Die Maison du Fauvisme in Collioure. Foto: Hilke Maunder
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Die Fauves: Frankreichs Wilde

Nur drei Jahre gab es die fauves, die Wilden rund um Henri Matisse. Doch wie haben sie mit dem Fauvismus die moderne Kunst geprägt!

Ihre Geschichte beginnt 1905 in Paris. Beim 3. Pariser Herbstsalon im Grand Palais, dem Salon d’Automne, sorten die Werke von Matisse, Derain, Vlaminck, Camoin, Marquet und Manguin damals  für immenses Aufsehen.

In akademischer Manier feierte die Kunstausstellung die Meisterschaft von Ingres und Manet in Form von Retrospektiven. Doch den Saal VII verwandelten die jungen Maler in eine cage aux fauves, einen „Käfig voller Bestien“.

Louis Vauxcelles, einer der bekanntesten Kunstkritiker seiner Zeit, soll angesichts zweier neo-klassizistischer Statuen von Albert Marquet im Saal von Matisse, Derain und ihren Freunden den berühmt gewordenen Spruch ausgerufen haben: „Sieh da, Donatello unter den wilden Tieren!“

Wilde Tiere

Die „wilden Tiere“ (franz. fauves) wurden zum geflügelten Wort und zum Etikett einer Künstlergruppe, als deren Zentrum bereits von den Zeitgenossen Matisse und Derain erkannt wurden. Die so bezeichneten Künstlern jedoch lehnten diese Bezeicnung immer ab.

Zwischen 1905 und 1907 stellten sie immer wieder in wechselnder Beteiligung miteinander aus. Als ältester und erfahrenster Künstler der Gruppe wurde der Mittdreißiger Matisse „Oberhaupt“ der fauves.

Inspiriert durch die Kunst außereuropäischer Völker, der Impressionisten und der Neo-Impressionisten, von Vincent van Gogh und Paul Gauguin, verselbständigten sie die Farben und vereinfachten die Formen. Ihr Ziel: die gesteigerte Ausdruckskraft und intensive emotionale Aussage.

Gebadet im Licht

Stillleben, Porträts und vor allem Landschaften wurden die Sujets der Fauvisten. Und auch sie zog es in den Süden Frankreichs, der bereits das Leben und Werk ihres Vorbilds Van Gogh geprägt hatte.

Zu zweit oder dritt verbrachten die befreundeten Maler einige Monate im Jahr in Südfrankreich, um das irisierende Licht einzufangen. In Saint-Tropez, Collioure und später in L’Estaque bei Marseille und La Ciotat, wo schon Paul Cézanne gearbeitet hatte, entstanden farbenprächtige Ansichten.

Flächig und farbig

Nur drei Jahre dauerte der Fauvismus. Die beteiligten Künstler vereinte kein Manifest, keine Ideologie. Ihnen gemein aber war die Suche nach „Wahrheit“. In groben Formen mit wenigen Details, kaum sichtbarer Modellierung der leuchtenden Farben, die gleichwertig aufgetragen wurden, und eine Verflächigung des Dargestellten brachten sie sie auf die Leinwand.

Die Kunstkritiker irritierte die neue Malweise. Sie sprachen  „Abstraktion“ und meinten damit die Auflösung der Motive bis zur Unkenntlichkeit. Ausgelöst wurde diese Hinwendung zum Luminosen durch den Neo-Impressionismus.

Der Lockruf des Südens

Der Blick auf Saint-Tropez von der Zitadelle. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf Saint-Tropez von der Zitadelle. Foto: Hilke Maunder

Im Sommer 1904 reiste Henri Matisse mit Paul Signac und Henri-Edmond Cross  nach Saint-Tropez. Die in dieser Phase entstandenen Bilder zeigen, wie er sich mit den Spektralfarben und der getupften Malweise auseinandersetzte.

Ein Jahr später, 1905, sollten Albert Marquet und Henri Manguin den Weg zu Signac an die Côte d’Azur finden. Marquets Fauve-Akt von 1899 gehört zu den frühesten Werken des neuen Stils. Er zeigt die Freunde beim traditionellen Aktstudium, wobei sich der Akt noch akademisch, plastisch entwickelt, während der Hintergrund neo-impressionistisch aufgelöst wird und zu flimmern beginnt.

