Paul Scotti und die Perle de Carteau
„Da draußen liegt die Heimat der Perle de Carteau„, sagt Paul Scotti. In der Ferne säumen die Öltanks und Hafenkräne von Fos-sur-Mer und Port-de-Bouc den Horizont. Windräder drehen sich am Ufer. Das Stahlwerk von Mittal Méditerranée verstärkt die industrielle Szenerie.
Eine Army-Cap auf dem Kopf, stellt Paul Scotti Körbe, Taue und einige eckige Gitterkästen ins offene Boot. Dann wirft er den Yamaha-Außenborder an und fährt hinaus.
Port-Saint-Louis-du-Rhône wird zu einem Streifen niedriger Häuser, aus denen einzig der Leuchtturm herausragt. Trübe wälzt sich die Rhône mit ihren Sedimenten ins Mittelmeer.
Scotti war 2010 Präsident der Coopaport gewesen, der Genossenschaft der Muschelzücher an der Anse de Carteau. 2010 kulminierte die Krise, die sich langsam aufgebaut hatte.
Immer wieder hatten kräftige Winde bis zu 170 km/h die Anlagen der conchyliculture zerstört, immer stärker war die Konkurrenz aus Spanien, Italien und Griechenland geworden. „Wir müssen uns diversifizieren!“ erkannte Scotti. Und begann 2011, Austern zu züchten.
Die Perle de Carteau
Vier Jahre später, 2015, folgte die offizielle staatliche Anerkennung der Perle de Carteau. Die Direction Départementale des territoires et de la mer (DDTM) genehmigte die kommerzielle Austernzucht in der Anse de Carteau in der südfranzösischen Camargue. Die Bucht hat ein wenig den Charakter einer Lagune, ist geschützter als Zuchtanlagen im offenen Meer und nährstoffreicher.
Dieses besondere Habitat sorgt dafür, dass die Schale der Perle de Carteau sich wölbt. So ist sie insgesamt wulstiger als bei anderen Austernarten, das Innere fleischiger und nussiger. Der Geschmack kommt gut an – und soll als Marke des Parque de Camargue noch bekannter werden.
38 Muschelzüchter haben mittlerweile auch Austerntische in der Bucht aufgestellt. Für die Felsenaustern (huîtres creuses) nutzen sie den Nachwuchs von Austernzuchtanlagen am Atlantik. Für die huîtres plats finden sie ihn vor Ort in der Bucht.
Bevor sie bei euch auf dem Teller landen, werden die Camargue-Austern in Schläuche an Seilen gesteckt, die sechs Meter tief ins Wasser reichen. So hängen sie in 105 Austernparks. Mittlerweile nehmen sie eine Fläche von 78.750 Quadratmetern ein!
„Die Felsenaustern hängen so sieben bis acht Monate im Wasser, die Flachaustern brauchen zum Wachsen rund die doppelte Zeit – zwölf bis 15 Monate“, sagt Scotti und steuert den nächsten Austernpark an.
Erst spülen, dann genießen
Muscheln und Austern wachsen dort einträchtig nebeneinander. Ein Griff am Faden, und schon zieht Monsieur den nächsten Schlauch hoch mit jungen Austern. Ein schneller Blick, ein zufriedenes Lächeln. Die Austern wachsen gut.
Auch die Miesmuscheln, die direkt am Seil hängen, entwickeln sich gut. Knapp zwei Stunden dauert die tägliche Kontrollrunde.
Am letzten Austerntisch holt Paul das Messer raus und öffnet eine Auster, probiert sie und erntet einen Eimer voll.
Zurück in seinem Schuppen, landen die Meeresfrüchte im länglichen Wasserbecken. „Die Austern müssen vor dem Genuss gut in Süßwasser gespült werden. Das verringert den Salzgehalt und bringt den eigentlichen Geschmack der Muschel hervor.“
Spricht’s, geht an den Kühlschrank und holt Butter, Zitrone und Brot hervor. Mit gekonntem Griff hebelt er ein Dutzend Austern auf und entkorkt den Wein. Bon appétit !
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