Orne: Der Blick auf die Kathedrale von Alençon. Foto: Hilke Maunder
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Ein Wochenende in …. Alençon

Lust auf ein Wochenende fern von der Hektik der Metropolen – und doch in der Stadt? Da empfiehlt sich Alençon! Die charmante normannische Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern ist die Hauptstadt des Départements Orne – und als Site Patrimonial Remarquable für ihr bemerkenswertes Kulturerbe eingestuft. Ein Faden, fein wie ein Haar, machte das Städtchen weltberühmt – und bescherte ihm ein einzigartiges Welterbe. Neugierig geworden? Voilà euer Reiseplan für ein erlebnisreiches Wochenende!

Freitag

Von Paris-Montparnasse saust der TGV in rund einer Stunde nach Le Mans, wo der TER-Regionalzug bereits auf euch wartet und euch in ebenfalls rund einer Stunde nach Alençon bringt.

"Krinoline" wird die einstige Kornhalle von Alençon im Volksmund genannt. Foto: Hilke Maunder
„Krinoline“ wird die einstige Kornhalle von Alençon im Volksmund genannt. Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen

Zum Übernachten gibt es Hotels von einfach bis gediegen. Direkt im Zentrum liegen das Ibis-Hotel, das Hôtel Hussard sowie das Hôtel des Ducs. Schöner und edler sind die Gästezimmer des chambres d’hôtes Les Deux Marguerite. Wer eine Ferienwohnung bevorzugt, kann es sich bei 3 p’tites pom’s rund 400 Meter von der halle au blé entfernt gemütlich machen.

Wer einmal auf einem richtigen Schloss übernachten möchte, quartiert sich im Château de Sarceaux ein, einem wunderschön nostalgischen Anwesen am Stadtrand inmitten eines ausgedehnten Parks.

Bettentest: das Château de Sarceaux

Lokaltypisch schlemmen

Lasst euch nun von den kreativen Speisen der Köche und Köchinnen verwöhnen! Frisch, modern und geprägt von aromatischen Kontrasten ist die Küche im La Suite, einem schicken, modernen Bistro etwas außerhalb des historischen Zentrums. Im eleganten Au Petit Vatel wird Traditionsküche in höchster Vollendung und bestem Preis-Leistungs-Verhältnis serviert. Dafür gab es für das Restaurant von Julien Perrodin an der Place du Commandant Desmeulles einen Bib Gourmand.

Die gleiche Auszeichnung erhielten auch Caroline und Adrien Chauvin, die als junges Paar die ehemaligen Stallungen von Alençon an der Avenue du Général-Leclerc in einen Schlemmertempel namens L’Alezan verwandelten. Gemütliches Ambiente und raffinierte Lokalküche vereinen sich im Restaurant L’Évidence von Jonathan Lorel nahe der Sarthe. Ebenfalls nur wenige Schritte von der Sarthe Richtung Stadt findet ihr mit Le Bistrot ein kleines, im Stil eines Lyoner Bouchon dekoriertes Restaurant, das nur werktags geöffnet hat.

Nur einen Steinwurf vom Geburtshaus der Heiligen Theresia entfernt, bietet Chez Fano drinnen im Speiseraum oder auf der Terrasse eine saisonale Lokalküche, die auch vergessene Gemüsesorten wieder in Erinnerung bringt. Auf einen letzten Drink trifft sich Alençon in der Be’Bar, die von Mittwoch bis Samstag erst nachts um zwei Uhr schließt.

Die nostalgische Reklame einer Café-Bar an der einstigen Kornhalle. Foto: Hilke Maunder
Die nostalgische Reklame einer Café-Bar an der einstigen Kornhalle. Foto: Hilke Maunder

Samstag

Der Wecker hat heute Urlaub. Nach einer ruhigen Nacht wird erst einmal typisch französisch gefrühstückt. Dazu trifft man sich gegenüber der „Krinoline“ von Alençon, der runden Kornhalle halle au blé aus dem 19. Jahrhundert, die heute als Kulturzentrum genutzt wird, bestellt zum petit noir und Orangensaft eine tartine oder stippt das Croissant in den Milchkaffee. Auch nebenan, im Café du théâtre, wird so gefrühstückt, ehe es hin zum Markt geht, der jeden Donnerstag- und Samstagmorgen das Stadtzentrum erobert.