Das großformtige und ambitionierte Gemälde „Die Drucke“ (1905) von Henri Manguin offenbart hingegen eine viel feinere Malweise mit geschlossener, flächiger Wirkung. Manguin und Marquet zählen heute zu den wenig bekannten fauves.

Der Grund: Die beiden Maler begannen kurz darauf, kommerzieller zu malen und mit  einer spätimpressionistischen Malweise dekorative Motive – wie weibliche Akte und Blumenstillleben – publikumswirksam umzusetzen.

Die Chronologie der fauves

Geburtsstunde in Collioure

Die Werke, die den Stil des Fauvismus am „reinsten“ erkennen lassen, entstanden zwischen 1905 und 1907. Henri Matisse lud im Sommer 1906 André Derain nach Collioure ein, das so zum „Geburtsort“ des Fauvismus wurde.

Während Matisse pastellige Töne (v.a. Grün-Rot-Kontrast) nutzte, das vibrato der neo-impressionistischen Bilder ablehnte und die Leinwand in den Gemälden mitsprechen ließ, sind die Bilder Derains kompakter und die Farben intensiver,  beispielsweise durch den Orange-Blau-Kontrast.

Maurice de Vlaminck, Autodidakt, Radrennfahrer, Geiger, Autor von Schundromanen und Anarchist, sollte erst 1913 in den Süden fahren. Davor fand er seine Motive in Chatou in der Umgebung von Paris, nutzte eine gesteigerte Perspektive, schwarze Umrisslinien, eine heftige Pinselschrift, die er Van Gogh verdankte.

Herbstsalon 1905: die „Geburtsstunde“ des Fauvismus

Die gemeinsame Ausstellungsgeschichte der fauves begann 1905 mit dem 3. Herbstsalon und der Teilnahme von Matisse, Derain, Marquet, Manguin, die sich aus dem Atelier von Gustave Moreau kannten, und von dem Autodidakten Vlaminck.

Einzig Gorges Rouault, Lieblingsschüler von Gustave Moreau, sollte mit seinen dunklen und düsteren Bildern stlistisch aus der Reihe tanzen – und wird von der Kunstkritik daher nur in den Umkreis von Matisse und den fauves gebracht.

Wenn die Kritik und das Publikum auch an den Werken der fauves nichts Bewunderswertes fanden, so waren doch einige Künstler, Kunsthändler und Sammler auf die Gruppe aufmerksam geworden.

Nicht nur die Geschwister Stein begeisterten sich für die farbenfrohen und kontrastreichen Kompositionen, sondern auch Ambroise Vollard, der zum Händler der Fauvisten wurde. Auf Anraten von Matisse kaufte er im Herbst den gesamten Atelierbestand Derains und beauftragte den Künstler mit einer Serie von London-Ansichten nach dem Vorbild von Claude Monet.

1906: Noch mehr fauves

Beeindruckt durch die Präsentation der Fauvisten schlossen sich Raoul Dufy, Georges Braque und Othon Friesz aus Le Havre der Gruppe an, experimentierten ihrerseits mit Farbe und stellten 1906 mit den fauves aus.

Der reiche Hafenort in der Normandie mit seinen Küsten und Stränden bot bereits den Impressionisten unzählige beliebte Motive. Raoul Dufy nutzte impressionistische Sujets wie Fahnen, Flaggen und Plakatwände, die er mit einer expressiveren Farbigkeit und schnellem Pinsel umsetzte.

Othon Friesz und Georges Braque verbrachten ihren Sommer in Antwerpen, wo sie ebenfalls den Hafen und die Schiffe malten. Unter dem Einfluss von Friesz und dessen dynamischer Strichführung hellte Braque seine Palette sukzessive auf.

Braques fauvistische Phase sollte nur ein Jahr dauern, bevor er sich intensiv mit den Gemälden Cézannes auseinandersetzte und gemeinsam mit Picasso und Derain den Kubismus entwickelte.

Kees van Dongen ist der einzige Nichtfranzose unter den fauves. Er zeigte 1905 beim Herbstsalon seine neoimpressionistischen Karussell-Bilder noch in einem anderen Saal. Kurz daruf begann auch er, mit der Gruppe auszustellen.

