Das einzige mit Bühnenwand im Land. das antike Theater von Orange. Foto: Hilke Maunder

Postkarte aus … Orange

„Sie ist die schönste Mauer des Königreiches“, soll der Sonnenkönig Ludwig XIV. begeistert beim Besuch des antiken Theaters geschwärmt haben. Bis heute sorgt das besterhaltene Amphitheater der Antike in Frankreich für lang anhaltenden Applaus.

Vor seiner stimmungsvollen Kulisse präsentieren die Chorégies d’Orange alljährlich Weltstars bei Opernaufführungen und Klassikkonzerten. 2019 feierte das Opernfestival sein 150-jähriges Bestehen.

Rot markiert: die Sitzplätze im antikenn Theater vn Orange. Foto: Hilke Maunder
Rot markiert: die Sitzplätze im antikenn Theater von Orange. Foto: Hilke Maunder

Rechter Haudegen

Doch Orange macht nicht nur mit Kunst, Kultur und antikem Erbe Schlagzeilen, sondern auch immer wieder wegen seiner Politik. Orange ist die Hochburg der Ultrarechten im Département Vaucluse. Seit 1995 wird Orange von ihnen regiert. Und das, wie selbst die „taz“ erstaunt konstatierte, recht erfolgreich.

Bürgermeister Jacques Bompard, der erst den Front National mitbegründete, 2010 die radikale Ligue du Sud aus der Taufe hob, hat aufgeräumt – und wurde wiedergewählt. Er hat die Müllreinigung in den Griff bekommen, den Kulturetat aufgestockt und die Stadt sicherer gemacht.

Der Bürgermeister von Orange bei einer Feier der Fremdenlegionäre. Foto: Hilke Maunder
Der Bürgermeister von Orange bei einer Feier der Fremdenlegionäre. Foto: Hilke Maunder

Umstrittener Sparkurs

Mit einem rigorosen Sparkurs drückte der einstige Zahnchirurg die städtischen Schulden nahezu auf Null. Mit einem rigorosen Nein verweigerter er 2015 die Aufnahme von Geflüchteten. Bei Hochzeiten darf in Orange keine fremde Flagge, sondern nur die Trikolore gehisst werden.

Als 2013 die Stadträte dem örtlichen restaurant du cœur, der ehrenamtlichen Essenstafel für Arme, 1000 Euro Zuschuss verweigerten, sorgte dies zwar für Zornesfalten, aber nicht für politisches Beben.

Raimbaud II., Graf von Orange, zog 1096 als Kreuzritter nach Jerusalem, erinnert ein Denkmal. Foto: Hilke Maunder
Raimbaud II., Graf von Orange, zog 1096 als Kreuzritter nach Jerusalem, erinnert ein Denkmal. Foto: Hilke Maunder

So arrangierte sich schließlich auch die Partnerstadt Rastatt mit dem strammen Nationalisten und lud den Bürgermeister zum 50. Jubiläum der Stadtpartnerschaft ein, was die Eiszeit zwischen beiden Städten beendete.

Der unrühmliche Fall

26 Jahre lang regierte Jacques Bompard in Orange. 2021 musste der Pollitiker zurücktreten, nachdem er rechtskräftig wegen illegaler Interessenvertretung verurteilt worden war.

Fünf Jahre lang ist er nun nicht mehr wählbar. Bei der Neuwahl 2021 folgte sein Sohn Yann Bompard in die Fußstapfen des Vaters.

Das Café du Commerce (r.) vo Orange ist ein beliebter Treffpunkt der Einheimischen. Foto: Hilke Maunder
Das Café du Commerce (r.) von Orange ist ein beliebter Treffpunkt der Einheimischen. Foto: Hilke Maunder

Eine Politiker-Familie

Bei den Bompards ist die Politik eine Familienangelegenheit. Vater Bompard wurde 1995 Bürgermeister von Orange. Die Mutter war von 2008 bis 2020 Bürgermeisterin von Bollène. Sohn Yann hält heute stramm die Zügel in der rechtsextremen Hochburg des Departements. An politischer Erfahrung mangelt es ihm nicht.

Als parlamentarischer Assistent von Jacques Bompard und später von Marie-France Lorho, die ihm 2017 in der Versammlung nachfolgte, war er Départementsrat im Département Vaucluse. In Orange führt er heute das Erbe des Vaters fort.

Eine kleine Oase zwischen den Altstadtdächern. Foto: Hilke Maunder
Eine kleine Oase zwischen den Altstadtdächern. Foto: Hilke Maunder

Renaissance im Tourismus

Bompard rüstete die Gemeindepolizei auf, führte flächendeckend die Videoüberwachung ein und präsentierte daraufhin  Jahr für Jahr sinkende Kriminalitätsraten. Auch touristisch rückte Bompard die alte Stadt wieder ins Rampenlicht.

