Aigues-Mortes: die südliche Stadtmauer. Foto: Hilke Maunder
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Aigues-Mortes: Juwel der Petite Camargue

1,6 Kilometer lang ragt sie aus dem sumpfigen Boden der Camargue auf. Wehrhaft, wuchtig, ein Bollwerk der Gotik: die Stadtmauer von Aigues-Mortes.

Damals endete sie direkt am Ufer einer großen Lagune. Kanäle verbanden sie mit dem Meer. Moore erstreckten sich ringsum.

Aigues-Mortes: neue Wohnviertel außerhalb der ummauerten Altstadt. Foto: Hilke Maunder
Brücken öffnen sich jenseits der Altstadt von Aigues-Mortes für Abstecher per Boot in weitere Stadtviertel und hinaus zur Camargue. Foto: Hilke Maunder

Damals, im Jahr 1240, hatte Ludwig der Heilige das Land erworben und begonnen, dort eine Bastide zu errichten. Denn der französische König brauchte unbedingt eines: einen Hafen am Mittelmeer. Denn es war die Zeit der Tempelritter und der Kreuzzüge gen Jerusalem.

Später wurden die Weine aus dem Languedoc über den Hafen exportiert. Mit dabei war der berühmteste Wein des Landstrichs: der vin de sable der Camargue. Doch davon später mehr.

Aigues-Mortes: Blick vom Kanal nach Aigues-Mortes auf die Stadtmauer der Altstadt mit Tour Constance. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes: die Stadtmauer der Altstadt mit der Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder

Das Land, das Ludwig in der Camargue kaufte, glich einem Keil zwischen zwei Machtblöcken. Die Provence gehörte zum Heiligen Römischen Reich, das Languedoc dem König von Aragón. Der französische König war dort ein machtpolitisch ein Winzling.

Aigues-Mortes: Blick von der Stadtmauer auf den Hafenkanal. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes: Blick von der Stadtmauer auf den Hafenkanal. Foto: Hilke Maunder

Doch seine Vision schuf Großes. Er ließ einen Damm aufschütten und darauf eine Straße anlegen. Sie bewachte die Tour Carbonnière.

Der Wachtturm erhebt sich mitten in den Salzmarschen an der Straße von Saint-Laurent-d’Aigouze nach Aigues-Mortes und eröffnet von seiner Aussichtsplattform herrliche Ausblicke auf die Petite Camargue.

Aigues-Mortes, Blick von der Stadtmauer über die Altstadt auf den Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes, Blick von der Stadtmauer über die Altstadt auf die Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder

Ludwigs neue Siedlung folgte dem Bauplan der südfranzösischen Bastiden, die überall im Mittelalter zur Grenzsicherung aus dem Boden schossen: mit rasterförmigem Straßennetz, zentralem Hauptplatz und schützenden Mauern.

Rauf auf die Stadtmauer ( remparts ) geht es neben der Tour de Constance. 30 Jahre war Frankreichs berühmteste Hugenottin dort im Dunkeln eingekerkert: Marie Durand.

Aigues-Mortes, nördliche Stadtmauer mit Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes: die nördliche Stadtmauer mit der Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder

Juwel im Salz-Reich

Die acht bis zehn Meter hohe Stadtmauer von Aigues-Mortes, die Ludwig ab 1040 erbauen ließ, umschließt die gesamte Altstadt. 1,6 bis zwei Meter dick sind ihre Mauern aus weißem Kalkstein, der in der Umgebung abgebaut wurde.

20 Türme und 9 Turmeingänge, die alle im Laufe der Jahrhunderte restauriert und erweitert wurden, besitzt der eindrucksvolle Mauerring um die cité von Aigues-Mortes. Von ihrem Wehrgang eröffnen sich traumhafte Ausblicke auf die Altstadt, die Camargue und die Salzberge der Salins du Midi.

