Grand Paris Express: die Super-Métro
Der Grand Paris Express (GPE) reiht sich in eine lange Tradition fahrerloser U-Bahnsysteme in Frankreich ein. Nach Lille (1983), Toulouse (1993), Rennes (2002) und Lyon (1991, Linie D: 2020/21) ist Paris die nächste französische Großstadt, die ein solches System implementiert. Dies unterstreicht Frankreichs führende Rolle in der Entwicklung automatisierter Nahverkehrssysteme.
Mit 200 Streckenkilometern auf vier neuen vollautomatisch betriebenen U-Bahnlinien ist der Grand Paris Express das derzeit größte Infrastrukturprojekt Europas und eng mit der Stadtentwicklung verknüpft. Entlang der neuen Linien sind umfangreiche Wohn- und Geschäftsprojekte geplant, die die Struktur des Großraums Paris nachhaltig verändern sollen.
Grand Paris Express: Europas Megaprojekt
Mit Investitionen von 35,6 Milliarden Euro ist der Grand Paris Express nicht nur ein Verkehrs-, sondern auch ein bedeutendes Wirtschaftsförderungsprojekt. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit der Pariser Region stärken und neue Arbeitsplätze schaffen.
Bis Ende 2030 erhält der Großraum der französischen Hauptstadt mit dem Grand Paris Express ein VAL (Véhicule Automatique Léger), der die Vororte besser ans Zentrum anschließt, schnell und nachhaltig. Baustart für das Netz, das sich als Ring um die Kapitale legt und damit unnötige Fahrten durch das Zentrum vermeiden will, war 2015.
Bei der Fertigstellung soll das Netz der supermétro automatique régional (regionale vollautomatische Super-U-Bahn) rund 200 Kilometer Gleisstrecke umfassen. 68 Bahnhöfe und sieben technische Zentralen werden neu gebaut. Ebenfalls vorgesehen sind neue Wohngebiete an den Stationen des Grand Paris Express.
Insgesamt bilden sechs Linien das Rückgrat des Grand Paris Express. Die führerlose Linie 14, die als Teil des Grand Paris Express erweitert wird, war bereits 1998 die erste vollautomatische Métrolinie in Paris. Hinzu kommen die Linie 11 sowie die vier neuen Linien 15 – 18.
Deutsche Tunnelmaschinen
Wer auf tolle Stadtblicke und Aussichten hofft, wird jedoch enttäuscht: 90 Prozent der Streckenneubauten werden im Untergrund verlaufen. Für den Bau der Tunnel orderten die von der Société du Grand Paris mit dem Bau beauftragten Unternehmen deutsche Technik: 21 Vortriebsmaschinen von Herrenknecht – zwei 17 EPB-Schilde und vier Multi-Mode-TBMs, Spezialmaschinen für wechselhaften Baugrund entlang der Tunneltrasse.
Mit Durchmessern von 7,7 bis 9,8 Metern bohren sich die Maschinen durch weiche Böden aus Sand, Mergel, Kreide und Kalk, stoßen auf Kies, Gips und Geröll, dann auf Ton und Schwemmlandböden, sogenannte Alluvionen. 100 Kilometer Tunnel bohren die Maschinen insgesamt und kleiden sie mit Tübbingen aus, geschwungenen Betonversteifungen.
Ebenfalls aus Deutschland kommen zwei Vertical Shaft Sinking Machines (VSM), für den Bau von senkrechten Belüftungs- bzw. Rettungsschächten, die bis in 53 Meter Tiefe reichen.
Herrenknecht, 1977 von Martin Herrenknecht bei Lahr im Schwarzwald als GmbH gegründet, ist mit seinen Tunnelvortriebsmaschinen heute ein weltweit gefragter Spezialist im Tunnelbau. Hamburger erinnern sich vielleicht noch an TRUDE (Tief Runter Unter Die Elbe). Die damals größte Tunnelbohrmaschine der Welt bohrte sich von 1997 bis 2000 für die vierte Röhre des Neuen Elbtunnels im Schildvortriebsverfahren 2.560 Meter weit unter dem Flussbett der Elbe hindurch. Für den Grand Paris Express richtete das Unternehmen in Ermainville einen Service Hub ein.
Schneller zum Flughafen
Für euch bestimmt interessant: Durch die neue Métro werden die Flughäfen Orly und Roissy-Charles de Gaulle noch enger an Paris angebunden.
Dadurch verkürzen sich die Fahrzeiten – auf 22 Minuten zwischen der Gare de Lyon und dem Aéroport d’Orly sowie 30 Minuten zwischen dem Aéroport CDG T2 und La Défense.
Zwei Millionen Fahrgäste pro Tag
Pro Tag sollen zwei Millionen Fahrgäste den Grand Paris Express nutzen. Eine einheitliche Klangarchitektur – vom Schließsignal der Türen bis zu den Geräuschen der Fahrkartenautomaten – soll beim Grand Paris Express genauso Standard sein wie erweiterte Serviceanzeigen auf den Displays am Bahnsteig.
Dort soll künftig nicht nur zu lesen sein, wann der nächste Zug eintrifft, sondern auch, in welchen Abteilen noch besonders viele freie Plätze zu finden sind.
Die Erweiterung des Nahverkehrsnetzes gehört zu den zehn Großprojekten, mit denen Paris zur international führenden Metropolregion Grand Paris ausgebaut werden soll, wie es bereits die britische Hauptstadt mit Greater London erfolgreich vorgemacht hat.
Grand Paris Express: die Infos
La Fabrique du Métro
Als Besucher- und Infozentrum der neuen Super-Métro von Paris hat die Société du Grand Paris die Fabrique du Métro eingerichtet. Auf kostenlosen Führungen könnt ihr dort die Geschichte und Entstehung des Grand Paris Express kennenlernen. Zu den Highlights der Ausstellung gehören ein lebensgroßer U-Bahn-Zug sowie Bahnhofsmodelle und Videoprojektionen.
• Parc des Docks, Travées E und F, 50 Rue Ardoin, Gebäude 563, 93400 Saint-Ouen-sur-Seine, Tel. 01 82 46 22 36, Führungen, Termine: www.grandparisexpress.fr/fabrique-du-metro/visiter
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Auch in Lyon gibt es eine fahrerlose automatische Metro. Seit wann gibt es die denn?
Oh, das wusste ich nicht – danke für die Info, recherchier ich gleich mal!
Laut enotrac.com gibt es die fahrerlose U-Bahn in Lyon seit 2021.Laut eurailpress.de seit Juni 2022. Sie ist also noch relativ neu.
Danke für die Ergänzung mit Lyon – nehme ich gleich mit auf, merci!