Bereits in dem Jahr 1906 ist auch im Werk von Matisse eine Umrisslinie um die Form, wie sie auch Dufy nutze, zu sehen. Signac soll sich entsetzt von diesen Gemälden seines ehemaligen „Schülers“ abgewandt haben.

So, wie sich das Werk von Matisse ständig verändert und nach dem  angemessenen Stil sucht, so ist es auch bei den anderen fauves zu sehen. Ihr verbindenes Element ist einzig die Verwendung der Farbtöne.

Farben als Spiegel der Gefühle

Die Skizzen und Aquarellen der Fauvisten waren die schnelle Notizen ihrer Motiven. Ihre Farbkomposition legten die fauves-Künsstler erst während der Arbeit an den Gemälden fest. Die Farben spiegeln nicht das Äußere und damit die objektive Wirklichkeit wider, sondern die innere Schau, die Gefühle der Malenden.

André Derain hielt sich 1906/07 drei Mal in London auf, füllte drei Skizzenbücher mit Ansichten von der Themse, dem Parlament samt Big Ben, den Brücken sowie Spaziergängern in den Parks und malte daraufhin 30 London-Bilder in seinem Pariser Atelier.

In seiner London-Serie verwendet er zwei verschiedene Malweisen parallel. Derains Farbsprühnebel leiten sich von der neo-impressionistischen Malerei ab. Die flächigen, verfestigten Formen mit gesteigerten Perspektiven sind eine Weiterentwicklung des Fauvismus.

Collioure bieten im Sommer Führungen auf den Spuren der Fauves an. Foto: Hilke Maunder
Collioure bieten im Sommer Führungen auf den Spuren der Fauves an. Foto: Hilke Maunder

Fauvismus und Primitivismus

Inspiration fanden die fauves in den Bildern von Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Paul Cézanne. Ab 1906 ließen sie sich auch von den Skulpturen aus Afrika und Ozeanien sowie Druckgrafiken aus Japan und China inspirieren.

1906 begannen Derain, Vlaminck und Matisse auch mit der Technik des Holzschnitts zu experimentieren. Bereits Paul Gauguin hatte in seinen Druckgrafiken eine rohe Behandlung des Holzes, eckige Formen und „ursprüngliche“, paradiesische Motive umgesetzt. Im Sinne des Künstlerholzschnitts druckte er seine Werke, meist ohne Druckerpresse, als Handdrucke.

Die nackte Frau

Auf der Suche nach einer „Idee“, die die Fauvisten umsetzen könnten, wandten sie sich 1906 wieder verstärkt Figurenbildern zu und besonders dem weiblichen Körper in Nahsicht.

Sie bevölkerten ihre gemalten Landschaften mit nackten Frauen, Nymphen und Tänzerinnen und schufen ihre Visionen von Arkadien. Die paradiesischen Szenerien entsprachen eine gesellschaftliche Utopie, einem Leben auf dem Land in einem Goldenen Zeitalter.

1907: die Auflösung der Gruppe

Im Oktober 1906 verstarb Cézanne. Zwei Retrospektiven widmeten sich im Folgejahr dem großen südfranzösischen Maler, den auch die fauves verehrten.

Georges Braque reiste auf den Spuren von Cézanne, freundete sich mit Picasso an und begann 1907/8, mit dem Spanier aus Malaga sowie Derain eine Frühform des Kubismus zu entwickeln.

Als Juror des Herbstsalons 1908 lehnte Henri Matisse die von Braque eingereichten Arbeiten mit den Worten ab, die Komposition wäre aus lauter Kuben zusammengesetzt. Matisse selbst hatte sich in jenen Jahren immer mehr Richtung Zeichnung und flächigem Einsatz der Farbe entwickelt. Das Leuchten der klaren Faren war nun deutlich von  Mustern und klar definierten Formen bestimmt.

Kurzbiografien der Fauves

Georges Braque (1882 Argenteuil-sur Seine –1963 Paris)

Braque begann seine künstlerische Tätigkeit als  Anstreicher. Nachdem er im Museum von Le Havre die Werke von Corot und Boudin entdeckt hatte, besuchte er Kurse an der Académie Humbert. Sein Vater unterstützt Braques Wunsch, Maler zu werden, finanziell.

