Saintes-Maries-de-la-Mer: bei der schwarzen Sara
In einem alten Wallfahrtsort an der Mündung der Rhône ins Mittelmeer stieg ich dem Klerus aufs Dach und genoss den wohl schönsten Panoramablick auf die Stadt, die Küste und die Weiden und Salzwiesen der Camargue. Wo es war? In Saintes-Maries-de-la-Mer!
Wallfahrtsort der schwarzen Sara

Das Zentrum der Stadt, heute von einem Ring von Ferienhäusern umgeben, dominiert bis heute die Wehrkirche Notre-Dame de la Mer aus dem 11./12. Jahrhundert. 1448 wurden in dem wehrhaften Gotteshaus die (angeblichen) Reliquien der beiden Heiligen Marie Jacobé und Marie Salomé entdeckt.
Zu ihren Ehren pilgern Roma, Sinti, Manuschen und Jenische alljährlich am 24. Mai nach Les-Saintes-Maries-de-la-Mer. Sie verehren dann gemeinsam die schwarze Sara als ihre Schutzheilige.
Die Segnung der schwarzen Sara

Die Dienerin hatte Marie-Jacobé, die Schwester der Muttergottes, und Marie-Salomé, die Mutter von Johannes dem Täufer, bei ihrer Flucht aus dem Heiligen Land begleitet und war mit den beiden Frauen in einer ruderlosen Barke im Gebiet des heutigen Ortes Les Saintes-Maries-de-la-Mer an Land gespült worden.
Für die Prozession wird die mit Schmuck übersäte Statue der heiligen Sara aus der Krypta der Wehrkirche geholt. Begleitet von festlich geschmückten Reitern auf weißen Camargue-Pferden, wird die Reliquie feierlich ins Meer getragen und mit Wasser benetzt.
Auf dem Rückweg zur Kirche begleiten Beifalls- und Jubelrufe, Musik und Glockengeläut die Prozession. Und danach wird gefeiert!


Die Altstadt
Rund um die Kirche erstreckt sich ein Gassengewirr mit alten, weiß gekalkten Häusern mit hellblauen Fensterläden und unzähligen Souvenirshops. Die Häuser wurden einst jährlich frisch gekalkt, um Insekten – und vor allem Mücken – abzuhalten. Hier findet ihr auch das Stadtmuseum, das archäologische Funde, Gemälde und Skulpturen aus der Camargue ausstellt.
Zu den bekanntesten Fundstücken des Museums gehören die 20.000 Jahre alte Kalksteinbüste der Venus von Saintes-Maries-de-la-Mer, die als eines der schönsten Beispiele prähistorischer Kunst in Frankreich gilt. Ebenfalls hier zu sehen ist ein Silberschatz aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., der 1929 in Saint-Rémy-de-Provence entdeckt wurde und aus 2.000 römischen Münzen und Schmuck besteht.

Stolz ist das Museum auch auf seine Sammlung von Votivtafeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die von Seeleuten gestiftet wurden, die in Seenot gerieten und gerettet wurden. Wer sich für Kunst interessiert, sollte sich auch die Gemälde des provenzalischen Malers Étienne Terrus (1857-1922) ansehen, der für seine Landschaftsmalerei bekannt ist.
Im Espace Baroncelli könnt ihr das Leben des Marquis de Folco de Baroncelli entdecken, einer berühmten Persönlichkeit aus der Camargue, der sich sehr stark für das lokale Erbe engagierte – als Autor wie als manadier, Stierzüchter.
• 6, avenue Théodore Aubanel, 13460 Saintes-Maries-de-la-Mer,
Die Stierkampfarena

Richtung Küste kommt ihr zur Arena, in der bis heute Stierkämpfe abgehalten werden. Auf dem Programm stehen keine spanischen corridas, bei denen der Stier getötet wird, sondern die courses camarguaises.
Bei diesem Wettkampf, auch course de concarde genannt, müssen die raseteurs dem Stier in einer bestimmten Reihenfolge mit einer Kralle drei Attribute zwischen den Hörnern entnehmen.
Je öfter der Stier diesen Zweikampf gewinnt, desto berühmter wird er. Vor den Arenen werden zwei dieser tierischen Helden verehrt. Besonders der Stier Garlan ist bis heute in der Camargue berühmt.

Die Künstler von Saintes-Maries-de-la-Mer
Saintes-Maries-de-la-Mer lockte schon früh die Künstler. Pablo Picasso verbrachte den Sommer 1912 in Les Saintes-Maries-de-la-Mer und malte dort berühmte Werke, wie z. B. „Die Zigeuner“.
Zu den Freunden von Picasso gehörte Ernest Hemingway. Er schrieb über seine Zeit in der Stadt in seinem Roman „Fiesta“. Auch Brigitte Bardot könnt ihr in Les Saintes-Maries-de-la-Mer begegnen. Die frühere Schauspielerin und heutige Tierschützerin engagiert sich hier für den Schutz der Wildpferde in der Camargue.
Der Hafen

Erst 1968 wurde der Hafen von Saintes-Maries-de-la-Mer gebaut. Der zehn Hektar große Port Gardian wird noch immer für die Fischerei genutzt. Etwa 50 Berufsfischer fahren hier mit ihren Booten hinaus auf das Mittelmeer, verkaufen ihren Fang im Hafen oder beliefern mit Dorade, Sardine und Seafood die umliegenden Restaurants.

