Rodez: Auf den Spuren von Pierre Soulages
Als Meister der Schwarztöne wurde er weltberühmt: Pierre Soulages. Im Herzen des Aveyron wurde er 1919 geboren. 2022 verstarb er dort, 102 Jahre alt. Bereits seit Ende 2014 präsentiert in seiner Heimatstadt Rodez ein erstaunliches Museum sein Leben und Werk.
Ein Leben zwischen Licht und Dunkel
Soulages erblickt am Heiligen Abend 1919 in Rodez das Licht der Welt. Im Alter von 18 Jahren besucht Soulages während eines kurzen Aufenthalts in Paris zwei Ausstellungen, die für ihn eine Offenbarung sein sollten: Cézanne und Picasso. Sie prägten seine Berufswahl.
Soulages studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Montpellier. In den 1940er-Jahren stieg der junge Mann zum Vorreiter der abstrakten Malerei auf. Tuschezeichnungen, Kohlezeichnungen, abstrakte Gemälde, schwarze oder braune kalligrafische Zeichen nehmen die weiße Oberfläche ein. Schwarz gebiert Weiß, das Dunkel das Licht. Und vice versa.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit lebte zunächst in Paris, ließ dann 1959 ein Atelier in Sète errichten und teilte seine Zeit zwischen den beiden Städten auf. Ab 1947 nahm Pierre Soulages an zahlreichen Gruppenausstellungen in Frankreich und im Ausland teil. Zahlreichen Einzelausstellungen folten. Nach Séoul und Peking organisierte das Museum für moderne Kunst in Paris 1996 eine umfassende Retrospektive des Werks von Soulages.
Soulages arbeitete auch für das Theater. Zu Beginn der 1950er Jahre schuf er ein großes Werk mit Gravuren und Lithografien. Im Jahr 1957 entdeckte er die Technik des erodierten Kupfers, die zu einem wichtigen Bestandteil seiner grafischen Kunst werden sollte. Er fertigte Wandteppiche an und entwarf 1987-1994)die Glasfenster für die Abtei Sainte-Foix in Conques. 1976 schuf Soulages seine ersten Bronzen.
Pierre Soulages: Abstraktes in Schwarz und Weiß
Im Jahr 2005 überließen der Maler und seine Frau Colette der Stadt Rodez im Jahr eine der umfangreichsten Sammlungen, die je ein Künstler zu Lebzeiten vermachte.
Ihr Wert wird auf rund 35 Millionen Euro geschätzt. Unter den 500 Ausstellungsstücken befinden sich neben 21 großflächigen Leinwandarbeiten alle Kupferstiche, Lithografien und Siebdrucke von Soulages.
Hinzu kommen etwa hundert Malereien auf Papier, Bronzearbeiten und dem druckgrafischen Werk. Ein eigener Raum ist sämtlichen Vorarbeiten für die Fenster der Abtei von Sainte Foy in Conques gewidmet.
Als ich vierzehn Jahre alt war, entschied ich mich vor der Abteikirche von Conques, dass mich im Leben nur die Kunst interessieren würde (…). Conques ist der Ort meiner ersten künstlerischen Emotionen (…).
Von Anfang an war ich nur von dem Willen beseelt, dieser Architektur, wie sie uns überliefert ist, zu dienen, indem ich die Reinheit der Linien und Proportionen, die Modulationen der Steintöne, die Ordnung des Lichts und das Leben eines so besonderen Raums respektiere. Weit entfernt von jedem rekonstruierten, nachgeahmten oder erträumten Mittelalter suchte ich mit den Technologien unserer Zeit nach einem Glasprodukt, das mit der Identität dieser sakralen Architektur des 11. Jahrhunderts und ihrer künstlerischen Emotionskraft in Einklang steht.
Pierre Soulages
Die Abteikirche von Conques ist ein Meisterwerk der westlichen Romanik am Jakobsweg nach Santiago de Compostela. 1986 beauftragte das französische Kulturministeriums den Künstler, 104 neue Glasfenster für die Église Sainte-Foy zu entwerfen.
Um das Licht gebaut
2008 wurde ein Architekturwettbewerb ausgelobt für das Soulages-Museum, das ursprünglich 2011 eingeweiht werden sollte. Doch erst 2014 öffnete es im Stadtgarten Foirail seine Tore für Besucher.
