
Die große Abraumhalde verkündet es: Alès war das Zentrum für Kohlebergbau, Eisen- und Maschinenindustrie in Süden der Cevennen. Vom 13. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts holten die Kumpel das schwarze Gold in den Tälern nördlich der Stadt aus der Erde. Dieses Erbe dokumentiert heute ein Besucherbergwerk.
Es steht zugleich für den Wandel und eine neue wirtschaftliche Entwicklung. Seit einigen Jahren putzt sich die 41.000-Einwohnerstadt-Stadt am Gardon d’Alès als touristisches Tor zu den südlichen Cevennen heraus.

Gewerbegebiete und Plattenbauten lassen kaum ahnen, dass das Zentrum von Alès heute durchaus einladend ist. Seine Boulevards säumen unzählige, große Straßencafés.

Kleinstadtflair weht durch sein altes Herz, das verstärkt den Autoverkehr verdrängt. Seine schnurgerade Rue d’Avéjan ist als eine der wichtigen Einkaufsstraßen der Innenstadt bereits verkehrsberuhigt.
Andere Straßen sind espaces partagés. Fußgänger und Fahrzeuge teilen sich die Fahrbahn. Maximal mit Tempo 20 dürfen Zwei- und Vierräder dort rollen.

Orangefarbene, grüne und blaue Linien auf dem Asphalt verraten, dass dort dann auch die drei navettes centre-ville unterwegs sind, kostenlose Shuttlebusse. Die ZenBus-App verrät euch in Echtzeit, wo sie sich gerade befinden. Ein Handzeichen, und schon hält der kleine Elektro-Bus.

In der kleinen Markthalle herrscht jeden Vormittag lebendiges Treiben. Für rund sechs Millionen Euro sollen die Halles de l’Abbaye 18 Monate lang saniert und modernisiert werden. Ursprünglich sollten die Arbeiten 2021 abgeschlossen sein; die Pandemie brachte den Baustopp.
Die Marktbar wird den Umbau überleben. Solch ein Treff gehört für die Franzosen einfach dazu. Und in Alès bestellen sie sich dort gern eine cartagène, einen weißen oder roten, recht starken Likörwein.

Hinter der Markthalle erhebt sich die Cathédrale Saint-Jean-Baptiste mit ihrem Glockenturm aus dem 15. Jahrhundert. Auch sie ist an Markttagen umringt von fliegenden Händlern und Ständen, die auch die umliegenden Straßen erobern.

Das Schloss der Bischöfe von Alès birgt heute die reiche Kunstsammlung von Pierre-André Benoît (1921–1993). 1986 schenkte der Maler, Bildhauer, Dichter und Drucker seiner Heimatstadt seine beeindruckende Kollektion mit Werken von Georges Braque, Pablo Picasso, Joan Miró und anderen Künstlern.

Nördlich der Kathedrale erstreckt sich am Fuße der butte de la Roque der Parc Bosquet mit Blumenbeeten und Ruhebänken unter uralten Bäumen.
Die Hügelspitze bekrönt ein Fort, das nach Vauban benannt ist – auch wenn der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs nie die Stadt besucht hat.
Auf Führungen mit dem Office de Tourisme könnt ihr die das Fort de Vauban besichtigen – und tolle Ausblicke auf Alès genießen!

Alès: meine Reisetipps
Schlemmen
Épices et Tout
2020 belohnten die Tester von Michelin das Restaurant von Aurélie und Quentin mit dem Bib Gourmand. Die Auszeichnung ehrt eine Kochkunst, die frische Küche in einem exzellenten Preis-Leistungsverhältnis bietet.
So wie diese kleine Restaurant, das hinter seiner unscheinbaren Fassade gerne bei Niedrigtemperatur seine Speisen gart. Im Sommer könnt ihr Eierspeisen mit Pilzen, Perlhuhn mit Marktgemüse oder tarte au citron auf der kleinen Terrasse genießen.
• 15, Avenue Carnot, 30100 Alès, Tel. 04 66 52 43 79, www.epicesettout.fr
Le Duô
Der Name passt: Michael und Guillaume Matouk sind Brüder – und engagierte Köche. Im Sommer servieren sie kreativ frische Salate, zartes Rinderfilet und zauberhafte Desserts in ihrem Patio.
• 10, avenue Général de Gaulle, 30100 Alès, Tel. 04 66 52 38 53, www.facebook.com
Erleben

