Wehrhaft: das Schloss von König René in Angers. Foto: Hilke Maunder
|

Angers: Kultur, Geschichte, Genuss!

Bienvenue in Angers! In der Antike war Juliomagus mit seinen 60 Hektar wichtiger als Lutetia. Paris wurde Frankreichs Hauptstadt, Juliomagus als Angers die Residenz des guten Königs, Roi René. Seine imposante Burg ist das Wahrzeichen der Stadt am Zufluss der Maine in die Loire.

Die Burg von Angers

Der gute König René blickt von seiner Burg hinüber zur Stadtkirche von Angers. Foto: Hilke Maunder
Der gute König René blickt von seiner Burg hinüber zur Stadtkirche von Angers. Foto: Hilke Maunder

Das innerhalb von nur zehn Jahren ab 1228 erbaute Schloss Angers ist mit seinen 17 Türmen ein Musterbeispiel der Militärarchitektur. Seine Strenge erinnert daran, dass das Château d’Angers ein wichtiger Wachposten der Kapetinger vor den Toren der Bretagne war, die auf der anderen Seite der Maine begann.

Von außen ist ihre Burg eine eindrucksvolle Festung. Doch sobald ihr ihre Tore hinter sich gelassen habt, ist sie prächtig: mit Gärten, die staunen lassen, der Schlosskapelle und dem Logis des Châtelet mit seinen vielen Türmen. Ein moderner Bau birgt die 100 Meter langen Wandteppiche des Mittelalters zur Apokalypse.

Die 17 Wehrtürme der Burg waren einst viel höher als heute. Während der Religionskriege ordnete Heinrich III. die Zerstörung der Festung an, aus Angst, Angers könnte in die Hände der in Saumur ansässigen Protestanten fallen. Aber Gouverneur Donadieu de Puycharic opferte nur den oberen Teil der insgesamt Türme und ihre Pfefferkistendächer.

Blick vom Wehrgang auf die Maine. Foto: Hilke Maunder
Blick vom Wehrgang auf die Maine. Foto: Hilke Maunder

Ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt neben der Schlosskapelle ein moderner Bau. Er birgt im Innern ein Welterbe: die Wandteppiche zur Apokalypse, eine faszinierende Arbeit aus dem Mittelalter. Sie wurden im späten 14. Jahrhundert in Auftrag gegeben und zeigen Szenen aus der Offenbarung des Johannes.

Das Böse bedroht das Gute: ein Motiv des Wandteppichs L’Apocalypse. Foto: Hilke Maunder
Die Sünder schmoren in der Höhle: ein Motiv des Wandteppichs L'Apocalypse. Foto: Hilke Maunder
Zur Strafe schmoren die Sünder in der Höhle, zeigt der Wandteppich L’Apocalypse. Foto: Hilke Maunder

Tipp

Spaziert auch einmal durch die douves, den früheren Schlossgraben. Von dort eröffnen sich herrliche Panoramablicke über das rechte Ufer der Maine.

Angers: Am Ufer der Maine machen bis heute Binnenschiffer fest. Foto: Hilke Maunder
Angers: Am Ufer der Maine machen bis heute Binnenschiffer fest. Foto: Hilke Maunder

Die Burg von Angers markiert das Westende des historischen Zentrums. Im Osten endet der Wallgraben und die anschließende Grünanlage mit der Promenade Jean Turc an einem Brunnen, von dem aus die Montée Saint-Maurice mit vielen Stufen hinaufführt zur Cathédrale Saint-Maurice.

Sie markiert das östliche Ende der Altstadt und wurde ab dem 12. Jahrhundert errichtet. Beim Bau des Westportals waren auch Steinmetze und Maurer des Westportals der Kathedrale von Chartres beteiligt.

Die Treppe von der Cathédrale Saint-Maurice zur Maine. Foto: Hilke Maunder
Die Treppe von der Cathédrale Saint-Maurice zur Maine. Foto: Hilke Maunder

Die Kathedrale von Angers

Die Kathedrale von Angers liegt genau rund 400 Meter vom Château und von der Maine entfernt – auf dem mit 60 Metern über Normallnull höchsten Punkt der Stadt.

