Wein & Welterbe: bei Vauban in Blaye
Eine riesige Zitadelle ist das Wahrzeichen von Blaye, mit seinen Tropfen des Blayais der Gegenpol zum Médoc am linken Ufer der Gironde.
Noch bis in die 1970er-Jahre waren die châteaux im Médoc hermetisch abgeriegelt. Erst mit Cazes und dem Village de Bages merkten die Weinbarone, dass sich mit Weintourismus auch gutes Geld verdienen lässt, und einige weitere öffneten ihre Anwesen fürs Volk.
Auf dem rechten Ufer der Gironde geht es jedoch schon immer traditionell offen und familiär zu. Zwischen dem rechten und linken Ufer schippert von früh bis spät eine Autofähre von TransGironde und verbindet Lamarque mit Blaye.
Seit Jahrhunderten umkämpft
Blaye, sagen die Etymologen, erhielt seinen Namen vom römischen Castrum Blavia, dessen Namen zusammengezogen wurde aus Belli Via – „Wege des Krieges“. Gekämpft wurde auch nach Abzug der Römer aus ihrem Castrum viel: Vandalen, Westgoten, Sarazenen, Normannen.
Und auch Roland, Heerführer Karl des Großen. Immer wieder wurde Blaye militärisch befestigt, um- und ausgebaut, ehe der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs kam: Vauban.
Das „Verrou Vauban“
Sein Ziel: die Handelsstadt Bordeaux besser zu schützen. Nur 15 Tage lang brauchte Vauban, um vor Ort 1625 die wahrhaft genialen Verteidigungsanlagen zu entwerfen.
Die bestehende Zitadelle auf einem 45 Meter hohen Felsdorn ließ er verstärken, auf 33 Hektar erweitern und an die neueste Wehrtechnik anpassen. Und das so geschickt, dass es keinen toten Winkel mehr für die Schützen der Verteidigungstürme gab.
Der Ausbau und die Verstärkung der Festung dauerten nur drei Jahr (1626 – 1629). 2000 Einheimische mussten dafür kostenlos schuften. Das waren sie dem König schuldig. Ebenfalls zwangsverpflichtet zum Bau wurden die Soldaten.
Das Festungs-Trio
Da die Kanonen mit 600-800 Meter damals eine zu geringe Reichweite hatten, um den drei Kilometer breiten Fluss abzudecken, bauten Vauban und sein Ingenieur François Ferry zwei weitere Festungen.
Der Zitadelle von Blaye steht am rechten Ufer, das Fort Médoc gegenüber. So konnten sie auch einen Feind auf dem Wasser unter Beschuss nehmen.
In der Mitte der Gironde errichteten sie auf einer Sandbank ohne festen Untergrund das mit Kanonen bestückte Fort Pathé, eine bautechnische Meisterleistung!
Mit diesen drei Bollwerken schuf Vauban die Voraussetzung, den Feind ins Kreuzfeuer zu nehmen. Der Zugang zu Bordeaux war damit versperrt. Die dreiteilige Festungsanlage ist in Frankreich einzigartig und gehört seit 2008 zum Welterbe.
Entdecken könnt ihr ihre Bastionen, Wehrgängen, Tunnel und Kavernen nur auf Führungen, die beim Office de Tourisme beginnen. Dann kommt ihr auch bei den Schafen vorbei, mit denen heute das Grün der Anlage natürlich kurz gehalten wird. Unterwegs begegnen euch dann vielleicht auch noch die Eulen, die sich in den Kasematten recht wohlfühlen.
Markttreiben und alte Gassen
Zu Füßen der Festung ist mittwochs und sonnabends Markt. Im Juli und August locken Nachtmärkte mit Freiluftkino. Auf der Fassade des gotischen Presbytère Saint Romain aus dem 14. Jahrhundert haben die Abgase der vielen Fahrzeuge, die Blaye passieren, ihre dunklen Spuren hinterlassen.
Auch in den alten Gassen der Innenstadt ist der Zahn der Zeit deutlich zu sehen. Je weiter ihr euch von der Zitadelle entfernt, umso ärmlicher wirkt die Stadt, die noch zahlreiche alte Ladenfronten und Fassaden birgt – wunderschön! Auch die Erker, Balustraden und Balkone lohnen den Blick nach oben!