Den Sommer 1906 verbrachte Braque mit Othon Friesz in Antwerpen, den Herbst in L’Éstaque, um auf den Spuren des gerade verstorbenen Cézanne zu wandeln. Erste fauvistische Landschaften entstanden.

Braque fällt durch seine Eigenständigkeit innerhalb der Gruppe auf. Im Oktober 1907 traf er Picasso zum ersten Mal. Dessen Demoiselles d`Avignon lösten einen Schock bei ihm aus. 1908 war Braque mit Dufy erneut in L’Éstaque. Doch die dort entstandenen Bilder für den Herbstsalon wies Matisse ab. Als Braque 1963 starb, wurde ihm ein Staatsbegräbnis zuteil und der Sarg im Ehrenhof des Louvre aufgebahrt.

Charles Camoin (1879 Marseille –1965 Paris)

Ab 1898 studierte Camoin im Atelier von Gustave Moreau, der allerdings nur wenige Wochen nach dessen Eintritt stirbt. Im Atelier freundet er sich jedoch mit Henri Matisse und Albert Marquet an. Im Louvre bevorzugt Camoin die akademische Malerei von Veronese, Rubens und Delacroix.

Ab 1906 lebte er mit der Malerin Emilie Charmy zusammen. Als sie ihn verließ,  zerstörte er 60 bis 80 Bilder und warf die Leinwandschnipsel weg. Der Müllmann fischte sie aus der Tonne und verkaufte sie an Galeristen, die die Bilder wieder zusammensetzen. Erst 1927 konnte der Künstler sein Copyright durchsetzen, und ein Teil der Werke wurde verbrannt. Typisch für die Werke von Camoin ist eine gedämpfte Palette mit leichtem Farbauftrag.

Auguste Chabaud (1882 Nîmes –1955 Graveson)

Im Alter von vierzehn Jahren schloss sich Chabaud der École des Beaux-Arts in Avignon an. Sein Lehrer war der Maler Pierre Grivolas (1823–1906). 1899 ging er nach Paris, um seine künstlerische Ausbildung an der Académie Julian und der École des Beaux-Arts fortzusetzen. Dort traf er Henri Matisse und André Derain. Im Jahr 1900 kehrte er auf das Weingut seiner Eltern in Südfrankreich zurück, das sich damals in einer Krise befand.

1901 musste er Paris endgültig verlassen, um sich seine Lebensgrundlage zu sichern. Er arbeitete auf einem Schiff und lernte dabei die westafrikanische Küste kennen. Im selben Jahr starb sein Vater. Chabaud und sein Bruder erbten den Besitz, den jedoch nur der Bruder nutzte. Er selbst schuftete in einer Metzgerei. Von 1903 bis 1906 verrichtete er seinen Wehrdienst in Tunesien, von wo er mit Skizzenbüchern über das Leben dort zurückkehrte.

Ausgestellt mit Picasso und Matisse

1907, nach seiner Rückkehr nach Paris, stellte Chabaud im Salon des Indépendants vor allem fauvistische Werke aus. In der Folgezeit lernte er das Pariser Nachtleben kennen. In Montmartre, wo er sein Atelier hatte, malte er verschiedenste Szenen des Pariser Stadtlebens. 1911 begann Chabauds kubistische Phase, in der er sich auch an die Bildhauerei wagte.

Auf eine im Jahr 1912 in der Galerie Bernheim-Jeune in Paris gezeigte Einzelausstellung mit 53 Gemälden  folgten zahlreiche weitere Ausstellungen. 1913 wurde Chabauds Werke in New York neben denen von Künstlern wie Matisse, Derain, Vlaminck und Pablo Picasso gezeigt.

Chabauds blaue Periode

Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 ließ sich Chabaud für den Rest seines Lebens in dem südfranzösischen Dorf Graveson nieder. 1920 begann seine seine „blaue Periode“. Das Berliner Blau wurde zur einzigen Farbe seiner Werke.

Sein Motiv war den Süden Frankreichs, den er auch in seiner Pariser Zeit immer wieder gemalt hatte. Er malte unter anderem Szenen vom Landleben, die Bauern sowie die Hügel und die Wanderwege der Alpilles.