Der Sakralbau gilt als Meisterwerk der angevinischen Gotik und integriert dabei noch Elemente der Romanik, was durchaus nicht untypisch ist für diesen Stil. Mit circa 17 Metern Über­wöl­bungs­spann­weite ist sie die brei­teste Hal­len­kir­che in Frank­reich. Drinnen birgt sie mehrere eindrucksvolle Wandteppiche.

Der Blick vom Wehrgang des Château d'Angers auf die Cathédrale Saint-Maurice
Der Blick vom Wehrgang des Château d’Angers auf die Cathédrale Saint-Maurice. Foto: Hilke Maunder
Die Kathedrale von Angers. Foto: Hilke Maunder
Das Westwerk der Kathedrale von Angers. Foto: Hilke Maunder
Altar und Chor der Cathédrale Saint-Maurice in Angers. Foto: Hilke Maunder
Altar und Chor der Cathédrale Saint-Maurice in Angers. Foto: Hilke Maunder

Tipp

Moderne Wandteppiche zeigt das Musée Jean Lurçat im Hôpital de Saint-Jean aus dem 12. Jahrhundert. Jean Lurçat gehört zu den berühmtesten zeitgenössischen Teppichkünstlern und hat auch in der Cité de la Tapisserie von Aubusson seine Spuren hinterlassen. Das Museum findet ihr im  Doutre-Viertel am anderen Ufer der Maine.
• 4, bouevard d’Arago, 49100 Angers, Tel. 02 41 24 18 48, https://musees.angers.fr

Angers: Wandteppiche schmücken die Cathédrale Saint-Maurice. Foto: Hilke Maunder
Angers: Wandteppiche schmücken die Cathédrale Saint-Maurice. Foto: Hilke Maunder

Unterwegs in der Altstadt

Die Kathedrale grenzt an die Place Sainte-Croix mit ihrem Karussell und der Maison d’Adam, die heute als Maison des Artisans Schaufenster der Kreativen aus Angers ist. Die Maison d’Adam ist das schönste der etwa vierzig Fachwerkhäuser, die es noch in Angers gibt. 1494 wurde es für den örtlichen Apotheker gebaut.

Seine Holzpfosten ziert eine bunte Parade von Figuren, heilig wie heidnisch. Neben der Jungfrau, Engeln der Verkündigung und dem Heiligen Georg sind auch ein Liebespaar, ein Flötenspieler, Chimäre und andere mystische Tiere zu sehen.

Doch alle diese Figuren übertrifft der unglaubliche Père Tricouillard, der als Hochrelief an der Hauskante sein Gesäß und seine Genitalien zeigt. Von der Straße aus sieht es aus, als hätte er drei Hoden!

Die Aktstadt von Angers birgt noch viele stille Gassen und lauschige Plätze. Foto: Hilke Maunder
Die Altstadt von Angers birgt noch viele stille Gassen und lauschige Plätze. Foto: Hilke Maunder
In der Altstadt von Angers. Foto: Hilke Maunder
In der Altstadt von Angers. Foto: Hilke Maunder

Über die Rue Chaperonnière kommt ihr, vorbei an zahlreichen Geschäften, zur Place du Ralliement, wo sich seit 1791 das aus Tuffstein und behauenem Stein erbaute Grand Théâtre erhebt. Nach einem Brand, der das ursprüngliche Gebäude zerstörte, wurde es 1871 zunächst von Lucien Botrel, dann von Auguste Magne wieder aufgebaut.

Heute beherbergt es die Bühne von Angers Nantes Opéra und unterhält mit einem abwechslungsreichen Programm mit Oper, Theater, Konzerten von Klassik bis Jazz, Tanz, Ausstellungen und Konferenzen. Mit dem Theater, den Terrassen der Restaurants und Cafés und dem Kaufhaus Galeries Lafayette ist dieser Platz der Treffpunkt der Stadt.