Wenig bekannt sind auch die Weine aus dem Blayais, die ihr alljährlich Anfang April auf der Messe Printemps des Vins de Blaye kosten und kaufen könnt.
Kein Winzer, sondern ein gewiefter Unternehmer mit ausgeprägtem Sinn für Geschäft und Show ist Patrick Macé. Der Patron des Château Le Marquis de Vauban ist ein Schwergewicht im Weintourismus.
Die Weine von Vauban
Mehr als eine Million Besucher besuchen alljährlich das Weingut. Und das meist organisiert. In großen Gruppen kommen Kreuzfahrer und Ausflügler per Bus, sehen einen Film, erfahren von weiblichen Guides mit Schärpe Wissenswertes zum Weingut und erleben per Pferdekutsche oder Minizug die Rebgärten.
Danach genießen sie gemeinsam im Keller das Winzermahl déjeuner vigneron. So gestärkt, shoppen sie schließlich in der Boutique, wo es auch die Geschenkbox des Weinguts gibt – mit Wein, lokalen Spezialitäten und Gutschein für einen Châteaubesuch.
Patrick Macé kaufte das alte Weingut der Duc du Saint-Simon, das im Barock den Sonnenkönig mit körperreichen Roten belieferte, zur Millenniumswende. Und beantragte als erstes, den Namen zu ändern.
2002 wurde, eine Seltenheit im Bordelais, dies durch den Winzerverband CIVB genehmigt. 2013 fand ein internationaler Vauban-Kongress auf dem Weingut statt.
„Dabei haben wir doch eigentlich gar nichts mit dem Festungsbaumeister gemein außer dem Namen“, freut sich Monsieur Macé und begrüßt die nächste Gruppe. 600 Meter trennen das Weingut von der Zitadelle.
Blaye: meine Reisetipps
Süßes Souvenir
Pralines de Blaye
So heißen karamellisierte Mandeln hier! Die leckersten fertigt der pâtissier Jacques Brégier. 1649 hatte der Maréchal de Plessis-Praslin die Zuckernüsse seinen Gästen vorgesetzt. Die jurats aus Bordeaux waren begeistert. Und schwärmten so sehr von dem Naschwerk, dass es die Welt eroberte.
• 15, cours de la République, 33390 Blaye, Tel. 05 57 42 09 76
Wein
Die Weine von Blaye, Cadillac, Castillons, Sainte-Foy und Francs werden seit 2009 als Côtes de Bordeaux vermarktet. Zur AOP gehören 9000 Weinproduzenten, die auf 10.000 Hektar Rebfläche rund 500.000 Hektoliter Wein jährlich keltern. 97 Prozent der Tropfen sind Rotweine. Jeder der fünf Orte darf seinen Namen vor die AOP-Bezeichnung setzten, beispielsweise Blaye Côtes de Bordeaux.
Erleben
Wochenmarkt
Mittwoch, Sonnabend, 8.30 – 13.00 Uhr, Allée des Soupirs
Printemps des Vins de Blaye
Frühjahrs-Weinmesse, alljährlich Anfang April
Jumping International de Blaye
Internationale Springreiten im breiten Festungsgraben der Zitadelle, www.jumpingdeblaye.fr
Nicht verpassen!
L’Ange Bleu
In Frankreichs größtem Cabaret erleben bis zu 1200 Zuschauer zum köstlichen Dîner seit 2016 die Show Éternité.
• 47, rue de Gueynard, 33240 Gauriaguet, Tel. 05 57 68 07 07, www.angebleu.fr
Hier könnt ihr schlafen
Clos Réaud de la Citadelle
Was für ein traumhafte idyllische chambres d’hôtes! Die sehr herzlichen portugiesischen Gastgeber – Silva und ihr Mann – haben in Laufnähe zur Zitadelle ein ländliches Anwesen aus dem 18. Jahrhundert in ein nostalgisch-edles Idyll verwandelt.
Freut auch auf geräumige Zimmer, aus denen ihr auf ihren 5000 Quadratmeter großen Park schaut. Außenpool und Spa, Leihräder und Billard gehören zum Aktivangebot. Mit einem wahrhaft königlichen Frühstück beginnt der Tag.
• 8, rue des Maçons, 33390 Blaye, Tel. 06 99 44 43 34, www.closreaud-citadelle.com
Hôtel La Citadelle
Moderne Komfortzimmer, Pool und Paradeblick von der Restaurantterrasse auf die Gironde: eine schöne Adresse in Blaye – und mitten in der Zitadelle!
