Martinique: In der Baie du Robert könnt ihr Aquakulturen besichtigen. Foto: Hilke Maunder
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Baie du Robert: beim Loup des Caraïbes

In der Baie du Robert, einer fast geschlossenen Bucht der französischen Karibikinsel Martinique, züchtet Xavier Suivant Wolfsbarsch – und zeigt Marie-Claire Dubois, wie köstlich die Kreolen ihren loup des caraïbes zubereiten.

Der Vater von Xavier Suivant hat ihn noch gefangen, er selbst züchtet ihn: den loup des caraïbes, den karibischen Wolfsbarsch. Seine ferme aquacole besteht aus einem halben Dutzend Pontons, die Bretterwege verbinden. Netze und Schnüre liegen herum.

Le Robert: die Aquafarm von Xavier Suivant. Foto: Hilke Maunder
Die Aquafarm von Xavier Suivant in der Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder

Eine Holzhütte am seitlichen Anleger erlaubt, vor den heftigen Karibikschauern ins Trockene zu flüchten. Immer wieder gehen sie über Martinique nieder, entladen sich prasselnd und machen kurz darauf tropischem Sonnenschein Platz.

Martinique, Le Robert: die Aquafarm von Xavier Suivant. Foto: Hilke Maunder
Die Aquafarm von Xavier Suivant. Foto: Hilke Maunder

Xavier hat seine schwimmende Farm 2008 im Osten der Insel in einer Bucht angelegt, die in den 1960er-Jahren Taucherlegende Jacques-Yves Cousteau besucht hatte: die Baie du Robert.

Zwischen der Pointe Larose im Süden und der Pointe Savane im Norden erstreckt sich die Bucht acht Kilometer lang und fünf Kilometer breit. Zehn winzigen Inseln ragen in der  91 Hektar großen Wasserfläche der Baie du Robert auf.

Die runde, fast geschlossene Bucht sei prädestiniert für Aquakulturen, soll Cousteau gesagt haben, erzählt Xavier. Dann taucht er seine Schaufel in einen Plastikeimer und wirft im weiten Bogen Futter in das erste Bassin, das Netze von den Fluten des Atlantik abgrenzen.

Martinique, Le Robert: Xavier Suivant. Foto: Hilke Maunder
Xavier Suivant. Foto: Hilke Maunder

Baby-Barsche & große Haie

Blitzschnell verwandelt sich das vorher trübe, stille Becken in tobendes Wasser. Flossen und Schwänze blitzen, Münder schnappen, Augen glupschen. Sekunden später ist wieder Stille. Dann wiederholt sich das Spektakel am nächsten Bassin. „Guckt mal genau hin! Seht ihr den Hai unter dem Netz? Der würde meine Baby-Wolfsbarsche gerne jetzt fressen.“

Martinique: In der Bucht von Le Robert tummeln sich Haie. Foto: Hilke Maunder
In der Baie du Robert tummeln sich Haie. Foto: Hilke Maunder

Wie viele Fische Xavier hier züchtet, frage ich. Der Martiniquais stutzt, grinst und sagt: „Sagst du allen, wie viel Geld du auf deinem Konto hast?“

Gut pariert! Doch da das Geschäft mit dem Speisefisch schwierig geworden ist, hat Xavier neben seiner Farm Aqua XS ein zweites Standbein aufgebaut.

Unterwegs mit Xavier

 Le Robert von der Wasserseite. Foto: Hilke Maunder
Le Robert von der Wasserseite. Foto: Hilke Maunder

Schnelle zwei Stunden, einen halben oder einen ganzen Tag nimmt er Gäste in seinem Motorboot mit hinaus in die Bucht von Le Robert. Dort zeigt ihnen seine Aquakultur, die Wunderwelt der Mangroven und die Îlet Chancel, größte der vielen Eilande in der weiten Bucht.