F/Languedoc-Roussillon/Camargue: Aigues-Mortes, Turm an der östlichen Stadtmauer
Ein Wehrturm der östlichen Stadtmauer. Foto: Hilke Maunder

Seit März 2016 könnt ihr in Aigues-Mortes sogar einen Salzkegel besteigen und aus 20 Metern Höhe die Aussicht genießen – mit 60.000 Tonnen Salz unter den Füßen!

Die Salzberg-Besteigung ist eine der vielen Attraktionen der Salins du Midi und wird bei der Rundfahrt mit dem Petit Train angeboten.

Aigues-Mortes, Blick von der nördlichen Stadtmauer auf die südliche Stadtmauer und die Salzgewinnung der Saline du Midi. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von der nördlichen Stadtmauer von Aigues-Mortes auf die südliche Stadtmauer und die Salzgewinnung der Salins du Midi. Foto: Hilke Maunder

Hinein in die ville close !

Durch die Porte de la Gardette gelangt ihr ins Innere der ville close, der befestigten Altstadt, und geradeaus direkt zur Place Saint-Louis mit dem Denkmal des Stadtgründers. Saint-Louis (=Ludwig IX.) regierte von 1226 bis zu seinem Tod im Jahr 1270.

In den Sommermonaten, und besonders zur Fête Saint-Louis, pulsiert das Leben hier bis in den frühen Morgen. Die Tische, Stühle und Sonnenschirme der Terrassencafés drängen sich hier so dicht, dass das Denkmal des Stadtgründers im Grün der Platanen fast verschwindet.

Aigues-Mortes: Statue von Louis IX auf der Place St-Louis. Foto: Hilke Maunder
Die Statue von Louis IX. auf der Place Saint-Louis von Aigues-Mortes. Foto: Hilke Maunder

Direkt am Hauptplatz erhebt sich seit 1246 die Stadtkirche Notre-Dame-des-Sablons, in der auch Ludwig der Heilige gebetet haben soll, bevor er zum siebten Kreuzzug aufbracht.

Blick von der nördlichen Stadtmauer auf die Altstadt mit Trödlershop. Foto: Hilke Maunder
Blick von der nördlichen Stadtmauer auf die Altstadt mit Trödlershop. Foto: Hilke Maunder

Es sollte sein letzter sein. Mit seinem 10.000 Mann starken Heer traf er am 18. Juli 1270 in Tunesien ein, mitten in der Sommerhitze. Karthago war schnell erobert, doch in Tunis war der Widerstand stark.

Aigues-Mortes, Blick von der nördlichen Stadtmauer auf die südliche Stadtmauer und die Salzgewinnung der Saline du Midi. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von der nördlichen Stadtmauer auf die südliche Stadtmauer von Aigues-Mortes und die Salzgewinnung der Salins du Midi. Foto: Hilke Maunder

Statt schneller Eroberung war Belagerung angesagt. Das Trinkwasser fing zu faulen an. Nachts schleuderten die Tunesier Tierkadaver ins Lager. Seuchen brachen aus. Auch Ludwig IX. erkrankte.

Aigues-Mortes mit seinem Hafen und der Tour Constance. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes mit seinem Hafen und der Tour de Constance. Foto: Hilke Maunder

Am 25. August 1270 starb der Stadtgründer von Aigues-Mortes im Alter von 56 Jahren. 27 Jahre später sprach Papst Bonifatius VIII. den König heilig. Mit Aigues-Mortes hat er ein Juwel hinterlassen.

Im Sommer erdrückt es der Tourismus. Doch von September bis Mai könnt ihr das Städtchen ganz entspannt genießen!

Aigues-Mortes: Blick von der Stadtmauer auf den Canal du Rhône à Sète. Foto: Hilke Maunder
Aigues-Mortes: Blick von der Stadtmauer auf den Canal du Rhône à Sète. Foto: Hilke Maunder

Das Reich des vin de sable

Zwischen Aigues-Mortes und Les Saintes-Marie de la Mer erstreckt sich das Reich des Sandweins, der einst über den Hafen von Aigues-Mortes in alle Welt verschifft wurde.

