So viel Frankreich steckt in … Landau
„Eine Stadt, die von Vauban belagert wird, fällt. Eine Stadt, die von Vauban verteidigt wird, ist uneinnehmbar!“ Mit Bollwerken auf dem Grundriss eines Sterne, so dass jedes Bastion sich gegenseitig dank Ein- und Ausfallwinkel gegenseitig Feuerschutz geben konnte, sicherte Vauban das Reich des Sonnenkönigs Ludwig (Louis) XIV. In Frankreich gehören seine Festungen zum Welterbe.
Doch nicht nur dort könnt ihr seine Spuren entdecken. Nach dem Frieden von Nijmegen 1678 ließ Vauban an den Grenzen Frankreichs die Maginotlinie des Absolutismus errichten. Einen Festungsgürtel, weit vorgeschoben, auf ehemaligem Reichsgebiet. Von Dunkerque (Dünkirchen) verlief der Machtbereich Frankreichs über Lille, Arras, Longwy und Straßburg bis zur Schweizer Grenze.
Die Route Vauban von Landau
Ebenfalls eingebunden war eine heute deutsche Stadt: Landau in der Pfalz. Um Festungsreste im Landauer Stadtgebiet sichtbar und erlebbar zu machen, wurde das Festungsleitsystem Route Vauban eingerichtet. Acht Stelen erinnern seitdem an Vaubans Erbe.
Ihr findet sie auf dem Rathausplatz, am Deutschen und Französischen Tor, an der Schleuse in der Ostbahnstraße an der Ost- und Westseite des Forts, an der Lunette 41 im Savoyenpark und an der Schleusenstraße.
Auf den Spuren von Vauban
Alle Infos zum 7,6 Kilometer langen Festungsrundgang enthält ein Faltblatt, den die Stadt gemeinsam mit dem Festungsbauverein und dem Büro Kluge Gestaltung, das Festungsgrundriss und Stadtplan erstellt hat. Es verbindet Festungsgrundriss und Stadtplan und stellt so die Festungsreste im Stadtgebiet vor. Er hält auch geschichtliche Informationen zur Landauer Festung bereit.
Zum Bau der Festung wurde die mittelalterliche Stadt Landau zum großen Teil niedergebrannt. Ob es tatsächlich Vauban gewesen war, der den Auftrag zum Feuerlegen gegeben hatte, konnte nie bewiesen werden.
Doch der Wiederaufbau veränderte das Gesicht von Landau völlig: mit gerade Straßen, rechtwinkelige Bauquadraten und einem großen Marktplatz.
Vauban verändert Landau
Auch das Leben war nicht mehr so wie vor Vauban. Hinein in die Stadt kam man nur noch durch zwei wuchtige Stadttore: das „Deutsche Tor“ im Norden und das „Französische Tor“ im Süden. Doch Zutritt gewährt hinein nach Landau wurde nur zwischen dem Sonnenauf- und dem Sonnenuntergang.
Das Deutsche Tor ziert gen Norden die Inschrift „Nec pluribus impar“ in Kombination mit einem von Sonnenstrahlen umrahmten Kopf. Damit ist der „Sonnenkönig“ Louis XIV gemeint. Übersetzt bedeuten die lateinischen Worte sinngemäß: „Auch einer Mehrzahl überlegen“
Der Wahlspruch des absolutistischen Herrschers aus Frankreich findet sich auf der Nordseite des Tors. Er stellt damit eine klare Machtdemonstration in Richtung der deutschen Fürsten dar.
Denn Landau gehörte seit 1680 zu Frankreich und die Inschrift zeigte gen Deutschland. Das Deutsche Tor ist baugleich mit seinem Pendant am Obertorplatz, dem Französischen Tor.
Was für ein Hin und Her!
Kaum fertiggestellt, wechselte die französische Festung mehrfach die Lager. Sie wurde kaiserlich, wieder französisch, wieder kaiserlich, wieder französisch – und 1815, nach dem Wiener Kongress, plötzlich Bundesbesitz Österreichs, ehe Habsburg schon im Jahr darauf die Festung ans Königreich Bayern abtreten musste.
1871 war Landau nicht mehr Grenzstadt, sondern lag mitten im Deutschen Reich. Die Festung Landau wurde geschleift. Der Weinhandel boomte, Landau wuchs. Prachtvolle Bürgerhäuser aus Sandstein entstanden entlang der neu angelegten Ringstraße und ihrer Seitenstraßen im Historismus und Jugendstil.