Wer aufregende aktuelle Produktionen entdecken möchte, pilgert seit mehr als zehn Jahren ins Doutre-Viertel, wo das Kulturzentrum Le Quai ein aufregend anderes Programm bietet – mit Theater, Tanz, Zirkus, Musik und mehr.

Moderne Kunst und altes Erbe: In Angers kein Gegensatz, sondern eine spannende Harmonie. Foto: Hilke Maunder

Die Museen von Angers

Nicht nur bei Regenwetter lohnen die Museen von Angers einen Besuch. Wer nur Zeit für ein Museum hat, sollte sich das Musée des Beaux-Arts von Angers ansehen. Draußen vor dem Kunstmuseum der Stadt steht seit 2017 wieder der 1992 aus Resin geschaffene Arbre-Serpent von Niki de Saint Phalle.

Diese mehrfarbige Statue, zugleich als Brunnen konzipiert , stellt einen Baum dar, dessen Zweige in Schlangenköpfen enden.
Schlangen übten auf dieKünstlerin zugleich Schrecken und Faszination aus. Sie begriff die Tiere als eine unbezwingbare Urgewalt.

Indem sie selbst Schlangen herstellte, konnte sie die Angst, die sie in ihr auslösten, in Freude verwandeln. Mit kraftvollen, funkelnden Farben spiegelt die Skulptur diese Freude – und wird als Zwitter aus Schlange, Baum und Wasser Symbol der unbändigen Energie von Leben.

Der Eingang zum Musée d'Angers. Foto: Hilke Maunder
Der Eingang zum Kunstmuseum von Angers. Foto: Hilke Maunder

Die Abteikirche von Toussaint aus dem 13. Jahrhundert birgt unter einem kühnen, modernen Glasdach aus dem Jahr 1984 dieWerke von  Pierre-Jean David, bekannt als David d’Angers (1788-1856).

Zeichnungen, Medaillons, Statuetten und Skulpturen aus Gips, Marmor oder Bronze dokumentieren hier die Geschichte dieses Bildhauers und seines Schaffens.

Das moderne Glasdach des Musée David d'Angers. Foto: Hilke Maunder
Das moderne Glasdach der Galerie David d’Angers. Foto: Hilke Maunder

Antike mediterrane, präkolumbianische und asiatische Zivilisationen könnt ihr im Musée Pincé entdecken. Es residiert im Hôtel de Pincé. Das wunderschöne Stadtpalais aus der Renaissance wurde Ende des 19. Jahrhunderts in ein Museum umgewandelt.

Das Naturkundemuseum von Angers besitzt zwei – und mit dem Planetarium sogar künftig drei Standorte. Im Hôtel Demarie-Valentin, dem ehemalige Grafenpalast im Stadtzentrum,  wird das lokale Naturerbe sowie die Lebens- und Vorgeschichte des Anjou vorgestellt.

Das Arboretum Gaston Allard birgt die botanischen Sammlungen der Stadt Angers. Mehr als 350.000 Herbariumproben spiegeln die Pflanzenwelt im 19. und 20. Jahrhundert.

Der Blauregen blüht in der Altstadt von Angers. Foto: Hilke Maunder
Der Blauregen blüht in der Altstadt von Angers. Foto: Hilke Maunder

Angers: meine Reisetipps

Was könnt ihr in der Partnerstadt von Osnabrück entdecken, unternehmen und erleben? Voilà meine Tipps!