Er ist ein richtiger Sommerwein, der vin de sable. Elegant ist er, duftig, säurearm und garantiert ohne zugesetztes Schwefeldioxid.  Seine Reben wachsen auf den sandigen Küstenebenen des Golfe de Lion. Dort ist der Boden resistent gegen die Reblaus.

In der Kühle der Nacht werden die Trauben für den Sandwein ab Mitte August geerntet. Im Keller werden sie sofort auf eine Temperatur unter zehn Grad Celsius gekühlt, gepresst, fermentiert und auf Flaschen gezogen. Als Grande Cuvée Blanc schimmert die Komposition aus Chardonnay, Sauvignon und Grenache Blanc goldgelb im Glas.

Hier wachsen die Trauben für den vin de sable, den Sandwein der Camargue. Foto: Hilke Maunder
Hier wachsen die Trauben für den vin de sable, den Sandwein der Camargue. Foto: Hilke Maunder

Poppig im Tetrapak

Berühmtester Sandwein ist der Pink Flamingo. Der lachsfarbene Rosé aus Grenache mit Carignan und Cinsault zur Abrundung stammt von Listel. Das größte Weingut der Region bietet auf seiner Domaine de Jarras ein komplettes Erlebnispaket zum Sandwein an.

Von der zweistündigen Zugfahrt durch die Rebgärten über die Besichtigung des Weinkellers bis zur anschließenden Verkostung könnt ihr den Sandwein mit allen Sinnen entdecken. Wer mag, kann auch bei der Lese mit anpacken.

Sandwein gibt es bei Listel auch im Tetrapak. Foto: Hilke Maunder
Sandwein gibt es bei Listel auch im Tetrapak. Foto: Hilke Maunder

Vom Salz bedroht

Doch in der Petite Camargue gefährdet immer stärker der wachsende Salzgehalt im Boden die Zukunft dieser Weine. Allein in diesem Sommer verschwanden 500 Hektar Weinberge auf der dem Meer abgewonnenen Sandinsel im Rhône-Delta.

Das sind schlechte Nachrichten für den IGP Sable de Camargue, der im Laufe des Jahres 2022  den Status einer AOC erhalten soll. Dazu muss das Dekret noch im Journal Officiel veröffentlicht und von Europa abgesegnet werden.

Insgesamt vermarkten 103 Winzer und Erzeuger in der Petite Camargue jedes Jahr 200.000 Hektoliter Sandweine. Rund 20 Millionen Euro beträgt ihr Umsatz. Doch wie lange noch, wenn die Böden nun versalzen.

500 Hektar Weinland weniger: Das entspricht dem Verschwinden von rund 20 Prozent der Weinberge. Sie bedecken dort 2800 Hektar. Noch. Denn der Sommer 2022 hat die jahrhundertelange Tradition infrage gestellt.

In diesen Fässern reift bei Listel der <em>vin de sable</em>. Foto: Hilke Maunder
In diesen Fässern reift bei Listel der vin de sable. Foto: Hilke Maunder

Sandwein degustieren

• Listel Quai Jarras, Route du Grau du Roi, Aigues-Mortes, Tel. 04 66 51 17 00, www.listel.fr

• Domaine du Petit Chaumont, Rond Point D 62, Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 60 63, www.petitchaumont.com

• Caveau Les Sablons, Maison du Terroir des Sables, Route d’Arles, Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 75 20, www.caveaulessablons.fr

• Caveau du Chêne, Mas du Petit Pin, Montcalm, Vauvert, D 58, Tel. 04 66 73 51 67

