
Im Herzen der Pyrenäen von Aude versteckt sich auf 900 bis 1.300 Meter Höhe über dem Meer das Pays de Sault. Seine Hochebene haben Verwerfungen wie der Carcanet, die Rebenty-Schlucht, die Saint-Georges-Schlucht und die Pierre-Lys-Schlucht dreigeteilt.
So entstanden das große Plateau von Espezel-Belcaire-Camurac im Westen, das anschließende kleine Plateau von Rodome und das mittelgroße Plateau von Roquefortès im Süden.

Saltus, Waldtal, nannten die Römer in der Antike diese versteckte Fleckchen Erde, das die Franzosen heute Pays du Sault nennen. Wie zu Römerzeiten dominieren bis heute ausgedehnte Tannenwälder, große Weiden mit Rindern oder Schafen, Pferdekoppeln und Felder, auf denen Kartoffeln und Korn wachsen, die Landschaft. Von Juni bis Oktober sind indes kaum Tiere zu sehen. Sie verbringen die Sommer auf den Almen, wo sie die Patous bewachen, große Pyrenäen-Hirtenhunde mit hellem Fell.

Die „Hauptstadt“ des Pays de Sault ist Belcaire, ein gemütlicher kleiner Ort auf 1000 Meter Höhe. Rund vierhundert Einwohner leben dort in holzverkleideten Chalets oder Natursteinhäusern rund um eine Kirche an einem See, der im Sommer erfrischenden Badespaß bietet – aber nur nachmittags! Vormittags dürfen die Angler ihre Ruten auswerfen.
Der zu Belcaire gehörige Weiler Trassoulas bietet das schönste Panorama des oberen Aude-Tals. Sogar der Pic de Bugarach, die höchste Spitze der Corbières, ist von dort zu sehen.

Die Ketzer von Montaillou
Ebenfalls auf dem Grand Plateau liegt Montaillou, ein kleines, typisch okzitanisches Dorf mit schauriger Vergangenheit. Es gehörte im 4. Jahrhundert zu den letzten Rückzugsorten der “reinen Menschen”, die anderenorts schon längst als Ketzer verbrannt worden war.

1325 reiste Bischof Jacques Fournier aus Pamiers in die Region. Die Inquisition hatte Montaillou erreicht. Akribisch führte der spätere Papst Benedikt XII. Protokoll. 578 Vernehmungen und 160 Zeugenaussagen hielt er fest. Sie bilden bis heute eine einzigartige Quelle zum Alltag der Menschen im Mittelalter auf einem Dorf. Dort erfährt man auch, wie Arnaud Sicre für die Inquisition als Spitzel arbeitete und die Gesellschaft seiner Nachbarn beobachtete. Er hob Dachziegel an, um die Gespräche besser belauschen zu können!

1966 arbeitete Emmanuel Le Roy Ladurie diese Quellen zu einem Lebensbild des Ortes aus, promovierte damit an der Pariser Uni und ließ seine Arbeit neun Jahre später vom französischen Verlag Gallimard veröffentlicht. Sein Buch Montaillou, village occitan de 1294 à 1324* machte weltweit Schlagzeilen und wurde mit dem Titel Montaillou: Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324* im Jahr 1989 vom Ullstein-Verlag auf Deutsch herausgebracht und im Jahr 2000 neu verlegt.
Bis heute hallt das Werk des französischen Historikers nach, beschäftigt die Forscher – und holt Archäologen nach Montaillou, die mit ihren Ausgrabungen das schriftliche Sittenbild aus jener Zeit um viele Aspekte ergänzen.

Rauf auf die Piste!
Touristisch ein wenig erschlossen ist der einzige Skiort von Aude: Camurac. Fünf blaue und je zwei Pisten in Grün, Rot und Schwarz sorgen dort für Abfahrtsspaß. Hinzu kommen Loipen für Langläufer sowie Winterwandern mit und ohne raquettes, Schneeschuhen.
Vom fünf Kilometer entfernten Col de Theil, der das Herz des kleinen Skizirkus bilden, eröffnen sich das ganze Jahr hindurch traumhafte Ausblicke mit der Pyrenäenkette gen Süden und den Ebenen von Aude und Ariège gen Norden und Nordwesten.

Pays de Sault: meine Reise-Infos
Hinkommen
Das Pays de Sault liegt in den Pyrenäen des Départements Aude rund 25 Kilometer südwestlich von Quillan, der nächstgelegenen Bahnstation. Von dort fährt die Buslinie 1010 als Transport à la Demande (TAD) zu den Orten des Pays de Sault.
Wer den Bus auf Abruf nutzen möchte, muss sich vorher kostenfrei registrieren: aude.fr/je-souhaite-beneficier-du-service-de-transport-la-demande. Welche Orte wann angefahren werden, verrät diese interaktive Karte: thinglink.com/scene/825000052584873984?buttonSource=viewLimits
Achtung: Es gibt auch im Vaucluse ein Pays de Sault: https://de.wikipedia.org/wiki/Pays_de_Sault_(Vaucluse)

Schlemmen und schlafen
Es dominieren Campingplätze, Ferienwohnungen und Gästezimmer bei Privatvermietern, die abends den Gästen ein gemeinsames Essen als table d’hôte anbieten.
Hôtel Bayle
Eines der wenigen Hotels betreiben seit mehr als 20 Jahren Sandrine und Xavier Mouchard mit zehn modern gemütlichen Zimmern im Stil der Berge. Die Küche von Xavier ist tief im Pays de Sault verwurzelt mit seinen nussigen Kartoffeln, dem Käse und den Wurst- und Fleischwaren der Region. Im Sommer betreibt Sandrine eine Guinguette, eine Sommerbar, am Lac de Belcaire.
• 38, avenue d’Ax les Thermes, 11340 Belcaire, Tel. 04 68 20 31 05, www.hotel-bayle.com
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