
Klassisch edel und weiß verputzt das Herrenhaus, rustikal in Naturstein und Backstein der Weinkeller: So ragt das Château de Caladroy aus der Macchia Henri Barbousse auf.

Auf einem Hügelkamm zwischen Millas, Estagel und Bélesta beherrscht es den Ribéral und die Ebene des Roussillon. Was für ein herrlicher Aussichtspunkt! Und welch ein interessantes Weingut!

Einst bildete das Gut ein kleines, befestigtes Dorf. Von der Burg noch erhalten ist ein zinnenbewehrter Wall, wie man ihn selten im Roussillon sieht. An seinen Enden erheben sich zwei Türme: der eine massiv und quadratisch, der andere kleiner und rund. Der quadratische Turm stammt aus dem Jahr 1292. Die Burg selbst wurde bereits 1257 und 1262 erwähnt.

Geschützt hinter der wuchtigen Mauer erhebt sich im Innenhof eine Kirche. Ihr Altar ist aus weißem Marmor. Die Innenwände sind teilweise mit Holz verkleidet.


Auch die ursprüngliche Kapelle aus dem 12. Jahrhundert ist noch zu sehen. Sie befindet sich unter den Fundamenten des Schlosses und wird heute als Weinverkostungskeller genutzt.

Caladroy kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken, verlief doch seit dem Vertrag von Corbeil 1258 die feste Grenze zwischen Frankreich und Katalonien etwas südlich von Caladroy.
Beide Seiten sicherten die Grenze. Caladroy wurde in das französische Verteidigungssystem integriert, zusammen mit Quéribus, Trémoine, Lansac, Latour de France, Cuxous, Bélesta, Montalba, Roquevert, Palmes, Corbous, Arsa, Le Vivier, der Burg von Fenouillet und den Kirchenburgen von Saint-Martin und Saint-Barthélémy.

1496 nahmen die Spanier die Burg von Caladroy ein, die sie kurz darauf an die Franzosen zurückgaben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg zwischen Spanien und Frankreich wurde Caladroy nicht mehr als Festung betrachtet. Sondern vergessen.
Niemand nahm die notwendigen Umbauten vor, um die militärische Anlage an die neuen Zwänge der Ballistik anzupassen. So blieb sie weitestgehend in jenem Zustand erhalten, in dem sie sich im Mittelalter befand.

300 Jahre später – 1793 – kehrten die Spanier kurz zurück und nahmen die Burg während des französisch-spanischen Krieges ein. Da sie jedoch strategisch uninteressant war, gaben die Spanier sie schnell auf und konzentrierten sich auf die Ebene und den Conflent, bevor sie 1795 besiegt wurden.

Ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Weiler Caladroy entvölkert, da der Ort zu abgelegen war. Heute gibt es noch einige Häuser in dem Weiler. Das Anwesen wandelte sich zu einem Weingut und wechselte mehrmals den Besitzer.
Am 14. April 1923 wütete ein Großbrand im Château de Caladroy. Von den Flammen vollständig zerstört, wurde es sofort originalgetreu wiederaufgebaut.

Heute sind im Haupthaus im Originaldekor sehenswerte Ausstellungen zu sehen. Ebenfalls seit 2012 dort zu sehen ist das Hochzeitskleid von Anna von Österreich. Es ergänzt eine Brautmodenschau, die rund 40 Roben aus mehreren Jahrzehnten von Chantal Joubert und ihren zwei Schwestern vorstellt.

Sie leitet eines der einzigen Ateliers für den Entwurf und die Herstellung von Brautkleidern in Frankreich, ein Atelier in Nemours. Unter der Marke Cymbeline erfüllen sie seit 1970 die Träume hunderter junger Bräute und kleiden sie für den schönsten Tag in ihrem Leben ein.

Info
Keine Bezahlschranke. Sondern freies Wissen.
Keine Werbung. Sondern Journalismus mit Passion.
Das gefällt euch? Dann freue ich mich über eure Unterstützung.
Fünf Möglichkeiten gibt es. Und auch PayPal.

Weiterlesen
Im Buch
MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*
Diesen Titel habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen seit sechs Ausgaben umfangreich erweitert und aktualisiert.
Strandvergnügen und Kultur, quirlige Städte und wildromantische Landschaften: Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich neu entdeckt und getestet haben. Denn dieser Landstrich ist seit 2014 meine zweite Heimat.
Wandert rund um den Mont Lozére, radelt durch die Petite Camargue, schippert im Hausboot auf dem Canal du Midi, taucht mit der Zahnradbahn in die faszinierende Tropfsteinwelt der Cevennen ein oder entdeckt die Côte Vermeille bei einer Schnorchelwanderung. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2021 in 9. Auflage erschienen.
Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.
Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*
Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.
Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker! Hier* gibt es euren Begleiter.
Das ganze Land: MARCO POLO Frankreich*
Einfach aus dem Besten auswählen und Neues ausprobieren, ist das Motto der Marco Polo-Reiseführer. Den MARCO POLO Frankreich* habe ich vor vielen Jahren von Barbara Markert übernommen und seitdem umfassend aktualisiert und erweitert.
Freut euch auf neue Insidertipps und Reiseziele, frischen Hintergrund und viele Erlebnisvorschläge für Aktive und Entdecker – von Lichterkunst in Bordeaux’ U-Boot-Basis bis zu Wanderungen unter Wasser.
Damit ihr Frankreich noch besser versteht, gibt es natürlich auch viel Hintergrund zu Frankreich und seinen Menschen. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
* Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !
Hinterlasse jetzt einen Kommentar