Genießen

La Confiserie du Roy René

Die Confiserie du Roy René ist eine Institution in Angers. Foto: Hilke Maunder

Seit 1920 die Anlaufstelle für alle, die gerne naschen.
• 5, rue des Lices, Tel. 02 41 96 45 20

Pâtisserie Laurent Petit

Laurent Petit hat mit seiner Tuff’line die Tuffsteinhöhlen im Loiretal in eine köstliche Nascherei zur Kaffeezeit verwandelt. Ihr Herz aus Himbeerfruchtpaste umhüllt ein marshmallowartiger Schaumzucker, der sich hinter einer Hülle aus weißer Schokolade versteckt.
• 4, rue Saint-Aubin, 49100 Angers, Tel. 02 41 88 87 15, www.facebook.com/PatisserieLaurentPetit

Cointreau

Auch der Orangenlikör Cointreau kommt aus Angers. Foto: Hilke Maunder
Auch der Orangenlikör Cointreau kommt aus Angers. Foto: Hilke Maunder

Angers ist seit 1849 Heimat des beliebten Orangenlikörs Cointreau. Für eine Soupe Angevine paart er sich mit kühl prickelndem Crémant von der Loire, einigen Spritzern Zitrone und etwas Zuckerrohrsirup.

Ein weiterer kulinarischer Botschafter aus Angers: Menthe-Pastille als Likör und Lutschpastille. Foto: Hilke Maunder

Rillauds

Rillauds sind kleine Stücke vom Schweinebauch einschließlich der Schwarzte, die in Angers früher heiß zum Sonntagsfrühstück genossen wurden – in Saumur hingegen kalt.

Und wie es sich für Frankreich gehört, gibt es natürlich auch für diese regionale Spezialität eine astronomischen Bruderschaft, die die Rillauds feiert und vermarket: die  1973 in Brissac gegründeten Confrérie des Faiseux de Rillauds d’Anjou. Sie organisiert in Brissac am ersten  Sonntag im Juli eine Rillaudée mit Wettbewerb der Wurstwarenhändler, Schlemmermarkt und Gourmetfest.

Rillauds aus Angers. Foto: Hilke Maunder
Beliebter Snack: Rillauds. Foto: Hilke Maunder

La guinguette Chez Jojo

Seit 1959 wird hier nur wenige Meter vom Loire-Ufer das Tanzbein geschwungen – dass die Taverne schon mehrfach überflutet wurde, sieht man ihr nach der Renovierung nicht an. Die Terrasse ist überdacht, der Blick auf die Loire einfach traumhaft!
• Lieu dit Chaloché, 49320 Saint-Saturnin-sur-Loire, Tel. 02 41 54 64 04

Le Théatre

Die riesige Brasserie mit 350 Plätzen und Sommerterrasse ist vom Frühstück bis zum letzten Absacker Treff der Stadt.
• 7, place du Ralliement, Tel. 02 41 24 15 15

Shopping

Die längste Einkaufsstraße von Angers ist die Rue Saint-Aubin mit französischen Modemarken wie Saint-James, Armor Lux, trendigem Streetwear vom Atelier Fishbrain (Nr.31) und verführerischer Lingerie von Darjeeling (Nr. 42).

Stylische Taschen, auch mit Leo-Print, findet ihr bei Paul Marius (Nr. 34). Alles dran, alles drin, gilt für die Rue des Poëliers mit ihrem perfekten Mix an Bars und Boutiquen, Cafés und coolen Shops wie Les P’tites Cailles (Nr.6) mit ausgefallenem Schmuck.

Samstagvormittags wird auf der Place Imbach ein großer Wochenmarkt abgehalten. Mittwochs und Samstags ist Marktzeit auf der Place Lafayette. Antiquitäten findet ihr in der Rue Toussaint.

Mein Mitbringsel-Tipp

La Livre Tournoi

Die zart schmelzende Münze aus Bitterschokolade, Kaffee und Orangen wird 1807 von der Confiserie Poirault (6, rue Nationale) handgemacht. Nicht minder verführerisch: die Sucres d’orge (Vanillebonbons), Muscadines (Mandeltrüffel) und Pruneaux farcis (gefüllte Pflaumen in Rum).

Hier könnt ihr schlafen*

 

Im Sommer blühen die Stockrosen im Schlosspark von Angers. Foto: Hilke Maunder
Im Sommer blühen die Stockrosen im Schlosspark von Angers. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Im Buch

Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Mit dabei sind auch Senlis, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren … oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den eiin Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert