Durch Briefe berühmt: Grignan
„Ich denke andauernd an Grignan, an Euch und an Eure Terrassen mit dem wunderschönen triumphierenden Blick“,
schrieb Marie de Rabutin-Chantal, Marquise de Sévigné, im Jahre 1689 an ihre Tochter, der Gräfin von Grignan. Nachdem 1669 ihre geliebte Tochter Françoise de Adhémar den Comte de Grignan geheiratet und mit ihm 1671 in die ferne Provence entschwunden war, schickte die hochgebildete Madame 750 Briefe in den Süden. Mitunter schickte sie zwei Episteln pro Woche in den Süden.
Zunächst verbrachte sie im Sommer gleich mehrere Monate bei ihr auf dem Schloss von Grignan. Am 17. April 1696 verstarb die berühmte Marquise de Sévigné, während eines Besuchs bei ihrer Tochter in Grignan. Sie wurde in der Schlosskapelle unterhalb des Parks beigesetzt.
Ah! Grignan, comme tu es belle! combien de fois je t’ai cherchée et je ne t’ai pas trouvée, combien de fois je t’ai trouvée et je ne t’ai pas reconnue!
Ah, Grignan, wie schön du bist! Wie oft habe ich dich gesucht und nicht gefunden,
wie oft habe ich dich gefunden und nicht erkannt!Quelle: Brief von Madame de Sévigné an ihre Tochter, 22. Juli 1672.
Ihre Grabplatte ist jedoch auf den 18. April 1696 datiert – und verrät damit den Tag ihrer Beerdigung. Die Tafel stammt aus der Zeit nach diesem Datum und wurde angeblich um 1770 durch den Grafen du Muy angebracht.
Während der Revolution wurde im Dezember 1793 das Grab der Marquise geschändet. 1870 wurde die Gruft anlässlich der Verlegung neuer Fliesen erneut geöffnet. Erst seitdem ruhen ihre Gebeine dort in Frieden.
Wahrzeichen von Grignan
Das Schloss erhebt sich majestätisch über einem riesigen Lavendelfeld und dominiert das Örtchen, das seit Oktober 2019 zu den schönsten Dörfern Frankreichs gehört.
Vor der prächtigen Renaissancefassade ist ein Freilichttheater aufgebaut. Seit mehr als 30 Jahren ist das Schloss im Sommer Bühne für großes Theater. Von der Terrasse schweift der Blick weit über die vielgestaltige Landschaft der Drôme.
Am Horizont gen Osten dominieren der kahle Gipfel des Mont Ventoux und die kargen Höhen des Royans-Vercors. Davor erstrecken sich sanft gewellte Hügel mit tiefgrünen Tannen, Karsthängen und Gehöften, die in hellem Ocker aus dem Blätterdach der Reben ragen. Hier und da leuchtet lila der Lavendel.
Gen Westen wird das Land flacher. Auf den Spitzen der Hügel drängen sich Felsnester. Schloss, Kirche und ein paar Häuser hinter einer hohen Mauer – Mirmande, Montbrun-les-Bains, Allex oder La Garde-Adhémer. Und dann, von Baumreihen begrenzt, die Rhône, Grenzfluss zum Nachbardépartement Ardèche und Verkehrskorridor zwischen Genfer See und Mittelmeer.
Sehnsuchtsort der Sévigné
Ihre letzte Ruhestätte hatte die Madame, die sich in Paris immer nach dem Süden sehnte, in der Stiftskirche Saint-Sauveur (1535-39) erhalten, die unterhalb der Schlossterrasse von Louis Adhémar mit zwei Viereckstürmen und Fensterrose im gotischen Stil errichtet wurde.
Grignan est le paradis terrestre.
Grignan ist das Paradies auf Erden.Charles-Augustin Sainte-Beuve, Promenades dans le midi de la France, 1837.
Schaut euch einmal den Boden vor dem Altar genauer an. Dort findet ihr einen Begräbnisstein aus Marmor, der den versiegelten Eingang zum Grab markiert.
Zum Schreiben hat sich die Marquise sehr gern in die Grotte de Rochecourbière zurückgezogen. Diese natürliche Grotte, die nicht sehr weit in den Felsen reicht, findet ihr rund einen halben Kilometer von Grignan entfernt – ein schöner Spaziergang!
I think Grignan is one of the most charming spots in France.
Ich glaube, dass Grignan einer der bezauberndsten Orte in Frankreich ist.Henry James, A Little Tour in France, 1884
Das Festival de la Correspondence
Jeden Sommer feiert Grignan seine berühmte Briefeschreiberin mit dem Festival de la Correspondance. Das Festival bringt Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle zusammen, die über die Bedeutung des Briefeschreibens diskutieren und ihre eigenen Briefe vorlesen.
Wer sich für Literatur und die Buchherstellung interessiert, sollte in Grignan auch den Besuch der Maison de l’Imprimeur einplanen, das im einstigen Domizil des Burgvogtes zu Füßen des Schlosses residiert. Neben Exponaten rund um den Buchdruck aus mehreren Jahrhunderten findet ihr dort auch eine aktive Buchdruckerwerkstatt.
Eines der schönsten Dörfer Frankreichs
Im Sommer kann es in Grignan voll werden. Seit 2019 gehört das Burgdorf zum prestigeträchtigen Verband der schönsten Dörfern Frankreichs, der plus beaux villages de France.
