Gorges du Verdon: Der Verdon kurz vor der Mündung in den Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder

Gorges du Verdon: Europas größte Schlucht

Im Quartär bedeckten eiszeitliche Gletscher die Provence. Nach der Eisschmelze grub sich ein Fluss, einst gewaltig wie der Nil, tief in die Hochebene von Canjuers ein und schuf im Kalk eine spektakuläre Schlucht: der Verdon. Bis zu 700 Meter hoch ragen die weißen Felswände der Gorges du Verdon auf.

21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief hat sich der Fluss zwischen Castellane und dem Lac de Sainte-Croix bei Moustiers-Sainte-Marie tief in den hellen Kalk gegraben und Europas Grand Canyon geschaffen – spektakulär!

Gorges du Verdon: die Routes des Crêtes bei La Palud-du-Verdon. Foto: Hilke Maunder
Die Routes des Crêtes bei La Palud-du-Verdon. Foto: Hilke Maunder

Outdoor mit Kick

Staustufen haben ihn gezähmt. Fluor hat seine Fluten smaragdgrün gefärbt. Öffnen die Staustufen bei einem lacher d’eau die Tore, freuen sich Raftingfans und Paddler über weiß schäumendes Wildwasser.

Am Pont de l’Artuby springen Bungee-Jumper in die Tiefe, Paraglider schweben über den Felsspitzen, direkt am Straßenrand wird für die Kletterpartie abgeseilt. Canyoning, Survival, Wasserwandern: Kaum ein Kick, den der Verdon als Abenteuerspielplatz für Outdoor-Fans heute nicht bereithält.

Erst 1905 gelang es dem französischen Höhlenforscher Edouard Alfred Martel, die Schlucht zu bezwingen. Sein Auftrag: auszukundschaften, ob und wie die Schlucht für die Stromerzeugung zu nutzen sei. Drei Tage war er unterwegs – und meldete: Es lohnt sich.

Gorges du Verdon: Oktoberstimmung in der Clue de Carejuan. Foto: Hilke Maunder
Oktoberstimmung in der Clue de Carejuan. Foto: Hilke Maunder

Wilde Wanderungen

Seiner Route folgt heute ein Wanderweg, der mit Seilen und Stegen gesichert ist, aber dennoch Trittsicherheit und Erfahrung fordert. Von der Berghütte Chalet La Maline geht es Schritt für Schritt hinein in die Erdgeschichte, schmale Gesimspfade entlang und durch den stockdunklen Tunnel du Baou, der an drei Stellen Ausblicke auf den Verdon freigibt. Kiefern und Wacholderbüsche klammern sich an den Stein.

Auf dem Pré d’Issane, dem tiefsten Punkt der Schlucht, wachsen seltene Blumen und wilde Orchideen. Hoch oben drehen Bonelli-Adler und Gänsegeier, 1999 erfolgreich ausgewildert, ihre Kreise. Mitunter kommen den Wanderern Badelustige mit Handtuch und Latschen entgegen: Auch kleine, idyllische Badestrände und Badegumpen hat der Verdon geschaffen.

Der Blick auf die Mündung des Verdon in den Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf die Mündung des Verdon in den Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder

Baden in Türkis

Der Verdon schuf auch ein Badeparadies in XXL: den 22 Quadratkilometer großen Lac de Sainte-Croix. Für den Bau von Frankreichs zweitgrößtem Stausee wurde 1971 das alte Dorf Les Salles-sur-Verdon gesprengt und geflutet. Einzig die Kirchturmuhr, die Dorfglocke und der Dorfbrunnen wurden abgebaut für das neue Dorf, das 400 Meter vom alten Standort neu entstand.

Manchen Bewohnern missfiel das rigorose staatliche Durchgreifen. Sie leisteten Widerstand. Und blieben in ihren Häusern, bis das Wasser eindrang. Heute freuen sie sich, dass der Stausee Geld in die Kassen der Kommunen spült. Wie im Umland, so ist auch in Les Salles-sur-Verdon der Tourismus, und nicht mehr die Landwirtschaft, längst der wichtigste Wirtschaftsfaktor.

Gorges du Verdon: Am Kieselstrand von Ste-Croix de Verdon am Lac de Ste-Croix. Foto: Hilke Maunder
Am Kieselstrand von Sainte-Croix-de-Verdon am Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder

Gorges du Verdon: meine Reisetipps

Panorama-Routen

Zwei Panoramastraßen erschließen die Schlucht. Am Nordufer leitet die D 952 zum Point Sublime und Belvédère de Mayreste. Ab La Palud-sur-Verdon führt die Route des Crêtes (D 23) als große Runde zu weiteren schwindelerregenden Aussichtspunkten direkt an der Canyonkante.

Die Panoramastraße des Südufers ist die Corniche Sublime (D71) nach Aiguines. Haltet an den Balcons de la Mescla, am Pont de l’Artuby und am Cirque de Vaumale an, um einen Blick in die Tiefe zu riskieren.

Aktiv unterwegs

Klassiker der markierten Wanderwege ist der 18 km lange, anspruchsvolle Sentier Martel vom Chalet de la Maline zum Point Sublime am Nordufer, für die ihr mit Pausen rund sieben Stunden braucht. Unterwegs geht es durch einen 700 m langen Tunnel. Nehmt dafür eine Taschenlampe mit! Und natürlich ausreichend Wasser, Proviant und ggf. Sonnen- und Insektenschutz! Am Südufer folgt der GR 99 der gesamten Schlucht.

Mit der Suche nach dem besten Ort zum Abseilen beginnt meist jede Klettertour. Die wichtigsten Routen stellt der jährlich aktualisierte Führer der Klettervereinigung Lei Lagramusas vor. Sehr beliebt sind auch Canyoning-Touren.

Aiguines: scchöne Fassade im Dörfchen am Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder
Aiguines: schöne Fassade im Dörfchen am Lac de Sainte-Croix. Foto: Hilke Maunder

Nicht verpassen!

Musée de Préhistoire des Gorges du Verdon

Wie eine Höhle im Fels hat Stararchitekt Lord Norman Foster das Musée de Préhistoire des Gorges du Verdon gestaltet, das als Europas größte Sammlung zur Vorzeit die Siedlungsgeschichte der Schlucht lebendig dokumentiert.
• Route de Montmeyan, Quinson, Tel. 04 92 74 09 59, www.museeprehistoire.com

Gorges-du-Verdon: Ein Bauernhof versteckt sich bei La Palud-du-Verdon in der Schlucht. Foto: Hilke Maunder
Ein Bauernhof versteckt sich bei La Palud-du-Verdon in der Schlucht. Foto: Hilke Maunder

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4 Kommentare

  1. Wir sind immer mit dem Wohnmobil unterwegs. Vom Lac de St. Croix aus, folgen wir meist der linksseitigen Strasse bis runter nach Castellane. Wir übernachten dann mindestens 3 mal auf den schönsten Aussichtsplätzen, welche unterwegs sehr häufig anzutreffen sind – Wenn so gegen 10 Uhr die Thermik einsetzt , kann man die Gänsegeier bei ihren Flugkünsten vorfolgen. Immer wieder ein imposanter Anblick, wenn sie entlang der steil abfallenden Felsen emporsteigen und über den Köpfen der Touristen hinweggleiten und im blauen Himmel entschwinden.

    1. Hallo Markus, danke für den Tipp mit den Gänsegeiern, da muss ich mal drauf achten! Auch in den Corbières und im Fenouillèdes sind sie daheim und lassen sie sich beobachten! Viele Grüße, Hilke

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