Der Courantvon Capbreton. Foto: Hilke Maunder
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Der Gouf de Capbreton: der Mega-Canyon

Le Gouf de Capbreton: Das ist keine gouffre, wie der Name vermuten lässt, sondern eine der größten und spektakulärsten untermeerischen Schluchten der Welt. Als einer der wenigen Meeres-Canyons der Welt ist der Gouf de Capbreton mit der Küste verbunden.

Er beginnt ganz flach, rund 300 Meter entfernt von den Stränden von Hossegor und Capbreton. 1,2 Kilometer breit ist dort sein „Kopf“ in 30 bis 40 Metern Tiefe.

Stetig abwärts

270 Kilometer lang zieht sich Le Gouf de Capbreton parallel zur Küste Spaniens mal geradlinig, mal mäandrierend durch den Golf von Biskaya, wird tiefer und bis zu 15 Kilometer breit, ehe er sich in 4.500 Metern Tiefe vor Santander im Atlantik verliert.

Im Golfe de Gascogne, wie der Golf von Biskaya in Frankreich auch genannt wird, gibt es insgesamt 130 Schluchten. Dies hat das französische Meeresforschungsinstitut IFREMER (Institut français de recherche pour l’exploitation de la mer) festgestellt. Der Gouf de Capbreton ist die größte und liegt der Küste am nächsten. Die anderen Canyons sind rund 100 bis 150 Kilometer vom Ufer entfernt.

Ein Gouf ist kein gewöhnlicher untermeerischer Canyon. Solche Schluchten weisen stets ein geringes Gefälle von der Küste bis zur abyssalen Ebene auf, dem Tiefseeboden. Dabei überquert ein Gouf stets einen Kontinentalabhang. So auch der Gouf de Capbreton.

Der Riss im Meer. Copyeright: Ville de Capbreton
Der Gouf von Capbreton: ein riesiger Riss im Meer. Copyright: Ville de Capbreton

Der Riss

Vor rund 20.000 Jahren lag an der Küste des Départements Landes der Meeresspiegel noch rund 120 Meter niedriger als heute. Flüsse und Bäche ergossen sich in die Schlucht, die damals zum Teil noch sichtbar war und über dem Meeresspiegel lag.

Die Entstehung des Gouf de Capbreton liegt in der Kreidezeit und damit vor rund 300 bis 110 Millionen Jahren. Damals driftete die europäische tektonische Platte nach Norden – und die iberische tektonische Platte nach Süden. Das Phänomen verstärkte sich im Eozän vor rund 56 Millionen Jahren mit den Auftriebsbewegungen der Pyrenäen.

Die Risse bescherten dem Gouf de Capbreton seine steilen Wände. Die erosive Kraft der Meeresströmungen hat den Canyon dann im Laufe der Zeit immer weiter ausgehöhlt.

Die Umzüge des Adour

Früher mündete der Adour, der in den französischen Pyrenäen westlich des Col d’Aspin auf rund 1.580 Metern entspringt, bei Capbreton in den Ozean, angezogen von der Sogwirkung des Gouf de Capbreton während der Tiden. Das war zu Beginn unserer Zeitrechnung.

Im Jahr 910 n. Chr. jedoch mündete er bei Port-d’Albret, dem heutigen Vieux-Boucau-les-Bains,, in den Atlantik. 1164 durchbrach der Fluss bei Bayonne die Dünen für eine kurze Zeit, um sich zehn  Jahre später wieder bei Capbreton ins Meer zu ergießen, erneut gefolgt von Port-d’Albret im Jahr 1390. So ging es immer hin und her, bis der Mensch dem launischen Gebirgsfluss sein finales Flussbett schuf.

1578 wurde der Fluss künstlich umgeleitet, hin zur Handelsstadt Bayonne. Erst seitdem hat sie ihren Hafen. Die Verlagerung des Flusses war eine technische Meisterleistung. Die Arbeiten dauerten lange – und ließen die Staatskasse ausbluten.

Doch König Karl IX. war vom Erfolg dieses Mammutprojekts überzeugt. Mit der Umsetzung beauftragte der Monarch seinen erfahrenen Ingenieur Louis de Foix, dem Frankreich auch den Welterbe-Leuchtturm Phare de Cardouan in der Mündung der Gironde verdankt.

