Turenne und seine Burg. Foto: Hilke Maunder
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Turenne – Bilderbuchdorf mit Burg

Turenne! Zehn Jahrhunderte war dies eine mächtige vicomté, die über das Limousin, das Périgord und das Quercy herrschte. Tief mit dem Dorf verbunden ist das Schicksal von Eleonore von Aquitainien. Mit 13 Jahren erbte sie große Herzogtums Aquitanien. Am 25. Juli 1137 wurde sie mit Ludwig VII., dem zweitgeborenen Sohn des Königs, verheiratet.

Als wenige Tage nach der Trauung der König starb, war Eleonore die Königin von Frankreich. Ludwig war fromm, Eleonore lebensfroh, die Ehe ein machtpolitisches, freudloses Kalkül. Erst nach sieben Jahren kamen Kinder: zwei Mädchen. Die Ehe kriselte, ein Thronfolger fehle. 1152 folgte die Annullierung der Ehe bereits zwei Monate später heiratete den englischen König Heinrich II Plantagenet. Gemeinsam regierten sie ein riesiges Reich von Schottland bis zu den Pyrenäen.

Ein Staat im Staat

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Der strategische Schachzug erzürnte Ludwig VII. Um einen französischen Fuß in diesem „englischen“ Teil zu behalten, verlieh der Heilige Ludwig dem Vicomte von Turenne Regalrechte. Und damit zu einem Steuerparadies, das sich über 80 Kilometer erstreckte. Sie machten aus der Vicomté einen Staat im Staat. Erst  1738 trat der Vicomte de Turenne das Gebiet an Ludwig XV. ab. Die Vicomté wurde daraufhin Teil der französischen Krone.

Natursteinfassade, Schieferdach und Buntglasfenster: ein Bürgerhaus von Turenne. Foto: Hilke Maunder
Natursteinfassade, Schieferdach und Buntglasfenster: ein Bürgerhaus von Turenne. Foto: Hilke Maunder

Auch die Religionskriege hinterließen blutige Spuren in der Geschichte von Turenne als Zufluchtsort von Protestanten. Umso erstaunlicher ist es, wie schmuck und intakt Turenne sich heute präsentiert. Hoch auf einem auf Felskegel weht die Fahne der berühmten Vicomté im Wind.

Turenne: ein Dorf, das bereits aus der Ferne ein Hingucker ist. Besonders schön ist der Blick auf Turenne von der Départementsstraße D 8. Schöne Blicke auf den Kalkkegel mit seinem alten Dorf eröffnen sich auch von der Straße zum Bahnhof.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Wehrhaft in Stein

Alte Steinhäuser aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, die mit Türmchen oder Wachtürmen verziert sind, klettern den Hang empor. Dann wieder säumen einfache Wohnhäuser mit schiefergedeckten Dächern die alten Gassen. Nur selten ist Fachwerk zu sehen.

Den einzigen Zugang zur Burg gewährt die Tour de la Poudrière. Heute verschließt sie eine alte Holztür. Auf mein Klingeln öffnet sie Monsieur aus der Ferne. Mit Schlapphut, Eimer und Handschaufel kommt er mir entgegen: Camille Zambaux (75), der Schlossherr von Turenne.

Camille Zambaux, der Burgherr von Turenne. Foto: Hilke Maunder

Ein hochgewachsener Franzose mit wachen Augen, verschmitztem Lächeln und ganz bürgerlichem Hintergrund. Camille war Englischlehrer an einem Gymnasium in Paris, als seine Großeltern vor 20 Jahren starben – und er das Burgschloss von Turenne erbte. Seitdem zeigt er Gästen den Donjon, den Burgturm und den Garten, den er liebevoll pflegt.

Der Bergfried der Burg. Foto: Hilke Maunder
Die Tour de Calvaire erhebt sich am Aufgang zur Burg. Foto: Hilke Maunder

Stammsitz auf der Spitze

Die Burg von Turenne wurde erstmals im 8. Jahrhundert n. Chr. vom fränkischen König Pippin dem Kurzen erwähnt. Letzterer vermachte das Schloss dem ersten Grafen von Quercy, Immon. Der Sohn des Grafen, Raoul de Quercy, und seine Frau Aiga übernahmen das Schloss nach dem Tod seines Vaters.