Seine markante Architektur mit rostbraunem Kortenstahl schuf das katalanische Architektenbüro RCR Aranda Pigem Vilalta. Im Einklang mit der Malerei von Soulages bauten sie das Museum „um das Licht“.
Als Reverenz an Soulages‘ Malerei mit schwarzen Balken auf hellem Grund entwarfen die Katalanen das Museum als strengen Glas- und Stahlbau aus fünf Baukörpern, lauter Parallelepipeden mit einer Grundfläche von rund 4.600 Quadratmetern.
Der Bau ist ein architektonischer Hingucker. Überraschend groß dominiert er die Nordseite zur Avenue Victor Hugo. Auskragende Volumen und nach hinten versetzte Fenstern prägen dort die Fassade. Auf der südlichen Seite zum Park zeigt sich der Bau gescheidener. Mit drei Metern Höhe passt er sich der Höhe der Bäume an, die in teilweise verdecken. Hier befindet sich die Eingangshalle.
Auf im Innern dominiert Stahl. Hang, Treppen, Fußböden, Wände, sogar die Sitzecken sind daraus gefertigt. Die sieben Säle gehen offen ineinander über und sind doch visuell getrennt. Rollos verschatten die Fenster. Völlig ohne Tageslicht kommt die Grafiksammlung aus, die in den Hang hineingebaut wurde.
Meisterhaft setzt die Architektur das Spiel von Licht und Dunkel in Soulages Werk um- 2015 wurde der Bau mit dem Premio de Arquitectura Española Internacional ausgezeichnet.

Das Café der Sterneköche
Aus dieser Basis erheben sich für einzelne Baukörper mit weitem Blick in die Landschaft des Aveyron, in der der Künstler aufgewachsen ist. Integriert in das Museum ist das Café Bras der Chefköche Michel und Sébastien Bras. Für ihr Restaurant in Laguiole erhielten sie drei Michelinsterne. In Rodez setzt Christophe Chaillou ihre Küche um – im Comptoir mit Bistronomie, im Restaurant mit einer Gastronomie, die bestimmt ist vom saisonalen Angebot des Wochenmarktes von Rodez.
Rodez: viel mehr als Soulages
Das Museum von Pierre Soulages, dessen Architektur im Entwurf beim Volk massiv umstritten war, ist heute ein Publikumsmagnet. Es liegt inmitten eines Stadtviertels, das in den letzten Jahren mit prägnanter Architektur ein neues Aussehen erhalten hat. Und kaum ahnen lässt, dass Rodez auch ein sehenswertes Zentrum mit einer kleinen Altstadt besitzt.
Hin führen vom Museum die sanierte Avenue Victor Hugo und die Spazierwege im Jardin du Foirail mit seinem Musikpavillon.
Das alte Herz von Rodez erstreckt sich jenseits der imposanten Kathedrale aus Buntsandstein. Der Bau der Cathédrale Notre-Dame de Rodez begann 1277 – und endete erst im 16. Jahrhundert. Nach drei Jahrhunderten Bauzeit entstand eine der imposantesten gotischen Kathedralen in Südfrankreich. Ihre festungsartige Westfassade war einst Teil der Stadtmauer.
Der Glockenturm der Kathedrale überragt die Place de la Cité. Foto: Hilke Maunder
Ihr Glockenturm ist das Werk des Architekten Antoine Salvanh, der ihn parallel zu den Arbeiten am Chor vollendete. Der 87 Meter hohe Turm wurde zwischen 1513 und 1526 auf Wunsch des Bischofs François d’Estaing errichtet.
2002 startete das regionale Denkmalschutzamt Conservation Régionale des Monuments Historiques eine Ausschreibung. Die Kathedrale sollte wieder Glasfenster erhalten, die dem Gebäude würdig seien. Als Sieger ging Stéphane Belzère hervor. Für den 1963 geborenen Künstler handelte es sich dabei um seinen ersten öffentlichen Auftrag.
Von 2022 bis 2007 schuf er sieben Glasfenster in den Chorkapellen nach einem festgelegten ikonografischen Programm. Bei der Ausfertigung arbeitete Belzère mit dem Atelier Duchemin zusammen.
Die traditionelle christliche Darstellung verschmilzt in diesen Fenstern mit modernen Bildern, die den Fluss des Lichts illustrieren und das Immaterielle darstellen. Die Kirchenfenster von Stéphane Belzère sind integriert in den Parcours Art dans l’espace public en Aveyron (Kunst im öffentlichen Raum im Aveyron).
Markierter Stadtrundgang
An der Place de la Cité, dem großen Stadtplatz neben der Kathdrale, beginnt ein markierter Rundgang durch die Innenstadt von Rodez. Die ehemalige Festungsstadt gallischen Stammes Ruthenen hat in ihrem historischen Zentrum zahlreiche Gebäude bewahrt, die aus Rotsandstein erbaut wurden, der hier in der Erde steckt.
Währen des 300 Jahre dauernden Baus der Kathdrale entstand im 15. Jahrhundert das Kanonikerhaus. Es war Domizil und Artbeitsplatz der Kanoniker und damit jener Kleriker, die mit der Verwaltung der Diözese betraut waren.
Der Sandsteinbrunnen im Innenhof ist mit den Symbolen der Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela geschmückt: der Jakobsmuschel und der Hummel. Rodez ist bis heute ein Etappenort des von Le Puy-en-Velay ausgehenden Jakobsweges.
Stadtpaläste der Renaissance
Der circuit du centre historique führt euch auch zu einem bemerkenswerten Stadtpalais der Renaissance. Das Hôtel de Jouéry aus dem 14. /15. Jahrhundert ist heute integriert in das Musée Fenaille.

Der Stolz des Museums für Archäologie und Stadtgeschichte ist eine Sammlung von Menhirstatuen. Sie wurden vor etwa 5000 Jahren gemeißelt und gehören zu den ältesten bekannten Monumentalstatuen in Westeuropa.
Der Rundgang durch das Museum zeigt die Geschichte des Rouergue in vier großen Themenbereichen. Er beginnt mit den Menhirstatuen, zeigt dann das antike Rodez, die Rouergue im Mittelalter und in der Renaissance – eine spannende Zeitreise!

Rodez: meine Reisetipps
Schlemmen und genießen
La Maison
Seit 2018 ist das trendige Restaurant von Luc Pourrat, gebüritg aus Rodez, und seiner Partnerin Chloé Tatin aus Royan die Adresse für kreative Schlemmereien aus aller Welt. Ihr Motto: Bienvenue ailleurs !
• 8, Rue Louis Oustry, 12000 Rodez, Tel. 05 32 41 23 27, www.facebook.com
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Soulages…hm…habe ja schon öfter seine schwarzen Werke angucken (müssen), tut mir leid, den Künstler kann mir keiner schönreden… Da bleibe ich bei Raymond Peynet!
Sonnige Grüsse aus Antibes !
Danke für den Tipp zu Robert Peynet, liebe Gitte! Muss ich gleich mal online angucken! Bises und viele Grüße nach Antibes! Hilke
Bonjour! Mehrmals im Jahr (schon seit nunmehr 30 Jahren) fahren wir auf dem Weg zu unserem Ferienhaus im Südwesten an Rodez vorbei. Dabei haben wir dort schon das eine oder andere Mal Halt gemacht und z.B. die Kathedrale besichtigt. In diesem Jahr besuchten wir endlich auch das musée Pierre Soulages. Mein Mann war zunächst skeptisch („fast alles nur schwarz?“), dann aber recht schnell überzeugt. Durch die tolle Lichtführung entsteht eine wirklich magische Stimmung und gerade die großformatigen Werke sind sehr beeindruckend. Wir sind restlos begeistert, auch von dem Gebäude an sich! Wie schön, dass der Maler die Eröffnung des Museums noch erleben konnte – inzwischen ist er 102 Jahre alt.
Die Architektur ist wirklich beeindruckend – ein ganzer Bau aus Kortenstahl an einem Park mit Hang – das hat schon etwaas! Viele Grüße! Hilke
Ein Mittags-Menü im Café Bras würde ich mir bei der Gelegenheit nicht entgehen lassen. Köstliche und raffinierte Speisen zu einem erreichbaren Preis. Preislich also nicht bei drei Sternen, weil es ja ein Museums-Café ist. Fabelhafte Weine. Unbedingt reservieren!
Gestärkt kann man anschließend in die zweite Besuchsrunde dieses außerordentlich inspirierenden Museums starten und seine Eindrücke vertiefen.
Regine
Danke für den Tipp, liebe Regine! Achtung: Das Museumscafé ist montags geschlossen! Viele Grüße! Hilke
Hat dies auf Hilke Maunder rebloggt.