Fürs Militär gab es viele neue Kasernen. Die Weltkriege brachten Frankreich zurück. Landau wurde französische Garnisonsstadt.
Altes Erbe neu genutzt
Als Frankreichs Soldaten sich 1997 bis 1999 aus Landau verabschiedeten, erhielt die Stadt 100 Hektar bebaute und 231 Hektar unbebaute Flächen zurück.
Wie altes Kasernengelände neu genutzt wird, zeigt beispielhaft der Wohnpark am Ebenberg, der im Süden der Stadt auf der ehemaligen Caserne Estienne et Foch. 2015 wurde das Areal als Schauplatz der Landesgartenschau genutzt. Heute sind bereits die ersten der rund 900 neuen Wohnungen erbaut. Die Stadstvillen sind eingebettet in eine aufgelockerte, grüne Umgebung und besitzen hohe energetische Standards. 2.200 Menschen sollen künftig im Wohnpark ein neues Zuhause finden.
Wichtigstes französischen Unternehmen vor Ort ist – nach der Übernahme des Alupresswerks von Pechiney durch Constellium – der Reifenhersteller Michelin. Mehr als eine halbe Million Pneus werden jährlich im Michelin-Logistikzentrum umgeschlagen: gewöhnliche Pkw- und Lkw-Reifen und eindrucksvolle Sonderformate. Vom Dach profitiert die Stadt. Fast 100.000 Quadratmeter groß, versorgt die Photovoltaikanlage der Firma fast 1100 Haushalte mit sauberem Strom.
Aussöhnung & Austausch
Die tiefsitzenden Erfahrungen der Vergangenheit, die unzähligen Gefechte, das Blutvergießen der Weltkriege hat auch bei den Menschen Spuren hinterlassen.
Bereits 1959 gründete sich hier eine deutsch-französische Gesellschaft und engagierte sich für die Versöhnung. 1960 verschwisterte sich Landau mit der elsässische Stadt Ribeauvillé, 1963 ebenfalls im Elsass mit Haguenau.
In Landau an der südlichen Weinstraße liegt das französische Flair auch in der Luft. Die Luft ist milder als an vielen anderen Orten in Deutschland, das Licht zart. Das freut nicht nur den Wein, der hier wächst, sondern auch viele südliche Früchte, die hier gedeihen. Im März verwandelt die Mandelblüte das Land in eine rosa Wolke.
Nahtlos geht der Pfälzerwald in die Vogesen über. Hüben wie drüben ähneln sich die Architektur, die Menschen. Sie sind nicht wortkarg, verschlossen, sondern babbeln gerne. Laut und offen, und gerne miteinander.
Sie sprechen Fremde an und setzen sich zum Schoppen gerne mal auch mit an den Tisch. Und teilen beim Weinfest in Heuchelheim in großer Runde den Flammkuchen, der auf einem Holzbrett ofenwarm serviert wird.
Landau & Frankreich: Was für Verbindungen!
Deutsch-Französische Gesellschaft Landau e.V.
Die Deutsch-Französische Gesellschaft Landau wurde im Jahr 1959 gegründet, einige Jahre nach den ersten Kontakten zwischen Deutschen und Mitgliedern der französischen Garnison in Landau.
Sprachkurse spielen seit Anbeginn eine zentrale Rolle. Neben Erwachsenenkursen auf mehreren Niveaus gibt es heute auch Kinderkurse. Beim FORUM REZITATION können alljährlich im Juni französische und deutsche Kinder und Jugendliche ihre Kenntnisse in der Nachbarsprache präsentieren.
dfg-landau.de
Deutsch-französischer Bauernmarkt
Schon viele Male war Landau Gastgeberin eines deutsch-französischen Bauernmarktes. Rund 50 Anbieter aus der Vorder- und Südpfalz sowie dem Elsass kommen im Frühjahr mit ihren landwirtschaftlichen Produkten und Weinen nach Landau. Sie zeigen bäuerliches Kunsthandwerk und laden ein, regionale Spezialitäten zu probieren.