Auguste Chabaud starb am 23. Mai 1955 im Alter von 72 Jahren in seiner Wahlheimat. 1992 eröffnete der Regionalrat der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur zu seiner Ehre das Musée Auguste Chabaud in seinem Wohn- und Sterbeort Graveson.

André Derain (1880 Chatou –1954 Chambourcy)

1900 lernt Derain Maurice de Vlaminck kennen, der damals noch Musiker und Radrennfahrer war. In der Académie Carrière traf er Henri Matisse.Derain war überzeugt: Farbe muss tubenweise auf die Leinwand aufgetragen werden, denn sie ist wie Dynamit.

Tagelang  hielt sich Derain im Louvre auf. Dort entdeckte die „Primitiven“ – und meinte damit die alten altniederländische Maler wie van Eyck bis Rogier van der Weyden.

1905 verbrachte er den Sommer gemeinsam mit Matisse in Collioure. Ein Vertrag mit Ambroise Vollard ermöglichte Derain zwei Aufenthalte in London – im November 1905 und Ende Januar bis Mitte März 1906.

Er mochte die Londoner nicht, war aber beeindruckt von der Themse und ihren Kaien, den Brücken sowie den Gebäuden und dem Leben an ihrem Ufer.  Zwischen 1908 und 1912 zählte André Derain zu den Kubisten.

Raoul Dufy (1877 Le Havre–1953 Paris)

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Dufy begann im Jahr 1900 sein Malereistudium in Paris, wo er sich eine Wohnung mit Friesz teilte. Mehr noch als bei Bonnat lernte er in den Galerien zeitgenössischer Kunst. Bei Durand-Ruel sah er Cézanne und Gauguin, bei Sagot Degas, bei Bernheim fil. 1901 eine Van-Gogh-Retrospektive.

Dufy begeisterte sich für die Gemälde von Jongkind und Pissarro, den Monet der Küsten. 1902 lernte er Matisse, Marquet und van Donge kennen. Als er 1905 Matisses Bild „Luxus, Ruhe, Sinnlichkeit“ sah, erlebt Dufy nach seinen eigenen Worten „Das Wunder der Imagination“ .

Im Herbst 1907 grenzt sich Dufy bereits wieder von den fauves ab und entwickelt eine Frühgform des Kubismus, in dem Grün- und Ockertöne in den geometrisch gebauten Bildern vorherrschen. 1908 malte er mit Braque in L’Estaque.

Das <em>Musee Malraux</em> von Le Havre besitzt eine große Sammlung an Werken von Raoul Dufy. Foto: Hilke Maunder
Das Musee Malraux von Le Havre besitzt eine große Sammlung an Werken von Raoul Dufy. Foto: Hilke Maunder

Émile Othon Friesz (1879 Le Havre –1949 Paris)

Ebenfalls aus Le Havre stammte Émile Othon Friesz, der sich ab 1897 der Malerei widmete und dabei in Le Havre Braque und Dufy in Le Havre kennenlernte. Dank eines Stipendiums konnte er 1898 nach Paris gehen, zuerst in das Atelier von Léon Bonnat und dann zu Gustave Moreau.

Friesz vermeided dunkle Grau- und Brauntöne. Ab 1903/04 arbeitete er zunehmend mit Spektralfarben und schloss sich Matisse, Derain und Vlaminck an. Von 1905 und 1907 ein Mitglied der fauves, kehrte er 1908 zur Zeichnung zurück und wurde mit ihnen in den 1920er-Jahren berühmt.

Henri Manguin (1874 Paris –1949 Saint-Tropez)

Im Alter von 15 Jahren brach Henri Manguin seine Schulausbildung ab, um Maler zu werden. 1894 war er im Atelier von Moreau, 1899 heiratete er Jeanne Carette. Sie ist mit wenigen Ausnahmen sein einziges Modell und die Mutter seiner drei Kinder.

Apollinaire bezeichnet seine Landschaften mit nackten Modellen als „heidnische Freiheit“. Mit akademischen Akten und Blumensträußen als Motiven stieg Maguin später zum erfolgreichen Maler des Bürgertums auf.

