
Midi moins le quart, noch nicht ganz im Süden, liegt das Bergland der Cevennen im Südosten des Massif Central mit seinen schroffen Gipfeln, tiefen Tälern, grünen Wiesen und ausgedehnten Wäldern.
Sieben große Flüsse
Die raue Berglandschaft rund um den Mont Lozère (1700 m) und Mont Aigoual (1545 m) durchziehen sieben große Flussadern, eben sept veines (fluviales) – und gaben den „Ce-vennen“ ihren Namen.
Die Hand auf seinen Stock gestützt, erzählt Benjamin Sergé Cavaillac von den Ursprüngen der Gipfel, die ihn umgeben. Seit mehr als zehn Jahren zieht der Schäfer mit seiner Herde über die Wiesen und Weiden ringsum.
Transhumanz aus Tradition
Obgleich der Tourismus auch in den Cevennen immer stärker an Bedeutung gewinnt, dominiert in den dünn besiedelten Bergen bis heute die traditionelle Landwirtschaft. Dazu gehört auch die Transhumanz.
Über alte Viehwege (drailles) ziehen die Herden im Juni von ihren Winterquartieren im Tal hinauf zu den Sommeralmen der Berge Mont Lozère und Mont Aigoual, auf denen zwischen Kalk, Gneis und Granit würzige Kräuter und saftige Gräser wachsen.
Ziegen & Zwiebeln
Céline Moureves ist Herrin über 90 Ziegen. Zweimal täglich werden sie gemolken. Aus ihrer Milch fertigt die 37-Jährige kleine, nur 60 g schwere Käsetaler: Pélardon – der erste und bislang einzige AOC-Käse des Languedoc.
Für den südfranzösischen Dichter Frédéric Mistral war der weiche Ziegenfrischkäse der Inbegriff der Cevennen. Er nahm den trocken-würzigen Taler prompt in sein provenzalisch-französisches Wörterbuch auf. Nicht, ohne den intensiven Geschmack zu betonen.
Da der Pélardon nicht lange aufbewahrt werden konnte, verließ der runde, flache Käse erst in den 1960er-Jahren seine Heimat und wurde überregional bekannt. Das lag vor allem an Wiederbelebung und Professionalisierung der Ziegenzucht zu dieser Zeit durch „Aussteiger“.
Als „Neo-Rurale” hatten nicht wenige von ihnen der Stadt den Rücken gekehrt und ihren Traum vom Leben auf dem Lande in den weiten, wilden Cevennen verwirklicht.
Ihre Schwester Francine pflanzt in Saint-Martial auf kleinen Terrassen die zweite geschützte Spezialität der Region: oignons doux, Süßzwiebeln. Alle drei sind typische „Cevenoles“, raue und doch sehr herzliche Menschen, die aus Überzeugung das harte bäuerliche Leben ihrer Vorfahren fortführen und bewahren.
Bis heute sind Anbau und Verarbeitung Handarbeit, anstrengend und zeitintensiv. Sobald der Schnee geschmolzen ist, recken die Zwiebeln ihre hellgrünen Schösslinge aus der kargen Erde.
Den ganzen Sommer über reifen sie auf den Terrassen in der Sonne. Erst im Herbst werden sie geerntet. Und wird dann in Saint-Martial auf dem Markt der L’Oignon doux des Cévennes groß gefeiert.
Roh oder gekocht kommt sie auf den Tisch, als Confit ins Glas – gewürzt mit Koriander, weißen Rosinen, Honig, Thymian oder einigen Spritzern Aceto Balsamico.
Wer mehr über die Zwiebel mit der seidigen Haut erfahren will, folgt der Route de l’Oignon doux des Cévennes. Von Valleraugue verläuft sie über die Passhöhen Col du Pas und Col de l’Espinasse nach Saint André de Valborgne, l’Estréchure, Col du Mercou, Soudorgues, Lasalle und Saint-Martial.
Liebeskummer? Ab in die Cevennen!
Angelockt von den Bergen wurde auch Robert Louis Stevenson. 1878 – Griechenland erklärt der Türkei den Krieg, Papst Pius IX. stirbt nach 32-jähriger “Regentschaft” – leidet der Autor der Schatzinsel unter Liebeskummer. Als einzigen Ausweg sieht der junge Mann eine Wanderung durch die Cevennen.
Fasziniert vom Volksaufstand der Camisarden, beginnt der 27-Jährige mit einem Packesel und einem Buch über die Pastoren des „Désert“ im Gepäck am 22. September 1878 seine Wanderung bei Le Puy-en-Velay.
Zwölf Tage lang marschierte der Schriftsteller durch das Zentralmassiv und durch die herbe Landschaft der Margeride, aßt bei Bauern und schlief in einfachen Gasthöfen. Auf dem Pilgerweg Chemin de Regordane erreichte er schließlich in Saint-Jean-du-Gard die „Cevennen der Cevennen“.
Seinen Spuren folgt heute als Stevenson-Weg der 252 km lange GR 70. Wie einst könnt ihr Esel zum Gepäcktransport mieten. Und alle Genüsse der Cevennen so besonders nachhaltig erleben.
Cevennen: meine Reisetipps
Ansehen
Zwischen dem Causse du Larzac und dem Causse de Blandas hat die Vis tiefe Schluchten in das Kalkplateau eingegraben. Eine seiner Fluss-Schleifen wurde dabei vor rund 6.000 Jahren abgeschnitten.
Der Fluss floss dort nicht mehr im Bogen, sondern stürzte sich als Wasserfall über die Kalksteinklippe: der Cirque de Navacelles, heute ein Grand Site de France, war entstanden. Den besten Überblick auf das Naturwunder bietet sich vom 3 km entfernten Belvédère de Blandas.
Zum Mont Aigoual, der im 19. Jh. wieder aufgeforstet wurde, windet sich die D 48 als 15 km lange Panoramastrecke. Haltet am Aussichtspunkt Belvédère de la Cravate.
Oder folgt dem Sentier des 4000 Marches. Er verbindet Vallerauge (340 m) mit dem Gipfel des Mont Aigoual (1567 m). Dabei präsentiert er die typischen Landschaften der Cevennen: Kastanienhaine, Heide, Buchen- und Tannenwälder. Sportliche können Ende Juni beim Wettrennen La Montée des 4000 Marches mitmachen.
Fantastisch ist auch die Fernsicht vom 1.567 m hohen Gipfel, dessen Wetterstation ein kleines Museum birgt mit alten Messinstrumente, Messdaten und Fotos des Massivs vor der Wiederaufforstung.
Cevennen-Orte
Ein typisches Cevennendorf ist Vialas, wunderschön ist auch Montdardier. In Saint-Laurent-le-Minier wurden seit dem Mittelalter Gold und Silber, aber auch Kupfer, Blei, Eisen und Zink abgebaut.
Hier findet ihr auch einen der schönsten Freiluftpools Frankreichs: die Kaskaden der Vis. Herrlich! Und verpasst auch nicht Le Vigan mit seiner berühmten Bogen-Brücke, die seit dem 14. Jahrhundert die Arre überspannt.
Museen
Der Esskastanienanbau, die Seidenraupenzucht und andere traditionelle Wirtschaftszweige der Cevennen dokumentiert auf drei Etagen das Musée Cévenol.
• 1, rue des Calquières, Le Vigan, Tel. 04 67 81 06 86, https://museecevenol-levigan.jimdo.com
Das Musée de la Soie erläutert nicht nur Geschichte und Technik der Seidenherstellung, sondern lädt ein, auch einmal selbst sich in der Seidenzucht zu versuchen – die Eier dazu werden Ende April verkauft und bei Bedarf auch per Post versandt.