Früher ankerten Kapitäne bei Sturm ihre Schiffe im Gouf de Capbreton. Denn sie wussten: Je flacher die Fluten, desto gefährlicher sind die Wellen. Der Gouf indes war tief – und konnte so die Wellenkraft absorbieren. Auch wenn das Wetter tobte, war die Wellen dort deutlich weniger stark.

Hotspot der Meereswelt

Der Gouf de Capbreton  ist ein Hotspot des marinen Lebens. Die courants der Landes-Küste und der Adour spülen Sedimente und Nährstoffe hinein.

In seinen Mäandern leben Felsenfische wie Meerbarbe, Knurrhahn und Drachenkopf, Krustentiere wie Hummer, Langusten und Krebse sowie zahlreiche Kopffüßler.

Winzige chipirons, eine der köstlichsten Spezialitäten der lokalen Küche, Tintenfische und Kraken sind im Gouf daheim, und sogar der legendäre Riesenkalmar lebt dort in der Tiefen des Gouf.

Die Fischer, die mit ihren Kuttern vom einzigen Tiefseehafen der Landes-Küste hinausfahren, fangen dort pelagische Fische wie Thunfisch, Bonito und Sardellen für den Fischmarkt, der direkt am Kai allmorgendlich stattfindet. Auch Steinbutt, Seezunge und Seehecht landen in ihrem Netz.

Ein Heer von Haien

Der Nahrungsreichtum des Gouf lockt auch die Haie an. Makohaie, Hammerhaie, Blauhaie und der Stumpfnasen-Sechskiemerhai, der als einziger Hai sechs statt fünf Kiemen besitzt und damit Seeigel aufknacken kann, wurden dort schon gesichtet.

Der größte Hai des Gouf ist der bis zu zwölf Meter lange Riesenhai, der ausschließlich Plankton frisst – und mit geöffnetem Maul zum Filtern des Futters im flachen Meer hin und her schwimmt.

Das Infoposter zum Gouf. Copyright: Ville de Capbreton
Das Infoposter zum Gouf de Capbreton. Copyright: Ville de Capbreton

Die Rückkehr der Wale

Und auch die Meeressäuger, die einst bejagt wurden, sind zurückgekehrt in den Gouf de Capbreton: Zahnwale wie der Große Tümmler, der Gemeine Delfin, der blau-weiße Streifendelfin und der seltene Rundkopf- oder Risso-Delfin. Auch Schweinswale und bis zu fünf Meter lange Grindwale, die im Frühjahr häufig zu sehen sind, könnt ihr bei einer Bootsfahrt am Gouf de Capbreton beobachten.

Seltene Gäste am Gouf sind der Cuvier-Schnabelwal, der Sowerby-Zweizahnwal, der Zwergpottwal, der Schwertwal und der bis zu zwölf Meter lange Pottwal. Sehr selten, aber auch schon gesehen im Gouf de Capbreton, wurden imposante Bartenwale wie der Zwergwal, der 14 Meter lange Buckelwal oder der 20 Meter lange Furchenwal.

Wer Hundsrobben wie die Kegelrobbe oder den Seehund beobachten will, muss wie bei den Walen einen Mindestabstand von 300 Metern einhalten. Und sieht dann mit richtig viel Glück vielleicht auch eine Lederschildkröte, die ebenfalls am Gouf daheim ist!

Der Fischmarkt von Capbreton

Der Hafen von Capbreton ist der einzige im Département Landes. Foto: Hilke Maunder
Der Hafen von Capbreton ist der einzige im Département Landes. Foto: Hilke Maunder

Der Reichtum des Gouf de Capbreton zeigt sich auch auf dem Fischmarkt des Hafenstädtchens. Seezungen, Seebarsche, Sardinen und Goldbrassen stapeln sich im Winter auf den Auslagen an Kai. Im Frühjahr und Sommer sind Meerbarben und Makrelen um meterlange Thunfische und winzige Tintenfische arrangiert. Nebenan locken Seehechte, Golddoraden und Drachenköpfe.

Wenig weiter drapiert ein Händler Krabben und Garnelen um eine große Platte mit Austern aus Hossegor. Tag für Tag, jahrein, jahraus, verkaufen die Fischer in Capbreton direkt an der Kaikante topfrischen Fisch und köstliche Meeresfrüchte. Ihr Marché du Poisson ist ein Erlebnis, das alle Sinne anspricht – auch, wenn man kein Fischliebhaber ist.