• Domaine de Montcalm, Montcalm, Tel.  04 66 73 51, https://www.facebook.com

• Domaine de Pive, Mas Le Pive, 30600 Montcalm, Tel. 04 67 88 80 00

Aigues-Mortes: meine Reisetipps

Schlafen & schlemmen

Hôtel Les Remparts*

Am einstigen Standort der Kavallerie betreiben Karine und Thomas Carrière ein charmantes wie ruhiges Hotel mit 12 Zimmern, die Komfort, Nostalgie und Moderne perfekt vereinen. Bei gutem Wetter könnt ihr draußen mit Blick auf die Stadtmauer speisen.
• 6, place Anatole France,  30220 Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 82 77, www.remparts-aiguesmortes.fr

Direkt an der Stadtmauer mit der Tour de Constance findet ihr das Hôtel des Remparts. Foto: Hilke Maunder
Direkt an der Stadtmauer mit der Tour de Constance findet ihr das Hôtel Les Remparts. Foto: Hilke Maunder

Weitere Unterkünfte*

Booking.com

Schwarze Stier am Kanal: Bei einer Bootsfahrt ab Aigues-Mortes könnt ihr sie sehen. Foto: Hilke Maunder
Schwarze Stiere am Kanal: Bei einer Bootsfahrt ab Aigues-Mortes könnt ihr sie sehen. Foto: Hilke Maunder

Nicht verpassen

La Maison du Grand Site de France de la Camargue Gardoise

Die Maison du Grand Site de France de la Camargue Gardoise stellt das Wirken des Heiligen Ludwig und anderer Menschen, die die Camargue geprägt haben, in der Ausstellung heraus. Auch hier gehört ein Entdecker-Pfad zum Komplex.
•  Route du Môle, Aigues-Mortes, Tel. 04 66 77 24 72, www.camarguegardoise.com

Nougat-Träume bei einem Pâtissier in Aigues-Mortes. Foto: Hilke Maunder
Nougat-Träume bei einem Pâtissier in Aigues-Mortes. Foto: Hilke Maunder

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Weiterlesen

Im Blog

Wie die berühmte Salzblume gewonnen wird, verrate ich in diesem Beitrag, der auch Adresse und Reisetipps rund ums Salz enthält.

Die Camargue gehört administrativ zu Arles. Mehr über die flächenmäßig größte Kommune Frankreichs erfahrt ihr hier.

In der Petite Camargue könnt ihr herrlich radeln! Eine Naturrunde zu Wein und Flamingo habe ich hier vorgestellt.

In der Camargue werden Stiere gezüchtet auf Höfen, die sich Manade nennen. Foto: Hilke Maunder
Manades nennen sich die Höfe, auf denen die Stiere der Camargue gezüchtet werden. Foto: Hilke Maunder

Aus der Camargue stammen die besten Kampfstiere Frankreichs. Gezüchtet werden sie von den manadiers. Hier gibt es Infos und Impressionen!

Seit 1933 bringt euch die Kabelfähre Bac du Sauvage ans andere Ufer des Petit Rhône hin nach Les Saintes-Maries-de-la-Mer. Was es dort zu erleben gibt, steht hier.

Auf dem Kirchdach von Notre-Dame de la Mer in Saintes-Maries-de-la-Mer. Foto: Hilke Maunder
Auf dem Kirchdach von Notre-Dame de la Mer in Saintes-Maries-de-la-Mer. Foto: Hilke Maunder

Im Buch

MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*

Diesen Titel habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen seit sechs Ausgaben umfangreich erweitert und aktualisiert.

Strandvergnügen und Kultur, quirlige Städte und wildromantische Landschaften: Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich neu entdeckt und getestet haben. Denn dieser Landstrich ist seit 2014 meine zweite Heimat.

Wandert rund um den Mont Lozére, radelt durch die Petite Camargue, schippert im Hausboot auf dem Canal du Midi, taucht mit der Zahnradbahn in die faszinierende Tropfsteinwelt der Cevennen ein oder entdeckt die Côte Vermeille bei einer Schnorchelwanderung. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.

Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*

Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2021 in 9. Auflage erschienen.

Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.

Okzitanien abseits GeheimtippsOkzitanien:50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.

Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker!  Hier* gibt es euren Begleiter.

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