Maurice Marinot (1882 Troyes –1960)

Marinot studierte ab 1901 in Paris an der École nationale supérieure des beaux-arts bei Fernand Cormon. Jener jedoch entließ ihn schon wenig später als  „gefährlicher Nonkonformist“. Zunächst fühlte er sich von der Künstlergruppe der Nabis angezogen, wendete sich aber dann den fauves zu und stellte mit ihnen erstmals 1905 seine Bilder im Salon des indépendants aus, 1907 im Salon d’automne.

Da Marinot sich kaum in Paris aufhielt, blieb er am Rande der Gruppe. Nach dem Ende der fauves besucht er  1911 die Glasmaler-Manufaktur der Brüder Eugène und Gabriel Viard in Bar-sur-Seine. Zwei Jahrzehnte lang sollte diese Begegnung seine Kunst prägen. Marinot widmete sich ab 1912 erstärkt mit Glasmalerei auf Vasen und Flaschen, schließlich auch in Emaille-Technik.

Nach einer ersten Ausstellung dieser Arbeiten 1913 ließ er seine Werke bei den Brüdern Viard herstellen. Als die Firma Viard Frères 1937 schloss, bedeutete das auch das Ende der Glaskunst von Marinot, der sich nun wieder der  Malerei zuwandte. 1944 zerstörten alliierte Bomben große Teile seines Ateliers bei Troyes.

Albert Marquet (Bordeaux 1875–1947 Paris)

Marquet war Schüler der École des Arts Décoratifs, als er Henri Matisse kennenlernte. Die beiden Künstler schlossen eine lebenslange Freundschaft.

Stärker als Matisse stand Marquet unter dem Einfluss von Manet und empfand es eher als Zufall, dass er bei der Herbstausstellung 1905 im Saal der fauves gelandet war. Seine fünf Landschaften waren in Schwarz/Weiß gehalten, da der Himmel über Paris so grau war.

Wie Pissarro liebte es Marquet, die Stadt von oben zu studieren. Vielleicht war auch sein angeborener Gehfehler dafür verantwortlich, dass er sich Hotelzimmer als Malorte aussucht.

Henri Matisse (1869 Le Cateau-Cambrésis–1954 Nizza)

Henri Matisse ist ein Allroundgenie, das schwer in wenigen Worten zu fassen ist. Ihm ist ein eigener Beitrag gewidmet. Klickt mal hier.

Jean Puy (1876 Roanne –1960 Roanne)

Nach einem Architekturstudium an der École des Beaux-Arts von Lyon besuchte Jean Puy von 1898 an die Académie Julian in Paris. 1899 wechselte er zur Académie Carrière und schloss dort Freundschaft mit Matisse und Derain.

Im Jahr 1900 nahm Puy erstmals am Salon des Indépendants teil, 1903 erstmals am Herbstsalon. Nach einer kurzen Zwischenspielbei den Impressionisten wurde er 1905 Mitglied der fauves. Puy gehört zu den unbekannteren fauves-Malern. Sein Werk wurde er kurz vor seinem Tod 1959 wiederentdeckt.

Louis Valtat (1869 Dieppe –1952 Paris)

Louis Valtat trat Jahr 1888  in die Académie Julian in Paris, 1889 ins Atelier Gustave Moreaus. Ab 1903 stellt er im Herbstsalon aus. Seine Bilder lösen einen genauso großen Skandal aus wie jene der fauves. 1948 musste Valtat die Malerei aufgeben, da er erblindete.

Kees van Dongen (1877 Delshaven –1968 Monte-Carlo)

Im Musée Malraux von Le Havre zeigen die Eintrittkarten Kunstwerke der Sammlung - so auch dieses Werk von Kees von Dongen. Foto: Hilke Maunder
Im Musée Malraux von Le Havre zeigen die Eintrittkarten Kunstwerke der Sammlung – so auch dieses Werk von Kees von Dongen. Foto: Hilke Maunder

Kees van Dongen wurde in den südlichen Niederlanden geboren und studierte an der Kunstakademie in Rotterdam. 1897 kam er zum ersten Mal in Paris. Zwei Jahre später, 1899, zog er in die französische Hauptstadt um.