Boote säumen das Ufer der Bucht von Le Robert. Von hier startet Xavier Suivant seine Naturtörns. Foto: Hilke Maunder
Boote säumen das Ufer der Bucht von Le Robert. Foto: Hilke Maunder

Dort versteckt sich im Unterholz der Grüne Inselleguan der Kleinen Antillen (Iguana delicatissima). Mit langen, krallenbewehrten Zehen, überlangen Schwanz, faltigen Kehllappen und stacheligen Rückenkamm ist er eine wahrhaft urzeitlich anmutende Echse.

Xavier Suivant zeigt euch die Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder
Die Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder

Badeparadies der Baie du Robert

Ganz in der Nähe findet ihr auch den schönsten Badeplatz der Bucht: die Fonds Blancs, eine sandige Untiefe in badewarmem Azurblau. Allein seid ihr dort allerdings selten. Der durch die Insel vor den Atlantikwellen geschützte Badeplatz gehört für die Einheimischen zu den Lieblingsplätzen für einen Sprung ins Meer.

Segelparadies: die Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder
Segelparadies: die Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder

Mit Kabinenkreuzern und bunten Holzbooten, winzigen Nussschalen aus Aluminium oder Plastik oder hochmotorisierten Zodiacs fahren sie hierher, ankern, plantschen und picknicken einen ganzen Tag lang, die Flasche Rum stets mit an Bord.

Martinique: Die Mangroven der Baie de Robert. Foto: Hilke Maunder
Die Mangroven der Baie du Robert. Foto: Hilke Maunder

Die Köchin der Baie du Robert

An der Baie du Robert daheim ist auch Claire-Marie Dubois. K’fee K’nelle nennt sie ihre Kreolenküche. Bei Kochkursen auf Martinique könnt ihr sie erlernen und kosten.

Zum Aperitif schenkt sie eisgekühlten Guajilote-Saft ins Glas. „Wollt ihr ihn pur – oder lieber mit Rum?“ Dazu reicht sie als amuse-bouche knusprige Accras aus der Pfanne, kleine Bällchen mit Fisch oder Gemüse. Welche ein Auftakt für ihre Kreolenküche!

Accras sind in der Karibik sehr beliebt als Vorspeise. Foto: Hilke Maunder
Accras sind in der Karibik sehr beliebt als Vorspeise. Foto: Hilke Maunder

Als Vorspeise folgt feinster Foie gras, französische Stopfleberpastete. Beim Hauptgang umhüllt geraspelte Brotfrucht den Wolfsbarsch, der neben einem Gratin aus Yamswurzel ruht.

Auch beim Dessert flirtet die Exotik der Karibik mit einem Klassiker der Haute Cuisine. Mousse au Chocolat an Meringue mit Mango.

Durch die Mangroven geht es hinauf zur Kochvilla von Marie Claire Dubois. Foto: Hilke Maunder
Durch die Mangroven geht es hinauf zur Kochvilla von Marie Claire Dubois. Foto: Hilke Maunder

Crashkurs in Kreolenküche

Denn wir sind auf Martinique – und erhalten bei einem Koch-Atelier von Claire-Marie Dubois einen Blitzkurs in der K’fee K’nelle, ihrer Kreolenküche. Dass dabei fast alle bio, meist von der Insel und stets glutenfrei ist, macht die kulinarische Lehrstunde noch interessanter.

Marie Claire Dubois säubert den Loup Caraibes. Foto: Hilke Maunder
Marie Claire Dubois säubert den loup des caraïbes. Foto: Hilke Maunder

Den loup des caraïbes hat Xavier Suivant direkt vor Kursbeginn nur einen Steinwurf von ihrem Anwesen entfernt aus den türkisblauen Fluten der Baie Robert gezogen.