• Rue des Minimes, 33390 Blaye, Tel. 05 57 42 17 10, www.hotelcitadelleblaye.com
Noch mehr Betten*
Gefällt Dir der Beitrag? Dann sag merci mit einem virtuellen Trinkgeld.
Denn nervige Banner oder sonstige Werbung sind für mich tabu.
Ich setze auf Follower Power. So, wie Wikipedia das freie Wissen finanziert.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.
Weiterlesen
Im Blog
Im Buch
Marcus X. Schmid, Südwestfrankreich*
Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll.
Ich kann ihn aus ganzem Herzen empfehlen, denn auch in diesem Band zu Südwestfrankreich sind tolle Tipps enthalten. Auch kritische Anmerkungen fehlen nicht. Kurzum: ein Reiseführer, der grundehrlich das Reisegebiet vorstellt – ohne versteckte Promotions.
Der gebürtige Schweizer, Jahrgang 1950, lebt heute als Autor und Übersetzer in der französischsprachigen Schweiz. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
* Durch den Kauf über den Partner-Link kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !
Offenlegung
Bei meinen Recherchen unterstützte mich Gironde Tourisme mit Kost, Logis und unglaublich kenntnisreichen, hilfsbereiten und herzlichen Mitarbeitern von den Fremdenverkehrsämtern vor Ort.
Ihnen allen sage ich merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
Hallo
Wenn Sie auch mal über Rollstuhlfahrer
übernachten könnten
Mfs
Lieber Herr Cramer, danke für die Anregung! Vielleicht helfen Ihnen ja diese Infos weiter, die ich im Blog auf den Reisetipps von A – Z vorgestellt habe;
Barrierefrei reisen
Frankreich ist EU-weit Vorreiter beim barrierefreien Urlaub. Bereits 2001 wurde dort mit dem Label Tourisme et Handicap ein Qualitätssiegel für stressfreies, barrierefreies Reisen eingeführt wurde.
Nirgendwo in Europa gibt es so viele plages accessibles, behindertengerechte Strandzugänge, wie an Frankreichs Küsten – am Mittelmeer, Atlantik und Ärmelkanal.
Und im Winter? Da unterrichten speziell geschulte Skilehrer Gäste mit Handicap – und gibt es Skirollstühle im Schnee. An öffentlichen Einrichtungen – vom Amt bis zum Museen – sind behindertengerechte Zugänge über Rampe oder Fahrstuhl Pflicht.
Bus und Bahn haben Rampen zum Rausfahren für Fahrgäste mit Handicap. Wo sie fehlen, informieren Klingeln in rolli-gerechter Höhe, das Hilfe benötigt wird – in From einer Rampe oder ähnlichem.
Doch was am meisten auffällt: Die Franzosen sind rücksichtsvoll gegenüber Menschen mit Behinderten und zögern nicht, mitzuhelfen beim Überwinden eines Hindernisses, das allein nicht bewältigt werden kann.
Die EU treibt einheitliche Standards für barrierefreies Reisen voran. 2019 wurde mit dem European Accessibility Act die Barrierefreiheit für alle EU-Staaten bindend festgeschrieben. Seitdem müssen zum Beispiel Fahrkartenautomaten oder Geldautomaten die Möglichkeit bieten, dass z. B. Sehbehinderte ihre eigenen Kopfhörer einstecken können, um den Audio-Anweisungen zu folgen.
Ob und wo sich rollstuhlgerechte Hotels, Restaurants, Bushaltestellen, Museen und andere Stätten befindet, verrät http://www.wheelmap.org. Die Online-Karte bewerte die Zugänge mit einem Ampelsystem. Praktisch: die kostenlose App (iOS/Android; https://news.wheelmap.org/en/apps).
Infos zu Bahnreisen mit Handicap in Frankreich findet ihr auch hier. Die Webseite der Staatsbahn SNCF zum barrierefreien Bahnreisen lässt sich mit deepl.com sehr gut übersetzen.
Eine sehr gute Übersicht zum barrierefreien Reisen findet ihr hier: http://www.tourisme-handicaps.org/les-labels/les-sites-labellises
Beste Grüße, Hilke Maunder