Passend zum Frühling gibt es auch einen Blumenmarkt mit Pflanzen, Gefäßen und Deko für den Garten. Die Termine für den Markt auf dem Rathausplatz, den ein verkaufsoffener Sonntag begleitet, finden ihr in der Tagespresse und im Veranstaltungskalender der Stadt
• www.landau-tourismus.de
Festungsbauverein/Les Amis de Vauban e.V
Jeden Sonnabend geht es von April bis Oktober mit dem Festungsbauverein hinab in Landaus „Unterwelt“. Der Verein bietet jeweils ab 14 Uhr Führungen durch die unterirdischen Gänge der so genannten Lunette 41 an.
Die Lunette 41 wurde während der Regentschaft von Sonnenkönig Ludwig XIV. Sie galt damals als größte und stärkste Festung der Christenheit. Unter der Stadt verbindet ein mehr als 30 Kilometer langes Netz die einzelnen Bauten der wehrhaften Festung. Vereinsmitglieder legen die Festung seit einigen Jahren frei.
Dank ihres Engagements könnt ihr heute einen Eindruck von den Ausmaßen der früheren Festungsanlage erhalten. Ihr wollte einen Blick unter die Grasnarbe wagen? Dann meldet euch vorab beim Büro für Tourismus im Rathaus unter Tel 0 63 41 13 83 05 an.
• www.facebook.com/Festungsbauverein
Max-Slevogt-Gymnasium
Das Max-Slevogt-Gymnasium unterhält Partnerschaften mit drei französischen Schulen. Zwei davon befinden sich im nahen Elsass: das Collège Kléber in Haguenau als Partnerschule für Schülerbegegnungen in den Klassen 6-9, und das Lycée Ribeaupierre für die Klassen 9 und 10.
Die 11. Jahrgangsstufe fährt im Rahmen des Abibac in in die südfranzösischen Provence zum Lycée International Georges Duby in Luynes (Aix-en-Provence). Die Europaschule des Landes Rheinland-Pfalz kann damit gemeinsame Projekte und Austauschaktivitäten in allen Schulstufen anbieten – von der Orientierungsstufe bis zur gymnasialen Oberstufe.
• https://msg-landau.de
Provencal
Bürgerliche Pfälzer und französische Küche genießt ihr in Landau bei Familie Höppler im Provencal. Zum Aperitif empfiehlt sie Vin de Noix, als Vorspeise einen Ententeller mit Quittenchutney und Gewürzkirschen. Als Hauptgänge im saisonal wechselnden frankophilen Menü gibt es im Winter u.a. eine Suprême vom Perlhuhn mit getrüffeltem Portweinsösschen. Und im Sommer eine köstliche Bouillabaisse mit echter Rouille-Sauce und warmem Baguette.
• Queichheimer Hauptstraße 136, 76829 Landau in der Pfalz, Tel. 063 41 95 25 52, www.provencal-landau.de
Robichon Restaurant
Mit gehobener cuisine française verwöhnen euch Sophie, Hanne und Bruno vom Robichon Restaurant etwas außerhalb von Landau. Einfach göttlich: die mousse au chocolat zum Dessert.
• Orensfelsstraße 31, 76833 Frankweiler, Tel. 06 34 19 52 25 52, www.restaurant-robichon.de
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Im Blog
Wie viel Frankreich steckt in Deutschland? Das verrät euch meine Blogparade. Alle bisherigen Beiträge findet ihr hier.
Im Buch
Hamburg war einst Hauptstadt eines Départements von Napoleons Kaiserreich. Duisburg bot dem königlichen Musketier d’Artagnan ein Dach über dem Kopf.
Dortmund war für ein paar Wochen der Wohnort, an dem der französische Austauschschüler Emmanuel Macron die Deutschen in natura erlebte. Göttingen ist die Stadt, aus der der Soundtrack der deutsch-französischen Versöhnung stammt.
Überall steckt so viel Frankreich in Deutschland. In 26 Berichten von Erkundungen vor Ort beschreibe ich in meinem ersten E-Buch die unzähligen Spuren, die unser französischer Nachbar im Laufe der ereignisreichen, gemeinsamen Geschichte in Deutschland hinterlassen hat. 2021 ist die 2. Auflage erschienen!
E-Book: ISBN 9783752 665604 (14,99 Euro)
Print: ISBN 9783944299235 (25,50 Euro), zu bestellen u.a. hier*.
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In der ganzen Pfalz steckt noch viel Frankreich(ehem. Department Mont Tonnere).Auch in unserem pfälzischen Dialekt sind noch viel franz. Ausdrücke vorhanden. Und das ist gut so.
Ja, das gefällt mir auch! Frohe Pfingsten!