Étang de Cousseau: Naturjuwel im Dünenland
Der Étang de Cousseau hat an der französischen Silberküste bei Lacanau eine Urlandschaft mit Dünen und Wald, See und Sumpf bewahrt. Bereits seine Entstehung ist faszinierend.
Es geschah in den Jahren 500 bis 1000 nach Christus: An der Küste des Départements Landes entstanden Dünen – und versperrten nun den Abfluss des Wassers aus jener Tiefebene, die sechs Monate im Jahr lang überschwemmt war. Ein Sumpfgebiet mit Seen zwischen Hourtin und dem Bassin d’Arcachon entstand.
Um den Sandflug an der Atlantikküste zu stoppen, ließ Napoléon III im 19. Jahrhundert im großen Stil Strandkiefern pflanzen. Sie stoppten nicht nur den Sandflug, sondern trugen auch zur Trockenlegung des Hinterlandes bei. Einzig der Étang de Cousseau ist bis heute noch völlig ursprünglich erhalten.
Zu Fuß zu den „barkanes“
Im Sommer zirpen die Zikaden in den Wäldern, und die Luft ist erfüllt vom würzigen Duft der Kiefern. Von den ältesten Dünen führt ein gemeinsamer Fuß- und Radweg hin zu den barkanes, jenen zweiten, niedrigeren Dünen, die sich wie Halbmonde an die ältesten Dünen schmiegen. Ihre Spitzen sind nach Osten ausgerichtet.
Rehe, Wildschweine und Füchse leben hier. Tagsüber sind sie kaum zu sehen. Doch Fährten, Aufgewühltes und andere Spuren verraten, wie aktiv sie nachts sind.
Der Chemin du Mont
Der autofreie Weg folgt dem alten Chemin du Mont von Moutchic nach Maubuisson. Mont, Berg, nannten die Gascognais ihre Altdünenmassive. Auf Ochsenkarren transportierten sie einst das Holz aus dem Wald, aber auch Harz und Holzkohle.
Dort, wo ein Zaun das innere Schutzgebiet markiert und sämtliche Räder abgestellt werden müssen, weichen die Kiefern uralten Bäumen mit dicken Stämmen und einem Dickicht im Unterholz. Grüneichen und Stieleichen, Stechpalmen und Birnbäume säumen den Weg.
Echte Wildnis

Lianen baumeln zwischen den Ästen. Brombeeren erobern stachelig den Boden. Welch kleiner, wilder Urwald! Dann tauchen wuchtige Beine im Grün auf, und Stufen führen hinauf zu den beiden Aussichtstürmen: der Tour de Galip und der Tour de Lesperon.
Aus rund 20 Metern Höhe zeigen sie die ganze Vielfalt des Étang de Cousseau, der seit 1976 als réserve naturel national unter Naturschutz steht. Auf 830 Hektar birgt zwischen dem Étang de Lacanau und dem Étang de Hourtin-Carcans birgt er die typischen Landschaften der Gascogne. Auf alte Dünen folgen hier die barins, wie die feuchte Zone zwischen den Dünen, die für Altdünen typisch ist, in der Sprache des Gascon heißt, Teiche und Sümpfe. Mit der Renaturierung des Marais de Talaris entstanden wieder mehr als 200 Hektar Sumpfland mit Birken, Krötenbinse und Sonnentau.
Der Étang de Cousseau selbst, ein Süßwassersee von etwa 50 Hektar, bildet das Herzstück dieses geschützten Areals. Um ihn herum erstrecken sich ausgedehnte Röhrichte und die von Marisque dominierte Talaris-Moorlandschaft, ein Labyrinth aus Wasser und Vegetation, das von Weiden, Birken und dem einzigartigen Molinia-Heideland durchzogen wird. Diese vielfältigen Lebensräume schaffen ein Refugium für eine außergewöhnliche Artenvielfalt.
Refugium für Flora und Fauna
Das nationale Natur-Reservat verwaltet der SEPANSO Aquitaine, ein regionaler Verband von Natur- und Umweltschutzorganisationen. Rehe, Hirsche, Wildschweine, Dachse und Hasen leben hier. 39 Libellenarten schwirren umher.
Weiß wie die Wolken am Himmel ist das Unterfell des Schlangenadlers (Circaète Jean-le-Blanc / circaetus gallicus), und kaum sichtbar dunkel gepunktet. Auch diese Adlerart brütet wieder im Schutzgebiet.
Sein Star jedoch ist der Europäische Fischotter. Hier hat er wieder Ruhe und Nahrung gefunden, die er für die Aufzucht seiner Jungen benötigt.
Hotspot für Birding
Purpurreiher, Löffler, Schwarzmilane oder seltene Entenarten lassen sich hier hautnah beobachten. Besonders während der Frühlings- und Herbstmigration der Zugvögel ist der Étang de Couesseau ein Hotspot für Ornithologen.
Einer der prominentesten Wintergäste ist die Graukranich (Grus grus). Jedes Jahr strömen Tausende dieser majestätischen Vögel hierher, um die kalten Monate zu verbringen. Qaren es 1990 nur 50 Tiere, 2006 bereits 465 Vögel, waren es im Januar 2023 mehr als 12.500 gezählten Individuen. Damit zählt der Étang de Cousseau zu den vier wichtigsten Überwinterungsgebieten für Kraniche in Frankreich.
Nachts schlafen die Vögel im Schutz des Sumpfs, tagsüber fliegen sie zu den Maisfeldern ringsum, ihrer Hauptfutterquelle. Ende Februar erheben die Zugvögel ihre 2,30 Meter großen Schwingen und machen sich auf den Weg in den Norden, wo sie den Sommer verbringen.