Die Burg Die Burg von Turenne und ihr Dorf. Foto: Hilke Maunder ihr Dorf. Foto: Hilke Maunder
Die Burg von Turenne und ihr Dorf. Links die Tour César, rechts der Donjon. Foto: Hilke Maunder

Im 9. Jahrhundert wurde die Burg, die damals von König Pippin II. von Aquitanien bewohnt wurde, von dem Sohn Karls des Großen, dem neuen König der Franken, Ludwig dem Frommen, erobert.

Zur gleichen Zeit wurden die Reliquien des Heiligen Martial, des Schutzpatrons von Limoges, in die Burg gebracht, um sie vor den Angriffen der Wikinger zu schützen.

Der Blick auf den Burggarten vom Privatgarten des Schlossherrn. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf den Burggarten vom Privatgarten des Schlossherrn. Foto: Hilke Maunder

Ende des 9. Jahrhunderts ging die Burg in den Besitz der Grafen von Turenne über. Damit begann die Jahrhunderte lange Herrschaft der Vizegrafen von Turenne, die ihren Stammsitz immer wieder den wechselnden Bedürfnissen anpasste.

Mächtige Vizegrafen

Hier wohnt Camille. Foto: Hilke Maunder
Hier wohnt Camille. Foto: Hilke Maunder

Besonders Raymond I. de Turenne baute die Verteidigungsarchitektur des Schlosses massiv aus und verwandelte es in eine mächtige mittelalterliche Festung. Der Vizegraf führte auch die Münzproduktion ein, eine Tätigkeit, die die Grafen von Turenne fast drei Jahrhunderte lang fortsetzten!

Hier wohnt Camille Zambaux privat. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Während des Mittelalters wurde die Vicomté de Turenne dank der Kreuzzüge und des Konflikts zwischen den Kapetingern und den Plantagenets zu einem echten Feudalstaat und einer Großmacht in Frankreich, die völlig autonom und frei von der französischen Königsmacht war.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Die Grafen von Turenne zahlten keine Steuern an den König und handelten als Herrscher über ihre Ländereien. Sie erhoben Steuern, prägten Münzen und regierten einen Staat im Staat, der völlig autonom und unabhängig war.

Konflikte mit dem König

Der Ausblick aufs Dorf von der Burgmauer. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick aufs Dorf von der Burgmauer. Foto: Hilke Maunder

Trotz dieser Autonomie von der königlichen Macht gab es reichlich Turbulenzen und Konflikte. Ende des 13. Jahrhunderts wurde daher die Vizegrafschaft von Turenne vom König in zwei Gebiete aufgeteilt.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Die Tochter von Raymond IV. erhielt den westlichen Teil. Ihrem Neffen wurde der östliche Teil zugeteilt, zu dem auch Turenne und seine Burg gehörten. Erst Ende des 15. Jahrhunderts wurden die beiden Territorien wieder vereinigt.

Nachdem die Grafschaft Turenne fast 700 Jahre lang frei gewesen war, wurde sie 1738 zusammen mit dem Schloss an die französische Krone verkauft. Ludwig XV. ordnete schließlich den Abriss an. 1753 begann er.

Die salle des gardes der Burg von Turenne. Foto: Hilke Maunder
Die salle des gardes der Burg von Turenne. Foto: Hilke Maunder

Imposantes Trio

Von dem einst so majestätischen Bauwerk sind daher heute nur noch die Grundmauern und drei imposante Türme erhalten. Am Burgaufgang steht bis heute die Tour de la Poudrière, der Pulverturm

Der runde Nordturm Tour César stammt aus dem 13. Jahrhundert. Im Innern führt eine schmale Wendeltreppe hinauf aufs Dach. Aus 20 Metern Höhe eröffnet der einstige Wachtturm weite Blicke über die Turenne.

In der salle des gardes der Burg versteckt sich hinter einer Schranktür dieser Essensaufzug. Foto: Hilke Maunder
In der salle des gardes der Burg versteckt sich hinter einer Schranktür dieser Essensaufzug. Foto: Hilke Maunder

Zeitreise im Bergfried

Im Süden der Burg wurde im 14. Jahrhundert der Donjon, auch Tour du Trésor oder Tour de l’Horloge genannt, erbaut. Flankiert von dicken Strebepfeilern, ist die Wachstube erhalten geblieben, die von einem imposanten Spitztonnengewölbe überragt wird. Heute könnt ihr dort eine Sammlung von Salztruhen aus der Zeit Ludwigs XIII. sowie Möbel und andere Gegenstände aus der damaligen Zeit entdecken.

Blütenträume à la française

Auch Rosen blühen im Schlossgarten. Foto: Hilke Maunder

Das einst große wie prächtige Hauptgebäude ist nicht mehr erhalten. Auf seinen Ruinen entstand ein prächtiger französischer Garten mit einem Parterre im englischen Stil. Nahezu jeden Tag verbringt Camille dort, schneidet verwelkte Blüten ab, pflanzt und jätet. Der Garten ist seine Passion.

Buchsbaum säumt die drei Rasenflächen. Dahlien, Rosen und Nelken blühen auf zwei langen Blumenbeeten. Lavendel duftet, eine große Kiefer wiegt sich vor der Tour César in der sanften Brise. Hoch stehen Zedern Spalier vor einem Staudenbeet.

Foto: Hilke Maunder
Der Rückweg von der Burg zurück ins Dorf: die Rue Droite. Foto: Hilke Maunder

Der Zauber alter Gassen

Einfach zauberhaft ist auch das Burgdorf mit seinen alten Gassen. Ganz in der Nähe der Burg lohnt die Kapuzinerkapelle einen Schlenker. Im Sommer sind im ehemaligen Kloster aus dem 17. Jahrhundert Ausstellungen zu sehen.

Auf der Rue Droite, die steil vom Schloss bergab führt, kommt ihr zur Place de la Halle, einem kleinen, malerischen Platz mit dem charmanten Bistro de Turenne, das bei den ersten warmen Tagen seine Tische und Stühle auf Pflaster stellt.

Die <em>Place de la Halle</em> von Turenne. Foto: Hilke Maunder
Die Place de la Halle von Turenne. Foto: Hilke Maunder

Turenne: meine Reise-Infos

Ansehen

Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten führt ein markierter Stadtrundgang. An zehn Stationen präsentiert euch der circuit du patrimoine die Geschichte des Ortes. Unterwegs eröffnen sich immer wieder schöne Ausblicke.

Der Stadtrundgang durch Turenne. Foto: Hilke Maunder
Der Stadtrundgang durch Turenne. Foto: Hilke Maunder

Schlemmen

La Vicomté

Typische französische Gerichte in gemütlichem Ambiente mit Holztischen und -stühlen und Kamin im Winter, im Sommer auch draußen auf der Terrasse.
• Place de la Halle, 19500 Turenne, Tel. 035 55 85 91 32, www.lavicomte.com

Café Raymond

Hier trifft sich Turenne vom ersten Kaffee bis zum letzten Absacker.
• Rue Commandant Charollais,19500 Turenne, Tel. 05 55 85 92 99,

Schlafen

Malerisch: <em>La maison des chanoines </em>. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: La maison des chanoines . Foto: Hilke Maunder

La Maison des Chanoines

Sprossenfenster, Wendeltreppe und Wasserspeier: Dieses Stadtpalais aus dem 16. Jahrhundert hat das Erbe von einst mit dem Komfort von heute vereint. Seit vier Jahrzehnten führen Chantal und Claude Cheyroux im Haus ihrer Großeltern dieses charmante Hotel mit geräumigen Zimmern und guter Küche. Wer mindestens zwei Nächte bleibt, kann in ihrer Ferienwohnung die Infrarotsauna und das nordische Bad genießen.
• 29, Rue Joseph Rouveyrol, 19500 Turenne, Tel. 05 55 85 93 43, www.maison-des-chanoines.com

Le Clos Marnis

In einem schönen Natursteingebäude, das die Confrèrie des pénitents blancs im Jahr 1711 am Rande des Dorfes erbaute, hat Isabelle Crouchet fünf Gästezimmer für ein bis drei Personen geschmackvoll eingerichtet – und verwöhnt sie abends mit köstlicher Küche bei der table d’hôte. Eigene Parkplätze.
• Bourg, 19500 Turenne, Tel. 05 55 22 05 28, http://closmarnis.online.fr

Die <em>Rue de la Gavotte</em>. Foto: Hilke Maunder
Die Rue de la Gavotte. Foto: Hilke Maunder

Wandern

Turenne ist Etappe mehrerer Weitwanderrouten. Die Grande Randonnée (GR) 46 verbindet Tours (Indre-et-Loire) mit Toulouse (Haute-Garonne).

Die Grande Randonnée du Pays (GRP) 480 führt vorbei an Collonges-la-Rouge, Curemonte und Beaulieu-sur-Dordogne, die ebenfalls zu den plus beaux villages den France gehören, in die Schluchte der Cère.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

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Turenne. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: das Burgdorf Turenne. Foto: Hilke Maunder

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Collonges-la-Rouge. Foto: Hilke Maunder

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