Der große Wochenmarkt

Der große Wochenmarkt zeigt, welch ein Schlaraffenland die Normandie ist. Je nach Saison stapeln sich Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Salate, Porree, Sellerie und Spinat auf den Tischen der Bauern, die immer häufiger bio oder biodynamisch anbauen. Wenig weiter verkauft ein affineur allerbesten Käse aus der Normandie: Camembert, Pont-l’Évêque, Livarot und Neufchâtel – ein köstliches Quartett, geschützt als AOP.

Andere lokale Erzeuger bieten Poiré, Cidre und Craft-Bier an. Auch frisches Obst, Backwerk und Pasteten, Honig und Wurstwaren sind hier im Schatten der Basilique Notre-Dame zu finden, deren Portal im Stil der Flamboyant-Gotik zu den schönsten der Normandie zählt. Sehenswert sind auch die Glasfenster von 1530 und das Taufbecken der heiligen Thérèse.

Die Altstadt von Alençon

Ein Wohnhaus im Quartier Saint-Léonard von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Ein Wohnhaus im Quartier Saint-Léonard von Alençon. Foto: Hilke Maunder

Um die Église Saint-Léonard (1489–1505) an der Place Marguerite de Lorraine breitet sich die Altstadt aus mit idyllischen Gassen, die mittelalterliches Fachwerk und schmiedeeiserne Brüstungen zeigen.

Im prachtvollen Adelspalais Maison d’Ozé aus dem Jahr 1450 soll der spätere König Heinrich IV. 1576 übernachtet haben. Heute birgt das Herrenhaus an der Rue Étoupée das Office de Tourisme.

Wehrhaft bis heute: die Burg von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Wehrhaft bis heute: die Burg von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Der Burghof des Château d'Alençon. Foto: Hilke Maunder
Der Burghof des Château d’Alençon mit seinen neuen Elementen aus Cortenstahl. Foto: Hilke Maunder

Die ehemalige herzögliche Burg aus dem  14./15. Jahrhundert, die später als Gefängnis diente, ist heute Teil des Parc Simone Veil und mit ihren modernen Cortenstahl-Toren und anderen rostbraunen Elementen ein echter Hingucker.

Nachmittags

Nadelspitze aus Alenon, vorgestellt schon vor dem Musée des Beaux Arts et de la Dentelle auf großen Schautafeln, zeigt Marie-Hélène Augé. Foto: Hilke Maunder
Nadelspitze aus Alenon, vorgestellt schon vor dem Musée des Beaux Arts et de la Dentelle auf großen Schautafeln, zeigt Marie-Hélène Augé. Foto: Hilke Maunder

Der Nachmittag wird spitze – und dies im wortwörtlichen Sinn. Das Musée des Beaux-Arts et de la Dentelle (Museum der Schönen Künste und der Spitze) präsentiert das filigrane Welterbe der Herzogsstadt: den Point d’Alençon. Er gilt als Königin der Spitzen und  hat nicht nur die Geschichte, sondern auch Kultur und Architektur inspiriert. Auch einen Walzer hat die Stadt der feinen Kunst gewidmet: das Lied der Spitzenarbeiterinnen.

Die veritable Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder
Die veritable Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder

15 Stunden Arbeit sind nötig, um einen einzigen Quadratzentimeter dieser einzigartigen Nadelspitze herzustellen. In den 3,50 Meter langen Brautschleier, der dort zu sehen ist, wurden fast 500.000 Arbeitsstunden aufgewendet! Mehr zu Spitze aus Alençon erfahrt ihr hier.

Point d’Alençon: schickes Welterbe

Unbedingt besuchen solltet ihr auch das Geburtshaus der heiligen Theresa von Lisieux. Sie gehört zu den bekanntesten Heiligen der Welt.