Doch nach der Abfahrt der Ausflugsbusse ist auch zur Hochsaison der Charme von Grignan zu spüren. Besonders zur blauen Stunde und am Abend, wenn sanftes Licht das Dorf und seine Architektur illuminiert, verzaubert Grignan mit seinem Charme.
Grignan: meine Reisetipps
Schlafen und schlemmen
Hôtel Le Clair de la Plume*
Jedes der zehn rustikal-edlen Zimmer des Stadtpalais am Zugang zur alten Stadt duftet nach Lavendel, der Garten hinter hohen Mauern ist eine Oase der Ruhe – zum Frühstück wie zur Tea Time. Sehr klassisch, sehr französisch, eine traumhafte Verführung für alle Sinne ist das Dîner im Wintergarten.
Seit Dezember 2022 zeichnet Dreisternechef Glenn Viel für die Küche des Restaurants verantwortlich. Ihm zur Seite stehen Chefkoch Benjamin Reilhes und Chefpâtissier Cédric Perret. Michelin hat das Gourmet-Restaurant des Hotels als eines der ersten mit einem grünen Stern für nachhaltige Gastronomie ausgezeichnet. Hier* könnt ihr euren Aufenthalt buchen.
• 2, place du mail, 26230 Grignan, Tel. 04 75 91 81 30, www.clairplume.com
La Ferme Les Eybrachas*
Urlaub auf einem Trüffelbauernhof könnt ihr bei Virginie Feraud machen. Sie bietet neben zwei rustikal-nostalgischen Zimmern auch Thementage rund um Trüffel an. Herrlich an heißen Tagen: der Swimmingpool mit Aussicht auf die fernen Berge des Vercors und den Mont Ventoux. Hier* könnt ihr euren Aufenthalt buchen.
• 745, chemin des Eybrachas, 26230 Réauville, Tel. 06 86 91 88 99, www.truffe-noire-drome.com
Noch mehr Betten*
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Ansehen & Erleben
Château de Grignan
Atemberaubend wie die Ausmaße des Schlosses, das nach der Französischen Revolution nur noch eine Ruine war und erst im frühen 20. Jh. von einer reichen Bankierswitwe wieder aufgebaut wurde, ist die Aussicht von der Terrasse.
• Tel. 04 75 91 83 55, www.chateaux-ladrome.fr
Das Schloss von Grignan ist nahezu mit dem Fels verwachsen. Foto: Hilke Maunder
Colophon-Maison de l’Imprimeur
In der Maison Du Bailli, dem einstigen Haus des Burgvogts, ist die Colophon-Maison de l’Imprimeur mit seiner Buchdruckwerkstatt und Museum ein Kleinod für alle, die Literatur und Lettern lieben.
• Place Saint Louis, Tel. 04 75 46 57 16, https://colophon-grignan.fr
Espace Terres & Ecritures
Der Schreibkunst und Kalligrafie widmet sich die Espace Terres & Écritures mit Ausstellungen und Schreibwerkstätten.
• Rue Saint-Louis, Tel. 04 75 46 01 32, www.terresdencre.com
Village Provençal
Als größte Krippenszene der Welt wird das Village Provençal seit 1996 im Guinness Buch der Rekorde geführt – auf 400 qm zeigt es provenzalische Dorfszenen mit Figuren, die zwischen 0,7 und 30 cm messen.
• La Tuilière, Route de Valréas, Tel. 04 75 46 91 68, www.village-miniature.fr
Erleben
Festival de la Correspondence
Großes Festival zur Literatur und Briefkunst alljährlich eine Woche lang Anfang Juli.
www.grignan-festivalcorrespondance.com
Trüffelmärkte
Die Trüffelmärkte werden nur während der Saison von Mitte November bis Mitte März abgehalten: montags in Chamaret, dienstags in Grignan und Saint Paul, mittwochs in Valréas, donnerstags in Nyons und Montségur, freitags in Dieulefit, samstags in Richerenches und sonntags in Taulignan und Saint-Paul-Trois-Châteaux.
Ferme aux Crocodiles
Für Gänsehaut sorgen die imposanten Echsen der Ferme aux Crocodiles gleich neben der Route du Soleil.
• 95, Allée de Beauplan, Pierrelatte, Tel. 04 75 04 33 73, www.lafermeauxcrocodiles.com
Tipp
Erfrischt euch davor oder danach im Pignedoré-See von Pierrelatte. Dort könnt ihr 2,9 Kilometer lang einem Spazierweg folgen, auf dem Radweg (2,5 km) auch mit Inlinern sausen, im Skaterpark Adrenalinkicks erleben, windsurfen oder den Nachwuchs an vielen Spielgeräten toben lassen.
La Garde-Adhémar
Die Burg von Garde-Adhémar, die hoch auf einem Felsen über der Rhône thront, weist den Weg zum gleichnamigen Örtchen, das zu den schönsten Dörfern Frankreichs gehört.
In seinem Herzen serviert das Bistrot de Pays L’Absinthe köstliche Regionalküche – im Sommer unter großen Sonnenschirmen.
• Place Georges Perriod, Tel. 04 75 04 44 38
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Im Blog
Die schönsten Dörfer der Drôme stelle ich euch hier vor.
Im Buch
Hilke Maunder, DuMont-Bildatlas Provence*
In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.
Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten präsentiert die Rubrik “Ja, natürlich” zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.
Hilke Maunder, Le Midi*
Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
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