Dort traf er 1903 Felix Fénéon, der ihm eine feste Anstellung bei der Revue Blanche gab. Van Dongen schließt sich zwar den fauves an. Anders als die anderen Maler, interessierte er sich  nur für Frauen und malte keinerlei Landschaften.

Er suchte einen neuen Typus des Aktes und arbeitete dazu mit Modellierung und Konturen. Gemeinsam mit Derain und Vlaminck nahmt er 1941 eine Einladung nach Hitler-Deutschland an, um die Beziehungen in der Kunst zu stärken. Das sollte ihm ein Jahr später sehr übel genommen werden – er wurde als Kollaborateur diffamiert.

Maurice de Vlaminck (1876 Paris–1958 Rueil-la-Gadelière)

Der Sohn eines flämischen Schneiders Vlaminck hegte eine große Leidenschaft für Van Gogh und lehnte es ab, zum Studium in den Louvre zu gehen. 1905 entdeckte er bei einem Gastwirt „drei Negerskulpturen“, die er sogleich erwarb.

Der Maler arbeitete auch als Schriftsteller. Seine Gemälde fallen durch eine perspektivische Verzerrung auf. Manche wirken, als hätte der Künstler einen beweglichen Blickpunkt eingenommen.

Die fauves im Museum: Hier könnt ihr sie sehen!

Weltweit gibt es zahlreiche Museen mit den Arbeiten der Fauves. In Frankreich könnt ihr sie beispielsweise hier sehen.

Musée d’Orsay

Das Musée d’Orsay in Paris besitzt eine bedeutende Sammlung fauvistischer Gemälde, die Teil seiner umfangreichen Sammlung von Kunstwerken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind. Zu den bemerkenswerten fauvistischen Gemälden in der Sammlung des Museums gehören unter anderem André Derains „Der Tanz“, Raoul Dufys „Die zwei Barken“, Kees van Dongens „Der Klatschmohn“,Albert Marquets „Der Hafen von Algier“, Henri Matisse’s „Blauer Akt II“, Maurice de Vlamincks „Die Seine bei Chatou“ und Georges Rouaults „Zirkusartisten“.
• 1, Rue de la Légion d’Honneur, 75007 Paris, Tel. 01 40 49 48 14, www.musee-orsay.fr

Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris

Dieses Museum besitzt eine bedeutende Sammlung fauvistischer Gemälde und ist besonders berühmt für Raoul Dufys „Elektrizitätsfee“ und die „Frau in Blau“ von Kees van Dongen. Von Henri Matisse birgt es das Werk „Akt im Wald“, von Georges Rouault das Gemälde „Alter König“.
• 11, Avenue du Président Wilson, 75116 Paris, Tel. 01 53 67 40 00, www.mam.paris.fr

Musée de l’Orangerie

Zu den fauvistischen Gemälden in der Orangerie gehören Werke einiger der wichtigsten Künstler der Bewegung, wie André Derain, Maurice de Vlaminck und Kees van Dongen. Die Sammlung umfasst eine Vielzahl von Stilen und Themen, von Landschaften und Stillleben bis hin zu Porträts und Akten.

Zu den bemerkenswerten Gemälden der Sammlung gehören Derains „Boote in Collioure“ und van Dongens „Porträt von Dolly“.
• Jardin des Tuileries, 75001 Paris, Tel. 01 44 50 43 00, www.musee-orangerie.fr

Das Musée Matisse von Nizza. Foto: Hilke Maunder
Das Musée Matisse von Nizza. Foto: Hilke Maunder

Musée Matisse, Nizza

Dieses Museum ist den Werken von Henri Matisse gewidmet, einem der bedeutendsten Maler des Fauvismus. 2023 feiert es seinen 60. Geburtstag!
• 164, Avenue des Arènes de Cimiez, 06000 Nice, Tel. 04 93 81 08 08, www.musee-matisse-nice.org

Musée des Beaux-Arts de Lyon

Zu den fauvistischen Gemälden in der Sammlung des Musée des Beaux-Arts de Lyon gehören Werke mehrerer Schlüsselfiguren der Bewegung, wie Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck. Diese Gemälde zeigen die Verwendung von kräftigen Farben, ausdrucksstarken Pinselstrichen und einen ausgeprägten Sinn für Emotionen und Spontaneität.