Orange, lange nur als Verkehrsknoten, bekannt wo sich die die Provence- und Languedoc-Sprintstrecken zur sechsspurigen Rhônetalautobahn A 7 vereinen und Megastaus zu Hauptferienzeiten bescheren, ist wieder ein Besuchermagnet und lockt immer mehr Urlauber ins charmante Städtchen.

Was könnt ihr entdecken?

st sie nicht wunderschön, diese Drogerie in der Altstadt? Foto: Hilke Maunder
Ist sie nicht wunderschön, diese Drogerie in der Altstadt? Foto: Hilke Maunder

Wer die legendäre Ferienstraße Route Nationale (RN) 7 der Autobahn vorzieht, kommt auf der antiken Via Agrippa nach Lyon von Norden her zu einem 8 Meter hohen, dreibögigen Monumentaltor, das oft als Triumphtor betitelt wird.

Die antiken Inschriften verraten jedoch, dass es sich um einen Stadtgründungsbogen handelt, der einst mit einer Quadriga und Bronzestatuen geschmückt war.

Folgt ihr der RN 7 weiter stadteinwärts, erreicht ihr auf dem Boulevardring den Parkplatz der Arenen. Parkt dort und entdeckt Orange nun zu Fuß.

Das antike Theater

Die Bühnenwand des antiken Theaters. Foto: Hilke Maunder
Die Bühnenwand des antiken Theaters. Foto: Hilke Maunder

Das erste Highlight ist das einzige antike Theater Frankreichs, das noch eine Bühnenmauer besitzt. 36 Meter hoch und 103 Meter lang, bildet sie die Kulisse für die sommerlichen Opernaufführungen der Chorégies mit Weltstars wie Plácido Domingo. Mit einer VR-Brille könnt ihr in die Antike eintauchen und virtuell die echte römische Atmosphäre erleben.

Bis 2014 prägte auch die Fremdenlegion mit ihrer Panzertruppe und pompösen Zeremonien das Bild der Stadt, die aufgrund der strategischen Lage seit der Antike eng mit dem Militär verbunden ist.

Der Blick vom Amphitheater auf sein Museum und die Stadt. Foto: Hilke Maunder
Der Blick vom Amphitheater auf sein Museum und die Stadt. Foto: Hilke Maunder

Heute sind nur noch die Flugstaffeln der Base Aérienne 155 Orange-Caritat hier stationiert. Daran erinnert an der RN 7 eine Mirage III von 1972, die seit Juli 2010 dort einen Kreisverkehr schmückt.

Gegenüber dem Theater bereitet in der Rue Madeleine Roch das Musée d’Art et d’Histoire die Stadtgeschichte seit der Antike auf – von römischen Funden und antiken Katasterplänen bis zur Indiennes-Manufaktur von Jean Rodolphe Wetter, die ab 1757 Kattungewebe exotisch bedruckte.

Die Altstadt von Orange

Mediterraner Charme in Bunt - die Fassaden der Altstadt von Orange. Foto; Hilke Maunder
Mediterraner Charme in Bunt – die Fassaden der Altstadt von Orange. Foto; Hilke Maunder

Nördlich des Theaters beginnt die Altstadt von Orange. Sie wurde in den letzten Jahren behutsam saniert. Sehenswert sind vor allem die ehemalige Kathedrale Église Notre-Dame de Nazareth (1083-1126) und das schmucke Hôtel de Ville (Rathaus) von 1671.

Jeden Donnerstag wird seit 1414 rund um die Place Georges Clemenceau, den Cours Aristide Briand und die Place André Bruey ein großer Markt mit mehr als 300 Händlern abgehalten: die Provence zum Gucken, Riechen und Kosten!

Beste Aussichten!

Zum Abschluss des Stadtbummels solltet ihr den Treppenwegen hinauf zur Colline Saint-Eutrope folgen, die tolle Ausblicke auf die Stadt und das Theater eröffnet. Früher erhob sich auf dem 105 Meter hohen Hügel das Schloss von Nassau-Orange.

Heute bilden seine Ruinen das Herz eines großen Parks mit Spielplätzen, Schwimmbad und der Guinguette de la Colline, die sich abends in einen dance floor verwandelt.