Für Freizeitskipper bietet der Port Gardian 300 Liegeplätze für Jachten bis zu 17 Meter Länge, WLAN und sanitäre Einrichtungen. Im Hafen sind auch eine Handvoll Ausflugsschiffe vertäut. Sie bieten während der Saison Fahrten entlang der Camargueküste und zur Île de la Camargue an, einer kleinen Insel vor der Küste von Saintes-Maries-de-la-Mer. Sie ist ein Naturschutzgebiet und beherbergt eine Vielzahl von Vögeln, darunter Flamingos, Reiher und Kormorane.

Der Strand
Der Urlaubsmagnet von Saintes-Maries-de-la-Mer ist jedoch sein Strand. Er ist insgesamt rund 20 Kilometer lang und in mehrere Strandabschnitte unterteilt. Der Hauptstrand liegt direkt im Zentrum von Saintes-Maries-de-la-Mer und bietet alle notwendigen Annehmlichkeiten wie Duschen, Toiletten und Restaurants. Während der Saison überwachen ihn Lebensretter.
Der Farniente-Strand liegt westlich von Saintes-Maries-de-la-Mer und ist besonders bei Familien beliebt, weil er flach abfällt und recht ruhiges Wasser hat. Surfer und Kitesurfer zieht es Richtung Osten hin zur deutlich wilderen Plage Beauduc.

Saintes-Maries-de-la-Mer: meine Reiseinfos
Schlemmen und genießen
Domaine de Montcalm
Neben Wein stellt die Domaine de Montcalm auch drei verschiedene Reis-Biere her. La Blonde ist ein klares, goldenes Bier mit reichen Getreide-, Blumen- und Honigaromen und cremiger Textur. Das erfrischende Rotbier Ambrée entfaltet neben malzigen Noten einen Hauch von Haselnüssen und Lakritze. Die Bière Riz Noir ist ein dunkles Bier mit Tabak- und Schokoladennoten.
• 30600 Vauvert, Tel. 04 66 73 51 52, https://domainedemontcalm.com

Le Rouget
Ein sehr beliebtes Restaurant im Herzen der Innenstadt – und doch beständig gut. Einfach köstlich: die parallida de poissons!
• 13, avenue Frédéric Mistral, 13460 Saintes-Maries-de-la-Mer, Tel. 04 90 97 72 49, www.facebook.com/lerougetsaintesofficiel
Lou Gabian
Sympathisches, familiäres Restaurant mit echter Lokalküche – unbedingt kosten: Gardianne, das Stiergulasch der Camargue.
• 10, rue Paul Hermann, Tel. 04 90 97 72 93, www.facebook.com/barlougabian.morand
La Table de Marius
Das Hotelrestaurant vom Mas de la Fouque gilt als eines der besten Restaurants der Stadt. Küchenchef Mathieu Carayon steht seit 2014 am Herd und prägt die Speisekarte mit seiner kreativen und innovativen Küche. Carayon verwendet frische, saisonale Zutaten aus der Region und kreiert daraus raffinierte Gerichte, die die Aromen der Camargue widerspiegeln.
Seine Speisekarte wechselt zwar regelmäßig, doch die berühmten Klassiker dürfen einfach nicht fehlen. Dazu gehören gegrillte Garnelen mit Pastis-Risotto, Lammkeule mit Rosmarinkartoffeln und Thymianjus und Tarte Tatin mit Calvados-Eiscreme.
• D38 / Route du Petit, 13460 Saintes-Maries-de-la-Mer, Tel. 07 87 67 75 41
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In sechs Kapiteln stelle ich euch zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.
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Hilke Maunder, Le Midi*
Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
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Hallo und vielen Dank für Ihre tollen Infos. Wir fahren am 15.09. mit Zwischenstopp in Bresancon in die Provence. Wir werden dann auch mal die Treppenstufen der Kirche testen.
Ich freue mich über jede neue Mail, natürlich auch über die aktuellen Corona Maßnahmen. Wir sind in diesem Jahr schon in Nordfrankreich, Normandie, Bretagne, Loire Tal und dann über die Champagne wieder zurück gefahren.
Die Infos aus Ihrem Block ersetzen so manchen Reiseführer. Einfach perfekt!
Liebe Ute, das freut mich doch sehr. Viele Grüße und gute Reise, Hilke
Bonjour Hilke!
Sind die Wendeltreppenstufen zum Kirchendach inzwischen ausgebessert oder immer noch so knapp, ausgetreten und weitgehend im Dunkeln ohne festen Handlauf??? Rauf und erst recht runter war daaamals schon sehr unangenehm.
Deine Fotos lassen mich den grossartigen Blick wieder geniessen: DANKE!
Hallo Hanns, die Kirchenstufen… ich mag ja so alte, ausgetretene Treppen… Und ja, der Blickl ist wirklich traumhaft vom Dach! Musste danach auch gleich in Mailand ebenfalls das Kirchendach besteigen, so gut gefiel es mir in Saintes-Maries! Bises, Hilke
Vielen Dank für die schönen Camargue Bilder und auch für Ihre Arbeit.
Mit Spannung freuen wir uns auf Ihren nächsten Beitrag.
Lieber Herr Schwarz, merci! Heute gibt es etwas aus La Charité-sur-Loire. Der Newsletterversand läuft gerade… auf der Startseite ist der Beitrag schon zu finden: https://meinfrankreich.com/postkarte-aus-la-charite-sur-loire/. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!