• Place du 8 Mai, Saint Hippolyte du Fort, Tel. 04 66 77 66 47, www.museedelasoie-cevennes.com
Aktiv erleben
Durch den Nationalpark führen fünf Großwanderstrecken (Grande Randonnée, kurz GR), der Themenweg “Auf den Spuren Stevensons in den Cevennnen”, die „Rundtour auf dem Causse Mejean“ sowie eine Vielzahl kürzerer Wanderstrecken.
Geführte Ausritte bietet u. a. der Reiterhof Cheval Vert.
• Arrigas, Tel. 04 67 82 05 59, www.chevalvert.com
Zahlreiche Flussbadestellen im Tal der Vis und der Tessonne.
Veranstaltungen
Halbmarathon (Le Vigan, Apr.), Fête de la Transhumance (Espérou, Mitte Jun.), Festival du Vigan (Jul./Aug)
Schlafen
Château Massal
Françoise du Luc hat ihren Familiensitz Château Massal für Gäste geöffnet und empfängt sie zum Aperitif im Salon. Die vier Zimmer im Schlossturm sind geräumig, komfortabel und voller nostalgischem Charme, zum opulenten Frühstück gibt es feinstes Porzellan und Silberbesteck.
• Le Village, D 999, 30120 Bez-Esparon Tel. 04 67 81 07 60, www.cevennes-massal.com
Schlemmen & genießen
Maronencreme
Die Kastanien sind die Brotbäume der Cevennen. Ihr Mehl ist eine glutenfreie sowie basische Alternative zu herkömmlichem Weizenmehl. Ihre Frucht machte Clément Faugier zur Leckerei. 1882 erfand er ein industrielles Verfahren für die Herstellung der glasierten Maroni, die bereits am Hof von Ludwig XIV. sehr geschätzt waren.
Drei Jahre später kam er auf die Idee, wie er den Bruch nutzen könnte, der bei der Herstellung der glasierten Früchte entstand. Er ließ den Bruch zerkleinern, versetzte ihn mit Maronenmark, Konfiseriesirup, Zucker und Vanille – voilà: Die berühmte Crème Marrons de l’Ardèche war erfunden. Einst gab es sie nur in der berühmten Büchse, heute auch in kleinen Größen in der Tube.
La Raïolette
• Infos zur süßen Zwiebel der Cevennen gibt es hier: SCA Origine Cévennes Route de Valleraugue, Route de Valleraugue, 30570 St-André de Majencoules, Tel. 04 67 82 50 64, www.oignon-doux-des-cevennes.fr
• Märkte: Ganges, Fr. morgens (Mai – Okt.); Le Vigan, Di., Sa. morgens; St-Martial, So. (Jul/Aug.)
Regionale Produkte wie den Ziegenkäse Pélardon, süße Zwiebeln, Esskastanien verarbeitet Sirma Bamassé in “Le Jardin“ zu raffinierten Gerichten.
• 10, Rue du Four, 30120 Le Vigan, Tel. 04 67 81 28 96, www.resto-lejardin.fr
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Filmtipp
Mein Liebhaber, der Esel und ich*
Im Herbst 2020 begeisterte Regisseurin Caroline Vignal mit einer Komödie die Kinogänger, die Stevensons Eselswanderung aus Liebeskummer unterhaltsam im Heute neu erzählt. Die Handlung ist leichte Kost, die Landschaften und das Frankreich-Falir einfach hinreißend. Kurzum: Herzkino nicht nur in Corona-Zeiten.
Weiterlesen
Im Blog
Die Brotbäume und die Goldbäume der Cevennen habe ich euch hier vorgestellt.
Im Krimi: In tiefen Schluchten*
… und alten Gemäuern verbirgt sich so manch ein Geheimnis. Besonders im Vivarais, dem Rückzugsort von Rebellen und Hugenotten, die sich hier versteckten und an geheimen Orten ihre Gottesdienste abhielten. Als ein Holländer beim Erforschen der Höhlen verschwindet, ein Einheimischer auf seltsame Weise stirbt, als er erzählen will, und auch ihr eigenes Leben durch einen Fund in Gefahr gerät, beginnt Tori Godon zu ermitteln…
Ohne Brutalität, aber mit viel Spannung und Frankreich-Flair erzählt Cora Stephan aka Anne Chaplet diesen Krimi, der so fesselnd war, dass ich ihn an einem Stück verschlang – und erst nach Mitternacht einschlief. Wer mag, kann den Band hier* direkt online bestellen.
Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas Frankreich Süden (Okzitanien)*
Mein DuMont Bildatals Frankreich Süden (Okzitanien)* fängt zwischen Rhône und Garonne, Cevennen und Pyrenäen in sieben Kapiteln die Faszination der alten Region Languedoc-Roussillon in Wort und Bild ein – auch als eBook!
Von Montpellier, der Boomtown am Mittelmeer, bis zum römisch-romantischen Nîmes, von den Étangs bei Narbonne bis zur katalanischen Kapitale Perpinyà. Und noch ein Schlenker nach Carcassonne und Toulouse: voilà meine Herzensheimat! Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.
Kompakt & inspirierend: MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*
Den MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen* habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen mehrfach umfangreich erweitert und aktualisiert.
Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich in meinem Frankreichjahr neu entdeckt und getestet habe. Ein Online-Update-Service informiert euch über Events, Neueröffnungen und Schließungen informiert. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jeden Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights.
Dennoch: Das gut 560 Seiten dicke Werk ist der beste Führer für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.
Das ganze Land: MARCO POLO Frankreich*
Einfach aus dem Besten auswählen und Neues ausprobieren, ist das Motto der Marco Polo-Reiseführer. Den MARCO POLO Frankreich* habe ich gemeinsam mit Barbara Markert verfasst. Gleich zu Beginn geben wir unsere Insider-Tipps für Frankreich preis: vom größten Flohmarkt Europas in Lille bis zur Schwimmen in der Piscine Olympique in Montpellier.
Das Kapitel „Im Trend“ verrät, was es Neues zu erleben gibt im Hexagon. Alle Hintergrundinformationen zu Frankreich und seinen Menschen findet ihr unter Fakten, Menschen & News. Es folgen: Tipps für Bars und Boutiquen, Erlebnisse für Familien, Paare oder Alleinreisende. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
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Ich will nächstes Jahr in die Cevennen. Wir haben ein Haus für sechs in Uzes bebucht und werden es uns vier Wochen lang gut gehen lassen. Was wir auf jeden Fall machen werden, ist Lebensmittel vom Bauern zu besorgen versuchen. Unser Tick ist, nach ausgiebigem Frühstück erst nachmittags zu kochen. Dann schmeckt auch eine Gemüsepfanne himmlisch, ganz ohne Charolais-Steak oder Bressehuhn… Spaß beiseite, etwas zu essen, was Leute mit Liebe groß gezogen haben, die man kennengelernt hat, ist etwas Großartiges. Ich halte das für den Ferienhaustrend der Zukunft: Von und mit dem Land leben, das man besucht.
Cuisine du teroir nennen dies die Franzosen, und sie ist megalecker!
Ich war nun im Herbst 2017 tatsächlich dort. In Saint-Hilaire-de-Lavit, ein winziger Weiler in der nähe von Arles. Es lohnt sich, einmal diese noch recht einsame Gegend Frankreichs zu besuchen. Auf meiner Website findet ihr hierzu einen kleinen Reisebericht. Viel Spass!
merci, guck ich gleich mal!!
In die Cevennen wollte ich im Juni mal wieder…..
Hier fand ich einige Anregungen – Danke dafür!
gerne doch – da gibt es so viel zu entdecken. Bon voyage!
Gute Reise… ein wundervolles Gebiet!
Sehr schöne Anregungen für meinen Motorradurlaub im Herbst!
Hallo Ralf, wenn Du Lust hast, berichte doch dann mal – vielleicht in einem Gastbeitrag? Schönen Abend! Hilke