bezeichnet. Einige Forscher sehen in Chandelours eine Verbindung zum Bärenkult. Diese These ist aber aber umstritten und als „Bärenhypothese“ bekannt.
Eng verbunden mit la Chandeleur sind zahlreiche Bräuche und Bauernregeln, die bis heute gerne an diesem Tag zitiert werden. Seit mehr als 1000 Jahren werden am 2. Februar in Frankreich die Kerzen gesegnet, die die Familien und Kirchen für das neue Kirchenjahr benötigen.
Wachsmärkte, Lichtermessen und Kerzenprozessionen kamen im 11. Jahrhundert auf. Meist waren es die Kinder, die mit den Kerzen durch die Gassen zogen. Und danach, zur Feier des Tages, süße Crêpes futtern durften. Ihre runde, goldene Form soll die Sonne und die Rückkehr des Lichts nach dem Winter symbolisieren.
Bauernregeln und Bräuche
Zu Lichtmess erhielten einst die Dienstboten ihren Jahreslohn. Und hatten bis Agatha (5.2.) drei Tage frei. Auf den Feldern war die Winterpause beendet. Nicht wenige Wetterregeln sind daher mit dem Tag verknüpft.
Neige et vent à la Chandeleur, printemps proche
Wenn es an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.A la Chandeleur, l’hiver se meurt ou prend vigueur.
An Mariä Lichtmess verabschiedet sich der Winter – oder gewinnt an KraftQuand pour la Chandeleur le soleil est brillant, il fait plus froid après qu’avant
Wenn zu Lichtmess die Sonne scheint, ist es danach kälter als zuvor.
Einen Bogen zum Martinstag im November schlägt diese alte Bauernregel
Martin allume la lumière; Marie l’éteint à nouveau
Martin zündet das Licht an; Maria bläst es wieder aus.
La Chandeleur: das perfekte Crêpes-Rezept
Crêpes sind so kreisrund wie die Sonne. Das macht sie in Frankreich zum Licht und geliebten Symbol für das Ende der dunklen Winterzeit.
Zutaten (ca. 20 dünne crêpes)
- 250 g Mehl
- 500 ml Milch
- 100 ml Wasser
- 2 Eier
- 1 TL Speiseöl
- 1 TL grobes Salz
- 1 Vanilleschote (altern. 1 TL Vanillezucker)
- wer mag: 1 TL Kristallzucker
Zubereitung
- Alle Zutaten zu einem glatten Teig vermengen.
- Den Teig mindestens eine Stunde lang ruhen lassen, am besten im Kühlschrank.
- Den billig bzw. die Crêpes-Pfanne erhitzen und mit Öl auspinseln. Eine kleine Kelle Teig hineingeben und mit dem rateau oder rouable bzw. Pfannenwender sofort dünn ausstreichen.
- Abbacken, bis die crêpe goldbraun ist. Dann mit der spatule bzw. dem Pfannenwender vorsichtig vom Untergrund lösen und wenden. Die zweite Seite goldbraun backen.
- Mit Butter und Zucker, Zucker und Zitronensaft, Nutella, Karamell, Salzbutter oder gerne auch mit Cointreau, Grand Marnier (crêpes Suzette), Rum oder Armagnac genießen. Bon appétit !
Keine Geldsorgen und viel Glück
Beim Wenden und Werfen der Crêpes muss man eine Goldmünze in der Hand halten. Dann geht das Geld das ganze Jahr hindurch nicht aus, heißt es in Frankreich. Bonne chance !
Sind euch die Crêpes gelungen, habt ihr vielleicht sogar das ganze Jahr hindurch Glück. Denn auch das verspricht der Volksmund:
Celui qui retourne sa crêpe avec adresse, qui ne la laisse pas tomber à terre ou qui ne la rattrape pas sous la forme navrante de quelque linge frippé, celui-là aura du bonheur jusqu’à la Chandeleur prochaine
Wer seinen Pfannkuchen geschickt umdreht, wer ihn nicht auf den Boden fallen lässt oder ihn nicht in Form von zerknülltem Leinen auffängt, der wird bis zur nächsten Lichtmess glücklich sein.
In anderen Regionen sagt man, dass ein Mädchen heiraten wird, wenn es sechs Crêpes hintereinander perfekt wenden kann …
Der gesegnete Keks von La Chandeleur
Keine Crêpes, sondern Navettes, Schiffchen, werden in Marseille traditionell zur Mariä Lichtmess bei der Fête de la Chandeleur alljährlich am 2. Februar gesegnet und genossen .
Die schwarze Madonna
Früher durfte das längliche Gebäck mit dem feinen Orangenblütenaroma, das ursprünglich aus dem Maghreb stammt, nur zur kirchlichen Feier am 2. Februar gebacken werden. Einer frommen Legende zufolge soll ihre Form an die kleine Barke erinnern, mit dem der Heilige Lazarus und seine Schwestern Marthe und Madeleine einst in der Hafenstadt gelandet sind.
Wenn noch die Dunkelheit die Straßen umhüllt, wird frühmorgens die Schwarze Madonna von Saint-Victor durch die Straßen getragen. Mit einer brennenden, grünen Kerze in der Hand folgt das Volk der Heiligen. Gemeinsam mit dem Klerus steigt es gegen fünf Uhr früh vom Quai des Belges hinauf zur Abtei, wo der Erzbischof von Marseille die noch warmen, ofenfrischen Schiffchen segnet.
Die Hüter des Traditionsgebäcks
Das Geheimnis ihrer Herstellung wird seit 1781 streng von wenigen Bäckereien gehütet: der Four des Navettes nahe der Abtei Saint-Victor, die sich rühmt, die älteste Bäckerei der Stadt zu sein, und der Bäckerei Les Navettes des Accoules im Quartier Le Panier der Familie Orsoni, für mich die beste der Bäckereien.