Ihre Mutter Zélie Martin gehörte zu den Spitzenklöpplerinnen der Stadt. 1871, anderthalb Jahre vor Thereses Geburt, war sie mit ihrem Mann Louis von der Rue du Pont-Neuf in das schmale, zweistöckige Haus mit ausgebauter Mansarde in der Rue Saint-Blaise gezogen. Dort wurde Therese 1873 geboren. Die Familie lebte dort bis ihre Mutter 1877 starb.

Ihre Eltern, Louis und Zélie, sind das einzige Paar, das 2015 heiliggesprochen wurde. Das Haus der Familie ist reich an Geheimnissen und Geschichten und gewährt Einblicke in das Leben dieser gewöhnlichen Familie mit außergewöhnlichem Schicksal.

Abends

Alençon tanzt gern und oft - und selbst tagsüber in der verkehrsberuhigen Innenstadt. Foto: Hilke Maunder
Alençon tanzt gern und oft – und selbst tagsüber in der verkehrsberuhigen Innenstadt. Foto: Hilke Maunder

Freitag und samstags geht Alençon aus – und erlebt beispielsweise im Konzertsaal La Luciole, den der Verein Eureka verwaltet, in zwei Konzertsälen mit 300 und 696 Sitzplätzen ein vielseitiges Programm regionaler, nationaler und internationaler Künstler.

Der zweite große Veranstaltungssaal von Alençon heißt Anova und bietet an der Rue de Bretagne neben Ausstellung und Messen auch zahlreiche Unterhaltungsshows von Comedy bis Theater, Tanz und Konzert.

Sonntag

Sonntags zieht es die Franzosen hinaus ins Grüne. Zu den beliebtesten Ausflugszielen in der Nähe von Alençon gehören die Alpes Mancelles.

Alpes Mancelles: Perle an der Sarthe

Im Herzen dieser Mini-Alpen am Lauf der Sarthe liegt mit Saint-Céneri-le-Gérei eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Im Sommer ist es recht trubelig dort, besonders am Wochenende. Saint-Céneri-le-Gérei war im 19. Jahrhundert als normannische Künstlerkolonie weit über die Grenzen der Region bekannt und lockte zahlreiche Pariser Maler an, die hier einst regelmäßig den Sommer verbrachten.

Der berühmte Malertreff von Saint-Cénerie-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Der berühmte Malertreff von Saint-Cénerie-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

Die Auberge Moisy erinnert daran mit der salle des décapités. Der Saal der Enthaupteten zeigt scherenschnittartig 66 Profile von Malern, Einwohnern und Reisenden. Bis heute lockt das Dorf die Künstler. Auch Amélie Romet hat ihr Atelier im Dorf – und seine Türen für Besucher geöffnet.

„Ich spiele gerne mit Farben und bringe Licht zum Singen. Hierfür verwende ich Farbe und Blattgold“, erzählt die Künstlerin, die mit Hingabe und Herzblut vor allem Landschaften, Natureindrücke und Tiere auf die Leinwand bannt.

Die kleine Waldkapelle von Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Die kleine Waldkapelle von Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

Die Kapelle von Saint-Céneri-le-Gérei birgt bis heute eine Statue des italienischen Heiligen Ceneri, der das Dorf im 7. Jahrhundert gegründet haben soll. Die Legende nach sollen einst junge Mädchen auf der Suche nach einem Ehemann eine Nadel in seine Füße gestochen haben, damit er ihre Wünsche erfüllte.

Nur am Wochenende verwöhnt euch die Maison du Gasseau einige Kilometer außerhalb mit lokalem Cidre und lokaler Küche. Wer dort in modernen, schlicht-schönen Gästezimmern logiert, kann auch das Wellnessangebot des Anwesens genießen, während der Nachwuchs sich nebenan im Baumkletterpark austobt.