Sonnengelb die Fassaden, pastelfarben die Fensterläden und davor Olivenbäumen: Orange im Herzen der Provence. Foto: Hilke Maunder
Sonnengelb die Fassaden, pastelfarben die Fensterläden und davor Olivenbäumen: Orange im Herzen der Provence. Foto: Hilke Maunder

Orange: meine Reisetipps

Erleben

Golf du Ventoux

Neun-Loch-Golfplatz
• 2247, route de Camaret, Tel. 04 90 34 34 04, www.ffgolf.org

Geo-Caching

• digitale Schatzsuche mit fünf Geo-Caches auf 3,8 km, Start ist bei GPS 44.13,4.807, Info: Office de Tourisme.

Schlemmen

Le Parvis

Seit 1986 gehört Le Parvis von Jean-Michel Berengier zu den besten Lokalen der Stadt.
• 55, Cours Pourtoules, 84100 Orange, Tel. 04 90 34 82 00, https://leparvisorange.com

Le Forum

Bei Einheimischen wie Gästen gleichermaßen beliebt ist das klassische Restauarant Le Forum.
• 3, rue Mazeau, 84100 Orange,Tel. 04 90 34 01 09, www.restaurant-leforum-orange.fr

La Rom’antique

Einfach gut sind die Grill- und Fischgerichte, schlichtweg genial die Desserts: Cédric Brémond hat seine Kochkunst bei den besten Chefs des Landes gelernt.
• 5, Place Sylvain, 84100 Orange, Tel. 04 90 51 67 06, kein www.

In der Nähe

Naturoptère

Acht Kilometer nördlich von Orange hat Frankreichs berühmtester Insektenforscher gelebt: Jean-Henri Fabre. Abgeschieden wohnte und forschte er in seinem Harmas, einem der ersten Biobauten Frankreichs. Sein Haus ist heute ein Museum. Sein Werk lebt fort im Naturoptère gegenüber. Entdeckt dort die faszinierende Welt der Insekten und anderer Kleintiere interaktiv und mit allen Sinnen!

Fabres wichtigstes Hilfsmittel war ein Vergrößerungsglas. So zeigt das Denkmal im Heimatort Sérignan-du-Comtat den Forscher. Und mit diesem Blick stellt auch das Naturoptère die Welt der Insekten, der Pflanzen und ihrer Umwelt vor.

Werdet selbst Naturforscher. Beobachtet die Kleinstlebewesen, fasst sie an – und entdeckt interaktiv die Beziehungen der Lebewesen mit ihrem natürlichen Lebensraum. Nach der Schau drinnen geht’s draußen weiter.

Im Sprösslingsgarten stellt ein Lehr- und Erlebnispfad die jeunes pousses vor, junge Pflanzen wie Jungtiere. Im naturnahen Garten könnt ihr die Pflanzenwelt im Jahreslauf entdecken. Flaniert zwischen Zier- oder Heilpflanzen, schnuppert an Gewürz- und Aromapflanzen und erfahrt, welche Pflanzen einst zum Färben und Gerben verwendet wurden.

Die pädagogischen Gärten stellen giftige Pflanzen vor und verraten, wie Pflanzen Wasser klären können. Wüstengarten, Steingarten, Gemüsegarten und Ökoteich runden den grünen Außenbereich ab.
• 33, cours Jean-Henri Fabre, 84830 Sérignan-du-Comtat, Tel. 04 90 30 33 20, www.naturoptere.fr

Hier könnt ihr schlafen

Grand Hôtel d’Orange*

Besonders kinderfreundlich ist das Grand Hôtel d’Orange mit seinen Familienzimmern und den beiden Schwimmbädern, das auch Hunde willkommen heißt. Ein Pool ist draußen, der zweite überdacht, beide sind beheizt. Hier* könnt ihr es buchen.
• 8, place Langes, 84100 Orange, Tel. 04 90 11 40 40,

tel de l’Herbier*

Hell, licht und modern sind die 20 Zimmer des Hôtel de l’Herbier an der lauschigen Place aux Herbes, keine 50 Meter vom Theater entfernt. Hier* könnt ihr diese Unterkunft buchen!
• 8, place aux Herbes, 84100 Orange, Tel. 04 90 34 09 23, www.lherbierdorange.com

Noch mehr Betten*

 

Weiterlesen

Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Vaucluse vereint diese Kategorie.

Im Buch

Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas Provence*

DuMont Bildatlas Provence 2021

In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten präsentiert die Rubrik “Ja, natürlich” zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

Das Südfrankreich-Reise-Kochbuch: Le Midi*

Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.

Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.

Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.

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2 Kommentare

  1. …einen ganz tollen Blick AUF das Theater hat man vom über und hinter dem Auditorium liegenden Parc de la Colline, zu Fuss links an der Bühnenwand entlang, nächste Strasse rechts halten und die Stufen hoch, vielleicht 15 Minuten -allerdings bergauf 🙂

    1. Danke, lieber Sascha, für diesen Tipp! Viele Grüße! Hilke

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