Le Cratère
Das Staatstheater zählt zu den wichtigsten Bühnen der Region. Für die Bühne arbeitet mit David Wampach der Shootingstar der französischen Tanzszene. Der Choregraf, der seit 2012 als associated artist für die Bühne tätig ist, schuf 2014 für das Festival Cratère Surfaces International Outdoor Festival das Ballettstück VEINE.
Wampach inszeniert getanzte Autopsien. Im Wechselspiel von Körper und Psyche offenbaren sich ihre Geheimnisse. Der ehemalige Medizinstudent aus Montpellier blickt ins Innerste bei seinen Inszenierungen. Auch eher Unappetitliches wie Speichel, Grunzgeräusche und Hyperventilation lassen sie nicht aus. Selbst nicht bei Klassikern wie Le Casse-Noisette (“Der Nussknacker”), den Wampach reduziert auf sein Ballett CASSETTE.
• Square Pablo Neruda, Place Henri Barbusse, 30100 Alès, Tel. 04 66 52 52 64, www.lecratere.fr
Schlafen
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Wandern
Alès ist Etappenort der Grande Randonnée GR 70, besser bekannt als Chemin Stevenson.
Kurven
Bei Alès findet ihr die feine, kleine Rennstrecke Circuit Pôle Mécanique, die vor allem bei Motorradfahrern sehr beliebt ist.
In der Nähe

Anduze
Die prunkvollen Vasen von Boisset, die u.a. den Schlosspark von Versailles schmücken, machten das befestigte Städtchen an der Klamm der Porte des Cévennes berühmt.
Bambouseraie de Prafrance
Der Kaufmann und Asienreisende Eugène Mazel brachte 1855 die ersten Pflanzen mit. Heute birgt der wohl schönste Park der Cevennen auf zwölf Hektar neben 200 Bambusarten auch Palmen, Magnolien und riesige Sequoias. Inmitten der Exoten verstecken sich Land Art lokaler Künstler, ein laotisches Hüttendorf und ein Pflanzenlabyrinth.
• 552, rue de Montsauve, 30140 Générargues, Tel. 04 66 61 70 47, www.bambouseraie.net
Grotte de Trabuc
Die größte Höhle der Cevennen wird auch grotte aux 100.000 soldats genannt. Dicht an dicht stehen sie, nur wenig Zentimeter hoch, neben einer “Chinesischen Mauer” aus Stein in den gut zwölf Kilometer langen, unterirdischen Galerien.
• Route des grottes de Trabuc, 30140 Mialet, Tel. 07 87 39 06 24, www.grotte-de-trabuc.com

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Wir waren vor Jahren in der Bambouseraie mit unseren damals noch kleinen Kindern. Wir waren alle beeindruckt von der Vielfalt des Bambus. Einige winterharte Pflanzen aus der Bambusgärtnerei wachsen immer noch in unserem Garten.
Eine weitere Attraktion in der Gegend ist sicherlich der Train à Vapeur des Cevennes von Anduze nach St. Jean du Gard. Der Zug hält auch an der Bambouseraie. Ein schöner Ausflug mit einer Dampflok von Krupp und Wagen, die wie preussische Donnerbüchsen aussehen. Sie stammen nämlich von der Eisenbahn des Elsaß von Anfang des 20.Jahrhunderts. Die 2. Lok und der Triebwagen sind französische Bauarten.
Es lohnt sich!
PS: Habe mir “On va deguster la France” auf Deinen Tip hin gekauft, war aber geizig und nahm die französische Version. Ein “schreckliches” Buch, man kann sich herrlich drin verlieren und schmökern….
Danke für Deine Tipps, Gerd! Und ja, ein herrliches Buch!! Bises, Hilke
Toller Beitrag.
Danke Hilke.
Gern geschehen, lieber Gunter. Ich werde in diesem Jahr mehr Ziele vorstellen, die nicht im Fokus stehen oder eher abseits liegen, im Landesinnern wie an der Küste Viele Grüße! Hilke
Wir waren vergangenes Jahr da und haben Galette-Buchweizenpfannkuchen in der Spätsommersonne genossen. Auch der Freiluftmarkt mit der komischen Marktfraustatue ist in Erinnerung geblieben.
Hallo Reiner, das war ein schöner Tag voller Kontraste dort! Herzliche Grüße an die Elbe! Hilke