
Seit 1780 sind die Pommiers hier zu Hause: an einem weiten Hang oberhalb der Rhône bei Bourg Saint-Andéol an der D190.

Von ihrem Feldsteinhof erstrecken sich Reben bis an den Horizont. Syrah, Grenache noir, Counoise. „Seit sieben Generationen sind wir Weinbauern“, erzählt Raphaël Pommier. Das Glas in der Hand, kontrolliert er an deckenhohen Tanks den jungen Wein.

„Museumsreif“, denke ich, als die den Keller der Domaine Notre-Dame de Cousignac betrete. Kein Edelstahl weit und breit. Sondern Weintanks, in denen schon Großvater und Urgroßvater ihre Tropfen reifen ließen.

Winzer seit Napoleons Tagen
Seit sieben Generationen bauen die Pommiers Wein an. Dennoch gehören die Pommiers zu den Pionieren. Bereits in den späten 1980er-Jahren begann Vater Leon, auf Bioweinbau umzustellen und Pestizide zu verbannen.

Auf die Zugabe von Schwefel kann Raphaël Pommier dank der höheren Drehzahl seiner Weine verzichten. Heute werden 60 Hektar nachhaltig bewirtschaftet.
Morgens um drei Uhr beginnt Mitte September die vendange mit der Maschinen-Ernte. Jetzt jedoch ist Handarbeit gefragt. Die Reben für die besten Tropfen von Notre-Dame-de-Cousignac werden alle manuell gelesen.

Nur die besten Trauben landen im Plastikeimer, der dann auf dem Treckeranhänger entleert wird. Bei der Ernte verlässt sich Raphaël Pommier auf erfahrene Pflücker aus seinem Dorf, die schon seit Jahren, einige sogar seit Jahrzehnten, bei ihm mit anpacken.
Weine unter Tage
Auch bei der Reifung seiner Weine beschritt Raphaël Pommier neue Wege. Seit einigen Jahren lässt er einige seiner Weine 80 Meter unter der Erde sechs Monate lang in Fässern aus französischer Eiche in der Grotte de Saint-Marcel-d’Ardèche reifen. „Die Bedingungen sind ideal“, sagt Pommier.
„In der Karsthöhle herrscht totale Dunkelheit. Die Temperatur beträgt stabil 14 Grad, die Luftfeuchtigkeit 80 Grad – einfach perfekt, um meine Weine zu vollenden“, schwärmt Raphaël. Längst hat der geschäftstüchtige Weinbauer die Höhle als Event-Fläche entdeckt. Raphaël scheinen die Ideen nie ausgehen.

Dégustation für alle Sinne
Mehrmals im Jahr lädt er in der Karsthöhle mit fünf Sälen zur Weinverkostung unter Tage. Nicht schnöde mit Gläsern, Flaschen und Spucknapf, sondern bei einer Spéléœnologie. Bei der Degustation taucht eine Tonlichtschau die europaweit einmaligen gours in immer neues Licht. Mal leuchten die Sinterbecken smaragdgrün, dann lila, rot und blau.
Das Erbe des Terroir

Zu jedem Wein, der gerade verkostet wird, reicht Raphaël Weckgläser mit Sand und Kies. „Sieh mal, das ist der Boden, auf dem dieser Wein gewachsen ist. Das terroir schmeckst Du bei jedem Tropfen!“ Fast zwei Stunden lang dauert das Riechen, Sehen, Kosten seiner Rot-, Weiß- und Roséweine.
Jeder Geschmacksnerv ist sensibilisiert: Slow-Wine-Sinnesreisen und Lehrstunden auf den Spuren der drei Appellationen Côtes-du-Rhône, Côtes-du-Rhône Villages und Côtes du Vivarais.
„Das Vivarais hat steinige Böden, die für einen würzigen Geschmack sorgen. Das Rhônetal hat tiefe Böden, die einen fruchtigen Ton ergeben“, erklärt Raphaël den Unterschied
Urlaub beim Winzer

Raphaël kümmert sich um den Wein. Seine US-amerikanische Ehefrau Rachel aus Pennsylvania kümmert sich um die Gästezimmer. Fünf charmante Unterkünfte sind es mittlerweile, drei kuschelige Kammern und zwei geräumige Suiten.
Möbel der Region und Stoffe, die daran erinnern, dass das Weingut vor den Toren der Provence liegt, sorgen für Wohlfühlcharme in den Feldsteinzimmern.

Vom Pool könnt ihr bei gutem Wetter den Mont Ventoux am anderen Ufer der Rhône in der Drôme sehen. Auf der Terrasse serviert Rachel morgens das Frühstück mit Croissant und Baguette, Kaffee, Crème de Chataîgne und anderen Köstlichkeiten aus Ardèche.

Wallfahrt zur Kapelle
Nach dem Frühstück steigt Raphaël hinauf zum Namensgeber des Weinguts. Hinter Steineichen und Buchsbäumen versteckt sich eine kleine Kapelle, die schon vor der Französischen Revolution erbaut wurde.
Bis heute ist sie Station von Wallfahrern, die auf dem Jakobsweg von Arles aus nach Santiago de Compostela pilgern. Alljährlich am 17. August wallfahrten sie zum Feldsteinkirchlein.

Als zur Französischen Revolution die Domherren enteignet wurden, haben Vorfahren von Raphaël die Kapelle samt der umliegenden Weinberge erworben. Das Gotteshaus im Grünen ist heute äußerst renovierungsbedürftig.
Um die Kapelle zu retten, haben die Pommiers daher einen Kulturverein gegründet. Mehrmals im Jahr inszeniert er Veranstaltungen – Lesungen und Konzerte bei Kerzenlicht, aber auch Messen. Und natürlich Weinproben, an denen bis zu 140 Gäste teilnehmen können.

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Ich besuchte das Weingut im Rahmen der Radpressereise ViaRhôna. Kost und Logis wurden gestellt. Einfluss auf meine Berichterstattung und Bewertung hat diese Unterstützung nicht. Ich berichte unabhängig nach journalistischen Maßstäben und mache keine bezahlte PR.
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Einen Katzensprung vom Weingut befindet sich diese charmante Stadt am Ufer der Rhône – und direkt am Radwanderweg ViaRhôna. Entdecke sie hier.
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Das Reise-Kochbuch: Le Midi*
Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
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