Mit schnellen Scherenschnitten entfernt Madame die Flossen, schneidet Rückenmark und Innereien heraus und füllt das feste, saftige Fleisch mit einem Mix aus rohem Thunfisch, mildem Chili (piment végétarien), Frühlingszwiebeln und Petersilie. Erst jetzt sind wir Hobbyköche dran. „Raspelt die Brotfrucht!“

Claire-Marie Dubois füllt den Loup des Caraibes. Foto: Hilke Maunder
Claire-Marie Dubois füllt den loup des caraïbes. Foto: Hilke Maunder

Ratlos wandern die Blicke umher. Die Kreolin lacht, greift in den Gemüsekorb und holt eine grüne, fußballgroße Kugel voller Noppen hervor. „Voilà. Das einzige Gemüse, das auf großen Bäumen wächst! Einfach grob reiben, Maniok-Mehl, Ei und Salz untermengen, und dann den Fisch zentimeterdick ummanteln!“

In kleinen Gruppen zeigt Claire-Marie Dubois, wie auf ihrer Heimatinsel Martinique authentisch gekocht wird. Foto: Hilke Maunder
In kleinen Gruppen zeigt Claire-Marie Dubois, wie auf ihrer Heimatinsel Martinique authentisch gekocht wird. Foto: Hilke Maunder

Gelernt hat sie das Kochen „auf dem Kontinent“ – im Stammland des pays outre-mer, Martinique: Frankreich. Dort hat sie in Paris die renommierten Kochschule Ferrandi in Paris besucht – rund  6.800 Kilometer von ihrer Insel entfernt. Und doch mitten in der Heimat. Martinique gehört zu den französischen Antillen und hat als Währung den Euro. „Und das viel bessere Wetter“, lacht Claire-Marie.

Loup Caraibes, gefüllt mit Thunfisch, umhüllt mit Brotfrucht: ein eKreation von In kleinen Gruppen zeigt Claire-Marie Dubois. Foto: Hilke Maunder
 Loup des caraïbes aus der Baie du Robert,  gefüllt mit Thunfisch, umhüllt mit Brotfrucht: eine Kreation von Marie-Claire Dubois. Foto: Hilke Maunder

Mit schnellem Griff holt sie ein dickes Buch voller Fotos und Rezepte hervor. Darin hat sie nach ihrer Ausbildung und Stationen als Küchenchefin in Paris und auf der Antillen-Insel Saint-Barthélemy ihre Kochphilosophie festgehalten.

Mango auf Meringue, begleitet von Schokokrem: ein Dessert von Claire-Marie Dubois. Foto: Hilke Maunder
Mango auf Meringue, begleitet von Schokokrem: ein Dessert von Marie-Claire Dubois. Foto: Hilke Maunder

Französische Perfektion in der Zubereitung, unglaublich vielfältige exotische Zutaten und Mut zu kreativen Ideen paaren sich in ihrem Ratgeber zur Kreolenküche zu Rezepten, die mir schon beim Lesen und Betrachten der Bilder das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. K’fee K’nelle … die reinste Verführung!

Der Blick von der Kochvilla aufs karibische Meer. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von der Kochvilla aufs karibische Meer. Foto: Hilke Maunder

Wie gerne würde ich länger bleiben in ihrer weißen Villa hoch über der Bucht, in der sich farbenfrohe, gemütliche Gästezimmer eingerichtet hat, umgeben von Mangroven und tropischen Pflanzen.

Doch der Tisch ist abgedeckt, und der Kapitän des Bootsshuttles drängt auf Eile. „Wenn ihr nicht nass werden wollt, müssen wir jetzt los.“ Am Himmel ballen sich bereits wieder die Wolkenberge.

Claire-Marie Dubois. Foto: Hilke Maunder
Claire-Marie Dubois. Foto: Hilke Maunder

Baie du Robert: die Infos

Naturtörns mit Xavier Suivant

• Ferme Aquacole Aqua XS: Chemin de l’îlet, 97231 Le Robert, Tel. +59 66 96 06 89 11

Kreolenkochkurs, Kost & Logis

Zwei Gästezimmer mit eigenem Bad, schnelles WLAN und auf Wunsch Massagen vor Ort: Das Gästehaus, das Erwachsenen vorbehalten ist, verwöhnt nicht nur mit exzellenter Küche!
• 28 – 150 Lotissement Pointe Hyacinthe, Hyacinthe; buchbar auf Booking.com und anderen Plattformen.

Alle Infos zu den Kochkursen von Marie-Claire Dubois findet ihr auf dieser Webseite.

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Im Blog

Alle Beiträge zu Martinique vereint diese Kategorie.