Neben den navettes ruhen in Körbchen auch andere typische provenzalische Kekse, mal saftig wie die macarons aus Mandeln, Ei und ohne Mehl, oder hart und knusprig wie die croquants, canistrelli und cucciole, die in den Kaffee oder Tee gestippt werden.
Zu den Fans des Traditionsgebäcks von Marseille gehörte auch ein Karikaturist von Charlie Hebdo, der der Bäckerei Les Navettes des Accoules eine Originalzeichnung widmete: Charb.
Die Navettes von Marseille: das Rezept
Zutaten
- 500 g Mehl
- 200 g Zucker
- 2 Eier
- 80 ml Olivenöl
- 1 Päckchen Vanillezucker
- 1 Biozitrone (Schale)
- 3 El Eau de Fleur d’Oranger
- 1 Prise Salz
- evtl. Milch zum Bepinseln
Zubereitung
• Mehl, Salz, Zucker, Vanillezucker und Salz in eine Schüssel geben.
• In einer zweiten Schüssel Eier und Olivenöl verquirlen.
• Die Schale einer abgewaschenen Biozitrone fein darüber reiben.
• Den Eier-Öl-Mix mit dem Mehl klumpenfrei vermengen. Der Teig sollte glatt und geschmeidig, aber noch fest sein.
• Mindestens fünf Minuten lang kräftig kneten, danach ruhen lassen, mindestens 15 Minuten.
• Dann den Ofen auf 180° Celsius vorheizen.
• Den Teig zu 1,5 Zentimeter dicken Rollen formen, diese in vier Zentimeter lange Stücke schneiden.
• Die Enden mit Zeigefinger und Daumen zusammendrücken und mittig mit dem Messer einschneiden. Jetzt müssten eure Kekse die traditionelle schmale Schiffchenform haben!
• Im Ofen auf mittlerer Schiene bei 180 °Celsius backen, bis sie goldbraun sind.
Ich liebe sie noch lauwarm. Korrekt indes futtert man sie kalt, wenn sie erhärtet sind, und tunkt sie in Tee, Kaffee oder Wein. Nimmt man statt Öl Butter, werden sie weicher. Mir gefällt die tradierte Zubereitung besser.
Lecker ist es auch, den Grundteig mit gemahlenen Mandeln, Anis oder anderen Aromen zu verändern. Probiert es einfach mal aus!
Hier gibt es die echten Navettes
Le Four des Navettes
• 136, rue Sainte, 13007 Marseille, Tel. 04 91 33 32 12, www.fourdesnavettes.com
Les Navettes des Accoules
2021 hat Marie-Julie Orsoni den Betrieb ihres Vaters José gemeinsam mit ihrem Mann übernommen. Sie hält die Tradition der Bäckerei im Panier fest und bäckt neben den navettes dort auch knusprige Kekse nach den Rezepten ihrer korsischen Großmutter.
• 68, rue Caisserie, 13002 Marseille, Tel. 04 91 90 99 42, www.les-navettes-des-accoules.com
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Crêpes oder Galettes?
Wann ist eine Crêpe auch wirklich eine Crêpe? Und wann eine Galette? Das erfahrt ihr hier.
Noch mehr tollen Pfannkuchen-Rezepte aus Frankreich gibt es in diesem Beitrag.
Hier für alle, die es noch nicht auf FB entdeckt haben: die Bedeutung des Tages in Deutschland! https://www.facebook.com/groups/2210192369076817/posts/7137071556388849/?__cft__%5B0%5D=AZXuOEPxxZLrhb-YlNuHc-eXPk2nXHJAlfll-H6WYjSVHHQ4UZKH2KG3YNcUrQZk_qO0JqyD4syF2sX-6BNymxMZziRHSt1sAToLy_L6ZOFf8KpsKh8y-Huhgsi1BrMw9bvHWcQ2CfID8N5PvDIfOvE4&__tn__=R%5D-R
Danke, lieber Benedikt!
Sehr schöner Artikel! Als Bretagne-Fans essen wir aber beides, Crêpes und Galettes…und das nicht nur am 2. Februar! 🙂
stimmt, lieber Günter!
Hallo Günter
Ich esse auch gerne crêpes nicht nur am 2. November
. Sie schmecken einfach zu gut!!!!
Liebe Frau Maunder,
toll – dank dieses interesannten Beitrags habe ich heute das perfekte Dessert für mein Mittags-Menue. Der Teig für meine Crêpes Suzette ruht schon im Kühlschrank. Somit wird der 2.Februar heute auch für mich zum Feiertag. Vielen Dank !
Liebe Grüße
Elisabeth
Liebe Frau Kretschmar, oh, das freut mich. Crêpes Suzette… köstlich! Bon appétit! Viele Grüße, Hilke
Liebe Hilke, danke für den neuen Beitrag. Crepes kenne ich und unsere Enkelin backt immer crepes sucre mit meiner Frau. Heute ist natürlich nach deinem Bericht auch bei uns La chandeleur. Ich war vor einer Woche in Paris und habe die Stadt aus einer Penthousewohnung genossen,
Oh, das freut mich, lieber Thomas! Bon appétit!
Liebe Hilke, ich genieße Deine Berichte im wahresten Sinn dieses Wortes. Es kommt bei mir immer mehr Vorfreude auf, zu unserer Reise im kommenden Herbst, entlang der Rhone.
Viele herzliche Grüße Brigitte
Liebe Brigitte, ich freue mich auch schon riesig auf unsere Radtour entlang der Rhône auf der ViaRhôna! Herzliche Grüße! Hilke