Le pointu – das Traditionsboot der Küste
Le pointu: Seit Generationen fahren Fischer an der Côte d’Azur mit ihnen hinaus aufs Meer. Dicht an dicht vertäut, liegen die meist sechs bis acht Meter langen Holzboote am Kai von Bandol im Département Var. Ihren Namen erhielten sie erst Anfang des 19. Jahrhunderts von Marineoffizieren aus Toulon. Bis heute nutzen Fischer den pointu für die traditionelle Kleinfischerei, das sogenannte petit métier.
Der Ursprung des pointu liegt bei ligurischen und neapolitanischen Schiffsbauern, die den Bootstyp aus ihrer Heimat mitbrachten. Sie ließen sich in den Fischereihäfen des Var nieder und fertigten die Boote aus robustem Holz. Das auffällige Lateiner-Segel, das sie verwenden, verrät arabischen Einfluss. Die Takelage ist einfach gehalten, und erst ab 1913 erhielten die pointus Motoren. Besonders berühmt wurde der Baldwin Y1-Einzylinder mit fünf PS. Ihr Namen pointu bezieht sich wahrscheinlich auf die spitze Form des Bugs oder des Hecks dieser Boote.
Traditionsreiches Segel- und Ruderboot
Das erzählt mir ganz nebenbei ein älterer Herr, der mich sichtlich amüsiert beobachtet, wie ich versuche, die Spitzen der Boote als schöne Reihe von bunten Bugen aufs Bild zu bannen.
Ähnlich wie bei den venezianischen Gondeln ist das markanteste Merkmal des pointu der bugseitige Capian. Er gilt als Phallussymbol und wird als Ausdruck der männlichen Stärke gerne rot lackiert. Le mestre heißt das robuste Segeltuch. Verwendet wurde le pointu ursprünglich für die Trammel- (Netz) oder Langleinenfischerei (Grundleine).
Le pointu ist traditionell sowohl zum Segeln als auch zum Rudern ausgelegt sind. Sein Mast ist so hoch wie die Länge des Bootes. Ein robustes Segeltuch, der mestre, vervollständigt das Bild. Ursprünglich wurden die Boote für die Trammelnetz- und Langleinenfischerei verwendet.
Le pointu: Symbol der Küstenkultur
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen noch den restlichen Hafen. Da sind noch andere schöne Schiffe!“ Über Pontons und Stege folge ich ihm, hinein in den Mastenwald.
1.600 Liegeplätze zählt heute die Marina – für kleine Gastlieger von bis zu zwölf Meter Länge bis hin zu großen, mehr als 30 Meter Jachten. Doch für mich bleibt das schönste Schmuckstück des Hafens le pointu.
Die bunten Holzboote findet ihr in vielen anderen Mittelmeerhäfen Frankreichs. Die Katalanen haben es etwas verändert, aber das Grundprinzip beibehalten. Dort gibt es beispielsweise die llaut, ein ähnliches Boot, das jedoch einige Unterschiede in Bauweise und Nutzung aufweist.
Die pointus von Sanary-sur-Mer
Le pointu ist mehr als nur ein Boot – es ist ein lebendiges Symbol der maritimen Kultur. In vielen Küstengemeinden, so auch im nahen Sanary-sur-Mer, sind die Boote ein fester Bestandteil des Stadtbildes, prägen den Charakter des Hafens. Sanary-sur-Mer besitzt eine der größten Flotten an pointu-Booten. Dort gehören sie bei allen Festen und Zeremonien einfach dazu.
Dafür sorgt die Association des Pointus de Sanary, in der sich etwa 100 Bootseigner zusammengeschlossen haben. Sie präsentieren ihre Boote bei Veranstaltungen wie der Fête de Saint-Pierre, die alljährlich Anfang Juni stattfindet. Auch Mitsegeln könnt ihr dort in einem pointu im Sommer!
Einige der ältesten pointus in Sanary-sur-Mer stammen aus dem Jahr 1895. Manche sind sogar als bâtiment d’intérêt patrimonial oder monument historique klassifiziert. Um das handwerkliche Wissen und die Traditionen rund um le pointu zu bewahren, gibt es zahlreiche Restaurierungsprojekte und Workshops. Um dieses einzigartige maritime Erbe zu bewahren, hat der Bürgermeister vor vielen Jahren den Traditionsbooten sogar die Liegegebühren im Hafen erlassen. Die einzige Auflage dafür: Sie müssen im alten Stil erhalten werden.
Le pointu: Hier kommen ein paar Impressionen!
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