Zu den bemerkenswerten fauvistischen Gemälden in der Sammlung gehören Matisse‘ „Luxe, Calme et Volupté“ (Luxus, Ruhe und Vergnügen), Derains „Die abbiegende Straße, L’Estaque“ und de Vlamincks „Die Seine bei Chatou“.
• 2,0 Place des Terreaux, 69001 Lyon, Tel. 04 72 10 17 40, www.mba-lyon.fr

Musée d’Art Moderne et Contemporain de Saint-Etienne Métropole

Zu den fauvistischen Gemälden in der Sammlung des MAMC+ gehören Werke einiger der wichtigsten Künstler der Bewegung, wie André Derain, Maurice de Vlaminck, Henri Manguin und Kees van Dongen. Die Sammlung umfasst eine Vielzahl von Stilen und Themen, von Landschaften und Stillleben bis hin zu Porträts und Akten.

Höhepunkt der Sammung sind Derains „Der Pool von London“, de Vlamincks „Blumenstrauß“, Manguins „Akt im Wald“ und van Dongens „Mme. Théo van Rysselberghe“.
• Rue Fernand Léger, 42270 Saint-Priest-en-Jarez, Tel. 04 77 79 52 52, https://mamc.saint-etienne.fr

Maison du Fauvisme (Vitrine sur le Fauvisme)

Sämtliche Führungen auf den Spuren des Fauvismus starten hier in Collioure.
• 10, Rue de la Prud’Homie, 66190 Collioure, Tel. 04 68 82 15 47, www.collioure.com

Musée Malraux

Das Musée Malraux besitzt eine beeindruckende Sammlung von Gemälden der Fauvres, darunter mehrere Werke von van Dongen, Dufy und Matisse.

Zu den bemerkenswerten Gemälden der Sammlung gehören van Dongens Femme à la perruche (Frau mit Papagei) und La Gitane“(Die Zigeunerin), Dufys „Regatta in Cowes“ und „Der Strand von Sainte-Adresse“ sowie Matisse‘ „Offenes Fenster, Collioure“ und „Landschaft in Collioure“.
• 2, Bd Clemenceau, 76600 Le Havre, Tel. 02 35 19 62 62, www.muma-lehavre.fr

Die Skulptur Signal von Henri Georges Adam (1904-1967) ist der Hingucker vor dem Musée Malraux. Foto: Hilke Maunder
Die Skulptur Signal von Henri Georges Adam (1904-1967) ist der Hingucker vor dem Musée Malraux. Foto: Hilke Maunder

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2 Kommentare

  1. Liebe Hilke,
    danke für das Eintauchen in die Welt der WILDEN – heute empfinden wir ihre Kompositionen als höchst harmonisch! Seit zwei Jahren genieße ich das große Glück, in dem Licht aufzuwachen, welches Henri Matisse nach seinem Umzug nach Nizza wie folgt beschreiben hat:
    „Als ich mir bewusst wurde, dass ich jeden Morgen dieses Licht wieder sehen werde, konnte ich mein Glück kaum fassen.“

    Das Musée Matisse in Nizza im wunderschönen Stadtteil Cimiez zeigt noch bis 29. Mai 2023 „Tom Wesselmann – after Matisse“ und damit die faszinierende Ausstrahlungskraft der Malerei von Matisse auf folgende Malergenerationen.
    Der US-amerikanische Grafiker und Maler Tom Wesselmann (1931-2004) „übersetzt“ sein Vorbild, indem er auf ausgeschnittene Aluminiumplatten malt und diese zu großformatigen Bildern komponiert. Eine Wucht! Daneben seine „Great American Nudes“ – eine beeindruckende Hommage an die Odalisken der 20er Jahre des großen Meisters.
    Deshalb sollten kurzentschlossene Kunstliebhaber schnell nach Nizza aufbrechen! Oder bis 23. Juni warten, dann kommt die grandiose Ausstellung mit den Hauptwerken der 1930er-Jahre von Matisse, die gerade in Paris gezeigt wird, bis 24. September 2023 nach Nizza.
    Gerne stehe ich Euch für Fragen rund um Nizza (auch B&B) zur Verfügung! adele.guideplus@gmail.com
    Viele Grüße von der BLAUEN KÜSTE

    Adèle

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