Jeder Markttag ist eine Bühne des Lebens, erzählt von der harten Arbeit auf See, berauscht mit Gerüchen und Farben. 19 Boote umfasst die Fangflotte des einzigen Hafens im Département Landes an der Südwestküste Frankreichs. In das Gellen der Möwen, die sofort am Schiff sind, sobald der Fang gesäubert wird, mischt sich das Donnern der Brandung. Der Atlantik, auch bei strahlendem Sonnenschein ein Ozean, dessen Kraft und Weine unglaublich beeindruckt. Und bei Sturm über der Biskaya zeigt, was in ihm steckt.

Auch "Der kleine Prinz" ist unter den Fischerbooten versammelt. Foto: Hilke Maunder
Auch „Der kleine Prinz“ ist unter den Fischerbooten von Capbreton versammelt. Foto: Hilke Maunder

Das Privileg des Sonnenkönigs

L’Enfant terrible (schreckliches Kind), P’tit Loup (Kleiner Wolf), Le Viking (der Wikinger) und Le Petit Prince (Der kleine Prinz) haben die Fischer vn Capbreton ihre Kutter genannt, mit denen sie mal für einen Tank, mal für eine ganz Woche hinausziehen in die Weiten des Atlantiks und im Gouf de Capbreton, zwischen dem Becken von Arcachon oder dem südlichen Baskenland fischen. Da werden Netze zwischen Stangen und Bojen gesetzt, Reusen an Bord gewuchtet und Langleinen mit Nebenleinen und Köderhaken ins Meer gelassen.

Der einzige Trawler von Capbreton rollt vor der Küste sein Schleppnetz ins Meer. Jeder Fischer hat seine eigene Fangtechnik. Ihre Rückkehr verkünden die Möwen, die mit gellenden Schreien den Booten folgen. Kaum festgemacht, knallen die Kisten auf die Kajen, wird das Boot gesäubert, ein Netz repariert. Wohin man schaut: großes maritimes Kino! Seit sieben Jahrhunderten

prägt das Meer das Leben in der „Stadt der 1000 Kapitäne“. Über das Treiben im Hafen wacht die Capitainerie. Zu ihren Füßen tragen 19 Stände die Namen der 19 Kutter, trifft der Puls des Hafens auf die Düfte und Hektik des Marktes. Ohne Zwischenhändler kommt der Fisch direkt vom Kutter in die Küche. Bis heute sind die Fischer aus Capbreton dem Sonnenkönig dankbar für dieses Privileg!

Über die Fischerboote am Kai wacht die Capitainerie. Foto: Hilke Maunder
Über die Fischerboote am Kai wacht die Capitainerie. Foto: Hilke Maunder

Der Gouf de Capbreton: meine Reisetipps

Wale beobachten

Im Hafen von Capbreton starten zahlreiche Bootsausflüge auf den Atlantik. Einige davon widmen sich gezielt der Meeresfauna im Gouf. Walbeobachtungstouren bieten u.a. an: www.exploreocean.fr/excursion-cetacesund www.alpha-marine.fr.

Der Fischmarkt von Capbreton

Der Marché de Poisson ist ein kleiner, feiner Markt direkt am Hafenkai – und solltet ihr bei einem Besuch in Capbreton auf keinen Fall verpassen. Er findet das ganze Jahr hindurch statt.
• Avenue Georges Pompidou, 40130 Capbreton, tgl. 8 – 12, 15 – 18 Uhr je nach Anlieferung und Wetterbedingungen

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2 Kommentare

  1. Wirklich toller Bericht! Da hatte ich noch bie von gehört! wir sind aber auch immer zwischen Mimizan und Soulac. Bis Biarritz waren wir 2 x zu einem Tagesausflug. einen Bruch in der Erdkruste, hatte ich mir gerader vorgestellt, wie der Oberrheingraben. Es sieht fast aus, sls wenn in der Eiszeit der Meeresspiegel so nuedrig war, dass dort Süsswasser durchgeflossen ist. Bei Meinfrankreich finde ich immer wieder interressante Beiträge! Den Newsletter bekomme ich bereits! Vielen Dank

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