Die Kühe des Sumpfs
Auf den sumpfigen Weiden grasen die vaches marines landaises. Jahrhundertelang lebten kleine, wilde Kühe frei an der Küste des Département Landes. Als lokale Rasse mit sehr altem Ursprung wandern sie je nach Jahreszeit frei zwischen den landeinwärts gelegenen Feuchtgebieten und der Dünenkette.
Im Jahr 1990 wurde die Rasse wieder in das Naturschutzgebiet eingeführt, wo sie seitdem gezielt gezüchtet wird. Um die Bioinvasion artfremder Flora zu bremsen, haben die Naturschützer die Kühe zu Verbündeten bei der Wiederherstellung des Sumpfes gemacht.
Im Sommer wandern die Rinder durch das Moor und grasen die jungen Triebe von Birken, Pfeifengras und Knaulgras ab. Im Winter weiden sie in den barins.
Im Spiegel der Jahreszeiten
Faszinierend wie die Fauna ist auch die Flora des Étang de Cousseau. Im Frühling überzieht ein gelbes Leuchten der Sumpfschwertlilien (Iris pseudacorus) die Uferzonen, begleitet vom Lila des Blutweiderichs und dem ersten Aufblühen der Orchideen wie der Spinnen-Ragwurz. Frühsommer ist die Zeit der Röhrichte: Schilfrohr, Rohrkolben und Sumpf-Calla dominieren nun das Bild, während Seerosen (Nymphaea alba, Nuphar lutea) auf der Wasseroberfläche treiben.
Im Hochsommer entfalten sich auf nährstoffarmen Böden des Étang de Cousseau Pfeifengras, Königsfarn, Sumpfmyrte und seltene Arten wie der Teufelsabbiss – wichtige Indikatoren ökologisch wertvoller Feuchtwiesen. Der Herbst bringt goldene Farbtöne, reife Samenstände und ein allmähliches Verblassen des sommerlichen Blütenreichtums. Selbst im Winter bleibt der Étang de Cousseau reizvoll: Dann zeichnen sich die Strukturen des Röhrichts scharf gegen den Himmel ab, und im Wind raschelt das trockene Pfeifengras – ein Rückzugsort für Vögel und Amphibien im Winterschlaf.
Der Étang de Cousseau ist nicht nur ein Rückzugsort für Wasservögel und seltene Amphibien, sondern auch ein bedeutendes Refugium für Orchideen. In den Feuchtwiesen und Mooren der Reserve gedeihen zahlreiche Arten, darunter die Langblättrige Waldhyazinthe, der Einschwieliger Zungenstendel (Serapias lingua) und andere Zungenstendel sowie die auffällige Pyramiden-Orchidee (Anacamptis pyramidalis).
Die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) bevorzugt magere, sonnige Standorte wie trockene Wiesen, lichte Waldränder, Dünen oder Böschungen auf kalkhaltigen, oft sandigen Böden. Am Übergang von Feuchtwiesen zu trockeneren Heiden und an lichten Waldrändern könnt ihr den Spinnen-Ragwurz (Ophrys arachnitiformis) finden. Diese botanische Vielfalt ist ein Gradmesser für die naturnahe Entwicklung des Gebiets und verleiht dem Schutzgebiet eine besondere Bedeutung im regionalen und nationalen Artenschutz.
Unterwegs am Étang de Cousseau: Beim Wandern und Schauen von den Aussichtstürmen lässt sich erahnen, wie es einst überall im Hinterland der gascognischen Küste ausgesehen hat.
Étang de Cousseau: meine Reise-Infos
Hinkommen
Von Lacanau aus die D6E1 in Richtung Carcans-Maubuisson nehmen; kostenfreier Parkplatz an der rechten Seite.
Wandern (Rad)
Vom Parkplatz an der Départementsstraße führt ein geteilter Wander-/Radweg bis zum Zaun, der das innere Schutzgebiet des Étang de Couesseau umgibt. Insgesamt ist der Rundweg 7,.5 Kilometer lang. 2,5 Kilometer sind es vom Partkplatz bis zum innersten Schutzgebiet. Die leichte Wanderung, die ganzjährige möglich ist, dauert rund 2,5 Stunden.
Geführte Wanderungen und ornithologische Exkursionen , oft auch für Familien und Schulklassen, organisiert regelmäßig die SEPANSO.
Schlemmen und genießen
Fast wie daheim im gemütlichen Wohnzimmer schlemmt ihr in Le Chat sur le Toit in Lacanau köstliche Bistronomie, die nicht nur mit dem kulinarischen Erbe des Südwestens, sondern auch mit Einflüssen aus Fernost flirtet.
• 3, rue des frères Estrade, 33680 Lacanau-Océan, Tel. mobil 06 14 74 59 43, www.facebook.com/lechatsurletoit
Hier könnt ihr schlafen*
Gefällt Dir der Beitrag? Dann sag merci mit einem virtuellen Trinkgeld.
Denn nervige Banner oder sonstige Werbung sind für mich tabu.
Ich setze auf Follower Power. So, wie Wikipedia das freie Wissen finanziert.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.
Weiterlesen
Im Blog
Alle Beiträge aus dem Département Gironde sind in dieser Kategorie vereint. Noch mehr Tipps für die Vogelbeobachtung in Frankreich bietet dieser Beitrag.
Im Buch
Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Places Frankreich*
Eiffelturm, Lavendelfelder und die Schlösser der Loire sind weltbekannte Ziele in Frankreich. 60 wunderschöne Orte abseits des Trubels stellen Klaus Simon und ich in unserem dritten Gemeinschaftswerk vor.
Die Schluchten von Galamus, die Gärten von Marqueyssac, Saint-Guilhelm-le-Désert. Mers-les-Bains, den Bugey oder die Île d’Yeu: Entdeckt unsere lieux insolites voller Frankreich-Flair! Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
* Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !








