Der Blick von der Ruine der Grimaldi-Burg auf Ferrette. Foto: Hilke Maunder
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Ferrette: das Sundgau-Dorf der Monegassen

Zwischen den bewaldeten Hügeln des Sundgaus versteckt es sich: Ferrette. Gerade mal 820 Einwohner leben dort im Département Haut-Rhin. Die meisten haben ihn schon öfters gesehen: Fürst Albert II. von Monaco. Alle paar Jahre fliegt er mit seinem Helikopter ein und besucht das Städtchen.

Nicht als Urlauber, sondern in offizieller Mission. Denn Son Altesse Sérénissime le Prince Albert II trägt unter anderem auch den Titel eines Grafen von Ferrette.

Seit drei Jahrhunderten verbunden

Das Rathaus von Ferrette und ein Schuppen aus deutschen Zeiten. Foto: Hilke Maunder
Das Rathaus von Ferrette und ein Schuppen aus deutschen Zeiten. Foto: Hilke Maunder

Die untrennbare Verbindung zwischen Ferrette und Monaco begann 1777, als Prinz Honoré IV. von Monaco Louise d’Aumont, die Erbin von Mazarin und Besitzerin des Landgutes Ferrette, heiratete.

Zuletzt empfing Bürgermeisterin Corinne Raubault das Staatsoberhaupt von Monaco am 21. Oktober 2021. Damals weiht der Staatschef von Monaco im Erdgeschoss des Rathauses den Museumsbereich Re-Naissance ein, den er mitfinanziert hat.

Eine Tafen erinnert an die Einweihung durch den monegassischen Fürsten. Foto: Hilke Maunder
Eine Tafen erinnert an die Einweihung durch den monegassischen Fürsten. Foto: Hilke Maunder

Seine Reise führte ihn weiter nach Feldbach, einer Nachbargemeinde von Ferrette, wo er die romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert besichtigte, deren Restaurierungsarbeiten er mit 5.000 Euro mitfinanziert.

Die Grafen von Ferrette

Über Ferrette erhebt sich eine eindrucksvolle Höhenburg. Die Burg Hohenpfirt gehört zu den ältesten Burgen des Elsass und wurde im Jahr 1100 erstmals erwähnt.

Auf der Wehrburg in der kleinen Klamm wohnte damals Friedrich I., Sohn des Grafen von Montbéliard und Nachfahre Karls des Großen, der hier eine mächtige Dynastie gründet.

Die Grafen von Ferrette herrschen bis Anfang des 14. Jahrhunderts unangefochten über den Sundgau. Sie regierten eine der mächtigsten seigneuries Frankreichs, die fast ein souveräner Staat war.

Unter Habsburger Herrschaft

Sieben Grafen folgten einander bis zum Jahr 1324. Da es damals keinen männlichen Nachfolger gab, Jeanne de Ferrette, die Tochter des letzten Grafen, die Ehe mit dem Habsburger Herzog Albert II. ein. Ferrette wurde österreichisch. Daran erinnert bis heute das Wappen am Rathaus. Die Burg wurde daraufhin die Residenz eines von den Habsburgern eingesetzten Vogts.

Der Basler Angriff

Am 13. August 1445 wurde Ferrette von den Basler Truppen angegriffen. Die Stadt und die Burg leisteten Widerstand – drei Tage lang. Währenddessen brannten die Angreifer aus Basel nieder, was sich außerhalb der Stadtmauern befand.

Sie zerstörten das Dorf Vieux-Ferrette und die Höhenburg, die 1446 wieder aufgebaut, 1488 erheblich verändert und 1552-53 von den Fuggern umgebaut wurde. Zwischen 15171 und 1615 passten die Erzherzögen von Österreich sie nach und nach dem Einsatz von Feuerwaffen an.

Die Schweden kommen!

Während des Dreißigjährigen Krieges griffen schwedische Truppen, die mit dem französischen König verbündet waren, Ferrette an. Die obere Burg ging in Flammen auf – und wurde danach nie wieder aufgebaut. Das gleiche Schicksal erlebte die Burg von Vieux-Ferrette. Nur die untere Burg wird wieder aufgebaut.

Ein Geschenk für Mazarin

1648 endet das Gemetzel des 30-jährigen Krieges. Im Friedensvertrag von Münster überträgt der Kaiser von Österreich die Grafschaft Ferrette an den französischen König Ludwig XIV. Jener schenkt sie seinem Minister Mazarin, dessen Erbin 1777 einen Grimaldi-Fürsten heiratet. Seit fast 250 Jahre sind sie nun die Grafen von Ferrette.

Winzige Stadt

Bereits 1324 hatte Graf Ulrich III. von Ferrette dem Dorf zu Füßen seines Stammsitzes die Stadtrechte verliehen.

Die Verleihung der Stadtrechte durch einen Feudalherrn war im mittelalterlichen Europa ein bedeutendes Ereignis, da sie der Stadt bestimmte Privilegien verlieh, wie das Recht, Märkte und Messen abzuhalten, einen Stadtrat einzusetzen und das Recht, Recht zu sprechen.

Diese Rechte trugen dazu bei, die Stadt zu einem wichtigen wirtschaftlichen und politischen Zentrum in der Region zu machen. Ferrette erhielt es zudem das Recht, Brennholz zu sammeln und dasVieh auf dem gräflichen Land weiden zu lassen

Imposante Ruine

Inmitten der Bäume erheben sich ihren Ruinen, die bis heute eindrucksvoll sind. Die Burg besteht aus zwei getrennten Bereichen: der älteren Ober- und Hauptburg, die aus Kalkstein gebaut wurde, und der Vorburg. Typisch für die Vorburg sind ihre halbrunden Schalentürme,

Eine Treppe führt hinauf zu einer Aussichtsplattform mit Bänken. Weit schweift der Blick dort aus 612 Meter Höhe bis zu den Gipfeln des Jura und der Vogesen.

Gemalte Tafeln erklären, was ihr seht. Foto: Hilke Maunder
Gemalte Tafeln erklären, was ihr seht. Foto: Hilke Maunder

Die Zwergenhöhle

Von der Burg führt ein Waldweg weiter zur Erdwibalaschlucht. 25 Meter tief hat sich dort das Wasser in den Kalkstein gefräst und nicht nur eine Schlucht geschaffen, sondern auch eine legendäre Höhle: la grotte de nains.  In ihr lebten der Legende nach die kleinen Erdfrauen zusammen mit den Erdmanala (Erdmännchen).

Die Höhle befindet sich am Ende der Schlucht und hat das Aussehen eines Schlitzes, der sich in der Felswand öffnet und sich in zwei Gängen fortsetzt, die sich über etwa 15 Meter erstrecken. Oberhalb der Schlucht könnt ihr auf das Zwergenplateau gelangen. Von hier aus eröffnen sich schöne Blicke auf das Ill-Tal und die Dörfer Bouxwiller und Werentzhouse.

Der Ausblick von der gräflichen Burg. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick von der gräflichen Burg. Foto: Hilke Maunder

Das alte Dorf

Von der Zwergenhöhle und der Burg führen mehrere Wanderwege zurück ins Dorf, das in seinem Herzen noch seine alte Bausubstanz bewahrt hat. Seine Hauptachse bildet die Rue du Château mit zahlreichen alten, typisch Elsässer Steinhäusern.Ferrette. Foto: Hilke Maunder

Die Rue du Château säumen die ältesten Bauten des Dorfes. Foto: Hilke MaunderWer genau hinguckt, entdeckt dort auch das Haus eines Künstlers, der im 19. Jahrhundert eine kuriose Statue einer Jungfrau mit Kind schuf, die drei Arme hat!

Foto: Hilke Maunder
Von 1871 bis 1918 war Ferrette deutsch. Auch das hat Spuren im Dorf hinterlassen. Foto: Hilke Maunder

Das rote Rathaus mit dem kleinen Glocktenturm ist typisch für die Rheinrenaissance und mit Wappen verziert, die auf der einen Seite das Haus Österreich und auf der anderen Seite das der Grafen von Ferrette zeigen.

Ferrette. Hier wohnt und arbeitet ein Spengler. Foto: Hilke MaunderFoto: Hilke Maunder
Die Aufschrift Ferblantier verrät: Hier wohnt und arbeitet ein Spengler. Foto: Hilke Maunder

Über dem Dorf wacht der Turm der katholischen Kirche Saint-Bernard-de-Menthon, zu deren Füßen ihr auf einem großen Parkplatz euer Gefährt abstellen könnt.

Bummeltipp

Beim Schlendern durch das Städtchen fallen QR-Codes auf den historischen Bauten auf. Sie verwandeln den Spaziergang in ein spannendes wie informatives Abenteuer.

Ferrette. Foto: Hilke Maunder
Winterlicher Haustürschmuck. Foto: Hilke Maunder
Die Place de Comtes in Ferrette. Foto: Hilke Maunder
Die Place de Comtes in Ferrette. Foto: Hilke Maunder

Ferrette: meine Reisetipps

PDF zum Ort

https://apps.tourisme-alsace.info/photos/altkirch/photos/242010370_d1.pdf

Schlemmen und genießen

Carpes frites

Carpes frites sind keine Karpfen mit Fritten, sondern eine kulinarische Spezialität, die es geschafft hat, den Sundgau zum site remarquable du goût zu machen, einem Ort des außergewöhnlichen Geschmacks.

Für Carpes frites wird der Karpfen filetiert, in dicke Scheiben geschnitten, in Grieß, Sesam oder Mohn gewendet und dann in heißem Öl frittiert. Jeder der 30 Gastronomen an den Routes de la Carpe Frite im Sundgau überrascht die Sinne mit seiner ganz eigenen Version der lokalen Spezialität. Markierte Routen führen zu ihnen.
www.carpe-frite.fr

Hier könnt ihr schlafen*
Booking.com

Foto: Hilke Maunder
Morgenstern Knoepflin verrät die Haustür die Namen der (einstigen?) Bewohner. Foto: Hilke Maunder

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