Im Buch

Die Lektüre ist gerade richtig pikant, würzig und deftig, wie ein frittiertes karibisches Stockfischbällchen mit dem Mord als Zugabe.

LE POINT, Paris, 2.3.2011

Raphaël Confiant, Unbescholtene Bürger*

Cover Raphael Confiant, Unbescholtene Buerger

Haitianische Gangster, Voodoo, illegale Borlette-Lotterien, hispanophone Huren, syrische Händler, französische Gaullisten und dubiose Polizisten: Was für ein tropisches Wespennetz, in dem Privatdetektiv Jacky Teddyson bei seinem ersten Fall sticht!

Eigentlich heißt der drahtige Ermittler Raymond Vauban, aber für den Job muss ein englischer Name her. Doch auf der Karibikinsel, auf der jeder jeden kennt, gibt es wenig zu tun. Dies ändert sich, als er Besuch von Madame Irmine Ferdinand erhält. Ihr Mann, ein bedeutender Unternehmer, wurde im Zimmer einer Prostituierten ermordet aufgefunden, die Polizei ist ratlos.

Handelt es sich um einen Mord aus Eifersucht oder stecken politische Intrigen, illegales Glücksspiel oder sonstige dunkle Geschäfte dahinter? Drogenhandel? Oder reinste Gier?

So bunt wie die Gesellschaft, in der Jacky Teddyson ermittelt, ist auch die Sprache, mit der Raphaël Confiant die Handlung voranpreschen lässt. Sprache und Stereotypen knallen aufeinander, Gosse und Fabulierlust, Philosophie und Parodie: Raymond Chandler à la Karibik.

Verfasst hat ihn Raphaël Confiant. Der Martiniquais (Jahrgang 1951) lehrt als Dekan der philosophischen Fakultät an der Université des Antilles  – und schreibt. Zusammen mit Patrick Chamoiseau und Jean Bernabé ist er Mitbegründer der literarischen Bewegung der créolité, die sich von Aimé Césaires Konzept der négritude absetzt.

Raphaël Confiant erhielt zahlreiche Preise, darunter den Prix Antigone, den Preis der Casa de las Americas, den Prix RFO und den Prix des Amériques insulaires et de la Guyane.

Unbescholtene Bürger*, der erste Krimi um Privatdetektiv Jack Teddyson, erschien im Original 2010 unter dem Titel Citoyens au-dessus de tout soupçon bei Caraibéditions auf Martinique und wurde 2014 von Gallimard in Paris als Taschenbuch veröffentlicht.

Jetzt hat ihn Peter Tier ins Deutsche übersetzt. Trier steht hinter dem kleinen, feinen Verlag Literadukt*, der sich auf Literatur der frankophonen Karibik spezialisiert hat und als einziger Verlag im deutschsprachigen Raum auch Literatur aus Haiti verlegt. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.

 * Mit dem Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Offenlegung

Die Karibikinsel Martinique entdeckte ich auf einer Pressereise, die das staatliche französische Fremdenverkehrsamt ATOUT France, das CMT FRANCE-EUROPE und das COMITÉ MARTINIQUAIS DU TOURISME veranstaltet haben. Den Hotels und anderen Unterkünften, in denen ich wohnen durfte, den Restaurants und besuchten Orten und Stätten sagte ich herzlichen Dank für ihre Unterstützung.

Unterwegs mit Xavier Suivant. Mit an Bord: Veronika Kuster Kudrna. Foto: Hilke Maunder
Mit an Bord: Veronika Kuster Kudrna. Foto: Hilke Maunder

Unglaublich kenntnisreich, hilfsbereit und herzlich war auch die Fremdenführerin Veronika Kuster Kudrna, die uns die gesamte Reise über begleitetet hat.  Auch ihr sage ich merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat die Unterstützung meiner Reise nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.

An den Hafenschuppen von Le Robert machen Mountainbiker eine Pause. Foto: Hilke Maunder
An den Hafenschuppen von Le Robert machen Mountainbiker eine Pause. Foto: Hilke Maunder

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