Blick auf Saint-Céneri-le-Gérei mit seiner Brücke über die Sarthe
Der Blick auf Saint-Céneri-le-Gérei mit seiner Brücke über die Sarthe. Foto: Hilke Maunder

Frisch gestärkt, werden die Wanderschuhe geschnürt. Vom fünf Kilometer langen Rundweg Trotté par la Corniche eröffnen sich immer wieder schöne neue Blicke auf Saint-Céneri-le-Gérei. Und verpasst zum Abschluss dieses erlebnisreichen Wochenendes nicht die Jardins de la Mansonière, wo das Ehepaar Manson nach einer Reise nach Großbritannien ab 1993 einen Hektar Wiese rund um ihr Grundstück in 15 unterschiedliche Gärten verwandelte – vom Rosengarten über einen Asiengarten bis zu einem Duftgarten. Welch‘ ein schöner Abschluss für das Wochenende in Alençon!

Spitze in Stein: die Kathedrale von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Spitze in Stein: die Kathedrale von Alençon. Foto: Hilke Maunder

Alençon: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Pâtisserie Pedro

Nur einen Steinwurf von der Kathedrale von Alençon, deren filigraner Steinschmuck an die Welterbe-Nadelspitze der Stadt erinnert, hat Jacky Pedro, Konditor, Schokoladenhersteller und Eismacher, 1987 eine chocolaterie übernommen – und ihr charmant nostalgisches Ladengeschäft und die Backstube mit ihrem nostalgischen Maschinenpark bewahrt.  Dort fertigt Jacky wie einst zartschmelzendes, knuspriges oder promillehaltiges Naschwerk.

Sein Bouchon Alençon ist ein luftig-knuspriger Mandelkeks, gefüllt mit zarter Praline. Von den Pflastersteinen vor der Kathedrale wurden die Pierres de Notre-Dame inspiriert, zart schmelzende Mandelpastenblöcke mit Orangengeschmack und Krokant. Der Diamant d’Alençon ist ein verführerischer Pralinen-Blätterteig. Die Doigts de Fées ähneln feengleichen Fingern aus knusprigem Schokoladen-Pralinen-Blätterteig. Der Crottin du Pin entpuppt sich als Schokoladen-Praliné-Baiser mit Noten von Kaffee, die Mors aux Dents als Karamell-Pralinen-Blätterteig.
• 39, Grande Rue, 61000 Alençon, Tel. 02 33 26 00 47

Pâtissier Jacky Pedro von der gleichnamigen Pâtisserie in Alençon, Orne. Seine Hände sind nicht schmutzig, sondern schwarz von der verarbeiteten Schokolade. Foto: Hilke Maunder
Pâtissier Jacky Pedro von der gleichnamigen pâtisserie in Alençon. Seine Hände sind nicht schmutzig, sondern schwarz von der verarbeiteten Schokolade. Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen*
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Die Stadtbibliothek in der ehemaligen Jesuitenkirche von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Die Stadtbibliothek in der ehemaligen Jesuitenkirche von Alençon. Foto: Hilke MaunderMunicipale in ehem. Jesuitenkirche, OG

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Im Blog

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Im Buch

Glücksorte in der Normandie*

Steile Klippen und weite Sandstrände, bizarre Felslandschaften und verwunschene Wälder, romantische Fachwerkstädtchen und moderne Architektur – die Normandie hat unzählige Glücksorte zu bieten.

Gemeinsam mit meiner Freundin Barbara Kettl-Römer stelle ich sie euch in diesem Taschenbuch vor.

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Normandie: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Die Netflix-Serie „Lupin“ hat die Normandie zu einem touristischen Hotspot gemacht. Garantiert keine Massen triffst Du bei meinen 50 Tipps. Sie sind allesamt insolites, wie die Franzosen sagen – ursprünglich, authentisch und wunderschön.

Die Landpartie durch die andere Normandie beginnt im steten Auf und Ab der Vélomaritime, führt zu den Leinenfeldern der Vallée du Dun, zu zottigen Bisons und tief hinein ins Bauernland des Pays de Bray, Heimat des ältesten Käses der Normandie.

Im Tal der Seine schmücken Irisblüten auf hellem Reet die Giebel alter chaumières, und Störche brüten im Marais Vernier. Von den Höhen vom Perche geht es hin zur Normannischen Schweiz und bis zur Mündung des Couesnan an der Grenze zur Bretagne. Hier* kannst Du den handlichen Führer bestellen.

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